Die Frage, ob und unter welchen Umständen Schwiegereltern ihre Zuwendungen an das Schwiegerkind zurückfordern können, ist in der Rechtsprechung ein immer wiederkehrendes Thema. In diesem Beitrag soll ein umfassender Überblick über das Thema Rückforderungsanspruch Schwiegereltern gegeben werden. Dabei werden rechtliche Grundlagen und aktuelle Gerichtspraxis dargestellt, um eine fundierte Einschätzung der eigenen Rechtsposition zu ermöglichen. Zudem gehen wir auf wichtige Fragestellungen aus der Praxis ein und geben wertvolle Tipps für den Umgang mit Rückforderungsansprüchen von Schwiegereltern.
Inhaltsverzeichnis
- Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: Gesetzliche Grundlagen
- Rechtsprechung und Tendenzen
- Anspruchsgrundlagen und Ausschlussgründe
- Besonderheiten der Rückforderung
- Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: Aktuelle Gerichtsurteile
- Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: FAQ und Tipps
Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: Gesetzliche Grundlagen
Der Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Entscheidende Normen sind hierbei insbesondere die § 516 Abs. 1 BGB, nach dem Schenkungen rückforderbar sind, wenn sich der Beschenkte gegenüber dem Schenker einer groben Undankbarkeit schuldig gemacht hat, und § 528 BGB, der die Rückforderung von Zuwendungen unter Lebenden aufgrund von Bedürftigkeit regelt.
Bei der Anwendung dieser Regeln auf die besondere Situation von Zuwendungen an das Schwiegerkind ist zu beachten, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung das Schwiegerkindrecht als besonderes, zwischen den Schwiegereltern und dem Schwiegerkind entstehendes Rechtsverhältnis ansieht, das besondere Rückforderungsrechte begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1965, Az. VIII ZR 59/64).
Rechtsprechung und Tendenzen
Die Rechtsprechung hat im Laufe der Jahre klare Tendenzen entwickelt, wie mit Rückforderungen von Schwiegereltern umzugehen ist. So steht häufig im Zentrum der rechtlichen Fragestellungen das Kriterium der sogenannten „verkehrten Schenkung“. Hierbei handelt es sich um Zuwendungen, die im äußeren Erscheinungsbild zwar wie Schenkungen wirken (etwa bei Übereignung von Immobilien an das Schwiegerkind), tatsächlich aber unter dem Gesichtspunkt der wechselseitigen Unterstützung und Versorgung der Parteien eher der Erfüllung gegenläufiger Verpflichtungen dienen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2012, Az. V ZR 151/11).
In solchen Fällen leitet die Rechtsprechung Rückforderungsrechte der Schwiegereltern regelmäßig aus dem Gedanken der Geschäftsgrundlage heraus her. Dies bedeutet, dass die eigentliche Geschäftsgrundlage der Zuwendung, nämlich die familienrechtliche Verbundenheit und die gegenseitige Unterstützung, aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen wie der Trennung von den Schwiegerkindern weggefallen ist, sodass die Schwiegereltern ein Rückforderungsrecht müssten, um eine unbillige Härte für sie abzuwenden. Dabei sind sowohl die Interessen von Schwiegereltern als auch von Schwiegerkindern zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 28.4.2004, Az. XII ZR 214/00).
Anspruchsgrundlagen und Ausschlussgründe
Die Anspruchsgrundlagen, die Schwiegereltern für eine Rückforderung ihrer Zuwendungen heranziehen können, bestehen somit im Wesentlichen aus den folgenden:
- § 516 Abs. 1 BGB: Schenkung unter Lebenden
- § 528 BGB: Wegfall einer Geschäftsgrundlage
- Rechtsgedanke der verkehrten Schenkung
Ein Rückforderungsanspruch kann allerdings auch ausgeschlossen sein oder erlöschen, etwa wenn:
- Die Schwiegereltern auf die Rückforderung ausdrücklich verzichtet haben (§ 397 BGB)
- Der Anspruch verjährt ist (§ 195, § 199 BGB)
- Die Rückforderung in unzulässiger Rechtsausübung besteht (§ 242 BGB), zum Beispiel, wenn die Bedürftigkeit der Schwiegereltern nur vorgetäuscht ist
Besonderheiten der Rückforderung
Bei der Rückforderung von Zuwendungen durch Schwiegereltern bzw. gegenüber Schwiegerkindern sind einige Besonderheiten zu beachten.
- Beweislast: Die Schwiegereltern tragen grundsätzlich die Beweislast für alle Umstände, die den Rückforderungsanspruch begründen. Ihnen obliegt es also, nachzuweisen, dass die Zuwendung tatsächlich erfolgt ist, welche Geschäftsgrundlage dabei zugrunde lag und warum diese nunmehr weggefallen ist.
- Umfang der Rückforderung: Bei der Rückforderung ist grundsätzlich der tatsächlich gewährte Betrag bzw. der Wert der Zuwendung zurückzuerstatten, wie er im Zeitpunkt der Zuwendung bestand. Allerdings kann der Rückgewähranspruch im Wege der Anpassung nach § 313 Abs. 1 BGB modifiziert werden: So kann etwa ein Ausgleich für tatsächlich erbrachte Unterstützungsleistungen oder Nutzungen des zurückzufordernden Gegenstandes angeordnet werden, sodass die Rückforderung seinen gerechten Umfang findet.
- Verjährung: Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt drei Jahre (§ 195 BGB), wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Rückforderungsanspruch entstanden ist und der Gläubiger von den ihn begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 BGB).
Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: Aktuelle Gerichtsurteile
Die folgenden Gerichtsurteile verdeutlichen einige der in diesem Beitrag skizzierten Aspekte des Rückforderungsanspruchs von Schwiegereltern und zeigen exemplarisch auf, welche Fragestellungen und Argumentationsmuster in der Gerichtspraxis relevant sind:
- BGH, Urteil vom 3.5.2017, Az. XII ZR 62/15: Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern bei gescheiterter Ehe des Schwiegerkindes mit dem gemeinsamen Kind begründet, wenn die Schwiegereltern die Zuwendung des Reihenhauses zur Sicherung der familiären Lebensgrundlage des Schwiegerkindes und des Kindes gewährt haben.
- OLG Hamm, Urteil vom 6.4.2016, Az. 10 UF 107/15: Kein Rückforderungsanspruch von Schwiegereltern für gezahlte Schulden ihres Schwiegersohns, da davon ausgegangen werden kann, dass das Geldgeschenk auch zugunsten der gemeinsamen Tochter der Ehegatten gewährt wurde, um deren Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven zu verbessern.
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2013, Az. I-7 UF 158/13: Schwiegereltern steht ein Rückforderungsanspruch nur in Höhe desjenigen Betrages zu, der nach Abzug der üblichen Nutzungsentschädigung (hier: Miete) verbleibt, die das Schwiegerkind während des Zusammenlebens geleistet hat.
Rückforderungsanspruch Schwiegereltern: FAQ und Tipps
Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zum Thema Rückforderungsanspruch Schwiegereltern beantwortet und praxisrelevante Tipps gegeben:
Was ist zu tun, wenn Schwiegereltern Rückforderungsansprüche geltend machen?
Falls Schwiegereltern Rückforderungsansprüche geltend machen, sollte man mit ihnen zunächst das offene Gespräch suchen und gemeinsam versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dabei kann es hilfreich sein, sachlich und objektiv auf die eigene Rechtsposition hinzuweisen. Kommt keine Einigung zustande, sollten die Schwiegereltern eine konkrete zeitliche Frist setzen, in der diese Ansprüche rechtlich geltend gemacht werden müssen, andernfalls riskieren sie den Eintritt von Verjährung.
Wie kann man sich gegen ungerechtfertigte Rückforderungen wehren?
Um sich gegen ungerechtfertigte Rückforderungen zu wehren, ist es wichtig, die eigene Rechtsposition genau zu kennen und eventuell vorhandene Beweismittel (z. B. Unterlagen, Zeugen oder Fotos) zu sammeln. Auch sollte man sich frühzeitig anwaltlichen Rat einholen, um gezielt gegen die Rückforderungsansprüche vorgehen zu können.
Wie kann man als Schwiegereltern einen Rückforderungsanspruch durchsetzen?
Als Schwiegereltern sollte man eine Rückforderung gegenüber dem Schwiegerkind klar und eindeutig formulieren und dabei den konkreten Rückforderungsbetrag (ggf. unter Anrechnung erbrachter Gegenleistungen) sowie den Rechtsgrund für die Rückforderung angeben. Fallen auf Seiten des Schwiegerkindes berechtigte Einwendungen oder Ausschlussgründe an, sollte dies ebenfalls für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs berücksichtigt werden. Bei Bedarf sollte auch hier anwaltliche Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Wie kann man Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern von vornherein vermeiden?
Um Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern von vornherein zu vermeiden, sollten bei Zuwendungen klare und rechtlich eindeutige Vereinbarungen getroffen werden, in denen die Konditionen der Zuwendung (z. B. Schenkung, Darlehen, verkehrte Schenkung etc.) sowie mögliche Rückzahlungs- oder Rückforderungsmodalitäten (z. B. bei Scheitern der Ehe) geregelt sind. Auch sollte das Verhältnis zu den Schwiegereltern stets auf einer vertrauensvollen und offenen Basis geführt werden, um so Missverständnisse oder Unstimmigkeiten rechtzeitig zu klären.
Der Rückforderungsanspruch Schwiegereltern ist ein komplexes Thema, das besondere rechtliche Kenntnisse und Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Beteiligten verlangt. Sollten Sie als betroffenes Schwiegerkind oder Schwiegereltern Fragen haben oder rechtliche Unterstützung benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Unsere Kanzlei verfügt über langjährige Erfahrung im Familienrecht und steht Ihnen mit kompetenter und individueller Beratung zur Seite.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
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