Als Schausteller gilt man, wenn man gewerbsmäßig und reisend Vergnügungsveranstaltungen, Volksfeste oder ähnliche Veranstaltungen ausrichtet oder daran teilnimmt. Dabei sind die rechtlichen Bestimmungen und Vorschriften des Schaustellergewerbes äußerst vielfältig, umfangreich und abhängig von den jeweiligen Umständen. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag widmen wir uns den verschiedenen Aspekten des Schausteller Gewerberecht, geben Tipps und zeigen auf, worauf man als Schausteller achten sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Anmeldeverfahren und Voraussetzungen
- Rechtliche Bestimmungen im Schaustellergewerbe
- Schausteller Gewerberecht: Verkehrssicherungspflicht und Haftungsfragen
- Bauordnungsrecht und baurechtliche Vorgaben
- Schausteller Gewerberecht: Gewerberechtliche Anforderungen
- Jugendschutz im Schaustellergewerbe
- Schausteller Gewerberecht: Umweltrecht und Lärmschutz
- Schausteller Gewerberecht: Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
- Steuerrecht für Schausteller
- Versicherungen für Schausteller
- Häufig gestellte Fragen zum Schausteller Gewerberecht
Anmeldeverfahren und Voraussetzungen
Wer als Schausteller tätig sein möchte, benötigt zunächst eine Gewerbeanmeldung. Im Anmeldeverfahren sind einige Voraussetzungen zu erfüllen und nachzuweisen:
- Ein gültiger Reisegewerbekartennachweis (§ 55a Gewerbeordnung)
- Ein aktueller polizeilicher Führungszeugnachweis
- Ein Nachweis der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht für Arbeitnehmer
- Gegebenenfalls ein Nachweis über die Einhaltung des Betriebsverkehrsgesetzes
- Regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen der Spielgeräte (TÜV, DEKRA oder andere zugelassene Prüforganisationen)
- Ausreichender Versicherungsschutz für die Gewerbetätigkeit, einschließlich Haftpflicht- und Unfallversicherung
Zudem müssen eventuelle weitere spezielle Voraussetzungen für bestimmte Veranstaltungen oder Spielgeräte erfüllt sein, wie etwa das Mitführen von Betriebstagebüchern.
Rechtliche Bestimmungen im Schaustellergewerbe
Das Schaustellergewerbe unterliegt verschiedenen rechtlichen Bestimmungen und Regelungen, die gewährleisten sollen, dass sowohl die Veranstalter als auch die Gäste sicher und im Einklang mit den Gesetzen agieren. Dazu gehören:
- Gewerbeordnung (GewO) und insbesondere der § 55a GewO, der auf das Reisegewerbe Bezug nimmt
- Verordnung über den Bau- und Betrieb von Versammlungsstätten (Versammlungsstättenverordnung – VStättVO)
- Landesbauordnungen (LBO) der jeweiligen Bundesländer
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und entsprechende Verordnungen (z. B. Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV, Arbeitsschutzverordnung – A})
- Jugendschutzgesetz (JuSchuG) und entsprechende Landesverordnungen
- Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie das Immissionsschutzrecht der Länder
- Spielzeug-Sicherheitsverordnung (2. ProdSV)
- Steuerrechtliche Bestimmungen wie die Gewerbesteuer, die Umsatzsteuer oder die Vergnügungssteuer
Darüber hinaus können auch spezielle kommunale Regelungen und Auflagen existieren, die Schausteller zu beachten haben.
Schausteller Gewerberecht: Verkehrssicherungspflicht und Haftungsfragen
Die Verkehrssicherungspflicht besagt, dass der Veranstalter oder Betreiber einer Attraktion dafür Sorge zu tragen hat, dass niemand innerhalb des Veranstaltungsbereichs zu Schaden kommt. Dazu gehören die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, regelmäßige Kontrollen und Wartungen sowie eventuell erforderliche Absperrungen oder Sicherheitseinrichtungen.
Sollte dennoch jemand zu Schaden kommen, kann der Veranstalter oder Betreiber grundsätzlich haftbar gemacht werden. Allerdings hängt die tatsächliche Haftung von verschiedenen Faktoren ab:
- Grob fahrlässiges Handeln des Geschädigten (§ 254 BGB) kann zu einer Minderung der Haftung führen
- Hat der Schausteller alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten und die Gefahr war nicht vorhersehbar, kann die Haftung entfallen
- Eine Haftung kann aufgrund vertraglicher Regelungen (z.B. AGB oder Verträge mit Veranstaltern) ausgeschlossen oder beschränkt werden
Um im Schadensfall abgesichert zu sein, empfiehlt es sich, eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen, die auch die speziellen Risiken des Schaustellergewerbes berücksichtigt.
Bauordnungsrecht und baurechtliche Vorgaben
Bauordnungsrechtlich fällt das Schaustellergewerbe in den Bereich der fliegenden Bauten. Dabei handelt es sich um mobile Anlagen oder Gebäude, die ohne größeren Aufwand für den Bau und den Abbau errichtet werden können. Zu den baurechtlichen Vorgaben gehören:
- Die Errichtung und der Betrieb von fliegenden Bauten bedarf einer Zulassung durch die zuständige Baubehörde (§§ 69–75 Musterbauordnung, landesrechtliche Regelungen)
- Zulassungsvoraussetzungen umfassen die Einhaltung von Bauvorschriften und technischen Normen, den Nachweis der Standfestigkeit und die Vorlage eines amtlich oder von einem amtlich anerkannten Prüfsachverständigen erstellten Prüfbuchs (§ 71 Musterbauordnung, landesrechtliche Regelungen)
- Regelmäßige Prüfungen durch amtliche oder amtlich anerkannte Prüfsachverständige sind erforderlich
- Die Baubehörde kann spezielle Auflagen oder Bedingungen zur Zulassung festlegen
Bei Nichtbeachtung der baurechtlichen Vorgaben können Ordnungsbehörden den Betrieb untersagen oder in Einzelfällen sogar den Abbau der fliegenden Bauten anordnen.
Schausteller Gewerberecht: Gewerberechtliche Anforderungen
Im gewerberechtlichen Bereich müssen Schausteller neben den bereits erwähnten Voraussetzungen und Anforderungen für die Gewerbeanmeldung auch spezielle gewerberechtliche Bestimmungen beachten:
- Zulassungspflicht für Schaustellergewerbe und sonstige Veranstaltungen nach kommunalen Vorschriften (z.B. Straßen- und Public Viewing-Verordnungen)
- Erlaubnispflichtige Spielgeräte nach § 33c GewO (z.B. Geld- oder Warenspielgeräte)
- Einhaltung von Lärmschutzbestimmungen und sonstigen umweltschutzrechtlichen Regelungen, insbesondere bei der Ausrichtung von Veranstaltungen in sensiblen Gebieten (z.B. Naturschutzgebiete, Wohngebiete)
Schausteller sollten sich daher stets über die aktuellen gewerberechtlichen Anforderungen informieren und diese gewissenhaft einhalten.
Jugendschutz im Schaustellergewerbe
Im Schaustellergewerbe spielt der Jugendschutz eine wichtige Rolle, um Kinder und Jugendliche vor Gefahren und negativen Einflüssen zu schützen. Schausteller müssen daher unter anderem folgende Bestimmungen und Vorschriften beachten:
- Allgemeine Jugendschutzbestimmungen (§§ 1–27 JuSchG)
- Verkauf, Verleih oder Vermittlung von jugendgefährdenden Medien und Spielgeräten (§ 15 JuSchG)
- Vorführung von jugendgefährdenden Filmen oder Multimediavorführungen (§ 11 JuSchG)
- Bedienung von Geld- oder Warenspielgeräten durch Minderjährige (§ 33c GewO i.V.m. § 6 Spielverordnung)
- Einhaltung von Altersgrenzen bei alkoholischen Getränken und Tabakwaren (§§ 9, 10 JuSchG)
- Aufstellen von Verkaufsautomaten für Produkte, die dem Jugendschutz unterliegen, in unmittelbarer Nähe von Kindergärten, Schulen oder sonstigen Einrichtungen, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen besucht werden (§ 20 JuSchG)
Besondere Regelungen können auch auf kommunaler Ebene bestehen, die den Jugendschutz bei Veranstaltungen betreffen. Schausteller sollten daher stets auf dem Laufenden bleiben und den Jugendschutz ernst nehmen, um ihre Veranstaltungen für alle Altersgruppen sicher und attraktiv zu gestalten.
Schausteller Gewerberecht: Umweltrecht und Lärmschutz
Im Bereich des Umweltrechts und des Lärmschutzes müssen Schausteller verschiedene Vorschriften einhalten, um die Umwelt und die Anwohner vor negativen Auswirkungen der Veranstaltungen zu schützen. Dazu gehören:
- Einhaltung von Lärm- und Immissionsschutzbestimmungen (BImSchG, TA Lärm, landesrechtliche Regelungen)
- Lärmmessungen und Lärmbegrenzungen, insbesondere bei Veranstaltungen in der Nähe von Wohngebieten und in der Nacht
- Umgang mit Abfällen und Abwasser im Einklang mit den entsprechenden Vorschriften (Kreislaufwirtschaftsgesetz, Abfall- und Abwasserverordnung)
- CO₂-Reduzierung und Einsatz von ressourcenschonenden Technologien (z.B. LED-Beleuchtung, energieeffiziente Motoren)
- Naturschutzrechtliche Bestimmungen bei der Ausrichtung von Veranstaltungen in naturschutzrechtlichen Gebieten
Gerade in Bezug auf den Lärmschutz sollten Schausteller besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben legen, um Beschwerden und mögliche Ordnungsmaßnahmen zu vermeiden.
Schausteller Gewerberecht: Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
Da Schaustellerbetriebe in der Regel Arbeitnehmer beschäftigen, sind auch arbeitsschutzrechtliche Regelungen zu beachten. Dazu gehören unter anderem:
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und entsprechende Verordnungen (z.B. Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV, Arbeitsschutzverordnung – ASiG)
- Bestimmungen zur Arbeits- und Pausenzeit (Arbeitszeitgesetz – ArbZG)
- Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen (§ 21 ArbSchG)
- Arbeitsschutzausrüstung und persönliche Schutzausrüstung (§ 15 ArbSchG, PSA-Benutzungsverordnung)
- Erste-Hilfe-Einrichtungen und ausgebildete Ersthelfer (§ 20 ASiG)
- Unterweisung der Mitarbeiter in Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (§§ 49, 50 BImSchG)
Um die Arbeitssicherheit und den Arbeitsschutz in den Schaustellerbetrieben zu gewährleisten, sollten die gesetzlichen Bestimmungen konsequent umgesetzt und kontrolliert werden. Zudem empfiehlt es sich, Mitarbeiter regelmäßig zu schulen und fortzubilden und für ein hohes Sicherheitsbewusstsein zu sorgen.
Steuerrecht für Schausteller
Schausteller unterliegen, wie jedes Gewerbe, auch steuerrechtlichen Anforderungen und Pflichten. Dazu gehören insbesondere folgende Steuern:
- Einkommensteuer: Sofern der Schaustellerbetrieb eine Einzelunternehmung oder eine Personengesellschaft ist, wird der unternehmerische Gewinn im Rahmen der Einkommensteuererklärung dem persönlichen Einkommen zugerechnet
- Gewerbesteuer: Zudem unterliegen Schausteller der Gewerbesteuer. Ab 2021 liegt der Freibetrag bei 61.356 Euro für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, darüber hinaus gehende Gewinne unterliegen der pauschalierten Gewerbesteuer
- Umsatzsteuer: Grundlegend gilt für Schausteller der Regelsteuersatz von 19 %, darunter fallen die Erlöse aus dem Betrieb von Fahrgeschäften, Verkauf von Speisen und Getränken sowie sonstige Leistungen. Für spezielle Veranstaltungen und kulturelle Aufführungen kann der ermäßigte Steuersatz von 7 % gelten
- Vergnügungssteuer: Teilweise erheben Gemeinden auf den Betrieb von bestimmten Vergnügungsattraktionen (z. B. Spielhallen, Spielautomaten) eine Vergnügungssteuer. Diese variiert in der Höhe von Kommune zu Kommune und ist in der Regel vom Betreiber zu entrichten
Um den steuerlichen Pflichten gerecht zu werden, ist eine sorgfältige, gewissenhafte und zeitnahe Buchführung erforderlich. Für viele Schausteller ist es ratsam, die steuerlichen Angelegenheiten von einem Steuerberater abwickeln zu lassen, um Fehlern vorzubeugen und eine optimale steuerliche Planung zu gewährleisten.
Versicherungen für Schausteller
Wie bereits zuvor erwähnt, ist eine ausreichende Absicherung durch Versicherungen für Schausteller unerlässlich. Besonders wichtig sind dabei:
- Betriebshaftpflichtversicherung: Deckt Schäden, die während des Betriebs oder auf Veranstaltungen verursacht werden und für die der Schausteller haftet
- Unfallversicherung: Schützt den Schausteller und seine Mitarbeiter im Falle von Arbeitsunfällen
- Rechtsschutzversicherung: Kann sinnvoll sein, um Kosten im Falle von rechtlichen Auseinandersetzungen abzufedern
- Equipment-Versicherung: Schützt vor finanziellen Verlusten durch Schäden oder Verlust von Betriebsgegenständen
- Transportversicherung: Sinnvoll, wenn teure und empfindliche Fahrgeschäfte oder wertvolle Ausrüstung transportiert werden müssen
Es empfiehlt sich, ein umfassendes Versicherungspaket abzuschließen, das speziell auf die Bedürfnisse des Schaustellergewerbes zugeschnitten ist und ausreichenden Schutz für alle Eventualitäten bietet.
Häufig gestellte Fragen zum Schausteller Gewerberecht
Nachfolgend die häufigsten Fragen für Sie auf einen Blick.
Wie melde ich ein Schaustellergewerbe an, und welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?
Für die Anmeldung eines Schaustellergewerbes benötigen Sie eine Gewerbeanmeldung bei der zuständigen Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Dazu sind verschiedene Nachweise zu erbringen und Voraussetzungen zu erfüllen, wie z. B. gültiger Reisegewerbekartennachweis, polizeilicher Führungszeugnachweis, Nachweis der Sozialversicherungspflicht für Arbeitnehmer, Einhaltung des Betriebsverkehrsgesetzes und regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen der Spielgeräte.
Wie hoch ist die Gewerbesteuer für Schausteller?
Die Gewerbesteuer beträgt für Einzelunternehmen und Personengesellschaften ab 2021 einen Freibetrag von 61.356 Euro. Übersteigt der Gewinn den Freibetrag, ist der darüber hinaus gehende Gewinn mit der pauschalierten Gewerbesteuer zu versteuern. Der Steuersatz wird von der jeweiligen Gemeinde festgelegt, in der der Betrieb seinen Sitz hat oder die Veranstaltung stattfindet.
Welche Versicherungen sind für Schausteller besonders wichtig?
Für Schausteller sind insbesondere folgende Versicherungen wichtig: Betriebshaftpflichtversicherung, Unfallversicherung, Rechtsschutzversicherung, Equipment-Versicherung und Transportversicherung.
Wir hoffen, dass dieser Beitrag Ihnen einen umfassenden Überblick über das Schausteller Gewerberecht verschafft hat. Sollten Sie weitere Fragen oder Anliegen zum Thema haben, zögern Sie nicht, unsere Kanzlei zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung und unterstützen Sie mit fachkundiger Beratung und rechtlicher Hilfe.
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