Das Umgehungsverbot ist ein zentrales Prinzip im deutschen Recht und bezieht sich auf die Untersagung, Rechtsnormen durch bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen zu umgehen. Dabei ist das Umgehungsverbot in vielen Bereichen des Rechts relevant und dient als Schutzmechanismus zur Wahrung der Rechtsordnung und der Gerechtigkeit. In diesem Blog-Beitrag werden wir die wesentlichen Punkte des Umgehungsverbots aus rechtlicher Perspektive beleuchten, dazu gehören: die Rechtsprechung, Beispiele, Gesetze und häufig gestellte Fragen.

Begriff des Umgehungsverbots

Das Umgehungsverbot verhindert, dass eine bestehende Rechtsnorm durch ein anderes Rechtsgeschäft, eine andere vertragliche Vereinbarung oder ein anderes Verhalten umgangen wird. Umgehungshandlungen können dann vorliegen, wenn durch die Umgehung eine andere Rechtsnorm vereitelt oder ausgehebelt wird. Entscheidend ist, dass das Ergebnis dieser Umgehung zu einer Beeinträchtigung rechtmäßig schutzwürdiger Interessen führt.

Rechtsprechung zum Umgehungsverbot

Die Rechtsprechung zum Umgehungsverbot ist vielfältig, da es sich in verschiedenen Gesetzen und Rechtsbereichen widerspiegelt. Einige der bemerkenswertesten Entscheidungen sind:

  • Bundesgerichtshof (BGH) Entscheidung zum Umgehungsverbot im Wohnungseigentumsrecht: Hier stellte der BGH fest, dass die Umgehung einer bestehenden Regelung durch die Bildung einer neuen Eigentümergemeinschaft innerhalb der bestehenden Wohnanlage unzulässig ist.
  • Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Umgehungsverbot im Arbeitsrecht: Das BAG hat die Umgehung von tariflichen Regelungen durch eine arbeitsvertragliche Vereinbarung untersagt, wenn dies dazu führt, dass Arbeitnehmer schlechter gestellt werden als vom Tarifvertrag vorgesehen.
  • Europäischer Gerichtshof (EuGH) zum Umgehungsverbot im Wettbewerbsrecht: Der EuGH hat in verschiedenen Entscheidungen das Umgehungsverbot angewendet, um die Wettbewerbsregeln im Binnenmarkt zu schützen und unlautere Praktiken zu unterbinden.

Gesetzliche Regelungen zum Umgehungsverbot

Das Umgehungsverbot ist in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen verankert, um die Integrität der Rechtsordnung zu gewährleisten. Einige der wichtigsten Regelungen sind:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): In den Bereichen Schuldrecht, Sachenrecht und Familienrecht enthält das BGB Bestimmungen, die Umgehungen untersagen, z. B. in den §§ 134, 181, 242 oder 566a.
  • Arbeitsrecht: Das Umgehungsverbot ist im Arbeitsrecht zu finden, etwa in § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)oder § 4a des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).
  • Steuerrecht: Im Steuerrecht ist das Umgehungsverbot zum Beispiel in den §§ 42 und 42a der Abgabenordnung (AO) geregelt.
  • Wettbewerbsrecht: Im Kartellrecht findet sich das Umgehungsverbot in Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie in § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Beispiele für Umgehungshandlungen

Um konkret zu verdeutlichen, in welchen Situationen Umgehungshandlungen auftreten können, finden Sie nachfolgend einige Beispiele:

  • Arbeitsrecht: Ein Arbeitgeber vereinbart mit einem Arbeitnehmer in seinem Arbeitsvertrag eine geringere Vergütung als im Tarifvertrag der Branche vorgesehen, ohne dass dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
  • Mietrecht: Ein Vermieter kündigt seinem Mieter wegen Eigenbedarfs, um eine höhere Miete durch einen neuen Mieter zu erzielen, ohne dass tatsächlich Eigenbedarf besteht.
  • Steuerrecht: Ein Steuerpflichtiger gründet eine ausländische Briefkastenfirma, um inländische Steuern zu umgehen, obwohl der wesentliche Teil seiner Geschäftstätigkeit im Inland stattfindet.
  • Wohnungseigentumsrecht: Ein Wohnungseigentümer gründet innerhalb einer bestehenden Wohnanlage eine Tochtergemeinschaft, um eine unliebsame Mehrheitsentscheidung der Eigentümergemeinschaft zu umgehen.

Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Umgehungsverbot

Tritt ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot auf, können verschiedene Rechtsfolgen eintreten, abhängig vom jeweiligen Rechtsbereich und dem konkreten Einzelfall:

  • Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit: Im Zivilrecht kann eine Umgehung dazu führen, dass das umgehende Rechtsgeschäft gemäß § 134 BGB oder § 242 BGB nichtig oder anfechtbar ist.
  • Schadensersatz oder Nutzungsersatz: Rechts- oder Geschäftsverbindungen, die aufgrund einer Kündigung geschlossen wurden, können dazu führen, dass der benachteiligte Teil Schadensersatz- oder Nutzungsersatzansprüche geltend machen kann.
  • Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten: In bestimmten Fällen, etwa im Steuerrecht, kann eine Umgehung auch zu verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionen führen.

FAQs zum Umgehungsverbot

Hier finden Sie die meistgestellten Fragen auf einen Blick zusammengefasst.

Wie erkennt man eine Umgehungsabsicht?

Die Umgehungsabsicht ist in der Regel schwer nachzuweisen, da sie auf dem subjektiven Willen des Umgehenden beruht. Indizien können jedoch zum Beispiel in einer ungewöhnlichen Gestaltung von Verträgen oder der Wahl von Rechtsformen liegen, die keinen sachlichen Grund haben.

Wie unterscheidet sich das Umgehungsverbot von der Rechtsmissbräuchlichkeit?

Zwar können beide Begriffe in bestimmten Fällen miteinander verbunden sein, doch der Unterschied liegt darin, dass das Umgehungsverbot die Umgehung einer Rechtsnorm durch ein anderes Rechtsgeschäft verhindern soll, während die Rechtsmissbräuchlichkeit einen Missbrauch von Rechten oder Rechtspositionen betrifft.

Gibt es eine allgemein gültige Definition des Umgehungsverbots?

Eine allgemein gültige Definition des Umgehungsverbots ist schwierig zu finden, da es in verschiedenen Rechtsbereichen unterschiedliche Ausprägungen hat. Dennoch lässt sich sagen, dass das Umgehungsverbot das Prinzip beschreibt, nach dem eine Rechtsnorm nicht durch eine alternative Regelung oder ein Verhalten unterlaufen werden darf.

Kann das Umgehungsverbot auch im internationalen Recht eine Rolle spielen?

Ja, das Umgehungsverbot kann auch im internationalen Recht relevant sein, beispielsweise im Zollrecht, im internationalen Steuerrecht oder im Bereich der internationalen Handelsabkommen.

Schlusswort

Das Umgehungsverbot ist ein zentrales Prinzip des deutschen Rechts, das eine Vielzahl von Rechtsbereichen berührt und dafür sorgt, dass die Integrität der Rechtsordnung und die Gerechtigkeit gewahrt bleiben. Die Verwendung des Umgehungsverbots stützt sich auf Rechtsprechung, gesetzliche Regelungen und konkret vorliegende Beispielfälle, um seinen Wert als Schutzmechanismus aufrechtzuerhalten. Die Kenntnis des Umgehungsverbots und seiner Anwendung ist für jeden Rechtsanwender wichtig, um mögliche Verstöße und deren rechtliche Folgen zu erkennen und zu vermeiden. Diese Übersicht soll Ihnen einen Einblick in die Komplexität des Umgehungsverbots und seine Bedeutung im deutschen Rechtssystem geben. Wenn Sie Fragen zum Umgehungsverbot oder andere rechtliche Fragestellungen haben, zögern Sie nicht, sich an unsere erfahrenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu wenden, um kompetente Unterstützung und Beratung zu erhalten.

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