Als Eigentümer einer Wohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben Sie das Recht, an der Verwaltung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums teilzunehmen. Um diese Aufgaben effektiv zu erfüllen, ist es oft notwendig, einen professionellen Verwalter einzusetzen. Der Verwaltervertrag ist das zentrale Instrument, um die Rechte und Pflichten des Verwalters sowie die Zusammenarbeit zwischen dem Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft zu regeln. In diesem umfassenden Leitfaden erfahren Sie alles Wissenswerte über Verwalterverträge im Wohnungseigentum, von den rechtlichen Grundlagen über die Gestaltung von Verträgen bis hin zu aktuellen Gerichtsurteilen.
Rechtliche Grundlagen für Verwalterverträge im Wohnungseigentum
Die rechtlichen Grundlagen für Verwalterverträge im Wohnungseigentum ergeben sich aus verschiedenen Gesetzen und Vorschriften. Die wichtigsten sind das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Rechtsprechung.
Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Das WEG regelt die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, die Organisation der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Insbesondere enthält § 20 WEG Vorschriften zur Bestellung und Abberufung des Verwalters, zur Verwalterzustimmung und zur Verwalterhaftung. Außerdem normiert § 21 WEG die Aufgaben des Verwalters, die im Wesentlichen die ordnungsgemäße Verwaltung, die Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer, die Rechnungslegung und die Einberufung der Eigentümerversammlung umfassen.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Da der Verwaltervertrag ein Vertrag im Sinne des BGB ist, sind auch die allgemeinen Regeln des BGB anwendbar. Insbesondere gelten die Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) und den Auftrag (§§ 662 ff. BGB), soweit sie nicht durch das WEG abweichend geregelt sind. Hierzu gehören Regelungen zur Vergütung, zur Haftung und zur Kündigung des Vertrages.
Rechtsprechung
Die Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), präzisiert und konkretisiert die gesetzlichen Vorschriften und trägt zur Fortbildung des Rechts bei. In Bezug auf Verwalterverträge hat der BGH beispielsweise klargestellt, dass der Verwaltervertrag grundsätzlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird (BGH, Urteil vom 14.12.2012 – V ZR 172/11) und dass die Wohnungseigentümer bei einer Pflichtverletzung des Verwalters Schadensersatzansprüche geltend machen können (BGH, Urteil vom 13.01.2012 – V ZR 133/11).
Gestaltung von Verwalterverträgen
Bei der Gestaltung von Verwalterverträgen sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen. Hierzu gehören unter anderem die Vertragsparteien, die Vertragslaufzeit, die Vergütung und die Aufgaben des Verwalters.
Vertragsparteien
Vertragsparteien des Verwaltervertrages sind die Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalter. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird durch den Verwaltungsbeirat oder, falls kein Beirat vorhanden ist, durch die Wohnungseigentümer selbst vertreten. Der Verwalter kann eine natürliche oder juristische Person sein, wobei es keine gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Verwalteramtes gibt (z. B. keine Zulassungs- oder Qualifikationserfordernisse).
Vertragslaufzeit
Wie bereits erwähnt, wird der Verwaltervertrag grundsätzlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dennoch ist es möglich und üblich, eine bestimmte Laufzeit (z. B. drei oder fünf Jahre) zu vereinbaren, wobei der Vertrag nach Ablauf der Laufzeit automatisch verlängert wird, sofern er nicht gekündigt wird. Die Kündigungsfrist beträgt gemäß § 26 Abs. 1 WEG drei Monate zum Ende eines Kalenderjahres.
Vergütung
Die Vergütung des Verwalters ist im Verwaltervertrag zu regeln und orientiert sich in der Regel an der Anzahl der verwalteten Wohneinheiten, dem Umfang der Verwaltertätigkeit und den örtlichen Gegebenheiten. Neben der Grundvergütung können zusätzliche Entgelte für besondere Leistungen (z. B. Instandsetzungsmaßnahmen, Sonderverwaltung) vereinbart werden. In der Praxis ist es auch üblich, eine jährliche Anpassung der Vergütung an die Inflationsrate vorzusehen.
Aufgaben des Verwalters
Die Aufgaben des Verwalters sind im Verwaltervertrag detailliert zu beschreiben, wobei die gesetzlichen Aufgaben gemäß § 21 WEG als Mindestanforderung gelten. Zu den typischen Aufgaben gehören:
- Erstellung des Wirtschaftsplans und der Jahresabrechnung
- Inkasso von Hausgeldern und sonstigen Forderungen
- Überwachung und Durchsetzung von Hausordnungen
- Beauftragung und Überwachung von Handwerkern und Dienstleistern
- Verwaltung von Rücklagen und sonstigen Gemeinschaftsgeldern
- Einberufung und Durchführung von Eigentümerversammlungen
- Umsetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer
Es empfiehlt sich, im Verwaltervertrag auch Regelungen zur Kommunikation und Berichterstattung (z. B. regelmäßige Berichte, Informationspflicht bei besonderen Vorkommnissen) sowie zur Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat aufzunehmen.
Haftung des Verwalters
Der Verwalter haftet für Schäden, die er der Wohnungseigentümergemeinschaft durch vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen zufügt. Die Haftung ergibt sich aus den allgemeinen Haftungsregeln des BGB (§§ 280, 823 ff. BGB) und aus § 21 Abs. 3 WEG. Die Haftung kann vertraglich modifiziert, aber nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Haftungsbegrenzung
Es ist zulässig, im Verwaltervertrag eine Haftungsbegrenzung für einfache Fahrlässigkeit zu vereinbaren. Eine solche Begrenzung sollte jedoch angemessen sein und die berechtigten Interessen der Wohnungseigentümer berücksichtigen. Als Faustregel gilt, dass die Haftung auf das 3- bis 5-fache der jährlichen Verwaltervergütung begrenzt werden kann. Eine Haftungsbegrenzung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist hingegen unzulässig.
Haftungsausschluss
Ein genereller Haftungsausschluss des Verwalters ist nicht zulässig, da dies gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde. Allerdings können einzelne Haftungsrisiken ausgeschlossen werden, sofern sie nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen und die Interessen der Wohnungseigentümer nicht unangemessen beeinträchtigt werden. Beispiele für zulässige Haftungsausschlüsse sind die Haftung für Schäden, die durch höhere Gewalt oder durch Handlungen Dritter verursacht wurden, oder die Haftung für Schäden, die aufgrund von Fehlern in den vom Verwalter übernommenen Unterlagen entstanden sind.
Verjährung von Haftungsansprüchen
Haftungsansprüche gegen den Verwalter verjähren gemäß den allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB (§§ 195, 199 BGB). Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Wohnungseigentümergemeinschaft die anspruchsbegründenden Umstände bekannt oder grob fahrlässig unbekannt waren. Eine vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist ist grundsätzlich möglich, sollte jedoch im Interesse der Wohnungseigentümer angemessen sein.
Aktuelle Gerichtsurteile zu Verwalterverträgen
Die Rechtsprechung zu Verwalterverträgen ist vielfältig und ständig in Bewegung. Im Folgenden werden einige aktuelle und praxisrelevante Entscheidungen des BGH und anderer Gerichte vorgestellt.
Unwirksame Befristung des Verwaltervertrags (BGH, Urteil vom 22.06.2018 – V ZR 163/17)
Der BGH hat entschieden, dass eine Befristung des Verwaltervertrags ohne sachlichen Grund unwirksam ist. Eine sachliche Begründung liegt vor, wenn die Befristung aufgrund der Umstände des Einzelfalls oder der Person des Verwalters gerechtfertigt ist, z. B. bei einem erstmaligen Verwalter oder bei einer besonderen Verwaltungssituation. Ohne sachlichen Grund ist die Befristung als unangemessene Benachteiligung der Wohnungseigentümer (§ 307 Abs. 1 BGB) anzusehen, und der Vertrag gilt als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Keine Haftung des Verwalters für fehlerhafte Beschlüsse (BGH, Urteil vom 14.09.2018 – V ZR 138/17)
Der BGH hat klargestellt, dass der Verwalter grundsätzlich nicht für Schäden haftet, die der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Umsetzung von fehlerhaften oder rechtswidrigen Beschlüssen entstehen. Eine Haftung kommt nur in Betracht, wenn dem Verwalter ein Verschulden an der Fehlerhaftigkeit des Beschlusses oder an der Schadensentstehung zur Last gelegt werden kann.
Verwalterzustimmung und -haftung bei Veräußerung von Wohnungseigentum (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2019 – I-3 Wx 135/19)
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat entschieden, dass der Verwalter bei einer Veräußerung von Wohnungseigentum grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwalterzustimmung zu erteilen, sofern keine berechtigten Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft entgegenstehen. Verweigert der Verwalter die Zustimmung rechtswidrig oder verzögert er sie schuldhaft, haftet er der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber auf Schadensersatz.
FAQs zu Verwalterverträgen im Wohnungseigentum
Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Verwalterverträge im Wohnungseigentum.
Kann ein Wohnungseigentümer auch Verwalter sein?
Ja, ein Wohnungseigentümer kann grundsätzlich auch als Verwalter tätig sein, sofern die Wohnungseigentümergemeinschaft ihn hierzu bestellt. Allerdings sollte beachtet werden, dass der Verwalter in diesem Fall eine besondere Sorgfaltspflicht hat und seine Interessen als Wohnungseigentümer von denen der Wohnungseigentümergemeinschaft trennen muss.
Wie kann der Verwalter abberufen werden?
Der Verwalter kann durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund kann beispielsweise eine schwerwiegende Pflichtverletzung oder eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses sein. Die Abberufung ist in der Regel mit einer außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrags verbunden.
Was passiert, wenn der Verwaltervertrag endet?
Endet der Verwaltervertrag (z. B. durch Kündigung oder Ablauf der Laufzeit), ist der Verwalter verpflichtet, die Verwaltungsgeschäfte bis zur Bestellung eines neuen Verwalters fortzuführen (§ 21 Abs. 4 WEG). Außerdem muss er die Verwaltungsunterlagen an die Wohnungseigentümergemeinschaft oder den neuen Verwalter herausgeben und gegebenenfalls eine Schlussabrechnung erstellen.
Kann der Verwaltervertrag vorzeitig beendet werden?
Der Verwaltervertrag kann vorzeitig beendet werden, wenn ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Als wichtiger Grund kommen beispielsweise schwerwiegende Pflichtverletzungen des Verwalters oder eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses in Betracht. Eine ordentliche Kündigung ist gemäß § 26 Abs. 1 WEG nur zum Ende eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten möglich.
Fazit
Der Verwaltervertrag ist ein zentrales Element im Wohnungseigentum, das die Zusammenarbeit zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter regelt. Die rechtlichen Grundlagen und die Gestaltung von Verwalterverträgen sind vielschichtig und bedürfen einer sorgfältigen Abwägung der Interessen aller Beteiligten. Die Haftung des Verwalters für Pflichtverletzungen sowie die aktuellen Gerichtsurteile zeigen, dass die Praxis der Verwalterverträge ständigen Anpassungen und Entwicklungen unterworfen ist. Daher ist es ratsam, bei der Gestaltung und Überprüfung von Verwalterverträgen fachkundige Unterstützung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Dieser kann Ihnen dabei helfen, mögliche Fallstricke zu erkennen und einen Vertrag zu gestalten, der den rechtlichen Anforderungen entspricht und Ihre Interessen bestmöglich schützt. Zusammenfassend ist es wichtig, sich als Wohnungseigentümergemeinschaft aktiv mit dem Thema Verwalterverträge auseinanderzusetzen, um eine effektive und reibungslose Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten und potenzielle Konflikte oder Haftungsrisiken zu minimieren.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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