Was ist mit der Übernahme der Anwaltskosten bei Prozessgewinn? Diese Frage stellen sich zahlreiche Mandanten, bevor sie sich entscheiden, einen Rechtsstreit vor Gericht einzugehen. Die Sorge um hohe Anwaltskosten kann abschreckend wirken, und so ist es essentiell, sich im Vorfeld ausreichend zu diesem Themenkomplex zu informieren.
In diesem umfangreichen Blog-Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte zum Thema Übernahme Anwaltskosten Prozessgewinn und erhalten Antworten auf die häufigsten Fragen dazu. Hierbei gehen wir auf unterschiedliche Faktoren ein, die auf die Übernahme von Anwaltskosten bei einem Prozessgewinn Einfluss nehmen – beginnend mit den gesetzlichen Vorgaben und endend mit den gegenwärtigen Gerichtsurteilen. Zukünftig möchten wir Ihnen Hilfe bei der Entscheidungsfindung bieten, ob eine gerichtliche Auseinandersetzung für Sie sinnvoll ist oder nicht.
Gesetzliche Grundlage zur Übernahme von Anwaltskosten bei Prozessgewinn
Der § 91 Zivilprozessordnung (ZPO) gibt die allgemeine Regelung zur Kostentragungspflicht bei einem Prozess. Hier heißt es, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Diese Regelung umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten, also auch die Anwaltsgebühren. Grundsätzlich gilt somit, dass bei einem Prozessgewinn der Verlierer die Anwaltskosten der gewinnenden Partei tragen muss.
Der Kostenerstattungsanspruch
Nach einem gewonnenen Prozess hat die siegreiche Partei gegen den Unterlegenen einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten. Diese Kosten umfassen unter anderem:
- Anwaltsgebühren
- Auslagen für Beweismittel wie Gutachten oder Zeugenentschädigungen
- Fahrtkosten zum Gerichtstermin
- Gerichtskosten, beispielsweise Gerichts- und Mahngebühren
Jedoch sind keine außergewöhnlich hohen Anwaltskosten erstattungsfähig, sollte die Partei beispielsweise auf einen besonders teuren Expertenanwalt zurückgegriffen haben.
Kostenerstattung bei Vergleichen
Auch bei einem außergerichtlichen Vergleich kommt eine Kostenerstattung in Betracht. Hierbei sollte im Rahmen des Vergleichs eine spezielle Regelung hinsichtlich der Kostentragungspflicht getroffen werden. Diese Regelung sollte im Idealfall schriftlich festgehalten werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Risiken des Kostenerstattungsanspruchs
Das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs bedeutet noch nicht unbedingt, dass der gewinnenden Partei auch tatsächlich alle Anwaltskosten erstattet werden. Mögliche Risiken sind:
- Der Unterlegene ist zahlungsunfähig oder insolvent und somit nicht in der Lage, die Kosten zu begleichen.
- Ein Teil der Kosten wird als nicht „notwendig“ betrachtet und deshalb nicht erstattet.
- Bei einem Teilgewinn trägt jede Partei anteilig die Kosten entsprechend dem Verhältnis des Prozesserfolgs.
Es ist wichtig, die finanziellen Risiken bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu bedenken und möglicherweise Vorsorge zu treffen. Hierzu zählt beispielsweise die Absicherung gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls durch den Gegner oder aber eine Rechtsschutzversicherung, welche im Falle eines Gerichtsstreits die eigenen Anwaltskosten trägt.
Rechtsschutzversicherung
Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt – abhängig von den vertraglichen Vereinbarungen – im Falle eines Prozesses normalerweise die eigenen Anwaltskosten sowie die Gerichtsgebühren bis zu einer festgelegten Obergrenze. Weiterhin kann sich auch der Selbstbehalt, d.h. der Eigenanteil in den Kosten, unterschiedlich gestalten, abhängig vom Vertrag und Anbieter. Bei einem Prozessgewinn, bei dem die Gegenseite zur Kostenübernahme verpflichtet ist, würde die Rechtsschutzversicherung üblicherweise die erstatteten Beträge wieder von der Versicherungsnehmerin oder dem Versicherungsnehmer verlangen.
Voraussetzungen der Versicherungsleistung
Für eine Leistung aus der Rechtsschutzversicherung müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Rechtsstreit muss von der Versicherungspolice erfasst sein.
- Die Versicherung muss vor Eintritt des Rechtsschutzfalls abgeschlossen worden sein.
- Es gilt die im Vertrag festgelegte Wartezeit zu beachten.
- Die Versicherungsnehmerin oder der Versicherungsnehmer muss den Rechtsstreit rechtzeitig bei der Versicherung melden.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Übernahme von Anwaltskosten bei Prozessgewinn
In den letzten Jahren sind mehrere Gerichtsurteile ergangen, die sich mit der Übernahme von Anwaltskosten bei einem Prozessgewinn beschäftigen. Hier sind zwei markante Beispiele:
Bundesgerichtshof, 09.11.2016, Az. VIII ZR 261/15
Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil klargestellt, dass auch bei einem Prozessgewinn der Unterlegene gemäß § 91 ZPO verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Im konkreten Fall hatte der Kläger darauf verzichtet, bestimmte (erstattungsfähige) Anwaltskosten von der Gegenseite einzufordern und verlangte im Nachhinein deren Erstattung durch die Rechtsschutzversicherung. Der BGH entschied jedoch, dass der Kläger keinen Zahlungsanspruch gegen die Versicherung hatte, da er freiwillig auf die Erstattung verzichtet hatte.
Bundesgerichtshof, 21.11.2018, Az. XII ZB 364/17
In diesem Urteil ging es um die Frage, ob der siegreichen Partei eine Erstattung der Kosten eines (höheren) Geschäftswerts zusteht oder ob lediglich die Kosten nach dem (niedrigeren) Gegenstandswert erstattet werden müssen. Der BGH entschied, dass grundsätzlich die Kosten nach dem Geschäftswert erstattet werden müssen, solange diese Kosten der Höhe nach angemessen sind.
FAQs: Übernahme Anwaltskosten Prozessgewinn
Wir haben für Sie einige häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Thema Übernahme Anwaltskosten Prozessgewinn zusammengestellt und diese kompetent für Sie beantwortet.
Müssen bei einem teilweisen Prozessgewinn auch Teile der Anwaltskosten getragen werden?
Ja, bei einem teilweisen Prozessgewinn muss die Kostentragungspflicht anteilmäßig betrachtet werden. Die Kosten werden dabei nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens aufgeteilt.
Was passiert, wenn der Gegner insolvent ist und die Anwaltskosten nicht bezahlen kann?
In diesem Fall bleibt die gewinnende Partei auf den Anwaltskosten sitzen, da der Kostenerstattungsanspruch gegenüber einem zahlungsunfähigen Schuldner wertlos ist. Hierauf sollte beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung geachtachtet werden, um sich gegen solche Risiken abzusichern.
Gelten die Regelungen zur Kostentragungspflicht auch im Arbeitsrecht?
Im Arbeitsrecht unterscheidet sich die Regelung zur Kostentragungspflicht in der ersten Instanz vor den Arbeitsgerichten. Hier muss jede Partei ihre eigenen Anwaltsgebühren (außergerichtliche Kosten) unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst tragen. Erst ab der zweiten Instanz (Landesarbeitsgericht) und in einem möglichen Revisionsverfahren gelten die Regelungen des § 91 ZPO.
Wie lange kann es dauern, bis mir die Anwaltskosten erstattet werden?
Die Dauer der Kostenerstattung kann variieren, häufig liegt sie jedoch im Bereich von mehreren Wochen bis hin zu mehreren Monaten. In manchen Fällen kann es auch länger dauern, etwa wenn der Zahlungspflichtige versucht, die Zahlung hinauszuzögern oder sich die Ermittlung der Kostenerstattung in die Länge zieht.
Wieso werden mir nicht alle Anwaltskosten erstattet?
Der Kostenerstattungsanspruch bezieht sich nur auf die notwendigen Kosten. Das bedeutet, dass alle Kosten, die über das übliche und angemessene Maß hinausgehen, nicht erstattet werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Expertenanwälte mit besonders hohen Gebühren oder unnötige Prozessschritte, die zu zusätzlichen Kosten geführt haben.
Gibt es Alternativen zur gerichtlichen Auseinandersetzung?
Einige Alternativen zur gerichtlichen Auseinandersetzung sind außergerichtliche Einigungen oder Schlichtungsverfahren (Mediation). Diese können oft zeit- und kosteneffizienter sein als ein Gerichtsverfahren und ermöglichen oftmals eine für beide Parteien zufriedenstellende Lösung. Eine Prüfung der Alternativen sollte daher stets in Betracht gezogen werden.
Übernahme Anwaltskosten Prozessgewinn: Zusammenfassung und Fazit
Die Sorge um möglicherweise hohe Anwaltskosten bei einem Prozess ist berechtigt, jedoch sollte dies nicht abschrecken, sein Recht vor Gericht durchzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass der Unterlegene die Kosten des Rechtsstreits tragen muss. Hierzu zählen sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten. Allerdings gibt es auch finanzielle Risiken, die bei der Entscheidungsfindung in Betracht gezogen werden sollten. Eine umfassende Beratung durch einen qualifizierten Rechtsanwalt sowie eine Rechtsschutzversicherung können helfen, diese Risiken abzuwägen und abzusichern.
Im Falle eines Prozessgewinns sollten Sie sich darüber im Klaren sein, welche Kosten erstattungsfähig sind und welche nicht und, wenn nötig, einen speziellen Anwalt für die Durchsetzung Ihrer Kostenerstattungsansprüche in Anspruch nehmen. Achten Sie bei der Auswahl Ihrer Rechtsvertretung darauf, dass die Anwaltsgebühren angemessen und im Rahmen des Üblichen liegen, damit diese bei einem Prozessgewinn von der Gegenseite erstattet werden können. Insgesamt sollte gegen die Geltendmachung von Rechtsansprüchen weniger die Angst vor den Kosten, sondern vielmehr die Erfolgsaussichten des Prozesses und die Abwägung der Risiken und Chancen im Vordergrund stehen.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
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