Verträge sind wesentliche Bestandteile des täglichen Lebens und der Geschäftswelt, und doch können sie auch zu Konflikten führen. Wenn eine Partei ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt, kann dies zu erheblichen finanziellen Verlusten für die andere Partei führen. In solchen Fällen können vertragliche Schadensersatzansprüche ins Spiel kommen, um die finanziellen Verluste auszugleichen. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir die Grundlagen vertraglicher Schadensersatzansprüche, ihre Voraussetzungen und ihre Durchsetzung ausführlich behandeln. Wir werden auch auf aktuelle Gerichtsurteile eingehen und häufig gestellte Fragen beantworten, um Ihnen ein gründliches Verständnis dieser wichtigen rechtlichen Fragen zu vermitteln.
Gliederung
- Vertragliche Schadensersatzansprüche: Definition und Rechtsgrundlage
- Voraussetzungen für vertragliche Schadensersatzansprüche
- Berechnung und Ermittlung des Schadensersatzes
- Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
- Aktuelle Gerichtsurteile zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen
- FAQs zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen
Vertragliche Schadensersatzansprüche: Definition und Rechtsgrundlage
Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch ist ein Rechtsanspruch, der entsteht, wenn eine Vertragspartei die ihr obliegenden Pflichten aus dem Vertrag nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt und dadurch der anderen Partei ein Schaden entsteht. Der Schadensersatz dient dazu, den Geschädigten so zu stellen, als ob der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.
Die Rechtsgrundlage für vertragliche Schadensersatzansprüche findet sich in den §§ 280 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die wichtigsten Vorschriften sind:
- § 280 Abs. 1 BGB: Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
- § 281 BGB: Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
- § 282 BGB: Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit der Nacherfüllung
- § 283 BGB: Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht
- § 286 BGB: Verzugsschaden
- § 288 BGB: Verzugszinsen
Voraussetzungen für vertragliche Schadensersatzansprüche
Um einen vertraglichen Schadensersatzanspruch geltend machen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese sind:
- Vorliegen eines wirksamen Vertrages
- Pflichtverletzung durch den Schuldner
- Verschulden des Schuldners
- Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden
- Entstehung eines Schadens beim Gläubiger
- Keine Ausschlussgründe
Im Folgenden werden wir diese Voraussetzungen genauer erläutern.
Vorliegen eines wirksamen Vertrages
Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch setzt das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus, der die Parteien zu bestimmten Leistungen verpflichtet. Ein Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande und muss den Anforderungen des BGB genügen.
Pflichtverletzung durch den Schuldner
Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Schuldner seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkommt. Dies kann beispielsweise eine mangelhafte Leistung, eine verspätete Lieferung oder die Verletzung von Nebenpflichten sein.
Verschulden des Schuldners
Der Schuldner muss die Pflichtverletzung verschuldet haben, d.h. er handelt vorsätzlich oder fahrlässig. Nach § 276 BGB ist ein Schuldner auch für den Zufall verantwortlich, es sei denn, der Schaden hätte auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung eintreten können.
Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden
Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden bestehen. Dies bedeutet, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn der Schuldner seine vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte.
Entstehung eines Schadens beim Gläubiger
Der Gläubiger muss einen tatsächlichen Schaden erlitten haben, der in Geld messbar ist. Der Schaden kann sowohl aus entgangenem Gewinn als auch aus vermehrten Aufwendungen bestehen.
Keine Ausschlussgründe
Schadensersatzansprüche können ausgeschlossen sein, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart wurde oder wenn der Gläubiger die Pflichtverletzung zu vertreten hat (z.B. bei Mitverschulden).
Berechnung und Ermittlung des Schadensersatzes
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden und dem entgangenen Gewinn (§ 252 BGB). Der Geschädigte ist verpflichtet, den Schaden nachzuweisen und konkret zu beziffern. In einigen Fällen kann der Schadensersatz jedoch auch pauschal oder nach einer Schätzung berechnet werden.
Bei der Schadensberechnung sind folgende Grundsätze zu beachten:
- Differenzhypothese: Der Schaden wird ermittelt, indem der tatsächliche Zustand mit dem hypothetischen Zustand ohne die Pflichtverletzung verglichen wird.
- Konkrete Schadensberechnung: Der Geschädigte muss den Schaden konkret beziffern und nachweisen.
- Schadensminderungspflicht: Der Geschädigte ist verpflichtet, den Schaden so gering wie möglich zu halten und angemessene Maßnahmen zur Schadensminderung zu ergreifen.
- Vorteilsausgleich: Vorteile, die dem Geschädigten aus der Schadensersatzleistung entstehen, müssen auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden.
Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
Vertragliche Schadensersatzansprüche können sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich durchgesetzt werden. Im Folgenden werden wir auf beide Möglichkeiten eingehen.
Außergerichtliche Durchsetzung
In vielen Fällen ist es sinnvoll, zunächst eine außergerichtliche Einigung zu suchen. Dazu kann der Geschädigte dem Schuldner eine schriftliche Aufforderung zur Schadensersatzleistung zukommen lassen, in der der Schaden konkret beziffert und eine angemessene Frist zur Erfüllung gesetzt wird. Dabei sollte der Geschädigte klarstellen, dass er bei fruchtlosem Ablauf der Frist gerichtliche Schritte einleiten wird. Die außergerichtliche Einigung kann auch durch Verhandlungen oder eine Mediation erreicht werden.
Gerichtliche Durchsetzung
Wenn die außergerichtliche Einigung scheitert, kann der Geschädigte Klage auf Schadensersatz vor dem zuständigen Gericht erheben. Dabei sollte er sich anwaltlich vertreten lassen, um seine Ansprüche effektiv durchsetzen zu können. Vor der Klageerhebung ist es ratsam, einen Mahnbescheid zu erwirken, um den Schuldner zur Zahlung aufzufordern und den Anspruch gerichtlich festzustellen.
Im gerichtlichen Verfahren muss der Geschädigte alle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs darlegen und beweisen, insbesondere die Pflichtverletzung, das Verschulden, die Kausalität und den Schaden. Das Gericht entscheidet dann auf Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts und der Beweise, ob der Schadensersatzanspruch besteht und in welcher Höhe er zuerkannt wird.
Aktuelle Gerichtsurteile zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen
Hier werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die vertragliche Schadensersatzansprüche betreffen und wichtige rechtliche Fragen klären:
BGH, Urteil vom 14.06.2018 – VII ZR 92/17: Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Bauvertrags
In diesem Fall ging es um einen Bauvertrag, den der Auftraggeber wegen Mängeln gekündigt hatte. Der BGH entschied, dass der Auftraggeber Schadensersatz für die zur Beseitigung der Mängel erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, auch wenn er den Vertrag gekündigt hat und die Mängelbeseitigung nicht selbst durchführt. Der Schadensersatz dient in diesem Fall dazu, den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, die Mängel durch einen anderen Unternehmer beseitigen zu lassen.
BGH, Urteil vom 27.09.2018 – IX ZR 32/18: Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung
Der BGH hatte in diesem Fall über Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Anlageberatung zu entscheiden. Der Anleger hatte in eine geschlossene Fondsbeteiligung investiert und später erfahren, dass die Anlageberaterin ihre Aufklärungspflichten verletzt hatte. Der BGH stellte klar, dass der Anleger Schadensersatz verlangen kann, wenn er wegen der fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Anlageentscheidung getroffen hat. Der Schadensersatz umfasst dabei auch die entgangenen Zinsen, die der Anleger bei einer anderen, sichereren Kapitalanlage erhalten hätte.
OLG Frankfurt, Urteil vom 12.03.2019 – 11 U 21/18: Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Reisevertrags
Das OLG Frankfurt entschied in diesem Fall, dass ein Reiseveranstalter Schadensersatz zahlen muss, wenn er einen Reisevertrag nicht erfüllt und der Reisende deshalb einen Urlaubstag verliert. Der Schadensersatz umfasst neben den entgangenen Urlaubsfreuden auch die Kosten für eine Ersatzreise, die der Reisende zur Wahrnehmung seines Urlaubsanspruchs unternimmt.
FAQs zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen
In welchen Fällen kann ich Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung verlangen?
Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Pflichtverletzung kann entstehen, wenn eine Vertragspartei ihre vertraglichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt und dadurch der anderen Partei ein Schaden entsteht. Beispiele für Pflichtverletzungen sind mangelhafte Leistungen, verspätete Lieferungen oder die Verletzung von Nebenpflichten wie Aufklärungs- oder Beratungspflichten.
Wie berechne ich den Schaden, den ich als Geschädigter geltend machen kann?
Der Schaden wird grundsätzlich nach der Differenzhypothese berechnet, indem der tatsächliche Zustand mit dem hypothetischen Zustand ohne die Pflichtverletzung verglichen wird. Der Geschädigte muss den Schaden konkret beziffern und nachweisen. Bei der Schadensberechnung sind auch eventuelle Vorteile, die dem Geschädigten aus der Schadensersatzleistung entstehen, zu berücksichtigen.
Wie setze ich meinen Schadensersatzanspruch durch?
Ein Schadensersatzanspruch kann zunächst außergerichtlich durch schriftliche Aufforderungen, Verhandlungen oder Mediation versucht werden. Wenn dies erfolglos bleibt, kann der Geschädigte Klage auf Schadensersatz vor dem zuständigen Gericht erheben. Dabei sollte er sich anwaltlich vertreten lassen, um seine Ansprüche effektiv durchsetzen zu können.
Kann ich Schadensersatz auch für entgangenen Gewinn verlangen?
Ja, ein Schadensersatzanspruch kann auch entgangenen Gewinn umfassen, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass er diesen Gewinn ohne die Pflichtverletzung des Schuldners erzielt hätte (§ 252 BGB).
Können Schadensersatzansprüche verjähren?
Ja, vertragliche Schadensersatzansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 BGB).
Fazit
Vertragliche Schadensersatzansprüche spielen eine wichtige Rolle im Rechtsleben, da sie dazu dienen, die finanziellen Verluste auszugleichen, die durch die Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung von Verträgen entstehen. Um einen solchen Anspruch geltend machen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, insbesondere das Vorliegen eines wirksamen Vertrages, eine Pflichtverletzung, ein Verschulden, die Kausalität und die Entstehung eines Schadens. Sowohl bei der Berechnung des Schadensersatzes als auch bei der Durchsetzung des Anspruchs sind zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten, weshalb es ratsam ist, sich anwaltliche Unterstützung zu holen, um die eigenen Rechte effektiv zu wahren.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
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