Das Vermächtnis ist ein Begriff, der im Rahmen des Erbrechts häufig verwendet wird. Es handelt sich dabei um eine Möglichkeit, mittels Testament Vermögenswerte an bestimmte Personen zu übertragen.

Dabei gibt es einige Unterschiede und Vorteile gegenüber einer Erbschaft. In diesem umfangreichen Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über das Vermächtnis, seine rechtlichen Grundlagen, Beispiele und Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Inhaltsverzeichnis

  • Was ist ein Vermächtnis?
  • Rechtliche Grundlagen
  • Unterschiede zwischen Vermächtnis und Erbschaft
  • Vorteile eines Vermächtnisses
  • Beispiele für Vermächtnisse
  • Befristetes Vermächtnis
  • Wer ist zur Auszahlung eines Vermächtnisses verpflichtet?
  • Spezielle Fälle: Testamentsvollstrecker und gemeinschaftliches Testament
  • Häufig gestellte Fragen
  • Fazit

Was ist ein Vermächtnis?

Ein Vermächtnis ist die Verfügung von Todes wegen, durch die der Erblasser (die verstorbene Person) einem oder mehreren vermächtnisnehmenden Personen einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet.

Diese Verfügung erfolgt in der Regel durch ein Testament oder einen Erbvertrag. Es handelt sich also um eine Art „Schenkung“ von Vermögenswerten an bestimmte Personen, die nicht zwingend Erben sein müssen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für das Vermächtnis findet sich im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die maßgeblichen Vorschriften sind in den §§ 1939 bis 1966 BGB geregelt. Insbesondere sind folgende Vorschriften relevant:

  • § 1939 BGB: Begründung des Vermächtnisses
  • § 1940 BGB: Vermächtnis einer Geldsumme
  • § 1941 BGB: Vermächtnis einer Forderung
  • § 1942 BGB: Vermächtnis einer Sache
  • § 1943 BGB: Vermächtnis einer Sache unter Vorbehalt des Nießbrauchs
  • § 1944 BGB: Vermächtnis einer Reallast
  • § 1945 BGB: Vermächtnis einer Handlung
  • § 1946 BGB: Vermächtnis einer Unterlassung

Unterschiede zwischen Vermächtnis und Erbschaft

Obwohl sowohl das Vermächtnis als auch die Erbschaft Vermögenswerte auf den Todesfall übertragen, gibt es einige grundlegende Unterschiede zwischen beiden Rechtsinstituten. Die wichtigsten Unterschiede sind:

  • Gesetzliche Erbfolge: Während die gesetzliche Erbfolge automatisch eintritt, wenn der Erblasser kein Testament hinterlässt oder dieses unwirksam ist, muss das Vermächtnis ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag verfügt werden.
  • Vermögensübertragung: Bei einer Erbschaft tritt der Erbe unmittelbar in die Rechtsstellung des Erblassers ein und übernimmt sowohl dessen Vermögen als auch dessen Schulden. Beim Vermächtnis erhält der Vermächtnisnehmer lediglich einen bestimmten Vermögensvorteil, ohne für die Schulden des Erblassers haften zu müssen.
  • Pflichtteil: Während Pflichtteilsberechtigte (z.B. Kinder oder Ehepartner) gegenüber dem Erben einen Anspruch auf ihren Pflichtteil haben, besteht dieser Anspruch nicht gegenüber dem Vermächtnisnehmer.

Vorteile eines Vermächtnisses

Ein Vermächtnis bietet gegenüber einer Erbschaft einige Vorteile. Dazu zählen insbesondere:

  • Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten: Mit einem Vermächtnis können Erblasser bestimmte Personen oder Organisationen gezielt begünstigen, ohne diese zu Erben zu machen. So können zum Beispiel Freunde, entfernte Verwandte oder gemeinnützige Organisationen bedacht werden.
  • Keine Haftung für Schulden: Der Vermächtnisnehmer haftet nicht für die Schulden des Erblassers. Er erhält lediglich den ihm zugewendeten Vermögensvorteil und muss sich nicht um die Abwicklung des Nachlasses kümmern.
  • Kein Pflichtteil: Da ein Vermächtnis nicht unter das Pflichtteilsrecht fällt, können Erblasser auf diese Weise Personen begünstigen, ohne dass Pflichtteilsberechtigte ihren Anspruch gegenüber dem Vermächtnisnehmer geltend machen können.
  • Steuervorteile: In bestimmten Fällen können durch ein Vermächtnis Steuervorteile erzielt werden, zum Beispiel wenn der Vermächtnisnehmer von einer niedrigeren Erbschaftssteuerklasse profitiert.

Beispiele für Vermächtnisse

Ein Vermächtnis kann auf verschiedene Weise ausgestaltet werden. Einige Beispiele sind:

  • Vermächtnis einer Geldsumme: Der Erblasser verfügt, dass eine bestimmte Person eine festgelegte Geldsumme erhalten soll.
  • Vermächtnis einer Sache: Der Erblasser verfügt, dass eine bestimmte Person ein bestimmtes, einzelnes Wirtschaftsgut erhalten soll, wie zum Beispiel ein Haus, ein Grundstück, ein Auto oder ein Schmuckstück.
  • Vermächtnis einer Forderung: Der Erblasser verfügt, dass eine bestimmte Person eine Forderung erhalten soll, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten gegen einen Dritten hatte.
  • Vermächtnis einer Handlung: Der Erblasser verfügt, dass eine bestimmte Person eine bestimmte Handlung vornehmen oder unterlassen soll, zum Beispiel die Pflege eines Grabes oder das Unterlassen von Bauarbeiten auf einem Grundstück.
  • Befristetes Vermächtnis

Befristetes Vermächtnis – rechtlicher Hintergrund und Abgrenzung

Ein befristetes Vermächtnis eröffnet dem Erblasser die Möglichkeit, einen Vermögensgegenstand zeitlich begrenzt einem Vermächtnisnehmer zuzuwenden. Ein solches zeitlich befristetes Vermächtnis ist gemäß § 2170 BGB zulässig und gibt dem Vermächtnisnehmer zunächst nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben.

Zum besseren Verständnis und zur Abgrenzung soll zunächst auf die Unterschiede zwischen Erbschaft, Vermächtnis und befristetem Vermächtnis eingegangen werden.

  • Erbschaft: Der gesetzliche oder testamentarisch eingesetzte Erbe wird Rechtsnachfolger des Erblassers und tritt damit als Ganzes in dessen Rechtslage ein (§ 1922 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob das Erbe positiv oder negativ ist. Der Erbe haftet dabei auch für die Schulden des Erblassers.
  • Vermächtnis: Gemäß § 1939 BGB kann der Erblasser durch Testament vermachen, dass eine Person (Vermächtnisnehmer) bei seinem Tode einen konkret bezeichneten Vermögensgegenstand oder einen bestimmten Geldbetrag erhält. Der Vermächtnisnehmer erlangt jedoch keine Rechtsnachfolge, sondern hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben.
  • Befristetes Vermächtnis: Hierbei handelt es sich um ein Vermächtnis mit einer zeitlichen Begrenzung. Der Erblasser bestimmt in seinem Testament, dass der Vermächtnisnehmer einen bestimmten Vermögensgegenstand für einen festgelegten Zeitraum erhalten soll. Der Vermächtnisnehmer hat in diesem Fall Anspruch darauf, dass ihm der Vermögensgegenstand für die Dauer der Befristung zur Verfügung steht oder zum Eigentum übertragen wird.

Rechtsfolgen eines befristeten Vermächtnisses

Die Rechtsfolgen eines befristeten Vermächtnisses sind vielfältig, daher sollen an dieser Stelle die wesentlichen Folgen dargestellt werden.

  • Anspruchsgrundlage: Der Vermächtnisnehmer hat gemäß §§ 2171 – 2184 BGB einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses. Bei einem befristeten Vermächtnis ist dieser Anspruch auf die Dauer der Befristung beschränkt.
  • Erfüllung: Zur Erfüllung eines befristeten Vermächtnisses hat der Erbe den vermachten Gegenstand dem Vermächtnisnehmer auf Grundlage des Anwartschaftsrechts (§§ 1101 ff. BGB) oder etwa durch Übertragung des Eigentums (§§ 929 ff. BGB) für die Dauer der Befristung zur Verfügung zu stellen oder zu übertragen.
  • Rückforderungsanspruch: Nach Ablauf der Befristung hat der Erbe einen Rückforderungsanspruch gegen den Vermächtnisnehmer. Dieser Anspruch basiert auf § 812 Abs. 1 BGB und dient der Herausgabe des Gegenstands nach Ende der Befristung.

Wer ist zur Auszahlung eines Vermächtnisses verpflichtet?

Da das Vermächtnis kein Übergang des gesamten Erbes ist, stellt sich die wichtige Frage: Wer ist zur Auszahlung eines Vermächtnisses verpflichtet? Das Gesetz ist in dieser Frage klar: Verpflichtet zur Erfüllung des Vermächtnisses ist der Erbe.

Dieser ist als Gesamtrechtsnachfolger dafür zuständig, den aus dem Testament resultierenden Anspruch des Vermächtnisnehmers zu erfüllen.

Die Rolle des Erben

Der Erbe hat die rechtliche Verpflichtung, das Vermächtnis auszuzahlen oder auszuhändigen. Es ist auch seine Aufgabe, das Bestehen des Vermächtnisses zu bestätigen und den Vermächtnisnehmer über sein Recht zu informieren. Diese Pflichten ergeben sich aus den Paragrafen 2175 und 2238 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Spezielle Fälle: Testamentsvollstrecker und gemeinschaftliches Testament

Es gibt jedoch auch spezielle Fälle, in denen nicht direkt der Erbe zur Auszahlung des Vermächtnisses verpflichtet ist. Ein solcher Fall ist die Bestellung eines Testamentsvollstreckers. Ein Testamentsvollstrecker wird vom Erblasser in seinem Testament ernannt.

Sein Auftrag ist die ordnungsgemäße Abwicklung des Nachlasses gemäß den Wünschen des Erblassers und hierzu gehört auch die Auszahlung der Vermächtnisse. In diesem Fall hat der Erbe keine Berechtigung und auch keine Verpflichtung, diese Aufgabe zu übernehmen.

Ein weiterer Spezialfall betrifft das gemeinschaftliche Testament. Hier erben in der Regel die überlebenden Ehegatten oder Partner zunächst allein. Diese sind verpflichtet, die im Testament festgelegten Vermächtnisse auszuzahlen. Bei ihrem Tod geht diese Pflicht auf die Schlusserben über.

Häufig gestellte Fragen

Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Vermächtnis:

Kann ich ein Vermächtnis ausschlagen?

Ja, ein Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis ausschlagen, wenn er es nicht annehmen möchte. Die Ausschlagung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Vermächtnisses gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Die Frist beginnt jedoch erst, wenn der Vermächtnisnehmer das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Was passiert, wenn der Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser stirbt?

Stirbt der Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser, so fällt das Vermächtnis grundsätzlich weg. Es sei denn, der Erblasser hat im Testament ausdrücklich angeordnet, dass das Vermächtnis an die Erben des Vermächtnisnehmers weitergegeben werden soll.

Muss ich als Vermächtnisnehmer Erbschaftssteuer zahlen?

Ja, als Vermächtnisnehmer müssen Sie grundsätzlich Erbschaftssteuer zahlen. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert des Vermächtnisses und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. Es gelten jedoch auch Freibeträge, die von der Steuer abgezogen werden können.

So beträgt der Freibetrag für Ehegatten und Lebenspartner 500.000 Euro, für Kinder 400.000 Euro und für Enkelkinder 200.000 Euro. Für entferntere Verwandte und nicht verwandte Personen gelten geringere Freibeträge.

Kann ein Vermächtnis angefochten werden?

Ein Vermächtnis kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden. Eine Anfechtung kommt in Betracht, wenn der Erblasser bei der Errichtung des Testaments geschäftsunfähig war oder unter einem Irrtum oder einer Täuschung litt.

Außerdem kann ein Vermächtnis angefochten werden, wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen widerrufen hat, die das Vermächtnis enthält. Die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen.

Fazit

Das Vermächtnis ist ein bedeutendes Instrument im Rahmen der Nachlassplanung und bietet gegenüber der Erbschaft einige Vorteile.

Dank der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten kann der Erblasser gezielt Personen oder Organisationen begünstigen, ohne diese zu Erben zu machen. Zudem haftet der Vermächtnisnehmer nicht für die Schulden des Erblassers und ist von Pflichtteilsansprüchen ausgenommen.

Um ein Vermächtnis rechtssicher zu gestalten, ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dieser kann Ihnen auch bei der Auslegung und Durchsetzung von Vermächtnissen zur Seite stehen und Ihre Interessen vertreten.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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