Die Täuschung spielt sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht eine zentrale Rolle. Eine Täuschung ist das Vorspiegeln falscher Tatsachen, durch das jemand zu einer Fehlvorstellung verleitet und hierdurch benachteiligt wird. In diesem umfassenden Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zur Rechtslage und den Folgen einer Täuschung in verschiedenen Rechtsbereichen. Wir beleuchten die Thematik aus einer rechtlichen Perspektive und geben Ihnen einen Einblick in aktuelle Gerichtsurteile und FAQs, um Ihnen ein umfassendes Verständnis der Materie zu vermitteln.
Täuschung im Zivilrecht
Im Zivilrecht wirkt sich die Täuschung zunächst auf die Wirksamkeit von Verträgen aus. Liegt eine Täuschung vor, kann ein Vertrag unter bestimmten Umständen angefochten oder für nichtig erklärt werden.
- Anfechtung wegen Täuschung – § 123 BGB ermöglicht die Anfechtung eines Vertrages, wenn der andere Teil durch arglistige Täuschung dazu veranlasst wurde, den Vertrag zu schließen. Die Täuschung muss objektiv falsch und subjektiv irreführend sein, d.h. der Täuschende muss vorsätzlich handeln.
- Nichtigkeit wegen Widerrechtlichkeit – § 134 BGB erklärt einen Vertrag für nichtig, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Dies ist auch bei Verträgen der Fall, die auf Grundlage einer rechtswidrigen Täuschung zustande gekommen sind, zum Beispiel bei Betrug.
Weitere Folgen von Täuschung im zivilrechtlichen Bereich können Schadensersatzansprüche und, in Einzelfällen, Ansprüche auf Herausgabe von ungerechtfertigten Bereicherungen (§ 812 BGB) sein.
Beispiel: Anfechtung eines Kaufvertrages
Herr A verkauft an Frau B ein gebrauchtes Auto und verschweigt ihr dabei, dass der Motor einen schweren Defekt hat, der die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs stark einschränkt. Hier nimmt das Gesetz eine arglistige Täuschung an und Frau B kann den Kaufvertrag anfechten. Sie hat Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages und Schadensersatz.
Täuschung im Strafrecht
Im Strafrecht sind Täuschungsdelikte wie Betrug, Urkundenfälschung oder Untreue strafbar. Die Täuschung wird hier als zentrales Element zur Schaffung rechtswidriger Vermögensvorteile genutzt.
- Betrug (§ 263 StGB) – Betrug ist eine strafbare Handlung, bei der jemand durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch Unterdrückung von Tatsachen einen Irrtum erregt, der zu einer Vermögensverfügung führt, die dem Täter oder einem Dritten einen Vermögensvorteil verschafft. Betrug kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, in besonders schweren Fällen sogar mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren.
- Urkundenfälschung (§ 267 StGB) – Die Urkundenfälschung ist eine strafbare Handlung, bei der jemand eine Urkunde herstellt oder verfälscht, um einem anderen einen rechtlichen Nachteil zuzufügen. Die Strafe für Urkundenfälschung reicht von Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
- Untreue (§ 266 StGB) – Untreue ist ein strafbares Verhalten, bei dem jemand, der zum Schutz fremder Vermögensinteressen verpflichtet ist, diese Pflicht verletzt und dadurch dem Vermögensinhaber einen Vermögensnachteil zufügt. Die Strafe für Untreue beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Beispiel: Betrug beim Online-Verkauf
Herr C bietet im Internet ein hochwertiges Mobiltelefon zum Verkauf an. Frau D kauft das Mobiltelefon und überweist den vereinbarten Kaufpreis auf das Konto von Herrn C. Anschließend verschickt Herr C jedoch ein wertloses Mobiltelefon an Frau D, obwohl er ihr ein hochwertiges Mobiltelefon zugesagt hatte. Hier liegt ein Betrug im Sinne des § 263 StGB vor, da Herr C Frau D vorsätzlich zu einer Vermögensverfügung veranlasste, die ihm einen Vermögensvorteil brachte.
Täuschung im Vertragsrecht
Auch im Vertragsrecht kann eine Täuschung erhebliche Folgen haben. Wird ein Vertrag aufgrund einer Täuschung abgeschlossen, kann dies zur Anfechtung des Vertrages führen oder die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge haben.
- Anfechtbarkeit des Vertrages wegen Täuschung (§ 123 BGB) – Ein Vertrag kann nach § 123 BGB wegen Täuschung angefochten werden, wenn der Vertrag aufgrund der Täuschung zustande gekommen ist und der Getäuschte bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung der Umstände den Vertrag nicht geschlossen hätte. Nach erfolgreicher Anfechtung wird der Vertrag rückwirkend unwirksam und die Vertragspartner müssen ihre Leistungen zurückgewähren.
- Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) – Ein Geschäft ist sittenwidrig und damit nichtig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Eine besonders verwerfliche Täuschung, die das Opfer in eine ausweglose Lage oder in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen kann, stellt eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB dar.
- Ausnahmen und Besonderheiten – Beachten Sie, dass es auch Situationen gibt, in denen eine Täuschung keine Auswirkungen auf die Vertragswirksamkeit hat, z. B. im Fall einer sog. „Nackerten Täuschung“ (LEDJA, „Laechelnde Offenkundige Dass Jemand Anders“), bei der die Täuschung offenkundig und leicht durchschaubar ist.
Beispiel: Anfechtung eines Mietvertrages wegen Täuschung
Herr E schließt mit Frau F einen Mietvertrag über eine Wohnung ab, bei dem sie vorgeben, alleine in der Wohnung wohnen zu wollen. In Wahrheit beabsichtigt Frau F jedoch, in der Wohnung ein Bordell zu betreiben. Herr E hat das Recht, den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, da Frau F die Absicht hatte, die Wohnung zu einem nicht gestatteten Zweck zu nutzen.
Täuschung im Arbeitsrecht
Täuschungen können auch im Arbeitsrecht erhebliche Folgen haben. Insbesondere im Bereich von Arbeitsverträgen und Bewerbungsunterlagen sind Täuschungen häufig problematisch.
- Anfechtung und Kündigung eines Arbeitsvertrages wegen Täuschung – Wird ein Arbeitsvertrag aufgrund einer Täuschung geschlossen, kann der Vertrag grundsätzlich angefochten werden. In vielen Fällen erfolgt jedoch stattdessen eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund.
- Folgen von falschen Angaben im Lebenslauf – Falsche Angaben im Lebenslauf können ebenfalls zur Anfechtung oder Kündigung des Arbeitsvertrages führen, wenn diese Angaben für den Arbeitgeber wesentlich waren, um den Bewerber einzustellen. Bei unwesentlichen Falschangaben oder falschen Angaben, die keine Auswirkungen auf die Einstellungsentscheidung hatten, besteht kein Recht zur Kündigung.
Beispiel: Täuschung im Arbeitsverhältnis
Herr G bewirbt sich bei einem Unternehmen und gibt in seinem Lebenslauf an, dass er eine abgeschlossene Berufsausbildung und mehrere Jahre Berufserfahrung in einem einschlägigen Bereich hat. Nach seiner Einstellung stellt sich heraus, dass Herr G in Wirklichkeit keine abgeschlossene Berufsausbildung und keine Berufserfahrung hat. Hier liegt eine arglistige Täuschung vor, die zur Anfechtung oder Kündigung des Arbeitsvertrages führen kann.
Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Täuschung
Um Ihnen ein besseres Verständnis von der aktuellen Rechtsprechung zum Thema Täuschung zu vermitteln, stellen wir Ihnen hier einige kürzlich ergangene Gerichtsurteile vor:
- BGH, Urteil vom 9. Dezember 2020, Az. VIII ZR 118/19 – In diesem Fall hatte der Verkäufer einer Wohnung den Käufer darüber getäuscht, dass die Wohnung saniert worden war. Der BGH entschied, dass der Käufer den Vertrag wegen Täuschung anfechten konnte und Schadensersatz verlangen kann.
- OLG Frankfurt, Urteil vom 20. November 2020, Az. 6 U 210/19 – Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Fitnessstudio, das einen Vertrag mit einer Kundin geschlossen hatte, diese über das zulässige Widerrufsrecht getäuscht hat. Die Kundin konnte den Vertrag wegen Täuschung anfechten und Schadensersatz verlangen.
- LAG Hamm, Urteil vom 12. März 2019, Az. 7 Sa 625/18 – In diesem Fall hatte ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über die Erfüllung der Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung getäuscht, indem er unwahre Angaben zu einer körperlichen Beeinträchtigung gemacht hatte. Die falschen Angaben führten dazu, dass das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt werden durfte.
FAQs zum Thema Täuschung
Im Folgenden beantworten wir die am häufigsten gestellten Fragen zum Thema Täuschung:
Was ist unter einer Täuschung zu verstehen?
Unter einer Täuschung versteht man das Vorspiegeln falscher oder das Unterdrücken wahrer Tatsachen, um einen anderen zu einer Fehlvorstellung zu verleiten und hierdurch zu benachteiligen.
Wann liegt eine Täuschung im rechtlichen Sinne vor?
Eine Täuschung liegt vor, wenn jemand durch unwahre oder irreführende Behauptungen einen anderen in einem rechtserheblichen Irrtum hält oder in einen solchen verleitet.
Welche Rechtsfolgen hat eine Täuschung?
Die Rechtsfolgen einer Täuschung können vielfältig sein und hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie können u. a. zur Anfechtung oder Nichtigkeit von Verträgen, Schadensersatzansprüchen sowie strafrechtlichen Sanktionen führen.
Kann ich einen Vertrag wegen Täuschung anfechten?
Ein Vertrag kann nach § 123 BGB wegen Täuschung angefochten werden, wenn der Vertrag aufgrund der Täuschung zustande gekommen ist und der Getäuschte bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung der Umstände den Vertrag nicht geschlossen hätte.
Kann eine Täuschung im Arbeitsrecht zur Kündigung führen?
Ja, eine Täuschung im Arbeitsrecht kann unter Umständen zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund führen. Beispiel: Täuschung über wesentliche Qualifikationen oder Berufserfahrungen.
Welche Strafen drohen bei strafrechtlich relevanten Täuschungsdelikten?
Die Strafen für strafrechtliche Täuschungsdelikte wie Betrug, Urkundenfälschung oder Untreue variieren je nach Schwere und Umständen des Einzelfalls und reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren.
Fazit
Täuschungen spiele in verschiedenen Rechtsbereichen wie Zivilrecht, Strafrecht, Vertragsrecht und Arbeitsrecht eine zentrale Rolle und können erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Kenntnis der Rechtslage und die Beachtung von Gesetzen und aktuellen Gerichtsurteilen sind unabdingbar beim Umgang mit dieser Thematik. Sollten Sie von einer Täuschung betroffen sein oder bei einer rechtlichen Fragestellung auf diesem Gebiet Unterstützung benötigen, empfehlen wir Ihnen, die Beratung eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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