In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir das Rückgaberecht in Deutschland, Verbraucherrechte und Händlerpflichten, aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile sowie FAQs im Detail untersuchen. Als erfahrener Rechtsanwalt für Verbraucherrecht werde ich Ihnen einen tiefen Einblick in dieses komplexe Thema geben und Ihnen helfen, Ihre Rechte und Pflichten als Verbraucher oder Händler besser zu verstehen.

Einführung: Was ist das Rückgaberecht?

Das Rückgaberecht, auch bekannt als Widerrufsrecht, ist ein wesentliches Verbraucherschutzinstrument in Deutschland und der Europäischen Union. Es ermöglicht Verbrauchern, einen Kaufvertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zu widerrufen und die gekaufte Ware zurückzugeben. Dieses Recht gilt sowohl für den Online-Handel als auch für den Fernabsatz.

Rechtsgrundlagen: Welche Gesetze regeln das Rückgaberecht?

Das Rückgaberecht in Deutschland ist in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen verankert, insbesondere in folgenden:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Verbraucherrecht-Richtlinie der EU (RL 2011/83/EU)
  • Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)
  • Preisangabenverordnung (PAngV)

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet die Grundlage für das deutsche Zivilrecht, einschließlich des Verbraucherrechts und des Rückgaberechts. Die relevanten Bestimmungen zum Rückgaberecht finden Sie in den §§ 312 ff. BGB, die das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen regeln.

Verbraucherrecht-Richtlinie der EU (RL 2011/83/EU)

Die Verbraucherrecht-Richtlinie der EU (RL 2011/83/EU) ist eine europäische Gesetzgebung, die darauf abzielt, den Verbraucherschutz in der gesamten EU zu harmonisieren und den Binnenmarkt zu stärken. Sie enthält Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen und wurde in deutsches Recht durch die §§ 312 ff. BGB umgesetzt.

Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)

Das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) regelt die zivilrechtliche Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften durch Verbraucherschutzverbände. Es enthält auch Bestimmungen zur Unterlassung von rechtswidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die das Rückgaberecht betreffen.

Preisangabenverordnung (PAngV)

Die Preisangabenverordnung (PAngV) legt die Vorschriften für die Angabe von Preisen in der Werbung und im Verkauf von Waren und Dienstleistungen fest. Sie enthält auch Bestimmungen zur Angabe von Versandkosten und zusätzlichen Gebühren, die im Zusammenhang mit dem Rückgaberecht relevant sind.

Anwendungsbereich: Für welche Verträge gilt das Rückgaberecht?

Das Rückgaberecht gilt für Verbraucherverträge, die unter die folgenden Kategorien fallen:

  • Fernabsatzverträge
  • Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge
  • Teilzeit-Wohnrechtsverträge
  • Verträge über Fernunterricht und ähnliche Dienstleistungen
  • Verträge über die Nutzung von Freizeiteinrichtungen

Es gibt jedoch einige Ausnahmen, bei denen das Rückgaberecht nicht gilt, wie z. B.:

  • Verträge über Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt wurden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind
  • Verträge über verderbliche Waren oder Waren, deren Verfallsdatum schnell überschritten würde
  • Verträge über Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte, mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen
  • Verträge über Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung, Beförderung von Waren, Fahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken oder Freizeitgestaltung, wenn der Vertrag für einen bestimmten Termin oder Zeitraum abgeschlossen wurde

Widerrufsfrist: Wie lange haben Verbraucher Zeit, ihre Meinung zu ändern?

Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die Ware in Besitz genommen hat. In bestimmten Fällen kann die Widerrufsfrist jedoch verlängert oder verkürzt werden:

  • Bei Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg: 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen hat
  • Bei mehreren Waren, die der Verbraucher im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die getrennt geliefert werden: 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen hat
  • Bei einer Ware, die in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird: 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen hat
  • Wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert hat: Die Widerrufsfrist beträgt zwölf Monate und 14 Tage ab dem Ende der ursprünglichen Widerrufsfrist
  • Wenn der Unternehmer den Verbraucher innerhalb von zwölf Monaten nach Beginn der ursprünglichen Widerrufsfrist, aber noch nicht am Ende dieser Frist über sein Widerrufsrecht informiert hat: Die Widerrufsfrist endet 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher von dem Widerrufsrecht erfahren hat

Widerrufsbelehrung: Wie müssen Händler ihre Kunden über das Rückgaberecht informieren?

Unternehmer sind gesetzlich verpflichtet, Verbraucher über ihr Widerrufsrecht zu informieren. Die Widerrufsbelehrung muss folgende Informationen enthalten:

  • Die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts
  • Das Muster-Widerrufsformular, das Verbraucher verwenden können, um ihren Widerruf zu erklären
  • Die Adresse, an die der Widerruf zu richten ist
  • Die Folgen des Widerrufs, einschließlich der Rückzahlungs- und Rückgabepflichten des Verbrauchers und des Unternehmers
  • Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht, falls zutreffend

Die Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich formuliert sein und dem Verbraucher rechtzeitig vor Abschluss des Vertrags zur Verfügung gestellt werden. Bei Fernabsatzverträgen kann die Belehrung auch in Textform (z. B. per E-Mail) erfolgen.

Rücksendung der Ware: Wie erfolgt die Rücksendung und wer trägt die Kosten?

Nach Ausübung des Widerrufsrechts muss der Verbraucher die Ware unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab dem Tag, an dem er den Widerruf erklärt hat, an den Unternehmer zurücksenden oder übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet.

Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, es sei denn, der Unternehmer hat sich ausdrücklich bereit erklärt, diese Kosten zu übernehmen. Der Unternehmer darf jedoch keine zusätzlichen Gebühren für die Rücksendung verlangen, z. B. eine Bearbeitungsgebühr.

Rückzahlung: Wann und wie muss der Unternehmer den Kaufpreis zurückerstatten?

Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Verbraucher alle Zahlungen, die er von ihm erhalten hat, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass der Verbraucher eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt hat), unverzüglich und spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über den Widerruf des Vertrags bei ihm eingegangen ist. Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt hat, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden dem Verbraucher wegen der Rückzahlung Entgelte berechnet.

Der Unternehmer kann die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgesandt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.

Wertersatz und Wertminderung: Wann muss der Verbraucher Wertersatz leisten?

Der Verbraucher ist verpflichtet, dem Unternehmer Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist. Das bedeutet, dass der Verbraucher die Ware nur so prüfen und ausprobieren darf, wie es ihm auch in einem Ladengeschäft möglich gewesen wäre. Hat der Verbraucher die Ware über diesen Umfang hinaus genutzt oder beschädigt, kann der Unternehmer Wertersatz verlangen.

Aktuelle Gerichtsurteile: Was sagen die Gerichte zum Rückgaberecht?

In diesem Abschnitt werden wir einige aktuelle Gerichtsurteile zum Rückgaberecht in Deutschland vorstellen, die die Rechtsprechung in diesem Bereich verdeutlichen.

Widerrufsrecht bei Online-Apotheken (BGH, Urteil vom 07.02.2019, Az. I ZR 184/17)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass das Widerrufsrecht bei Online-Apotheken auch für verschreibungspflichtige Medikamente gilt, sofern es sich nicht um individuell angefertigte Arzneimittel handelt. Das Gericht stellte klar, dass der Verbraucherschutz Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der Apotheken hat und dass die Rücksendung von Medikamenten im Rahmen des Widerrufsrechts keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt.

Widerrufsrecht bei Matratzenkauf (EuGH, Urteil vom 27.03.2019, Az. C-681/17)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Verbraucher auch bei Matratzen, deren Schutzfolie nach der Lieferung entfernt wurde, ein Widerrufsrecht haben. Das Gericht argumentierte, dass die Matratze nach der Rückgabe gereinigt oder desinfiziert werden kann und somit kein Hygienerisiko besteht. Die Entscheidung stärkt das Widerrufsrecht von Verbrauchern und stellt klar, dass der Schutz der Verbraucherinteressen im Vordergrund steht.

Widerrufsrecht bei Kfz-Kauf (BGH, Urteil vom 12.03.2020, Az. VIII ZR 110/19)

Der BGH hat entschieden, dass Verbraucher auch bei einem Gebrauchtwagenkauf von einem gewerblichen Händler ein Widerrufsrecht haben, wenn der Kaufvertrag außerhalb der Geschäftsräume des Händlers (z. B. in der Wohnung des Verbrauchers) abgeschlossen wurde. Das Gericht stellte klar, dass das Widerrufsrecht auch in diesem Fall dem Schutz der Verbraucherinteressen dient und dass der Händler aufgrund seiner gewerblichen Tätigkeit besser in der Lage ist, das damit verbundene Risiko zu tragen.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Rückgaberecht

In diesem Abschnitt beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Rückgaberecht in Deutschland.

Gilt das Rückgaberecht auch für gebrauchte Waren?

Ja, das Rückgaberecht gilt grundsätzlich auch für gebrauchte Waren, sofern der Verkäufer ein gewerblicher Händler ist und der Vertrag unter die oben genannten Kategorien fällt. Bei gebrauchten Waren können jedoch besondere Regelungen hinsichtlich der Gewährleistung gelten.

Gilt das Rückgaberecht auch für digitale Inhalte und Downloads?

Das Rückgaberecht gilt grundsätzlich auch für Verträge über digitale Inhalte und Downloads. Allerdings erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn der Verbraucher vor Beginn des Downloads ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.

Wie lange dauert es, bis ich mein Geld zurückerhalte?

Der Unternehmer muss Ihnen alle Zahlungen, die er von Ihnen erhalten hat, unverzüglich und spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzahlen, an dem die Mitteilung über den Widerruf des Vertrags bei ihm eingegangen ist. Die Rückzahlung erfolgt in der Regel auf demselben Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben.

Was ist, wenn ich die Ware nicht zurücksenden kann, weil sie beschädigt oder verloren gegangen ist?

In diesem Fall sind Sie verpflichtet, dem Unternehmer Wertersatz für den Wertverlust der Ware zu leisten, wenn der Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist. Wenn die Ware unverschuldet beschädigt oder verloren gegangen ist, müssen Sie keinen Wertersatz leisten.

Abschließend kann festgehalten werden, dass das Rückgaberecht ein wichtiges Instrument des Verbraucherschutzes ist, das sowohl Verbrauchern als auch Händlern Rechte und Pflichten auferlegt. Die Kenntnis der gesetzlichen Regelungen und der aktuellen Rechtsprechung ist entscheidend, um Ihre Position als Verbraucher oder Händler zu stärken und Ihre Rechte und Pflichten effektiv durchzusetzen.

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