In dieser detaillierten Analyse der Unzurechnungsfähigkeit im Strafrecht werden wir alle Aspekte der Materie beleuchten. Von den gesetzlichen Voraussetzungen und Fällen der Unzurechnungsfähigkeit bis hin zu den rechtlichen Konsequenzen und den Möglichkeiten eines Strafausschlusses oder einer Strafmilderung untersuchen wir, was erforderlich ist, um Schuldfähigkeit oder Unzurechnungsfähigkeit festzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen der Unzurechnungsfähigkeit

Die Unzurechnungsfähigkeit ist ein zentraler Begriff im Strafrecht, der sich auf die Fähigkeit eines Täters bezieht, die strafrechtliche Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen. Die Voraussetzungen für Unzurechnungsfähigkeit sind in § 20 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und können in folgenden Grundsituationen vorliegen:

  • Bei psychischen Störungen, die die Einsichtsfähigkeit und Steuerungsfähigkeit aufheben oder erheblich beeinträchtigen,
  • im Zustand der Schuldunfähigkeit, wenn die Steuerungsfähigkeit vollständig aufgehoben ist, oder
  • in Fällen einer zeitweiligen Unzurechnungsfähigkeit aufgrund von Rauschzuständen oder ähnlichem.

Rechtliche Konsequenzen der Unzurechnungsfähigkeit

Die rechtlichen Konsequenzen der Unzurechnungsfähigkeit sind vielfältig. Sie reichen von der Anwendung von Maßregeln der Besserung und Sicherung bis hin zur Strafmilderung bei eingeschränkter Schuldfähigkeit. Im Folgenden befassen wir uns mit den beiden Hauptformen rechtlicher Konsequenzen der Unzurechnungsfähigkeit im Strafrecht.

Der Maßregelvollzug

Im Falle einer vollständigen Unzurechnungsfähigkeit kann das Gericht statt einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe gemäß § 63 StGB die Unterbringung des Täters in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erfolgt im Rahmen des sog. Maßregelvollzugs.

Der Maßregelvollzug umfasst verschiedene Arten von Unterbringung:

  • Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB),
  • Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB),
  • Unterbringung in einer Erziehungsanstalt (§§ 89, 106ff. StVollzG),
  • und Unterbringung in Sicherungsverwahrung, die allerdings nur für besonders gefährliche Täter anzuordnen ist (§ 66 StGB).

Die Unterbringung im Maßregelvollzug hat das Ziel, den betroffenen Täter zu heilen oder seine Gefährlichkeit zu mindern. Das Gericht kann die Unterbringung erst nach einer umfassenden Begutachtung durch Sachverständige anordnen, die die Notwendigkeit einer Unterbringung bestätigt.

Eine Strafmilderung bei eingeschränkter Schuldfähigkeit

Neben der vollständigen Unzurechnungsfähigkeit gibt es auch den Fall der eingeschränkten Schuldfähigkeit. Gemäß § 21 StGB wird die Schuld eines Täters bei eingeschränkter Schuldfähigkeit gemildert, wenn er zum Zeitpunkt der Tat zwar nicht vollständig unzurechnungsfähig war, jedoch seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt waren. In solchen Fällen kann das Gericht eine Strafmilderung anordnen, die eine verringerte Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe unterhalb der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe beinhalten kann.

Beispiele und Fälle der Unzurechnungsfähigkeit

Die Fälle der Unzurechnungsfähigkeit sind äußerst vielfältig und können von Situationen reichen, in denen eine Person aufgrund einer psychischen Erkrankung keinen Rücktritt vom Handeln erkennen kann, bis hin zu Fällen, in denen ein Täter aufgrund eines Rauschzustands vorübergehend nicht in der Lage ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder sich nach dieser Einsicht zu verhalten.

Einige Beispiele von Fällen, in denen Unzurechnungsfähigkeit vorkommt, sind:

  • Schizophrenie, bei der der Täter unter Wahnvorstellungen leidet und nicht mehr zwischen Realität und Wahn unterscheiden kann,
  • Bipolare Störungen, bei denen der Täter aufgrund von manischen oder depressiven Phasen seine Handlungen nicht mehr kontrollieren kann,
  • Posttraumatische Belastungsstörungen, bei denen eine traumatische Erfahrung die Handlungsfähigkeit des Täters erheblich beeinträchtigt,
  • Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, die dazu führen kann, dass der Täter im Rauschzustand das Unrecht seiner Tat nicht erkennt oder nicht mehr in der Lage ist, sich danach zu verhalten.

Gesetze, die Unzurechnungsfähigkeit regeln

Die Unzurechnungsfähigkeit im Strafrecht wird durch mehrere Gesetzesnormen geregelt, die den Täter entweder von der strafrechtlichen Verantwortung entbinden oder seine Schuld mildern können. Im Folgenden werden die wichtigsten Gesetze in Bezug auf die Unzurechnungsfähigkeit dargestellt.

Der § 20 StGB – die Unzurechnungsfähigkeit

Die zentrale Norm zur Unzurechnungsfähigkeit ist der § 20 StGB, der besagt, dass jemand, der bei Begehung der Tat aufgrund eines der genannten Gründe (psychische Störungen, Schuldunfähigkeit, Rauschzustände) nicht in der Lage war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, für seine Handlungen strafrechtlich nicht verantwortlich ist. Die Unzurechnungsfähigkeit führt somit zu einem Strafausschluss für den Täter. Wichtig ist hierbei jedoch, dass die Unzurechnungsfähigkeit im Einzelfall durch entsprechende Gutachten nachgewiesen werden muss.

Andere relevante Straftaten im Zusammenhang mit Unzurechnungsfähigkeit

Neben der zentralen Regelung der Unzurechnungsfähigkeit in § 20 StGB gibt es weitere gesetzliche Regelungen, die für die Beurteilung von Fällen der Unzurechnungsfähigkeit relevant sein können:

  • § 21 StGB behandelt die eingeschränkte Schuldfähigkeit und sieht eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit vor,
  • § 63 StGB regelt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bei Unzurechnungsfähigkeit,
  • § 64 StGB sieht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei Suchtkranken vor.

Aktuelle Gerichtsurteile

Gerichtliche Entscheidungen zur Unzurechnungsfähigkeit sind häufig von großer Bedeutung, da sie die Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen in der Praxis verdeutlichen und neue Fragestellungen aufwerfen können. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile zur Unzurechnungsfähigkeit vorgestellt:

  1. Der BGH hat in einem Urteil vom 22.03.2018 (1 StR 646/17) entschieden, dass die Vermutung der Unzurechnungsfähigkeit wegen Rauschzuständen (§ 20 StGB) bei ausländischen Tätern mit anderer Alkoholkultur nicht ohne weiteres anwendbar ist.
  2. In einem Urteil vom 10.04.2019 (2 StR 433/18) hat der BGH festgestellt, dass bei einem Täter, der aufgrund einer hirnorganischen Schädigung seine Steuerungsfähigkeit verloren hat, eine Strafmilderung gemäß § 21 StGB in Betracht kommt.
  3. Das Landgericht Trier hat in einem Urteil vom 24.09.2019 (Az. 1 Ks 14/19) entschieden, dass ein schuldunfähig im Zustand der Schizophrenie handelnder Täter zur Sicherung der öffentlichen Sicherheit in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist, wenn eine konkrete Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten besteht.

Häufig gestellte Fragen

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen zur Unzurechnungsfähigkeit und den entsprechenden Antworten:

  1. Was bedeutet Unzurechnungsfähigkeit?Unzurechnungsfähigkeit bedeutet, dass eine Person zum Zeitpunkt der Begehung einer Tat aufgrund bestimmter Gründe (psychische Störungen, Schuldunfähigkeit, Rauschzustände) nicht in der Lage war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln und daher strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
  2. Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Unzurechnungsfähigkeit?Die Unzurechnungsfähigkeit hat verschiedene rechtliche Konsequenzen, wie die Anwendung von Maßregeln der Besserung und Sicherung (z.B. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) oder die Strafmilderung bei eingeschränkter Schuldfähigkeit.
  3. Wie wird die Unzurechnungsfähigkeit festgestellt?Die Feststellung der Unzurechnungsfähigkeit erfolgt im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, in dem Sachverständige in der Regel Gutachten zur Prüfung der Unzurechnungsfähigkeit erstellen. Das Gericht entscheidet dann auf Grundlage dieser Gutachten, ob die Voraussetzungen der Unzurechnungsfähigkeit erfüllt sind.
  4. Wann ist eine Strafmilderung wegen eingeschränkter Schuldfähigkeit möglich?Eine Strafmilderung wegen eingeschränkter Schuldfähigkeit ist gemäß § 21 StGB möglich, wenn die Schuldfähigkeit des Täters erheblich eingeschränkt ist, er jedoch nicht vollständig unzurechnungsfähig ist.
  5. Was sind Beispiele für psychische Störungen, die zur Unzurechnungsfähigkeit führen können?Beispiele für psychische Störungen, die zur Unzurechnungsfähigkeit führen können, sind Schizophrenie, bipolare Störungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder schwere Depressionen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass Fragen der Unzurechnungsfähigkeit im Strafrecht von großer Bedeutung sind und weitreichende Konsequenzen für die Strafbarkeit und die damit verbundenen Rechtsfolgen haben können. Daher ist es wichtig, sich bei solchen Fällen umfassend beraten und gegebenenfalls vertreten zu lassen. Das vorliegende Werk soll dazu dienen, erste grundlegende Informationen zu diesem komplexen Thema zu bieten und ist als Ausgangspunkt für eine eingehende Auseinandersetzung mit der Materie gedacht.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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