Der Kinderfreibetrag ist in Deutschland eine wichtige steuerliche Entlastung, die Eltern hilft, die finanzielle Verantwortung für die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu tragen. Die Übertragung des Kinderfreibetrags zwischen den Elternteilen kann in vielen Fällen zu erheblichen Steuerersparnissen führen. Als erfahrene Anwaltskanzlei sind wir bestrebt, Ihnen die relevantesten Informationen zu diesem Thema zu liefern, um Ihnen bei der Entscheidungsfindung zu helfen und einen Überblick über die rechtlichen Aspekte der Übertragung des Kinderfreibetrags zu geben.
Inhalt des Artikels
- Konzept des Kinderfreibetrags
- Gründe für die Übertragung des Kinderfreibetrags
- Übertragung des Kinderfreibetrags bei gemeinsamem Sorgerecht
- Übertragung des Kinderfreibetrags bei getrenntem Sorgerecht
- Aktuelle Gerichtsentscheidungen zur Übertragung des Kinderfreibetrags
- FAQs zur Übertragung des Kinderfreibetrags
Konzept des Kinderfreibetrags
Der Kinderfreibetrag ist ein Freibetrag, der Eltern gewährt wird, um die finanzielle Belastung durch Betreuung und Erziehung der Kinder abzufedern und das Existenzminimum der Kinder steuerlich sicherzustellen. Gemäß § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben Eltern einen Anspruch auf den Kinderfreibetrag pro Kind, der aktuell auf 5.460 Euro festgelegt ist. Der Kinderfreibetrag besteht aus zwei Teilen: dem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (2.730 Euro) und dem Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung (ebenfalls 2.730 Euro).
Die Übertragung des Kinderfreibetrags ist grundsätzlich möglich, wenn die Eltern entweder geschieden sind oder dauernd getrennt leben und sie die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllen. In einigen Fällen kann eine solche Übertragung erhebliche steuerliche Vorteile bieten, wie im Folgenden erörtert wird.
Gründe für die Übertragung des Kinderfreibetrags
Die Hauptgründe für die Übertragung des Kinderfreibetrags sind:
- Steuerliche Optimierung nach einer Trennung oder Scheidung: In vielen Fällen kann die Übertragung des Kinderfreibetrags dazu führen, dass die Eltern insgesamt weniger Steuern zahlen. Im Falle einer gemeinsamen Veranlagung, beispielsweise in einem Ehegattenunterhalt-Anspruch, wird der Kinderfreibetrag automatisch zwischen den Elternteilen aufgeteilt. Nach einer Trennung können die Eltern wählen, wie sie den Kinderfreibetrag auf sich verteilen möchten, um so eine möglichst geringe Steuerbelastung zu erreichen.
- Einkommensverhältnisse der Eltern: Die Einkommensverhältnisse der getrennt lebenden Eltern können sich im Laufe der Zeit ändern. Eine Neuverteilung des Kinderfreibetrags kann dazu beitragen, dass die finanzielle Belastung besser auf die individuellen Gegebenheiten der Eltern abgestimmt ist.
- Änderung der Betreuungssituation: Eine Änderung in der Betreuungssituation der Kinder, beispielsweise wenn ein Elternteil ein höheres Maß an Betreuung übernimmt, kann dazu führen, dass es sinnvoll ist, den Kinderfreibetrag neu zu verteilen.
Übertragung des Kinderfreibertrags bei gemeinsamem Sorgerecht
Bei gemeinsamem Sorgerecht gilt für die Übertragung des Kinderfreibetrags grundsätzlich der Beschluss der beiden Elternteile. Beide Eltern sollten gemeinsam prüfen, ob eine Übertragung des Kinderfreibetrags für sie steuerlich sinnvoll ist, und dann die entsprechenden Anträge bei ihrem zuständigen Finanzamt stellen. Die Übertragung muss auch in der Einkommensteuererklärung beider Eltern angegeben werden.
Es gibt jedoch einige rechtliche Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit die Übertragung in Anspruch genommen werden kann:
- Beide Elternteile leben getrennt voneinander.
- Beide Elternteile sind als Steuerpflichtige anerkannt
- Die Zustimmung des anderen Elternteils zur Übertragung liegt vor.
- Der Elternteil, der den Kinderfreibetrag überträgt, leistet weniger als 25 % der Unterhaltskosten des Kindes oder erbringt keine Unterhaltsleistungen im Sinne des Unterhaltsrechts.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Übertragung des Kinderfreibetrags wirksam erfolgen.
Übertragung des Kinderfreibertrags bei getrenntem Sorgerecht
Bei getrenntem Sorgerecht wird der Kinderfreibetrag zunächst demjenigen Elternteil gewährt, der das Kindergeld erhält. Die Übertragung des Kinderfreibertrags auf den anderen Elternteil ist jedoch möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Elternteil, der das Kindergeld erhält, muss zustimmen, dass der Kinderfreibetrag auf den anderen Elternteil übertragen wird.
- Der andere Elternteil (der Antragsteller) hat die Kosten für den Unterhalt des Kindes zu mindestens 75 % gedeckt.
- Die Zustimmung des anderen Elternteils zur Übertragung erfolgt schriftlich und wird dem zuständigen Finanzamt vorgelegt.
Die Übertragung des Kinderfreibetrags kann im Falle einer Wiederverheiratung eines Elternteils auch auf den neuen Ehepartner erfolgen, wenn dieser zur Verfügung der Pflege und Erziehung des Kindes beiträgt.
Aktuelle Gerichtsentscheidungen zur Übertragung des Kinderfreibetrags
Einige aktuelle Entscheidungen deutscher Gerichte haben klargestellt, unter welchen Bedingungen die Übertragung des Kinderfreibetrags möglich ist:
- Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 10.12.2013, Az. III R 34/13: Der BFH entschied, dass eine Übertragung des Kinderfreibetrags auch dann möglich ist, wenn der andere Elternteil ins Ausland gezogen ist, solange das Kind seinen Lebensmittelpunkt weiterhin in Deutschland hat und der andere Elternteil keinen entsprechenden Antrag auf einen Kinderfreibetrag im Ausland stellt.
- Finanzgericht (FG) Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2013, Az. 10 K 4222/11 E: Das FG Düsseldorf führte aus, dass eine Übertragung des Freibetrags für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung auch dann möglich ist, wenn der übertragende Elternteil das Kindergeld bezieht, jedoch nachweislich weniger als 25 % des Unterhalts leistet.
- Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 16.06.2016, Az. III R 23/15: Der BFH entschied, dass der Freibetrag für Kinderbetreuungskosten in bestimmten Fällen auch bei getrennt lebenden Eltern auf Antrag auf den anderen Elternteil übertragen werden kann, der den Kinderfreibetrag erhält, auch wenn dieser nicht die Kosten für den Besuch einer Kindertagesstätte trägt.
Die oben genannten Entscheidungen deutscher Gerichte machen deutlich, dass die Übertragung des Kinderfreibetrags in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die konkreten Umstände sollten mit einem erfahrenen Anwalt besprochen werden, um in jedem Einzelfall die beste Lösung zu finden.
FAQs zur Übertragung des Kinderfreibetrags
Im Folgenden finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen zur Übertragung des Kinderfreibetrags.
Kann der Kinderfreibetrag auch auf andere Personen, wie z. B. Großeltern, übertragen werden?
Grundsätzlich kann der Kinderfreibetrag nur auf die Eltern oder diejenigen Personen übertragen werden, die die rechtliche Verantwortung für die Pflege und Erziehung der Kinder tragen, wie z. B. bei Adoption oder Vormundschaft. Die Übertragung des Kinderfreibetrags auf Großeltern oder andere Personen ist daher in der Regel nicht möglich.
Können Eltern, die gemeinsam veranlagt sind, entscheiden, wer den Kinderfreibetrag erhalten soll?
Bei einer gemeinsamen Veranlagung von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern erfolgt die Aufteilung des Kinderfreibetrags automatisch zu gleichen Teilen auf beide Partner. Eine freie Wahl, welcher Partner den ganzen Kinderfreibetrag erhalten soll, ist somit nicht möglich.
Wie wirkt sich die Übertragung des Kinderfreibetrags auf das Kindergeld aus?
Die Übertragung des Kinderfreibetrags hat keinen direkten Einfluss auf das Kindergeld. Das Kindergeld wird nach wie vor unabhängig vom Kinderfreibetrag an den anspruchsberechtigten Elternteil ausgezahlt.
Gibt es steuerliche Nachteile bei der Übertragung des Kinderfreibetrags?
Je nach individueller Situation kann eine Übertragung des Kinderfreibetrags tatsächlich zu steuerlichen Nachteilen führen. Daher ist es ratsam, eine sorgfältige steuerliche Beratung durch einen Steuerberater oder Anwalt in Anspruch zu nehmen, bevor man entscheidet, ob die Übertragung des Kinderfreibetrags sinnvoll ist.
Muss die Übertragung des Kinderfreibetrags in jedem Steuerjahr neu beantragt werden?
Die Übertragung des Kinderfreibetrags muss nicht in jedem Steuerjahr neu beantragt werden. Sobald die Voraussetzungen für die Übertragung erfüllt sind und das zuständige Finanzamt die Genehmigung zur Übertragung erteilt hat, wird die Übertragung auch für alle Folgejahre berücksichtigt, solange die Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Sollten sich jedoch wichtige Tatsachen ändern, die die weitere Übertragung beeinflussen können, ist es ratsam, dies dem Finanzamt zu melden und gegebenenfalls einen neuen Antrag zu stellen.
Schlussbemerkungen und Empfehlungen
Die Übertragung des Kinderfreibetrags kann in einigen Fällen zu erheblichen steuerlichen Vorteilen führen, insbesondere nach einer Trennung oder Scheidung. Bevor Sie jedoch eine Entscheidung treffen, ist es wichtig, eine umfassende rechtliche und steuerliche Beratung durch einen Anwalt oder Steuerberater in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass sich die Übertragung des Kinderfreibetrags für Ihre individuelle Situation lohnt.
Als erfahrene Anwaltskanzlei stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie über alle rechtlichen Aspekte rund um das Thema „Übertragung des Kinderfreibetrags“ zu informieren und Ihnen bei der Entscheidungsfindung zu helfen.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
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Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
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