Der Kaufmann ist eine Schlüsselfigur im deutschen Wirtschaftsrecht. Doch was verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Scheinkaufmann“? In diesem Blog-Artikel werden wir diesen Begriff beleuchten und erläutern, welche Auswirkungen er auf den Rechtsverkehr und die beteiligten Parteien hat. Dabei werden wir uns auch mit aktuellen Gerichtsurteilen befassen, die Einfluss auf das Verständnis des Scheinkaufmanns und dessen Rechtslage nehmen. Abschließend werden wir einige häufig gestellte Fragen beantworten, die uns in unserer Arbeit als Rechtsanwälte begegnen.

Definition: Wer oder was ist ein Scheinkaufmann?

Ein Scheinkaufmann ist eine Person, die nach außen hin den Anschein erweckt, als sei sie Kaufmann, ohne jedoch tatsächlich die rechtlichen Anforderungen für eine solche Stellung zu erfüllen. Das Handelsgesetzbuch (HGB) definiert in § 1 den Begriff des Kaufmanns und unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen verschiedenen Kaufmannsarten:

Um Kaufmann sein zu können, müssen diese Personen oder Unternehmen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen und sich in das Handelsregister eintragen lassen. Ein Scheinkaufmann hingegen wird nicht im Handelsregister geführt, führt allerdings ein ordnungsgemäßund befindet sich damit in einer juristischen Grauzone, deren Implikationen nachfolgend erklärt werden.

Auswirkungen des Scheinkaufmanns auf den Rechtsverkehr

Die Eintragung in das Handelsregister hat bedeutende Konsequenzen für Geschäftsleute und Unternehmen. Neben der eindeutigen Identifizierung und der Einstufung als Kaufmann ziehen sich die Auswirkungen bis in diverse Rechtsbereiche, beispielsweise:

Sofern sich eine Person oder ein Unternehmen als Scheinkaufmann am Markt bewegt, so kann dies zu einer Reihe von rechtlichen Problemen führen:

  • Ohne Eintragung ins Handelsregister kommt die Sonderregelungen des Handelsrechts nicht zur Anwendung.
  • Mögliche Verbindlichkeiten, die aus geschäftlichen Handlungen resultieren, können direkt auf die beteiligten Personen durchschlagen, da keine klare Trennung zwischen persönlichem und geschäftlichem Vermögen besteht.
  • Die Änderungen im formalen Handelsrecht, etwa hinsichtlich der Bilanzierung, Betriebsprüfungen oder der Erteilung von Prokura, treffen auf den Scheinkaufmann nicht zu, können aber dennoch im Rechtsverkehr zu Komplikationen führen.

Die Konsequenzen für den Scheinkaufmann können also weitreichend sein: einerseits stellt er sich als Kaufmann dar und beansprucht damit die Vorzüge des Handelsrechts, andererseits bleiben viele Schutzmechanismen, die mit dem Kaufmannsstatus einhergehen, aufgrund des Fehlens des rechtlichen Fundaments außer Reichweite.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Scheinkaufmann

Die deutsche Rechtsprechung befasste sich bereits mehrfach mit Fällen des Scheinkaufmanns. In diesem Abschnitt möchten wir zwei aktuelle Gerichtsurteile präsentieren, die das Verständnis und die rechtlichen Grundlagen des Scheinkaufmanns weiter ausarbeiten und präzisieren.

BGH, Urteil vom 19.01.2017 – IX ZR 91/16

In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass sich ein Scheinkaufmann den sogenannten prozessualen Fiktionsvorschriften nicht entziehen kann. Das heißt konkret: ein Scheinkaufmann, der im Handelsregister eingetragen ist, unterliegt nach Ablauf eines Kenntniszeitraums (5 Jahre), bestimmten Verfahrensregeln. In diesem speziellen Fall ging es um die Frage, ob der Scheinkaufmann für eine Forderung interner Natur haftet oder nicht. Der BGH hat hierzu entschieden, dass eine solche Haftung für interne Forderungen grundsätzlich anzuerkennen ist.

BGH, Urteil vom 22.06.2016 – XII ZB 485/17

Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Scheinkaufmann gegenüber Gläubigern in bestimmten Fällen eine sogenannte Verkehrsschutzhaftung aufgrund von § 242 BGB (Treu und Glauben) zu beachten hat. Ob die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Teilweise wird jedoch argumentiert, dass dem Scheinkaufmann gerade die Verkehrsschutzhaftung als Risikoanstalt in gewissem Umfang zugeschrieben werden muss.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Scheinkaufmann

In unserer anwaltlichen Praxis begegnen uns immer wieder Fragen zum Thema Scheinkaufmann. In diesem Abschnitt haben wir einige der häufigsten Fragen zusammengestellt und geben Antworten darauf.

Wie kann ich verhindern, als Scheinkaufmann zu gelten?

Um nicht als Scheinkaufmann in die rechtliche Grauzone zu geraten, ist es wichtig, sämtliche Voraussetzungen für den Kaufmannsbegriff laut HGB zu erfüllen und sich ordnungsgemäß ins Handelsregister eintragen zu lassen. Nur so sind die Vorteile des Kaufmannsstatus und der entsprechenden Schutzmechanismen sichergestellt.

Was sind die rechtlichen Folgen, wenn ich als Scheinkaufmann auftrete?

Das Auftreten als Scheinkaufmann kann zur direkten Haftung für Verbindlichkeiten führen. Zudem entfallen die Schutzmechanismen und Sonderregelungen des Handelsrechts, wodurch rechtliche Probleme und Risiken entstehen.

Kann ich mich als betrogener Geschäftspartner gegen einen Scheinkaufmann zur Wehr setzen?

Ja, Geschädigte können entsprechende Ansprüche gegen Scheinkaufmänner geltend machen. Dabei ist die Verkehrsschutzhaftung gemäß § 242 BGB zu beachten und im Fall einer Klage die Unterstützung eines Rechtsanwalts anzuraten.

Welche weiteren rechtlichen Aspekte sind im Zusammenhang mit dem Scheinkaufmann zu beachten?

Es ist wichtig, die aktuellen Gesetzesänderungen und die Rechtsprechung des BGH im Hinblick auf das Phänomen des Scheinkaufmanns im Auge zu behalten. Darüber hinaus sollten Geschäftspartner darauf achten, dass sie sich nicht auf einen Scheinkaufmann verlassen und genau überprüfen, ob ihr Gegenüber die Voraussetzungen eines Kaufmanns erfüllt und ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen ist.

Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Scheinkaufmann als Geschäftspartner habe?

Sollte sich herausstellen, dass ein Geschäftspartner als Scheinkaufmann agiert, ist es ratsam, sofort die Zusammenarbeit zu beenden und ggf. auch rechtliche Schritte einzuleiten, um sich vor möglichen Schäden zu schützen. Dabei sollte die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.

Fazit

Der Scheinkaufmann ist eine juristische Figur, die im deutschen Wirtschaftsrecht für zahlreiche rechtliche Schwierigkeiten und Unsicherheiten sorgen kann. Geschäftsleute und Unternehmen sollten daher auf eine korrekte Eintragung in das Handelsregister achten, um die Voraussetzungen für den Kaufmannsstatus zu erfüllen und von den Vorteilen und Schutzmechanismen des Handelsrechts zu profitieren.

Es ist für Geschäftspartner essentiell, die Seriosität und Rechtschaffenheit ihrer Partner zu überprüfen und keine Geschäftsbeziehungen mit Scheinkaufleuten einzugehen. Dabei können aktuelle Gerichtsurteile und die Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen eine essenzielle Hilfe darstellen. Sollten dennoch Zweifel oder Streitigkeiten aufkommen, kann die Beratung durch einen kompetenten Rechtsanwalt Klarheit bringen und die rechtlich korrekten Schritte einleiten.

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