Die Vermögensauskunft stellt ein wesentliches Instrumentarium innerhalb des Zwangsvollstreckungsrechts dar. Sie dient dem Gläubiger zur Erlangung von Informationen über das Vermögen des Schuldners. Der nachfolgende Beitrag soll Ihnen einen umfassenden und detaillierten Überblick über Ihre Rechte und Pflichten als Beteiligter im Rahmen einer Vermögensauskunft geben.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen der Vermögensauskunft
- Rechte des Schuldners bei der Vermögensauskunft
- Pflichten des Schuldners im Rahmen der Vermögensauskunft
- Haftung bei falschen Angaben
- Anfechtung der Vermögensauskunft
- Fristen und Termine bei der Vermögensauskunft
- Auskunftspflicht des Schuldners
- Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung der Vermögensauskunft
- FAQ: Häufig gestellte Fragen
Grundlagen der Vermögensauskunft
Die Vermögensauskunft (bis 2013 Offenbarungseid oder eidesstattliche Versicherung genannt) ermöglicht es dem Gläubiger, sich einen Überblick über das Vermögen des Schuldners zu verschaffen. Dabei ist § 802c der Zivilprozessordnung (ZPO) die zentrale Gesetzesnorm für das Verfahren. Der Schuldner enthüllt in einem Fragebogen alle Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, während er von einem Gerichtsvollzieher, einem Rechtsanwalt oder einem Notar belehrt wird.
Das Verfahren kann nur auf Antrag des Gläubigers eingeleitet werden und setzt voraus, dass alle Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung gemäß §§ 766 ff. ZPO gegeben sind, wie etwa ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Titel vorliegt. Es gibt jedoch einige Fallgestaltungen, in denen der Schuldner von sich aus eine Vermögensauskunft abgeben kann, um einen Vergleich oder eine andere Vereinbarung zu treffen.
Wer ist zur Abgabe einer Vermögensauskunft verpflichtet?
Von der Verpflichtung zur Abgabe einer Vermögensauskunft sind grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen als Schuldner betroffen, d.h. Einzelpersonen, Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG, KG) und Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG).
Ausgenommen sind jedoch insolvente Unternehmen, die einen Insolvenzantrag gestellt haben, sowie Schuldner in einem Verbraucherinsolvenzverfahren.
Rechte des Schuldners bei der Vermögensauskunft
Obwohl die Teilnahme an einer Vermögensauskunft für den Schuldner oft eine unangenehme Situation darstellt, existieren auch für ihn gewisse Rechte, wie die folgenden Beispiele zeigen:
- Rechtsmittel gegen die Vermögensauskunft: Der Schuldner kann gegen den Beschluss, der ihm die Vermögensauskunft auferlegt, Rechtsmittel einlegen, z.B. Erinnerung, Beschwerde oder Rechtsbeschwerde. Jedoch müssen die Voraussetzungen für das jeweilige Rechtsmittel gegeben sein. In der Zwangsvollstreckungssache kann er auch eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben, um die Vollstreckung zu hemmen, wenn er z.B. die Forderung des Gläubigers anzweifelt.
- Datenschutz: Auch im Rahmen einer Vermögensauskunft sind die Datenschutzvorschriften zu beachten. Der Schuldner hat das Recht, Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zu erhalten und sie ggf. berichtigen zu lassen. Weiterhin ist der Gläubiger dazu verpflichtet, die erhaltenen Informationen vertraulich zu behandeln.
- Akteneinsicht: Der Schuldner hat das Recht, in die bei Gericht und der Vollstreckungsbehörde geführten Akten Einsicht zu nehmen und deren Inhalte auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. So kann er z.B. prüfen, ob eine erfolgreiche Pfändung bereits erfolgt ist oder ob es zu unzulässigen Doppelpfändungen gekommen ist.
Pflichten des Schuldners im Rahmen der Vermögensauskunft
Die Teilnahme bringt für den Schuldner auch einige Pflichten mit sich:
- Erscheinen zum Termin: Der Schuldner ist verpflichtet, persönlich zum Termin für die Abgabe der Vermögensauskunft zu erscheinen. Bei schuldhaftem Nichterscheinen können jedoch Zwangsmittel eingesetzt werden, wie z.B. die Vorführung durch die Polizei.
- Wahrheitsgemäße Angaben: Der Schuldner muss sämtliche Angaben in der Vermögensauskunft wahrheitsgemäß und vollständig machen. Hierzu gehört auch die Offenlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Unwahre oder unvollständige Angaben können zu einer Strafbarkeit führen (§ 802e ZPO).
- Beibringung von Unterlagen: Der Schuldner ist verpflichtet, alle für die Erstellung der Vermögensauskunft benötigten Unterlagen beizubringen. Dazu zählen u.a. Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge, Versicherungspolicen, Steuerbescheide oder Grundbuchauszüge. Bei Nichtvorlage von erforderlichen Unterlagen kann das Gericht Ordnungsgelder oder Ordnungshaft verhängen (§ 802g ZPO).
Haftung bei falschen Angaben
Falsche oder unvollständige Angaben in der Vermögensauskunft können gravierende Folgen nach sich ziehen:
- Strafrechtliche Folgen: Nach § 802e ZPO können wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in der Vermögensauskunft mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden.
- Zivilrechtliche Folgen: Falsche Angaben können zur Anfechtung der Vermögensauskunft durch den Gläubiger führen. Außerdem können dem Schuldner, der dem Gläubiger vorsätzlich falsche Informationen mitteilt, Schadensersatzansprüche entstehen.
Anfechtung der Vermögensauskunft
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Gläubiger die Vermögensauskunft anfechten, etwa, wenn der Schuldner:
- unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht hat,
- die Vermögensauskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht ordnungsgemäß abgegeben hat,
- oder wenn der Gläubiger Informationen über Pfändungsobjekte besitzt oder entdeckt, die der Schuldner in seiner Vermögensauskunft verschwiegen hat.
In solchen Fällen kann der Gläubiger innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Kenntniserlangung von den neuen Umständen die Anfechtung erklären. Im Anfechtungsverfahren prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen für eine Anfechtung gegeben sind und hebt ggf. die bestehende Vermögensauskunft auf, um eine erneute Vermögensauskunft durchzuführen.
Fristen und Termine bei der Vermögensauskunft
Die Fristen und Termine sind sowohl für Schuldner als auch für Gläubiger von Bedeutung:
- Antragstellung durch den Gläubiger: Der Gläubiger kann nicht unbegrenzt nach Erhalt eines vollstreckbaren Titels die Vermögensauskunft beantragen – § 802c Abs. 1 ZPO sieht eine Frist von zunächst zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels vor. Danach kann der Antrag alle zwei Jahre wiederholt werden.
- Zustellung des Termins: Der Gerichtsvollzieher ist für die Zustellung des Termins zur Vermögensauskunft zuständig. Die Zustellung muss dem Schuldner mindestens zwei Wochen vor dem Termin zugestellt werden (§ 802b Abs. 2 ZPO).
- Anfechtung der Vermögensauskunft: Wie oben erwähnt, hat der Gläubiger eine Frist von sechs Monaten ab Kenntniserlangung von den anfechtungsrelevanten Umständen für die Anfechtung der Vermögensauskunft.
- Weitergabefrist: Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, die Liste der pfändbaren Gegenstände des Schuldners innerhalb einer Frist von einer Woche an das zuständige Vollstreckungsgericht weiterzuleiten (§ 802b Abs. 3 ZPO).
Auskunftspflicht des Schuldners
Der Schuldner ist verpflichtet, über seine gesamten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wahrheitsgemäß und umfassend Auskunft zu erteilen. Dazu gehören insbesondere:
- die Angabe von Name, Anschrift und Geburtsdatum,
- die Angabe von Einkommen und dessen Quelle,
- die Offenlegung von Bankverbindungen und Kontoständen,
- die Angabe von Immobilienbesitz,
- die Angabe von Fahrzeugen oder anderen wertvollen Gegenständen,
- Informationen zu bestehenden Schulden und Verbindlichkeiten,
- Informationen zu laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
- die Offenlegung von Unterhaltsverpflichtungen,
- und die Angabe von Steueridentifikationsnummern.
Der Schuldner hat zudem eine Mitwirkungspflicht, um den Fragebogen vollständig ausfüllen zu können.
Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Vermögensauskunft
Weigert sich der Schuldner, an der Auskunft teilzunehmen oder macht er falsche Angaben, kann das Gericht Zwangsmittel zur Durchsetzung der Auskunftspflicht anwenden:
- Ordnungsgeld: Das Gericht kann ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro gegen den Schuldner festsetzen, um ihn zur Mitwirkung an der Vermögensauskunft zu bewegen (§ 802g Abs. 1 ZPO).
- Ordnungshaft: Wenn das Ordnungsgeld nicht zur Mitwirkung des Schuldners führt oder wenn der Schuldner das Ordnungsgeld nicht zahlen kann, kann das Gericht Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten anordnen (§ 802g Abs. 1 ZPO).
- Vorführung: Sollte der Schuldner ohne triftigen Grund dem Termin zur Vermögensauskunft fernbleiben, kann der Gläubiger auf Kosten des Schuldners einen Vorführungsbeschluss beantragen. Das Gericht kann daraufhin anordnen, dass der Schuldner durch die Polizei zum Termin vorgeführt wird (§ 802h ZPO).
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.
Wie oft muss ich am Verfahren zur Vermögensauskunft teilnehmen?
Die Auskunft muss in der Regel alle zwei Jahre erfolgen, sofern der Gläubiger weiterhin ein berechtigtes Interesse an der Auskunft hat.
Dürfen meine persönlichen Daten für andere Zwecke verwendet werden?
Die Daten dürfen ausschließlich für Zwecke der Zwangsvollstreckung verwendet werden. Die Verwendung für andere Zwecke (z.B. Werbung) ist unzulässig und kann zu Sanktionen führen.
Muss ich das Existenzminimum offenlegen?
Nein, das Existenzminimum (unpfändbarer Teil des Einkommens) muss grundsätzlich nicht offenlegt werden und ist von der Pfändung ausgenommen.
Muss ich bei einer erneuten Vermögensauskunft erneut alle Unterlagen und Angaben machen?
Grundsätzlich ja, da sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners im Laufe der Zeit ändern können. Der Schuldner muss somit bei jeder Auskunft wahrheitsgemäße und vollständige Angaben machen.
Wird mein Arbeitgeber über die Vermögensauskunft informiert?
In der Regel nein, es sei denn, eine Pfändung des Arbeitseinkommens wird vom Gläubiger beantragt. Dann wird der Arbeitgeber nur im Rahmen dieser Pfändungsmaßnahme informiert.
Kann ich die Vermögensauskunft verweigern, wenn ich den Forderungen des Gläubigers nicht zustimme?
Nein, wenn der Gläubiger einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Titel gegen Sie vorweisen kann, sind Sie zur Vermögensauskunft verpflichtet. Widerspruch gegen die Forderungen des Gläubigers sollte in einem gesonderten Verfahren (z.B. Vollstreckungsgegenklage) erfolgen.
„Unsere Kanzlei setzt auf Künstliche Intelligenz, um Ihnen hochwertige Rechtsberatung zu deutlich reduzierten Kosten anzubieten.
Mandanten profitieren in Einzelfällen von Kosteneinsparungen bis zu 90% – ohne Abstriche bei Qualität und individueller Betreuung.
Vertrauen Sie auf eine zukunftsweisende Kombination aus Innovation und juristischer Exzellenz.“
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht
Emissionszertifikat: Hilfe bei Streitigkeiten im Energiehandelsrecht
Professionelle Beratung und Lösungen bei rechtlichen Konflikten rund um das Emissionszertifikat im Energiehandelsrecht.
Fördermittelrecht: Hilfe bei Anträgen und Konflikten mit Fördergebern
Expertenrat im Fördermittelrecht für effiziente Antragsstellung und Konfliktlösung mit Fördermittelgebern in Deutschland.
Exportfinanzierung: Rechtliche Beratung bei internationalen Geschäften
Professionelle Beratung für Exportfinanzierung in Deutschland zur Sicherung Ihrer internationalen Geschäftsabwicklungen und Außenhandelsfinanzierung.
Vertretungsvollmacht: Rechtliche Beratung bei Streitigkeiten
Professionelle Beratung zur Vertretungsvollmacht und deren Einsatz bei rechtlichen Streitigkeiten. Sichern Sie Ihre Interessen ab.
Innovationsförderung: Rechtliche Beratung bei Anträgen und Konflikten
Professionelle Unterstützung bei Innovationsförderung – Expertenrat für Ihre Förderanträge und Lösungen bei rechtlichen Streitigkeiten.