Die Vermummung, insbesondere bei öffentlichen Versammlungen und Demonstrationen, ist ein gesellschaftlich und rechtlich kontrovers diskutiertes Thema. Als erfahrener Rechtsanwalt möchte ich Ihnen in diesem Blog-Beitrag einen ausführlichen, gut recherchierten und informativen Überblick über die Rechtslage zum Thema Vermummung, das Vermummungsverbot sowie aktuelle rechtliche Entwicklungen und Gerichtsurteile bieten. Dabei werde ich gesetzliche Regelungen, Beispiele, Aufzählungen und die Beantwortung häufiger Fragen einfließen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Vermummung?
- Vermummungsverbot: Gesetzliche Regelungen und Ausnahmen
- Verfassungsrechtliche Aspekte und Kritik am Vermummungsverbot
- Praktische Durchsetzung und Kontrolle des Vermummungsverbots
- Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung zur Vermummung
- FAQs: Häufig gestellte Fragen zur Vermummung und dem Vermummungsverbot
Was ist Vermummung?
Vermummung bezeichnet das Verdecken oder Verhüllen des eigenen Gesichts mit der Absicht, die eigene Identität zu verschleiern. Die Gründe für die Vermummung können vielfältig sein, dazu zählen bspw. Angst vor Überwachung, fotografischer Erfassung, privaten Repressalien oder Schutz vor äußerlichen Einflüssen wie z. B. Wetter. Häufig kommt die Vermummung jedoch bei öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder auch bei gewalttätigen Ausschreitungen zum Einsatz, um sich einer möglichen Identifizierung und strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen.
Vermummungsverbot: Gesetzliche Regelungen und Ausnahmen
Das Vermummungsverbot in Deutschland ist primär im Versammlungsgesetz verankert und hat zum Ziel, die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Versammlungen und Aufzügen zu gewährleisten. Für das Vermummungsverbot relevant sind folgende Regelungen:
Versammlungsgesetz (VersG) §17a Verbot der Vermummung
(1) Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen oder bei deren Zusammenhang als Teilnehmer Schutzwaffen oder Gegenstände, die als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren, zu führen oder mitzuführen.
(2) Es ist auch verboten, sich bei solchen Anlässen vermummt oder erwarten ihrer persönlichen Gewaltbereitschaft Ausdruck verleihenden Kleidungsstücken zu beteiligen oder auf diese Weise Zuschauer derselben zu sein.
(3) Wer gegen die Verbote des Absatzes 1 oder 2 verstößt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Ausnahmen vom Vermummungsverbot
Grundsätzlich sind Vermummungsbestrebungen bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen verboten. Es gibt jedoch gesetzliche Ausnahmen vom Vermummungsverbot:
- Witterungsbedingte Vermummung (z.B. wärmende Kleidung bei Kälte, Schutz vor Regen, Sonne, Staub)
- Vermummung aus religiösen oder kulturellen Gründen, z.B. Kopftuch, Niqab, Burka oder St.-Nikolaus-Kostüm
- Vermummung im Rahmen von zulässigen Brauchtumsveranstaltungen (z.B. Fastnachtsfeiern, Halloween-Feiern)
Wichtig ist dabei stets, dass die Vermummung keine strafbaren Absichten verfolgt – insbesondere nicht die Absicht, sich einer möglichen Identifizierung und Strafverfolgung durch Behörden oder Dritte zu entziehen.
Verfassungsrechtliche Aspekte und Kritik am Vermummungsverbot
Das Vermummungsverbot ist nicht unumstritten. Die Kritik bewegt sich vor allem auf verfassungsrechtlicher Ebene mit Blick auf die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 5 und 8 GG) sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
Kritiker argumentieren, das Vermummungsverbot schränke das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Teilnahme an Versammlungen unverhältnismäßig ein, indem es Menschen abschrecke, sich an Demonstrationen oder Protestveranstaltungen zu beteiligen. Durch das Verbot der Vermummung werde oftmals die freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht eingeschränkt, da Menschen ihre Meinung aus Angst vor Repressionen nicht mehr uneingeschränkt äußern könnten.
Auf der anderen Seite wird das Vermummungsverbot als notwendige Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei Versammlungen und Demonstrationen gesehen, um beispielsweise gewalttätige Ausschreitungen zu unterbinden oder Straftäter leichter identifizieren zu können.
Praktische Durchsetzung und Kontrolle des Vermummungsverbots
Die Durchsetzung des Vermummungsverbots gestaltet sich in der Praxis häufig schwierig. Die Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) müssen bei der Kontrolle von Versammlungen und Aufzügen einerseits das Vermummungsverbot durchsetzen, andererseits jedoch auch die Grundrechte der Teilnehmer und die Interessen der öffentlichen Ordnung wahren.
Die Polizei ist dazu angehalten, bei der Kontrolle von Versammlungen und Aufzügen auf das Vermummungsverbot hinzuweisen und gegebenenfalls von ihrem Platzverweisrecht Gebrauch zu machen. Bei Verstößen gegen das Vermummungsverbot kann die Polizei zudem strafrechtliche Ermittlungsverfahren einleiten und die Personalien der betroffenen Personen feststellen.
Aufgrund der Vielzahl von Demonstranten und der unterschiedlichen Gründe für die Vermummung ist eine flächendeckende Kontrolle und Durchsetzung des Vermummungsverbots jedoch nahezu unmöglich.
Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung zur Vermummung
Im Folgenden möchte ich einige aktuelle Gerichtsurteile und Entscheidungen zur Thematik Vermummung und Vermummungsverbot vorstellen:
Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14. März 2018 – 1 BvR 1474/16
In diesem Urteil stärkte das Bundesverfassungsgericht die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und bejahte bei einer Vermummung aus Sicht des Veranstalters einer Demonstration eine Ausnahme vom Vermummungsverbot, wenn diese aus legitimen Gründen (z.B. Angst vor Repressionen) erfolgt und der Einzelfall dies rechtfertigt.
Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Urteil vom 10.09.2019 – 2 Rv 25 Ss 88/19
Das OLG Stuttgart bestätigte, dass ein mit einem Halstuch, einer Sonnenbrille und einer Kapuze verdecktes Gesicht als Vermummung im Sinne des Versammlungsgesetzes angesehen werden kann, da hierdurch die Identifikation des Trägers erschwert oder verhindert wird.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Vermummung und dem Vermummungsverbot
In diesem Abschnitt beantworte ich einige häufig gestellte Fragen rund um das Thema Vermummung und Vermummungsverbot:
Gilt das Vermummungsverbot auch für das Tragen von Atemschutzmasken?
Grundsätzlich fallen Atemschutzmasken (z.B. staub- oder mundschutzmasken) nicht unter das Vermummungsverbot, sofern sie nicht zur Verschleierung der Identität dienen und keine strafbaren Handlungen begangen werden. Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurden das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen sogar teilweise vorgeschrieben und stellen daher keine Vermummung dar.
Ist das Tragen eines Schals oder einer Kapuze als Vermummung anzusehen?
Ein Schal oder eine Kapuze sind nicht per se als Vermummung einzustufen. Nur wenn das Tragen dazu dient, die eigene Identität unkenntlich zu machen und dies in Zusammenhang mit einer öffentlichen Versammlung oder einem Aufzug geschieht, ist das Vermummungsverbot einschlägig.
Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz bei rechtswidriger Durchsetzung des Vermummungsverbots durch die Polizei?
Falls die Polizei das Vermummungsverbot rechtswidrig durchsetzt (z.B. durch unrechtmäßige Platzverweise oder Ingewahrsamnahmen), kann grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz gegen das Land bestehen. Sollte Ihnen so ein Fall widerfahren, ist es ratsam, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden, um Ihre Ansprüche zu prüfen und geltend zu machen.
Wie verhält es sich mit der Vermummung bei Online-Demonstrationen oder virtuellen Versammlungen?
Das Vermummungsverbot im Versammlungsgesetz bezieht sich auf öffentliche Versammlungen und Aufzüge. Eine direkte Anwendung auf Online-Demonstrationen oder virtuelle Versammlungen ist daher nicht gegeben. Dennoch sollte beachtet werden, dass auch das Verhalten im Internet Strafbarkeit begründen kann (z.B. bei Volksverhetzung oder Beleidigungen).
Gibt es im Ausland ähnliche Regelungen zum Vermummungsverbot?
Ja, auch in zahlreichen anderen Ländern gibt es ähnliche Regelungen zum Vermummungsverbot. Die Ausgestaltung und Durchsetzung variiert jedoch teilweise erheblich. Auch müssen bei internationalen Demonstrationen die jeweiligen landesspezifischen Regelungen beachtet werden.
Fazit
Das Thema Vermummung und Vermummungsverbot ist sowohl rechtlich als auch gesellschaftspolitisch ein kontroverses Feld. Dennoch ist es wichtig, sich über seine Rechte und Pflichten als Bürger im Klaren zu sein, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen. Sollten Sie Fragen oder Bedenken zum Vermummungsverbot haben oder juristischen Beistand benötigen, zögern Sie nicht, Kontakt mit einer Anwaltskanzlei aufzunehmen.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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