Stiftungen bieten im Erbrecht eine interessante und vielseitige Möglichkeit, Vermögen gezielt für bestimmte Zwecke einzusetzen. Sie können sowohl im Rahmen der Nachlassplanung als auch zur Gestaltung von Vermögensnachfolgen genutzt werden. In diesem umfassenden Leitfaden erfahren Sie alles Wissenswerte rund um Stiftungen im Erbrecht – von der Gründung über den Zweck bis hin zu den steuerlichen Vorteilen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen von Stiftungen im Erbrecht

Im Erbrecht stellen Stiftungen eine Alternative zur klassischen Erbfolge dar. Sie ermöglichen es, Vermögen gezielt für bestimmte Zwecke einzusetzen und dabei sowohl den Erblasser als auch die Erben steuerlich zu entlasten. Die rechtliche Grundlage für Stiftungen bildet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere die §§ 80-88 BGB.

Stiftungen sind juristische Personen des privaten Rechts und verfügen über eine von ihrem Stifter unabhängige Rechtsfähigkeit. Sie dienen der Verwaltung und Erhaltung von Vermögen, das für einen festgelegten Zweck eingesetzt wird.

Im Erbrecht kann eine Stiftung sowohl zu Lebzeiten des Erblassers als auch durch letztwillige Verfügung, also etwa durch Testament oder Erbvertrag, errichtet werden.

Arten von Stiftungen

Stiftungen lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden, etwa nach der Rechtsform, dem Stiftungszweck oder der Herkunft der Stiftungsmittel. Im Folgenden werden die wichtigsten Arten von Stiftungen vorgestellt:

  • Rechtsform: Stiftungen können als rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Stiftungen errichtet werden. Rechtsfähige Stiftungen sind juristische Personen des privaten Rechts und verfügen über eine eigene Rechtsfähigkeit. Nicht rechtsfähige Stiftungen hingegen sind auf die Rechtsfähigkeit ihrer Träger angewiesen, zum Beispiel einer natürlichen Person oder einer Gesellschaft.
  • Stiftungszweck: Es gibt ideelle Stiftungen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, sowie vermögensverwaltende Stiftungen, die das Stiftungsvermögen zum Wohl der Familie oder zur Erfüllung bestimmter Zwecke erhalten und verwalten. Ideelle Stiftungen genießen in der Regel steuerliche Vorteile.
  • Herkunft der Stiftungsmittel: Stiftungen können aus privatem Vermögen oder aus öffentlichen Mitteln entstehen. Private Stiftungen werden meist von Einzelpersonen oder Familien gegründet, während öffentliche Stiftungen in der Regel von staatlichen oder kommunalen Einrichtungen ins Leben gerufen werden.

Gründung einer Stiftung

Die Gründung einer Stiftung erfolgt in mehreren Schritten:

Errichtungserklärung: Der Stifter muss eine schriftliche Errichtungserklärung abgeben, in der er seinen Willen zur Gründung einer Stiftung zum Ausdruck bringt. Die Errichtungserklärung muss den Namen der Stiftung, den Sitz der Stiftung, den Stiftungszweck und das Stiftungsvermögen enthalten. Bei einer testamentarischen Stiftung erfolgt die Errichtungserklärung durch Testament oder Erbvertrag.

Anerkennung: Rechtsfähige Stiftungen bedürfen der staatlichen Anerkennung, die in der Regel durch die zuständige Stiftungsbehörde erfolgt. Die Anerkennung setzt voraus, dass der Stiftungszweck dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann und dass das Stiftungsvermögen ausreichend ist. Nicht rechtsfähige Stiftungen bedürfen keiner Anerkennung.

Eintragung ins Stiftungsverzeichnis: Nach der Anerkennung wird die Stiftung in das Stiftungsverzeichnis des jeweiligen Bundeslandes eingetragen. Dies dient der Rechtssicherheit und Transparenz.

Die Gründung einer Stiftung ist mit Kosten verbunden, insbesondere für die Anerkennung und Eintragung. Zudem können notarielle Gebühren für die Beurkundung der Errichtungserklärung anfallen.

Zweck einer Stiftung

Der Zweck einer Stiftung ist das zentrale Element, das die Stiftung von anderen Rechtsformen abgrenzt. Der Stiftungszweck muss in der Errichtungserklärung festgelegt werden und sollte klar und eindeutig formuliert sein. Dabei ist zu beachten, dass der Stiftungszweck dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann und dass er nicht gegen die Rechtsordnung oder das Gemeinwohl verstößt.

Grundsätzlich kann der Stiftungszweck sehr vielfältig sein, beispielsweise:

  • Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung
  • Unterstützung von Kunst und Kultur
  • Erhaltung von Denkmälern und Natur
  • Förderung von sozialen Projekten und gemeinnützigen Einrichtungen
  • Unterstützung der Familie oder einzelner Familienmitglieder
  • Finanzierung von Stipendien oder Preisen

Der Stiftungszweck bestimmt auch, ob die Stiftung als gemeinnützig anerkannt wird und damit steuerliche Vorteile genießen kann. Gemeinnützige Stiftungen müssen laut Abgabenordnung (AO) einen Zweck verfolgen, der die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos fördert.

Steuerliche Vorteile von Stiftungen

Stiftungen können sowohl für den Stifter als auch für die Erben steuerliche Vorteile bieten. Insbesondere gemeinnützige Stiftungen genießen steuerliche Privilegien. Die wichtigsten steuerlichen Aspekte von Stiftungen sind:

  • Erbschaft- und Schenkungsteuer: Bei der Errichtung einer Stiftung zu Lebzeiten des Stifters kann der Wert des eingebrachten Vermögens als Schenkung gelten und somit der Schenkungsteuer unterliegen. Allerdings sind Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen von der Schenkungsteuer befreit. Im Fall einer testamentarischen Stiftung, bei der das Stiftungsvermögen aus dem Nachlass des Erblassers stammt, fällt keine Erbschaftsteuer an, wenn die Stiftung gemeinnützig ist.
  • Einkommensteuer: Stiftungen unterliegen grundsätzlich der Körperschaftsteuer, jedoch sind gemeinnützige Stiftungen von der Körperschaftsteuer befreit, sofern sie ihre Einnahmen ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Zudem können Stifter und Erben unter Umständen ihre Zuwendungen an die Stiftung als Sonderausgaben von der Einkommensteuer absetzen.
  • Umsatzsteuer: Stiftungen können auch von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, etwa wenn sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgen und keine wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterhalten.
  • Grunderwerbsteuer: Die Übertragung von Grundstücken auf eine Stiftung kann grunderwerbsteuerpflichtig sein. Allerdings sind auch hier gemeinnützige Stiftungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Grunderwerbsteuer befreit.

Haftung von Stiftungen

Ein wichtiger Aspekt bei der Errichtung einer Stiftung ist die Frage der Haftung. Grundsätzlich haftet eine Stiftung nur mit ihrem Stiftungsvermögen und nicht mit dem Privatvermögen des Stifters oder der Stiftungsorgane. Dies schützt den Stifter und die Stiftungsorgane vor finanziellen Risiken, die aus der Tätigkeit der Stiftung resultieren könnten.

Allerdings können unter Umständen auch Stifter oder Stiftungsorgane persönlich haften, etwa wenn sie ihre Pflichten schuldhaft verletzen oder wenn sie Vermögen der Stiftung veruntreuen. Daher sollten Stifter und Stiftungsorgane stets darauf achten, ihre Aufgaben gewissenhaft und im Sinne des Stiftungszwecks auszuführen.

Stiftungen in der Nachlassplanung

Stiftungen können im Rahmen der Nachlassplanung eine interessante Option darstellen, insbesondere wenn der Erblasser bestimmte Zwecke fördern oder sein Vermögen gezielt einsetzen möchte. Stiftungen bieten dabei folgende Vorteile:

  • Gezielte Vermögensverwendung für festgelegte Zwecke
  • Steuerliche Entlastung des Erblassers und der Erben
  • Unabhängigkeit von der Familie und anderen Erben
  • Haftungsbeschränkung auf das Stiftungsvermögen
  • Möglichkeit der dauerhaften Vermögenserhaltung

Bei der Einbindung von Stiftungen in die Nachlassplanung sollte jedoch auch auf mögliche Nachteile und Risiken geachtet werden, etwa:

  • Kosten und Aufwand bei der Gründung und Verwaltung der Stiftung
  • Eingeschränkte Verfügbarkeit des Stiftungsvermögens für die Erben
  • Mögliche Haftung des Stifters oder der Stiftungsorgane

Um die Vor- und Nachteile von Stiftungen im Erbrecht optimal abzuwägen, empfiehlt es sich, frühzeitig professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu Stiftungen im Erbrecht

Gerichtsurteile zu Stiftungen im Erbrecht können wichtige Orientierungshilfen für die eigene Nachlassplanung bieten und zeigen die aktuelle Rechtsprechung auf. Nachfolgend werden einige relevante Gerichtsurteile vorgestellt:

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.09.2017, Az. II R 54/15: In diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Zuwendungen an eine ausländische Stiftung im Rahmen der Erbschaftsteuer in Deutschland steuerlich begünstigt sein können, sofern die Stiftung nachweislich gemeinnützige Zwecke verfolgt und in ihrem Heimatland als gemeinnützig anerkannt ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.02.2017, Az. IV ZR 437/14: Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall klargestellt, dass der Erblasser in seinem Testament keine Regelungen treffen kann, die die Anerkennung einer rechtsfähigen Stiftung durch die zuständige Stiftungsbehörde beeinflussen oder diese Anerkennung von bestimmten Bedingungen abhängig machen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.12.2015, Az. 10 U 110/14: Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass der Stifter einer Familienstiftung, der seine Pflichten als Stiftungsorgan verletzt, unter Umständen persönlich haften kann, insbesondere wenn er die Vermögensinteressen der Stiftung gefährdet.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.11.2014, Az. I R 4/13: In diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass eine Stiftung, die ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, grundsätzlich als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gilt und daher der Gewerbesteuer unterliegt, auch wenn sie gemeinnützige Zwecke verfolgt.

Diese Urteile verdeutlichen die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Stiftungen im Erbrecht und unterstreichen die Bedeutung einer fachkundigen Beratung bei der Errichtung und Verwaltung von Stiftungen.

FAQs zu Stiftungen im Erbrecht

In diesem Abschnitt finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Stiftungen im Erbrecht:

  1. Welche Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Stiftung erfüllt sein?Die Gründung einer Stiftung setzt eine schriftliche Errichtungserklärung des Stifters voraus, die den Namen, den Sitz, den Stiftungszweck und das Stiftungsvermögen enthält. Bei rechtsfähigen Stiftungen ist zudem die Anerkennung durch die zuständige Stiftungsbehörde erforderlich.
  2. Wie hoch muss das Stiftungsvermögen sein?Das Stiftungsvermögen sollte ausreichend sein, um den Stiftungszweck dauerhaft und nachhaltig erfüllen zu können. Eine gesetzliche Mindesthöhe für das Stiftungsvermögen gibt es nicht, jedoch verlangen die Stiftungsbehörden der Bundesländer in der Regel ein Mindestvermögen von etwa 50.000 bis 100.000 Euro.
  3. Kann ich meine Stiftung steuerlich absetzen?Stifter und Erben können unter Umständen ihre Zuwendungen an die Stiftung als Sonderausgaben von der Einkommensteuer absetzen. Voraussetzung ist, dass die Stiftung gemeinnützige Zwecke verfolgt und in Deutschland steuerlich begünstigt ist.
  4. Wie kann ich meine Stiftung vor Missbrauch schützen?Um eine Stiftung vor Missbrauch zu schützen, sollten klare Regelungen in der Errichtungserklärung und der Stiftungssatzung getroffen werden, insbesondere hinsichtlich der Organisation und Kontrolle der Stiftung. Zudem kann eine Aufsicht durch die Stiftungsbehörde oder externe Prüfer vorgesehen werden.
  5. Welche Rolle spielt der Stiftungsrat?Der Stiftungsrat ist das wichtigste Organ einer Stiftung und verantwortlich für die Verwaltung des Stiftungsvermögens und die Erfüllung des Stiftungszwecks. Der Stiftungsrat sollte daher sorgfältig ausgewählt und mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet werden.

Stiftungen im Erbrecht bieten eine vielseitige Möglichkeit, Vermögen gezielt für bestimmte Zwecke einzusetzen und dabei steuerliche Vorteile zu nutzen. Bei der Errichtung und Verwaltung von Stiftungen sind jedoch zahlreiche rechtliche und steuerliche Aspekte zu beachten, weshalb eine fachkundige Beratung unerlässlich ist. Dieser Leitfaden bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über die Grundlagen von Stiftungen im Erbrecht, die verschiedenen Arten von Stiftungen, die Gründung und den Zweck von Stiftungen sowie die steuerlichen Vorteile und die Haftung von Stiftungen. Zudem erhalten Sie aktuelle Gerichtsurteile und Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Stiftungen im Erbrecht.

Stiftungen und Erbrecht: Was Sie wissen müssen

Stiftungen im Erbrecht bieten eine attraktive Alternative zur klassischen Erbfolge, indem sie es ermöglichen, Vermögen gezielt für bestimmte Zwecke einzusetzen und dabei steuerliche Vorteile zu nutzen. Die Errichtung einer Stiftung erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung zahlreicher rechtlicher und steuerlicher Aspekte. Eine fachkundige Beratung ist daher unerlässlich, um die optimale Gestaltung der Stiftung im Erbrecht sicherzustellen und mögliche Risiken und Nachteile zu minimieren.

Dieser Leitfaden bietet Ihnen einen umfassenden Überblick und wertvolle Orientierungshilfen für die Beschäftigung mit dem Thema Stiftungen im Erbrecht und sollte als Ausgangspunkt für Ihre weitergehende Auseinandersetzung mit diesem komplexen Themenbereich dienen.

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