Verfügung über Nachlassgegenstände: Erben und Vererben – wohl jeder von uns wird im Verlauf seines Lebens mit dem Thema Tod und dem Hinterlassen eines Vermögens konfrontiert. Hierbei ist es nicht nur wichtig, dass der Erblasser seine Vorstellungen und Wünsche bezüglich des Nachlasses rechtssicher verankert, sondern auch die Rechte und Pflichten der Erben klar definiert werden. Gerade für die Verfügungen über Nachlassgegenstände spielt der § 2040 BGB eine entscheidende Rolle, der ordnet, wie und durch wen solche Verfügungen vorgenommen werden dürfen.
Dieser Blog-Beitrag beleuchtet die verschiedenen rechtlichen Aspekte dieses wichtigen Paragraphen und zeigt auf, welche Auswirkungen er auf die Beteiligten im Erbfall haben kann.
Inhaltsverzeichnis:
1. Grundlagen zur Verfügung über Nachlassgegenstände
2. Rechte und Pflichten der Erben
3. Auswirkungen auf Testament und Pflichtteil
4. Insider-Tipps: Checklisten und Praxisbeispiele
5. Handlungsempfehlungen
Grundlagen zur Verfügung über Nachlassgegenstände
Bevor wir konkret auf den § 2040 BGB eingehen, ist zunächst ein grundsätzliches Verständnis für die Verfügungen über Nachlassgegenstände von Bedeutung.
Was sagt § 2040 BGB?
Der Paragraph 2040 des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt explizit die Verfügung über Nachlassgegenstände innerhalb einer Erbengemeinschaft. Laut § 2040 BGB ist ein Miterbe nicht berechtigt, ohne die Zustimmung der anderen Miterben über seinen
Anteil am Nachlass sowie über einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen. Dies bedeutet, dass Verfügungen wie beispielsweise das Verkaufen von Immobilien, Wertpapieren oder Gegenständen aus dem Nachlass in der Regel nur mit dem Einverständnis aller Miterben durchgeführt werden können.
Wann gilt eine Verfügung als unzulässig?
Eine Verfügung ist unzulässig, wenn sie ohne die Zustimmung der anderen Miterben erfolgt. Dies betrifft sowohl Verfügungen über den ganzen Erbteil als auch über einzelne Nachlassgegenstände. Eine solche Verfügung kann jedoch wirksam werden, wenn alle beteiligten Miterben im Nachhinein zustimmen. Andernfalls ist die Verfügung schwebend unwirksam, was bedeutet, dass sie erst durch nachträgliche Zustimmung aller Erben wirksam wird – oder im Falle einer endgültigen Verweigerung der Zustimmung ganz unwirksam bleibt.
1Ausnahmen von der Regelung in § 2040 BGB
Es gibt einige Ausnahmen von der grundsätzlichen Regelung in § 2040 BGB, zum Beispiel:
- Wenn ein Miterbe aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs oder einer Schiedsabrede über Nachlassgegenstände verfügen darf
- Wenn ein Miterbe zur Abwendung von Rechtsnachteilen die Verfügung ohne Zustimmung der anderen Miterben vornehmen muss
- Wenn der Erblasser im Testament ausdrücklich eine Verfügungsbefugnis über einzelne Nachlassgegenstände für bestimmte Erben vorgesehen hat
In solchen Ausnahmefällen kann eine Verfügung auch ohne Zustimmung der anderen Miterben zulässig sein.
Rechte und Pflichten der Erben
Da die Verfügung über Nachlassgegenstände innerhalb einer Erbengemeinschaft von der Zustimmung aller Miterben abhängig ist, sind bestimmte Rechte und Pflichten für die Beteiligten zu beachten.
Verhältnis der Miterben untereinander
Innerhalb einer Erbengemeinschaft gelten die Miterben als Gesamthandsgemeinschaft. Dies bedeutet, dass jeder Miterbe grundsätzlich gleichberechtigt ist und die Nachlassverwaltung gemeinsam durchgeführt werden muss. Einzelne Verfügungen
können somit nur nach interner Abstimmung getätigt werden.
Zustimmung von Miterben
Wie bereits erwähnt, müssen alle beteiligten Miterben einer Verfügung über Nachlassgegenstände zustimmen. Eine solche Zustimmung kann sowohl ausdrücklich (z. B. in Schriftform) als auch konkludent (z. B. durch schlüssiges Handeln) erfolgen. Im Zweifelsfall sollte jedoch auf einen schriftlichen Nachweis der Zustimmung geachtet werden, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Negativausgleich
Führt ein Miterbe eine unzulässige Verfügung über Nachlassgegenstände durch, besteht für die anderen Miterben ein Anspruch auf sogenannten Negativausgleich. Dies bedeutet, dass der verfügende Miterbe den anderen Miterben den hierdurch entstandenen Nachteil ausgleichen muss. Der Anspruch auf Negativausgleich dient damit der Wahrung der Interessen aller Miterben und greift dann ein, wenn eine Verfügung ohne Zustimmung erfolgt ist.
Auswirkungen auf Testament und Pflichtteil
Die Regelungen in § 2040 BGB können auch Auswirkungen auf das Testament und den Pflichtteil haben. Insbesondere bei der Ausschlagung von Erbschaften sowie bei Nachlassverbindlichkeiten sind die Vorgaben dieses Paragraphen zu beachten.
Ausschlagen von Erbschaften
Wird eine Erbschaft ausgeschlagen, wird der ausschlagende Erbe rechtlich so behandelt, als wäre er von Anfang an nicht Erbe gewesen. Dies hat zur Folge, dass Verfügungen über Nachlassgegenstände, die zuvor bereits mit diesem Erben abgestimmt
waren, ihre Wirksamkeit verlieren, wenn die anderen Miterben nicht erneut zustimmen.
Nachlassverbindlichkeiten
Nachlassverbindlichkeiten sind Schulden und Verbindlichkeiten, die dem Nachlass anhaften und von den Erben übernommen werden. Auch für die Verfügung über solche Verbindlichkeiten ist die vorherige Zustimmung aller Miterben erforderlich. Werden Nachlassverbindlichkeiten ohne die Zustimmung der anderen Miterben beglichen, kann dies ebenfalls zu einem Anspruch auf Negativausgleich führen.
Pflichtteilberechtigung
Ein Pflichtteil ist der gesetzliche Mindestanteil am Erbe, der bestimmten Erben – insbesondere Abkömmlingen und Ehe- oder Lebenspartnern des Verstorbenen – zusteht. Die Regelungen in § 2040 BGB betreffen jedoch nur die Verfügung über Nachlassgegenstände innerhalb einer Erbengemeinschaft. Die Pflichtteilberechtigung wird dadurch nicht direkt beeinflusst, da Pflichtteilsberechtigte zwar einen Geldanspruch gegen die Erben, aber keine Verfügungsbefugnis über Nachlassgegenstände haben. Die Ermittlung des Pflichtteils erfolgt aufgrund des Werts der Nachlassgegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls.
Insider-Tipps: Checklisten und Praxisbeispiele
Im Folgenden erhalten Sie einige hilfreiche Tipps in Form von Checklisten und Praxisbeispielen, die Ihnen dabei helfen, den Überblick über die komplexe Materie der Verfügung über Nachlassgegenstände gemäß § 2040 BGB zu behalten.
Checkliste für die Nachlassverwaltung
Die folgende Checkliste dient als Orientierungshilfe für die ordnungsgemäße Nachlassverwaltung und die Einhaltung der Regelungen in § 2040 BGB:
- Prüfen Sie, ob die Erbengemeinschaft alle Miterben abschließend vertritt
- Achten Sie darauf, dass alle Verfügungen über Nachlassgegenstände von allen Miterben abgestimmt und genehmigt werden
- Führen Sie sämtliche Aktivitäten im Rahmen der Nachlassverwaltung transparent durch und informieren Sie die Miterben regelmäßig über den Stand der Dinge
- Dokumentieren Sie alle Schritte und Entscheidungen im Rahmen der Nachlassverwaltung schriftlich, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden
- Beachten Sie die gesetzlichen Regelungen zum Pflichtteil und berechnen Sie diesen gegebenenfalls anhand des Werts der Nachlassgegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls
- Ziehen Sie bei komplexen Sachverhalten oder rechtlichen Unklarheiten einen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht hinzu
Praxisbeispiel I: Ausschluss der Verfügungsbefugnis
Ein Erblasser hinterlässt zwei Kinder, Tobi und Lena, die jeweils zur Hälfte erben. In seinem Testament hat der Erblasser jedoch angeordnet, dass Tobi nur ein lebenslanges Wohnrecht in der geerbten Immobilie erhalten soll, während Lena die alleinige Verfügungsbefugnis über die Immobilie hat. Hier wäre Tobis Zustimmung zur Verfügung über die Immobilie nicht erforderlich, da der Erblasser im Testament ausdrücklich eine abweichende Regelung vorgesehen hat. Allerdings darf Lena bei etwaigen Verfügungen die Rechte von Tobi, also sein lebenslanges Wohnrecht, nicht beeinträchtigen.
Praxisbeispiel II: Geltendmachung des Negativausgleichs
Eine Erbengemeinschaft besteht aus vier Geschwistern, die zu gleichen Teilen erben. Ohne das Wissen und die Zustimmung der anderen Miterben verkauft eines der Geschwister einen wertvollen Schmuckgegenstand aus dem Nachlass. Die übrigen Geschwister erfahren davon und verlangen, dass der Erlös aus dem Verkauf unter allen Miterben aufgeteilt wird – sie machen also den Negativausgleich geltend. In diesem Fall wäre das verkaufende Geschwisterteil verpflichtet, den Erlös aus dem Verkauf des Schmuckstücks entsprechend der Erbanteile auf die anderen Miterben zu verteilen, um den entstandenen Nachteil auszugleichen.
Handlungsempfehlungen
Der § 2040 BGB regelt die Verfügung über Nachlassgegenstände innerhalb einer Erbengemeinschaft und soll sicherstellen, dass die Interessen aller Miterben gewahrt bleiben. Verfügungen über Nachlassgegenstände dürfen in der Regel nur mit Zustimmung aller Miterben erfolgen, Ausnahmen sind jedoch möglich.
Um rechtlichen Auseinandersetzungen vorzubeugen und das Erbrecht ordnungsgemäß zu wahren, sollten alle Beteiligten ihre Rechte und Pflichten klar verinnerlichen. Die oben aufgeführten Checklisten und Praxisbeispiele können hierbei eine hilfreiche Orientierung bieten. Bei komplexen Sachverhalten oder rechtlichen Unsicherheiten ist allerdings stets die Hinzuziehung eines Anwalts für Erbrecht empfehlenswert.
„Unsere Kanzlei setzt auf Künstliche Intelligenz, um Ihnen hochwertige Rechtsberatung zu deutlich reduzierten Kosten anzubieten.
Mandanten profitieren in Einzelfällen von Kosteneinsparungen bis zu 90% – ohne Abstriche bei Qualität und individueller Betreuung.
Vertrauen Sie auf eine zukunftsweisende Kombination aus Innovation und juristischer Exzellenz.“
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Folgen Sie Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Erbrecht
Auslandsnachlass geregelt übergeben: Das gilt im internationalen Erbrecht
Erfahren Sie, wie Sie Ihren Auslandsnachlass im Einklang mit dem internationalen Erbrecht effektiv und rechtssicher übertragen können.
Nachlassabwicklung mit Auslandsbezug – häufige Fehler vermeiden
Erfahren Sie, wie Sie bei der Nachlassabwicklung mit Auslandsbezug typische Fehler vermeiden und den Erbfall korrekt abwickeln.
Nachlassakte einsehen: Wann Sie ein Recht darauf haben
Erfahren Sie, unter welchen Umständen Sie das Recht haben, eine Nachlassakte einzusehen und welche Bedeutung sie im Erbrecht hat.
Miterbe in Erbengemeinschaft zahlt nicht? Das sind Ihre Optionen!
Erfahren Sie, welche rechtlichen Schritte Sie ergreifen können, wenn ein Miterbe in Erbengemeinschaft nicht zahlt und Ihr Erbanspruch gefährdet ist.
Mit Generalvollmacht den Erbteil aufteilen – das müssen Sie beachten
Erfahren Sie, wie Sie mit Generalvollmacht Erbe aufteilen und worauf Sie für eine rechtssichere Erbschaftsverteilung achten müssen.