Unbillige Härte – Ein bedeutender Rechtsbegriff, der es wert ist, genauer untersucht zu werden. Warum ist dieser Begriff so wichtig, und was bedeutet er für diejenigen, die sich in einer rechtlichen Auseinandersetzung befinden? In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie, was unbillige Härte bedeutet, wie sie sich im deutschen Rechtssystem manifestiert, welche potenziellen Auswirkungen sie auf Personen und Unternehmen haben kann und wie Sie sich davor schützen können.

Inhaltsverzeichnis

Unbillige Härte: Definition und rechtlicher Hintergrund

Unbillige Härte ist ein Rechtsbegriff, der in vielen Rechtsgebieten vorkommt und einen Ermessensraum für ein angemessenes und faires Handeln von Gerichten, Behörden und sonstigen am Rechtsleben Beteiligten eröffnet. Unbillig bedeutet dabei zunächst, dass etwas nicht billig oder gerecht ist, im Sinne einer unangemessenen Belastung oder Benachteiligung. Härte kann sowohl objektive wie subjektive Momente enthalten und meint deutlich spürbare und länger andauernde Nachteile oder Belastungen, die als unverhältnismäßig angesehen werden.

Gesetzliche Grundlagen und Vorschriften

In verschiedenen Gesetzestexten ist der Begriff explizit verankert, etwa im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Zivilprozessordnung (ZPO), Strafprozessordnung (StPO), Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) oder der Abgabenordnung (AO). So kann bei Unterhaltspflichten unter bestimmten Voraussetzungen eine unbillige Härte etwa im Rahmen des § 1615l Abs. 2 BGB angenommen werden. Gleiches gilt für die Stundung von Steuern, wie in § 227 AO geregelt.

Unbillige Härte im Familienrecht: Eheverträge, Unterhalt und Scheidung

Das deutsche Familienrecht bietet verschiedene Anwendungsbereiche. Im Folgenden werden diese näher beleuchtet:

Eheverträge

Eheverträge dienen der Regelung der ehelichen Verhältnisse und können auch zum Schutz eines oder beider Ehepartner vor unbilligen Härten dienen. So kann eine ehevertragliche Regelung beispielsweise unwirksam sein, wenn sie eine unzumutbare Belastung eines Ehegatten darstellt und damit unbillig erscheint, wie nach § 138 BGB.

Unterhalt

Die Unterhaltspflicht kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben, etwa aufgrund von Kindes-, Trennungs- oder nachehelichem Unterhalt. Um die Unterhaltspflicht zu erfüllen, sind jedoch unter Umständen auch unbillige Härten denkbar. Beispielsweise entfällt der Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn dessen Zahlung eine unbillige Härte darstellen würde, etwa weil der Unterhaltsberechtigte eine schwere Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen begangen hat (§ 1361 Abs. 3 BGB).

Scheidungsrecht

Auch im Scheidungsverfahren kann unbillige Härte eine Rolle spielen. So kann die Auflösung einer Ehe ausnahmsweise nach § 1565 Abs. 2 BGB schon vor Ablauf des Trennungsjahrs erfolgen, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellt. Dies könnte etwa bei Gewalttätigkeiten oder wiederholter ehelicher Untreue der Fall sein.

Mietrecht: Kündigungsschutz, Mietminderung und Renovierungspflichten

Auch im Mietrecht gibt es Situationen, in denen das Prinzip der unbilligen Härte relevant wird. Zu den wichtigsten zählen dabei:

Kündigungsschutz

In Fällen von Eigenbedarfskündigungen durch den Vermieter besteht ein erhöhter Kündigungsschutz für den Mieter, sofern die Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund einer unbilligen Härte (z. B. wegen schwerer Krankheit, hohem Alter oder einer Schwangerschaft) für den Mieter unzumutbar erscheint (§ 574 BGB).

Mietminderung

Vorübergehende Mietminderungen aufgrund von Mängeln in der Mietsache können unbillige Härten für den Vermieter darstellen. Allerdings sind sie unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei einer erheblichen Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache – durchaus gerechtfertigt (§ 536 BGB).

Renovierungspflichten

Auch die Frage, ob eine Renovierungspflicht auf den Vermieter oder den Mieter übertragen werden kann, beschäftigt sich mit unbilligen Härten. Sofern eine Klausel zur Übertragung der Renovierungspflicht auf den Mieter eine unbillige Härte darstellt, weil sie unangemessen und übermäßig belastend ist, ist diese nichtig (§ 307 BGB).

Arbeitsrecht: Kündigung, Abmahnung und Sozialauswahl

Im Arbeitsrecht geht es häufig um den Schutz der Beschäftigten. Einige Beispiele:

Kündigung

Bei ordentlichen Kündigungen kann eine unbillige Härte für den Arbeitnehmer zum Beispiel vorliegen, wenn die Kündigung aufgrund eines Verbotsirrtums erfolgt ist oder wenn betriebliche Gründe nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Auch bei außerordentlichen Kündigungen (fristlose Kündigung) existiert der Schutz vor unbilligen Härten: Eine Weiterbeschäftigung ist etwa unzumutbar, wenn der Arbeitgeber eine schwerwiegende Vertragsverletzung oder Straftat zu Lasten des Arbeitnehmers oder des Betriebes begeht (§ 626 BGB).

Abmahnung

Abmahnungen sind ein wichtiges Instrument zur Regelung von Konflikten im Arbeitsverhältnis. Allerdings können sie auch zu unbilligen Härten führen, wenn sie ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig sind. Beispielsweise wäre eine Abmahnung unbillig, wenn sie auf unwahren Tatsachenbehauptungen beruht oder der Vorwurf für den Arbeitnehmer unverständlich ist.

Sozialauswahl

Die Sozialauswahl ist ein zentrales Instrument im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen und dient im Wesentlichen dem Schutz der besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmer. Eine unbillige Härte kann hier vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner schützenswerten Interessen, zum Beispiel wegen Kindern, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung, einen höheren Kündigungsschutz genießt (§ 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz).

Steuerrecht: Stundung, Erlass und Rechtsbehelfe

Auch im Steuerrecht sind Regelungen verankert, beispielsweise im Rahmen von:

Stundung von Steuerschulden

Die Stundung von Steuerschulden gemäß § 222 AO kann eine Möglichkeit sein, dem Steuerschuldner bei unbilliger Härte entgegenzukommen. Eine unbillige Härte kann hier zum Beispiel vorliegen, wenn der Steuerschuldner unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten ist und die sofortige Entrichtung der Steuerschuld unzumutbare wirtschaftliche Schwierigkeiten verursachen würde.

Erlass von Steuerschulden

Unter bestimmten Voraussetzungen kann von Steuerschulden ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn deren Einziehung gemäß § 227 AO eine unbillige Härte für den Schuldner darstellen würde. Ein Erlass kommt insbesondere in Betracht, wenn die Erfüllung der Steuerforderung für den Steuerschuldner existenzgefährdend wäre oder aufgrund einer besonderen persönlichen oder wirtschaftlichen Situation eine unbillige Härte darstellt.

Rechtsbehelfe im Steuerverfahren

Wenn ein Steuerpflichtiger der Meinung ist, dass eine Steuerfestsetzung oder ein Steuerbescheid eine unbillige Härte darstellt, kann er gemäß §§ 347 ff. AO Rechtsbehelfe einlegen, etwa in Form eines Einspruchs oder einer Klage vor dem Finanzgericht. Insbesondere bei einer sachlich unbilligen Härte ist dies möglich, wenn die Steuerfestsetzung unter Beachtung der objektiven Rechtslage extrem ungerecht erscheint und der Gesetzgeber diese im konkreten Fall nicht durch eine Regelung abgemildert hat.

Wie Sie unbillige Härte verhindern und sich dagegen wehren können

Um sich zu schützen bzw. sich dagegen zur Wehr zu setzen, gibt es verschiedene Strategien und rechtliche Möglichkeiten:

  • Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und Handlungsspielräume.
  • Dokumentieren Sie mögliche Belastungen, die zu einer unbilligen Härte führen könnten, und legen Sie entsprechende Nachweise vor.
  • Wenden Sie sich bei Bedarf an einen Rechtsanwalt, der auf das jeweilige Rechtsgebiet spezialisiert ist und Sie kompetent unterstützen kann.
  • Arbeiten Sie aktiv an einer einvernehmlichen Lösung mit der Gegenseite, um aufwendige bzw. langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
  • Legen Sie gegebenenfalls Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe ein, um Ihre Interessen durchzusetzen.

Fallbeispiele und Praxiserfahrungen

In unserer langjährigen Arbeit als Anwaltskanzlei waren wir in zahlreichen Fällen mit der Thematik unbilliger Härte konfrontiert und konnten unseren Mandanten erfolgreich zur Seite stehen. Um Ihnen einen Eindruck von der praktischen Bedeutung des Begriffs zu verschaffen, stellen wir Ihnen hier einige anonymisierte Fallbeispiele vor:

Fallbeispiel 1: Unbillige Härte im Unterhaltsrecht

Eine Mutter verlangte Unterhalt für das gemeinsame Kind vom Vater, der angab, keine finanziellen Mittel zur Verfügung zu haben. Nach eingehender Prüfung stellte sich heraus, dass der Vater in der Vergangenheit mehrfach unterhaltspflichtig war, seinen Verpflichtungen aber nicht nachkam. Durch unsere Unterstützung gelang es der Mutter, einen Unterhaltstitel zu erwirken und die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Der Vater musste sich nun an seinen Unterhaltsverpflichtungen beteiligen und konnte sich nicht mehr auf eine vermeintlich unbillige Härte berufen.

Fallbeispiel 2: Unbillige Härte im Mietrecht

Ein Vermieter verlangte von seinen Mietern die Durchführung von umfangreichen Renovierungsarbeiten, obwohl sie die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand vorfanden und der Vertrag keine entsprechenden Regelungen enthielt. Im Zuge einer rechtlichen Auseinandersetzung konnten wir der unbilligen Härte für die Mieter entgegenwirken und den Vermieter dazu bewegen, die Renovierungspflichten zu übernehmen.

Fallbeispiel 3: Unbillige Härte im Arbeitsrecht

Ein Arbeitnehmer wurde wegen einer Bagatelle fristlos gekündigt, obwohl keine vorherige Abmahnung erfolgte und er seit Jahren ohne Beanstandungen im Unternehmen beschäftigt war. Da die Kündigung unverhältnismäßig und eine unbillige Härte darstellte, konnten wir in einer Kündigungsschutzklage die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen lassen. Der Arbeitnehmer wurde somit weiterbeschäftigt und erhielt eine Entschädigung für den erlittenen Stress und finanzielle Einbußen.

Fazit: Unbillige Härte erfolgreich begegnen und Rechtsansprüche durchsetzen

Unbillige Härte ist ein wichtiges und vielschichtiges Rechtsprinzip, das in zahlreichen Rechtsgebieten wie Familienrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht oder Steuerrecht Anwendung findet. Die möglichen Konsequenzen unbilliger Härten können für Betroffene erheblich sein und langfristig negative Auswirkungen auf das persönliche und wirtschaftliche Wohlergehen haben. Deshalb ist es wichtig, die verschiedenen Aspekte und gesetzlichen Regelungen zu kennen, um unbilligen Härten wirksam begegnen und Rechtsansprüche erfolgreich durchsetzen zu können.

Durch die genannten Fallbeispiele und Praxiserfahrungen haben wir aufgezeigt, dass es einen wesentlichen Unterschied macht, ob man rechtzeitig auf die Unterstützung erfahrener Rechtsanwälte zurückgreift, um sich gegen unbillige Härten zur Wehr zu setzen. Eine proaktive und zielgerichtete Vorgehensweise, eine gute Dokumentation und ein kompetenter Rechtsbeistand sind unverzichtbare Faktoren, um die eigenen Interessen zu wahren und unbillige Härten erfolgreich abzuwehren.

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie von einer unbilligen Härte betroffen sind oder Beratung zu diesem Thema benötigen, zögern Sie nicht, sich an unsere Kanzlei zu wenden. Unsere erfahrenen und spezialisierten Rechtsanwälte sind für Sie da und helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und unbilligen Härten effektiv zu begegnen.</p

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