In einer Ehe entstehen nicht nur rechtliche und emotionale Verbindungen, sondern auch finanzielle. Wenn die Ehepartner sich trennen, ist die Umstellung auf ein Leben als getrennte Individuen oft ebenso schwierig wie emotional belastend. Insbesondere die finanziellen Folgen einer Trennung können für viele Paare eine Herausforderung darstellen, weil der bisher gemeinsam getragene Lebensunterhalt sich erhöht und an zwei Haushalte angepasst werden muss.
Dieser Artikel soll Ihnen einen umfassenden Überblick über den sogenannten trennungsbedingten Mehrbedarf geben – die zusätzlichen Kosten, die bei einer Trennung entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
- Definition des trennungsbedingten Mehrbedarfs
- Rahmenbedingungen und gesetzliche Bestimmungen
- Rechte und Pflichten der Ehepartner
- Berechnung des trennungsbedingten Mehrbedarfs
- Ansprüche auf Trennungsunterhalt und Voraussetzungen
- Beispiele aktueller Gerichtsurteile
- FAQs zum trennungsbedingten Mehrbedarf
- Fazit
Definition des trennungsbedingten Mehrbedarfs
Der trennungsbedingte Mehrbedarf bezeichnet die zusätzlichen finanziellen Kosten, die durch die Trennung entstehen. Diese erhöhten Kosten ergeben sich aus der Notwendigkeit, zwei separate Haushalte zu führen, anstatt eines gemeinsamen Haushalts. Beispiele für trennungsbedingten Mehrbedarf sind:
- Erhöhte Mietkosten
- Erhöhte Heiz- und Nebenkosten
- Kosten für getrennte Versicherungen
- Zusätzliche Fahrtkosten zum Arbeitsplatz oder zur Betreuung der Kinder
- Erhöhte Lebenshaltungskosten im Allgemeinen
Rahmenbedingungen und gesetzliche Bestimmungen
Das deutsche Familienrecht enthält Bestimmungen und Regelungen, die während der Trennungsphase gelten. Die Trennung stellt lediglich den ersten Schritt hin zur juristischen Ehescheidung dar. Für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung gibt es unter anderem folgende gesetzliche Regelungen:
- § 1357 Abs. 2 BGB: Mit der Trennung endet die eheliche Lebensgemeinschaft, und jeder Ehegatte ist für die eigene Lebensführung verantwortlich.
- § 1361 BGB: Ehegatten können während der Trennungszeit den sogenannten Trennungsunterhalt beantragen, der den finanziell schlechter gestellten Part unterstützen soll. Der Trennungsunterhalt wird unter Berücksichtigung des trennungsbedingten Mehrbedarfs berechnet.
- § 1609 BGB: Bei mehreren Unterhaltsgläubigern gibt das Gesetz eine Rangordnung vor, welcher Unterhalt vorrangig zu erbringen ist.
Rechte und Pflichten der Ehepartner
Die Trennung bedeutet eine grundlegende Veränderung der rechtlichen Situation der Ehepartner. Nachfolgend werden die Rechte und Pflichten während der Trennungsphase dargestellt:
- Recht auf Umgang mit gemeinsamen Kindern: Beide Elternteile behalten das gemeinsame Sorgerecht, und beide haben weiterhin das Recht, sich um ihre Kinder zu kümmern und gemeinsame Entscheidungen zu treffen.
- Pflicht zur finanziellen Unterstützung: Der finanziell besser gestellte Ehegatte ist verpflichtet, den trennungsbedingten Mehrbedarf des anderen Partners zumindest teilweise aufzufangen, indem er Trennungsunterhalt leistet.
- Anspruch auf Auskünfte über einkommensrelevante Umstände: Beide Ehepartner haben das Recht, Informationen über die Einkünfte des anderen Partners sowie über dessen Vermögensverhältnisse zu verlangen.
- Aufteilung des gemeinsamen Haushalts: Beide Ehepartner haben einen Anspruch auf eine gerechte Teilung des gemeinsamen Hausrats, einschließlich der Möbel, Haushaltsgeräte und persönlichen Gegenstände.
- Ehename und Ausweis: Jeder Ehegatte hat das Recht, den gemeinsamen Familiennamen weiterzuführen oder zum Geburtsnamen zurückzukehren.
- Wohnsitz und Umgang mit der Ehewohnung: Grundsätzlich haben beide Ehegatten das Recht, in der Ehewohnung zu bleiben, es sei denn, eine Regelung über die Aufteilung der Wohnräume ist notwendig.
Berechnung des trennungsbedingten Mehrbedarfs
Die Berechnung des trennungsbedingten Mehrbedarfs und die Festlegung des geschuldeten Trennungsunterhalts erfolgen auf der Grundlage der finanziellen Verhältnisse beider Ehepartner. Im Folgenden werden die relevanten Kriterien für die Ermittlung des trennungsbedingten Mehrbedarfs und der Unterhaltshöhe erläutert:
Einkommen beider Ehepartner: Die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Sozialleistungen, Renten und allen anderen Einkommensquellen fließen in die Berechnung ein.
Wohnkosten: Die tatsächlichen Kosten für die Unterbringung beider Ehepartner müssen berücksichtigt werden, wobei angemessene Mietkosten als Obergrenze gelten.
Lebenshaltungskosten: Hierzu zählen insbesondere Kosten für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bildung und Freizeit.
Kindesunterhalt: Der Unterhalt für gemeinsame Kinder hat Vorrang vor dem Trennungsunterhalt.
Angemessene Vermögensminderung: Bei der Berechnung des trennungsbedingten Mehrbedarfs kann berücksichtigt werden, ob einer der Ehegatten durch den Auszug oder andere Umstände eine angemessene Vermögensminderung erlitten hat.
Ehebedingte Nachteile: Wenn ein Ehegatte durch die Ehe oder die Kinderbetreuung berufliche Nachteile erlitten hat, kann dies bei der Unterhaltsberechnung Berücksichtigung finden.
Ansprüche auf Trennungsunterhalt und Voraussetzungen
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt kann während der Trennungsphase geltend gemacht werden und dient unter anderem dazu, den trennungsbedingten Mehrbedarf aufzufangen. Hier sind die Voraussetzungen, um einen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend zu machen:
Trennung: Die Voraussetzung für den Anspruch auf Trennungsunterhalt ist die faktische Trennung der Lebensgemeinschaft und die Trennungsabsicht mindestens eines Ehegatten.
Bedürftigkeit: Der Ehegatte, der den Trennungsunterhalt beansprucht, muss bedürftig sein. Dies bedeutet, dass er seinen angemessenen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann.
Leistungsfähigkeit: Der andere Ehegatte muss leistungsfähig sein, d.h. in der Lage, den geforderten Trennungsunterhalt zu zahlen.
Keine schwere schuldhaftes Verhalten: Der bedürftige Ehegatte muss keine schwere schuldhafte Verfehlung gemäß § 1579 BGB begangen haben, da dies eine Härte im Sinne des Gesetzes darstellen und den Anspruch auf Trennungsunterhalt einschränken oder ausschließen könnte.
Beispiele aktueller Gerichtsurteile
Nachfolgend finden Sie einige Beispiele aktueller Gerichtsurteile, die den trennungsbedingten Mehrbedarf betreffen:
- Oberlandesgericht Frankfurt, Az. 4 UF 64/06: Das Gericht entschied, dass die Berechnung des trennungsbedingten Mehrbedarfs auf der Basis der tatsächlichen Wohnkosten erfolgen muss und nicht auf hypothetischen Beträgen basieren darf.
- Oberlandesgericht Dresden, Az. 19 UF 216/07: Es wurde festgestellt, dass der bedürftige Ehegatte grundsätzlich nicht verpflichtet ist, im Interesse der Kostensenkung auf seinen gewohnten Lebensstandard zu verzichten.
- Oberlandesgericht Hamm, Az. 6 WF 273/08: Das Gericht hob hervor, dass der trennungsbedingte Mehrbedarf auch die zusätzlichen Kosten für die Aufgabe eines Haushalts und die Notwendigkeit zur Anmietung eines neuen Wohnraums umfassen kann.
- Oberlandesgericht Köln, Az. 4 UF 34/12: In dieser Entscheidung wurde klargestellt, dass der trennungsbedingte Mehrbedarf nicht nur eine Rolle bei der Berechnung des Trennungsunterhalts spielt, sondern auch bei der Ermittlung des nachehelichen Unterhalts relevante Faktoren sein können.
FAQs zum trennungsbedingten Mehrbedarf
Wie lange kann ich Trennungsunterhalt beanspruchen?
Trennungsunterhalt kann grundsätzlich nur für die Dauer der Trennungsphase beansprucht werden, die mindestens ein Jahr betragen muss. Nach der rechtskräftigen Scheidung geht der Trennungsunterhalt in nachehelichen Unterhalt über, sofern ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht.
Wie wird der trennungsbedingte Mehrbedarf nachgewiesen?
Der trennungsbedingte Mehrbedarf muss konkret dargelegt und in der Regel durch Belege oder andere Nachweise wie Mietverträge, Heiz- und Nebenkostenabrechnungen, Versicherungspolicen oder Fahrkarten belegt werden.
Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige sein Einkommen während der Trennungsphase absichtlich reduziert?
Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte sein Einkommen in böswilliger Absicht reduziert, um den Trennungsunterhalt zu umgehen oder zu verringern, kann das Gericht ein fiktives Einkommen ansetzen, das dem Einkommen entspricht, welches er erzielen könnte, wenn er keine böswillige Herabsetzung vorgenommen hätte.
Welche Rolle spielt der trennungsbedingte Mehrbedarf bei der Vermögensaufteilung?
Der trennungsbedingte Mehrbedarf kann bei der Vermögensaufteilung eine Rolle spielen, wenn es darum geht, festzustellen, welcher Ehegatte den größeren Bedarf hat und dementsprechend einen höheren Anteil am gemeinsamen Vermögen erhalten sollte, um den zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Trennung gerecht zu werden.
Kann der trennungsbedingte Mehrbedarf auch für die Zeit vor der gerichtlichen Geltendmachung des Trennungsunterhalts verlangt werden?
Voraussetzung für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt ist eine Inverzugsetzung des unterhaltspflichtigen Ehegatten. Dies bedeutet, dass der trennungsbedingte Mehrbedarf grundsätzlich nicht rückwirkend für die Zeit vor der Geltendmachung verlangt werden kann, es sei denn, der unterhaltspflichtige Ehegatte ist ohne Mahnung in Zahlungsverzug geraten, weil er die Belange des anderen Ehegatten erheblich verletzt hat.
Wie verhält es sich bei Trennungsunterhalt und trennungsbedingtem Mehrbedarf bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften?
Anders als bei Ehegatten haben Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich keine gegenseitigen Unterhaltsansprüche. Trennungsbedingter Mehrbedarf im Sinne des Trennungsunterhalts ist daher bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht anwendbar. Nur sofern gemeinsame Kinder vorhanden sind, besteht ein Anspruch auf Kindesunterhalt.
Beeinflusst eine neue Partnerschaft den trennungsbedingten Mehrbedarf?
Der Eintritt einer neuen Partnerschaft kann die Berechnung des Trennungsunterhalts bezüglich des trennungsbedingten Mehrbedarfs beeinflussen. Sofern in einer neuen eingetragenen Lebensgemeinschaft oder einer eheähnlichen Gemeinschaft ein erheblicher finanzieller Unterstützungsbeitrag des neuen Partners geleistet wird, kann dies zu einer Reduzierung oder zum Wegfall des trennungsbedingten Mehrbedarfs führen.
Fazit
Der trennungsbedingte Mehrbedarf ist eine wesentliche finanzielle Herausforderung für getrennte Ehepaare und kann Auswirkungen auf den Trennungsunterhalt haben. Es ist wichtig, sich umfassend über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Ansprüche zu informieren und gegebenenfalls juristischen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die bestmögliche finanzielle Lösung während der Trennungsphase zu erreichen. Dieser Artikel soll Ihnen hierfür eine hilfreiche Informationsgrundlage liefern, kann jedoch im Einzelfall die Beratung durch einen kompetenten Rechtsanwalt nicht ersetzen.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht
Vertragsübertragung: Rechtliche Voraussetzungen zur Übertragung von Verträgen
Entdecken Sie mit uns die rechtlichen Grundlagen und notwendigen Schritte für eine reibungslose Vertragsübertragung in Deutschland.
Reisevertrag: Rechte und Pflichten bei der Vertragsgestaltung im Reiserecht
Erfahren Sie alles über Ihre Rechte und Pflichten im Rahmen eines Reisevertrags sowie wichtige Aspekte des Reiserechts in Deutschland.
Sicherungsrecht: Schutz von Forderungen durch Sicherungsrechte
Erfahren Sie, wie Sicherungsrecht effektiv Forderungen schützt und welche Rechte Gläubiger im Insolvenzfall besitzen.
Offenlegungspflicht: Welche Informationen offengelegt werden müssen
Erfahren Sie, welche Informationen durch Offenlegungspflicht in Deutschland transparent gemacht werden müssen, um den Richtlinien zu entsprechen.
Folgen der Nichteinhaltung: Rechtliche Konsequenzen bei Vertragsverstößen
Wir erörtern die rechtlichen Konsequenzen und Folgen der Nichteinhaltung von Verträgen, einschließlich Haftung und Schadenersatzansprüche.