Als erfahrener Rechtsanwalt und Experte im Bereich Vertragsrecht ist es mein Anliegen, Klarheit und Verständnis über bestimmte Kernkonzepte zu schaffen, von denen viele Menschen profitieren können. Eines dieser Konzepte ist das Selbstkontrahieren, das in seiner Bedeutung und seinen rechtlichen Auswirkungen oft diskutiert wird. In diesem Blog-Beitrag werde ich Ihnen eine detaillierte und umfassende Analyse von Selbstkontrahieren präsentieren, einschließlich:

  • Die genaue Bedeutung von Selbstkontrahieren
  • Rechtliche Aspekte und ihre Auswirkungen auf Selbstkontrahieren
  • Beispiele und Fallstudien, um das Verständnis zu vertiefen
  • Aktuelle Gerichtsurteile und deren Bedeutung für Selbstkontrahieren
  • Praktische Tipps und FAQs, um Ihnen bei Rechtsangelegenheiten zu helfen

All dies wird Ihnen helfen, ein umfassendes Verständnis von Selbstkontrahieren und seinen rechtlichen Aspekten zu erlangen und Sie darauf vorzubereiten, fundierte Entscheidungen in diesem Zusammenhang zu treffen.

Was ist Selbstkontrahieren?

Selbstkontrahieren, auch bekannt als Selbstvertrag (engl. self-dealing) oder Insichgeschäft, bezieht sich auf eine Situation, in der eine Person – in ihrer Eigenschaft als Vertreter oder Bevollmächtigter – einen Vertrag im Namen des Vertretenen (Prinzipal) mit sich selbst abschließt bzw. in zwei verschiedenen rechtlichen Rollen handelt. In solchen Fällen entstehen rechtliche Bedenken, da das Potential für Interessenkonflikte und Missbrauch der Vertreterposition groß ist.

Rechtliche Aspekte von Selbstkontrahieren

Die Rechtsgültigkeit von Selbstkontrahieren variiert je nach Rechtsordnung und den spezifischen Umständen des Falles. Im Folgenden werden einige der Aspekte aufgeführt, die in den meisten Rechtsordnungen relevant sind:

Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Vertrags

Einige Rechtsordnungen erklären Verträge im Rahmen von Selbstkontrahieren für nichtig oder zumindest anfechtbar, insbesondere wenn der Vertreter nicht offenlegt, dass er als Vertreter und zugleich als Vertragspartei handelt, oder wenn keine Zustimmung vom Prinzipal eingeholt wurde.

Offenlegungspflichten und Genehmigung

Als grundlegendes Prinzip haftet der Vertreter seinem Prinzipal gegenüber für das Offenlegen von Informationen, die für die Wahrung der Interessen des Prinzipals relevant sind. Im Falle von Selbstkontrahieren hat der Vertreter in der Regel die Pflicht, seine Absicht, in zwei verschiedenen rechtlichen Rollen zu handeln, dem Prinzipal gegenüber offenzulegen und dessen ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung einzuholen. Unterlassene Offenlegung kann zu Haftung und Schadensersatzansprüchen führen.

Sorgfaltspflichten und Loyalitätspflichten

Ein Vertreter ist verpflichtet, seinem Prinzipal gegenüber treu und redlich zu handeln und dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen. Bei einem Selbstkontrahieren können Sorgfaltspflichten und Loyalitätspflichten beeinträchtigt werden, wenn der Vertreter seine eigenen Interessen denen des Prinzipals vorzieht.

Beispiele und Fallstudien zum Selbstkontrahieren

Um das Verständnis von Selbstkontrahieren zu vertiefen, betrachten wir einige Beispiele und Fallstudien:

Beispiel 1: Treuhänder und Treugeber

Ein Rechtsanwalt, der als Treuhänder fungiert, verkauft im Namen des Treugebers (Prinzipal) ein Grundstück an sich selbst als Käufer. In diesem Fall liegt ein Selbstkontrahieren vor, da der Rechtsanwalt sowohl in der Rolle des Vertreters (Treuhänder) als auch in der Rolle des Käufers handelt.

Beispiel 2: Geschäftsführer und Gesellschaft

Ein Geschäftsführer einer GmbH schließt im Namen der Gesellschaft einen Beratungsvertrag mit sich selbst als Berater ab. Hier entsteht ebenfalls ein Selbstkontrahieren, da der Geschäftsführer sowohl in der Rolle des Vertreters der Gesellschaft als auch in der Rolle des Beraters handelt.

Fallstudie 1: Verstoss gegen Offenlegungspflichten

In einem deutschen Gerichtsurteil (BGH, Urteil vom 29.06.2018, Az. V ZR 175/17) wurde entschieden, dass ein Treuhänder seinen Offenlegungspflichten gegenüber dem Treugeber hinsichtlich eines Selbstkontrahierens nicht nachgekommen war. Der Treuhänder hatte zwar eine spätere Zustimmung des Treugebers eingeholt, dieser hatte jedoch keine Kenntnis von der wahren Identität des Käufers zum Zeitpunkt der Zustimmung. Das Gericht befand, dass die Zustimmung des Treugebers unwirksam sei und der Vertrag daher anfechtbar sei.

Fallstudie 2: Einhaltung von Sorgfaltspflichten

In einer Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH, Urteil vom 18.01.2018, Az. 6 Ob 189/17y) wurde ein Fall von Selbstkontrahieren behandelt, in dem ein Geschäftsführer einer GmbH einen Beratungsvertrag mit sich selbst als Berater abschloss. Der Geschäftsführer argumentierte, dass er die Interessen der Gesellschaft durch die Einholung von Marktangeboten für vergleichbare Beratungsdienstleistungen gewahrt habe. Das Gericht entschied, dass der Geschäftsführer seinen Sorgfaltspflichten in diesem Fall gerecht geworden sei und das Selbstkontrahieren daher rechtlich zulässig sei, da es offengelegt und genehmigt wurde.

Aktuelle Gerichtsurteile und ihre Bedeutung für Selbstkontrahieren

Einige der jüngsten Gerichtsurteile legen wichtige rechtliche Rahmenbedingungen für Selbstkontrahieren fest und verdeutlichen die möglichen Folgen für die beteiligten Parteien. Einige dieser aktuellen Urteile sind:

Gerichtsurteil 1: Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen Treuepflichten

In einer Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts (BGE 144 III 312) wurde ein Fall von Selbstkontrahieren betrachtet, in dem ein Mitglied des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft im Namen der Gesellschaft einen Vertrag mit sich selbst als Vertreter einer anderen Gesellschaft abschloss. Das Gericht befand, dass der betreffende Vertrag wegen Verstoßes gegen die Treuepflichten des Verwaltungsratsmitglieds nichtig sei, da die Interessen der Aktiengesellschaft nicht ausreichend gewahrt wurden und der Verwaltungsrat keine Notfallsmaßnahme ergriffen hatte, um den Prinzipal zu schützen.

Gerichtsurteil 2: Anfechtbarkeit bei unzureichender Offenlegung

Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 12.03.2019, Az. 32 U 6194/18) beschäftigte sich mit einem Fall, in dem ein Mitglied eines Vereins im Namen des Vereins einen Vertrag mit sich selbst abschloss. Das Gericht entschied, dass der Vertrag anfechtbar sei, da das Vereinsmitglied seine Absicht, in zwei verschiedenen rechtlichen Rollen zu handeln, nicht ausreichend offenlegte und die Zustimmung des Vereinsvorstands nicht einholte.

Praktische Tipps und FAQs zum Selbstkontrahieren

Die rechtlichen Aspekte und die aktuellen Gerichtsurteile können in Ihrem Alltag als Unternehmer oder Privatperson nützliche Orientierungshilfen bieten. Hier einige praktische Tipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen:

Offenlegen und Zustimmung einholen

Um mögliche rechtliche Probleme bei Selbstkontrahieren zu vermeiden, sollten Sie als Vertreter immer offenlegen, dass Sie in Ihrer Funktion als Vertreter und als Vertragspartei handeln, und die ausdrückliche Zustimmung Ihres Prinzipals einholen.

Schriftliche Vereinbarungen treffen

Dokumentieren Sie jedes Selbstkontrahieren sorgfältig in einer schriftlichen Vereinbarung, die die Zustimmung des Prinzipals und alle relevanten Bedingungen enthält. Dies kann später sehr nützlich sein, wenn rechtliche Fragen oder Streitigkeiten entstehen.

Ist Selbstkontrahieren immer unzulässig?

Nein, Selbstkontrahieren ist nicht per se unzulässig. In einigen Rechtsordnungen kann es jedoch eine strenge Überprüfung unterliegen und unter bestimmten Voraussetzungen nichtig oder anfechtbar sein.

Welche Haftung kann bei Selbstkontrahieren entstehen?

Ein Vertreter, der Selbstkontrahieren betreibt, kann unter Umständen wegen Verstoßes gegen Offenlegungs-, Sorgfalts- oder Loyalitätspflichten haftbar sein. Dies kann zu Schadensersatzansprüchen des Prinzipals und in einigen Fällen zur Nichtigkeit oder Anfechtung des Vertrags führen.

Wie kann ich mich schützen, wenn ich als Prinzipal bei einem Selbstkontrahieren beteiligt bin?

Als Prinzipal sollten Sie darauf achten, dass Ihr Vertreter Ihnen gegenüber offenlegt, wenn er vorhat, einen Vertrag in zwei rechtlichen Rollen abzuschließen. Sie sollten auch darauf bestehen, dass alle Details schriftlich festgehalten werden und eine ausdrückliche Zustimmung von Ihrer Seite erteilt wird. Zögern Sie nicht, sich anwaltlichen Rat einzuholen, um zu gewährleisten, dass Ihre Interessen ausreichend geschützt sind.

Fazit: Selbstkontrahieren und seine rechtlichen Aspekte

Selbstkontrahieren ist ein komplexes rechtliches Thema, das in verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedlich behandelt wird. Um mögliche rechtliche Fallstricke und Haftung zu vermeiden, sollte die Offenlegung von Informationen und die Einholung der Zustimmung des Prinzipals als Grundprinzip betrachtet werden. Sowohl als Prinzipal als auch Vertreter ist es ratsam, sich über die aktuelle Rechtslage in Ihrem Land zu informieren und gegebenenfalls anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass Ihre Rechte und Interessen gewahrt werden.

Die vorliegende Analyse kann Ihnen dabei helfen, ein besseres Verständnis von Selbstkontrahieren und seinen rechtlichen Aspekten zu entwickeln und dazu beitragen, dass Sie in Zukunft fundierte Entscheidungen in diesem Bereich treffen können. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieser Beitrag lediglich allgemeine Informationen bereitstellt und keinen Rechtsrat darstellt. Bei spezifischen Fragen oder Problemen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quellenangaben

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.6. 2018, Az. V ZR 175/17
  • Oberster Gerichtshof (OGH), Urteil vom 18.1.2018, Az. 6 Ob 189/17y
  • Bundesgericht der Schweiz (BGE 144 III 312)
  • Oberlandesgericht München, Urteil vom 12.3.2019, Az. 32 U 6194/18

Der Inhalt dieses Beitrags stellt keine Rechtsberatung dar und ist lediglich zur Weiterbildung und Information gedacht. Bei spezifischen rechtlichen Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Anwalt oder Rechtsberater wenden.

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