Das Thema „vertrauliche Geburt“ betrifft eine der intimsten Lebensentscheidungen einer Frau. Es gibt viele Gründe, warum sich eine Frau für eine vertrauliche Geburt entscheiden kann, wie zum Beispiel persönliche, familiäre oder soziale Schwierigkeiten. In diesem Blogbeitrag werden wir uns eingehend mit den rechtlichen Aspekten der vertraulichen Geburt beschäftigen, und die Gesetze, Voraussetzungen und aktuelle Gerichtsurteile zu diesem Thema anschauen. Neben diesen Informationen werden auch häufig gestellte Fragen (FAQ) beantwortet.

Inhaltsübersicht

  • Definition der vertraulichen Geburt
  • Gesetzliche Regelungen zur vertraulichen Geburt
  • Voraussetzungen und Ablauf einer vertraulichen Geburt
  • Rechte und Pflichten für die Mutter, das Kind und den Vater
  • Aktuelle Gerichtsurteile zur vertraulichen Geburt
  • Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur vertraulichen Geburt

Definition der vertraulichen Geburt

Bevor wir uns den Gesetzen und Voraussetzungen zuwenden, ist es wichtig, eine klare Definition der vertraulichen Geburt zu geben. Sie ist eine Möglichkeit für schwangere Frauen, ihr Kind unter Wahrung ihrer Anonymität zur Welt zu bringen. Im Gegensatz zur „anonymen Geburt“ erhalten die betroffenen Frauen dabei Beratung und Unterstützung während der Schwangerschaft und werden in einem persönlichen Gespräch über die rechtlichen Folgen und ihre Möglichkeiten aufgeklärt. Die Identität der Mutter wird zwar dokumentiert, aber zunächst für den Zeitraum von 16 Jahren geheim gehalten.

Gesetzliche Regelungen zur vertraulichen Geburt

Das Verfahren der vertraulichen Geburt ist in Deutschland als Hilfe für Frauen gesetzlich verankert, denen es aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, öffentlich als Mutter ihres Kindes aufzutreten. Grundlage hierfür ist das Gesetz über die vertrauliche Geburt (Vertrauliche Geburt-Gesetz – VertrGebG) vom 25. Juli 2013. Laut § 1 des Gesetzes hat ein Kind das Recht, seine Abstammung zu kennen, und eine Mutter das Recht, ihr Kind geheim und unter Wahrung ihrer Identität zu gebären. Hierbei wird ein Spannungsfeld zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Mutter und dem Abstammungsinteresse des Kindes geschaffen.

Relevant in diesem Zusammenhang sind zudem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Personenstandsrecht, insbesondere das Personenstandsgesetz (PStG), welche ergänzend die vertrauliche Geburt betreffen und regeln.

Voraussetzungen und Ablauf einer vertraulichen Geburt

Für eine vertrauliche Geburt müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Mutter ist schwanger und wendet sich zur Beratung an eine anerkannte Schwangerschaftsberatungsstelle.
  2. Die Schwangerschaftsberatungsstelle vermittelt der werdenden Mutter einen Beratungsnachweis und informiert sie über ihre Möglichkeiten, insbesondere auch über die Babyklappe und das Adoptionsverfahren.
  3. Die Mutter entscheidet sich für eine vertrauliche Geburt und registriert sich in einer zentralen Clearingstelle, die ihre Daten aufnimmt und für Dritte sperren lässt.
  4. Die Frau bleibt während der Geburt anonym, ihr Name wird lediglich in ihrem Beratungsnachweis vermerkt.
  5. Nach der Geburt wird das Kind in ein Adoptionsverfahren überführt.

Wichtig ist zu betonen, dass die vertrauliche Geburt kein rechtliches Konstrukt zur endgültigen Anonymisierung der Mutter des Kindes darstellt. Ab dem 16. Lebensjahr hat das Kind das Recht, auf Antrag Informationen zur Identität seiner leiblichen Mutter zu erhalten, sofern diese nicht ausdrücklich widerspricht.

Rechte und Pflichten für die Mutter, das Kind und den Vater

Das Verfahren hat Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten aller Beteiligten.

  • Die Mutter: Die Mutter hat das Recht, ihr Kind geheim und unter Wahrung ihrer Identität zur Welt zu bringen. Sie hat jedoch auch die Pflicht, sich frühzeitig über ihre Rechte und Pflichten, sowie über die rechtlichen Folgen der vertraulichen Geburt aufklären zu lassen.
  • Das Kind: Das Kind hat grundsätzlich ein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung. Dieses Interesse wird jedoch gegen das Persönlichkeitsrecht der Mutter abgewogen. Ab dem 16. Lebensjahr hat das Kind das Recht, auf Antrag über die zentrale Clearingstelle Informationen zur Identität seiner leiblichen Mutter zu erhalten, sofern diese nicht ausdrücklich widerspricht.
  • Der Vater: Der biologische Vater hat grundsätzlich ein Umgangsrecht und eine Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind. Im Falle einer vertraulichen Geburt ist jedoch eine gesicherte Klärung der Vaterschaft erschwert. Dennoch kann der Vater seine etwaigen Ansprüche gegenüber der Mutter oder dem Adotptionsvermittlungsdienst geltend machen, sofern er Kenntnis von der Geburt erlangt.

Aktuelle Gerichtsurteile

Gerichtsurteile sind selten, da diese noch nicht lange gesetzlich geregelt ist. Dennoch gibt es einige Urteile, die diese Fragestellung tangieren:

  1. Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2847/16): In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Frage zur vertraulichen Geburt in Bezug auf das Kindeswohl von Babyklappen und anonymen Geburten geprüft und die Regelungen zur vertraulichen Geburt als verfassungsgemäß erklärt.
  2. Oberlandesgericht Hamm (II-1 UF 169/14): In diesem Urteil hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass bei einer anonymen Geburt die anonyme Mutter unter bestimmten Umständen verpflichtet ist, ihre Identität preiszugeben, um das Familiengericht in die Lage zu versetzen, über die Vaterschaft und das Umgangsrecht zu entscheiden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Nachfolgend werden einige häufig gestellte Fragen zum Thema beantwortet.

Gibt es Unterschiede zwischen einer anonymen Geburt und einer vertraulichen Geburt?

Ja, es gibt Unterschiede. Die anonyme Geburt ist ein nicht gesetzlich geregelter Vorgang, bei dem die Mutter ihr Kind völlig anonym zur Welt bringt und keine Beratung erhält. Bei der vertraulichen Geburt hingegen wird die Identität der Mutter zwar dokumentiert, aber zunächst für den Zeitraum von 16 Jahren geheim gehalten. Zudem erhält die Mutter Beratung und Unterstützung.

Was passiert nach der vertraulichen Geburt mit meinem Kind?

Nach der Geburt wird das Kind in der Regel in ein Adoptionsverfahren überführt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Mutter im Rahmen der gesetzlichen Frist von acht Wochen nach der Geburt ihr Kind zurückfordert. In diesem Fall wird die Mutter nach anderen rechtlichen Regelungen behandelt, als wenn sie das Kind zur Adoption freigeben wollte.

Welche Kosten entstehen bei einer vertraulichen Geburt?

Die Beratung und Begleitung ist für die schwangere Frau in Deutschland kostenlos. Allerdings können für die Geburt selbst und die medizinische Versorgung Kosten anfallen, die von der Mutter oder einer anderen Partei (z.B. einer Krankenkasse) zu tragen sind.

Wie lange ist die Identität der Mutter bei einer vertraulichen Geburt geschützt?

Die Identität der Mutter ist zunächst für 16 Jahre geschützt. Ab dem 16. Lebensjahr hat das Kind das Recht, auf Antrag Informationen zur Identität seiner leiblichen Mutter zu erhalten, sofern diese nicht ausdrücklich widerspricht.

Kann die Mutter nach der vertraulichen Geburt noch Kontakt zu ihrem Kind haben?

Im Rahmen einer Geburt lässt sich ein Kontakt zur leiblichen Mutter nur bedingt ermöglichen, da das Kind meist in ein Adoptionsverfahren überführt wird. Falls die Mutter jedoch das Kind innerhalb von acht Wochen nach der Geburt zurückfordert, kann sie die elterliche Sorge übernehmen und Kontakt zu ihrem Kind haben.

Was passiert, wenn der Vater des Kindes die Vaterschaft anerkennen möchte?

Der Vater des Kindes hat grundsätzlich das Recht, die Vaterschaft anzuerkennen und seine Rechte und Pflichten geltend zu machen. In der Praxis ergeben sich Schwierigkeiten, da der Vater von der vertraulichen Geburt oft keine Kenntnis hat und es schwierig sein kann, seine Vaterschaft zweifelsfrei zu klären. Sollte der Vater jedoch Kenntnis von der Geburt erlangen und seine Vaterschaft nachweisen können, kann das Familiengericht über das Umgangs- und Sorgerecht entscheiden und Unterhaltsansprüche sowie Schadensersatzansprüche gegenüber der Mutter oder dem Adoptionsvermittlungsdienst geltend machen.

Abschließende Bemerkungen

Die vertrauliche Geburt ist ein bedeutendes rechtliches Instrument für Frauen, die ihr Kind unter Wahrung ihrer Anonymität zur Welt bringen möchten. Hierfür gibt es gesetzliche Regelungen, Voraussetzungen und aktuelle Gerichtsurteile, die den Rahmen für Geburten in Deutschland bilden. Wichtig ist, dass sowohl die Mutter als auch das Kind und der Vater ihre Rechte und Pflichten kennen und berücksichtigen.

Abschließend ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Blogbeitrag nur einen allgemeinen Überblick über das Thema bietet. Jeder Einzelfall ist unterschiedlich und sollte individuell von einem kompetenten Rechtsanwalt geprüft und beurteilt werden. Sollten Sie weitere Fragen zum Thema haben, wenden Sie sich an eine anerkannte Schwangerschaftsberatungsstelle oder einen erfahrenen Rechtsanwalt.

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