Als Schuldner kann es vorkommen, dass ein Gläubiger eine Vollstreckung gegen einen durchführen möchte, obwohl man der Ansicht ist, dass die Forderungen unberechtigt oder unbegründet sind. In solchen Fällen gibt es ein effektives Instrument, um sich gegen die drohende Vollstreckung zu wehren: die Vollstreckungsabwehrklage. In diesem umfassenden Beitrag erfahren Sie alles, was Sie über die Vollstreckungsabwehrklage wissen müssen, um sich erfolgreich gegen unbegründete Vollstreckungsmaßnahmen zur Wehr zu setzen.
Was ist eine Vollstreckungsabwehrklage?
- Eine Vollstreckungsabwehrklage ist eine zivilrechtliche Klage, die von einem Schuldner erhoben werden kann, um sich gegen eine drohende oder bereits begonnene Zwangsvollstreckung durch einen Gläubiger zu wehren.
- Die Vollstreckungsabwehrklage wird gemäß § 767 Zivilprozessordnung (ZPO) erhoben und dient dazu, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels, auf den sich die Vollstreckung stützt, geltend zu machen oder die Erfüllung der titulierten Forderung nachzuweisen.
- Die Vollstreckungsabwehrklage sollte unbedingt von einem erfahrenen Rechtsanwalt eingereicht und vertreten werden, um die bestmöglichen Erfolgsaussichten zu gewährleisten.
Wann ist eine Vollstreckungsabwehrklage sinnvoll?
- Eine Vollstreckungsabwehrklage ist dann sinnvoll, wenn:
- Die Vollstreckung sich auf einen unwirksamen Titel stützt (z. B. ein Gerichtsurteil, das bereits wegen Ablauf der Verjährungsfrist oder wegen rechtskräftiger Aufhebung nicht mehr vollstreckbar ist).
- Der Schuldner die titulierte Forderung bereits – ganz oder teilweise – erfüllt hat und dies auch nachweisen kann.
- Ein Gläubiger die Vollstreckung trotz Erfüllung der Forderung fortsetzt.
Wie funktioniert eine Vollstreckungsabwehrklage?
Der Ablauf einer Vollstreckungsabwehrklage gestaltet sich in der Regel folgendermaßen:
- Der Schuldner beauftragt einen Rechtsanwalt mit der Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage gegen den Gläubiger.
- Der Rechtsanwalt bereitet die Klageschrift vor und reicht sie bei dem zuständigen Gericht ein.
- Das Gericht prüft die Zulässigkeit der Klage und stellt die Klageschrift dem Gläubiger zu.
- Der Gläubiger hat dann die Möglichkeit, auf die Klage zu erwidern und eigene Argumente vorzutragen.
- Das Gericht führt daraufhin eine mündliche Verhandlung durch, in der die Parteien ihre Positionen vertreten und gegebenenfalls Beweise vorlegen können.
- Das Gericht entscheidet nach Abschluss des Verfahrens durch Urteil über die Vollstreckungsabwehrklage.
Welche Folgen hat eine erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage?
- Wenn das Gericht die Vollstreckungsabwehrklage als begründet erachtet, stellt es fest, dass der Vollstreckungstitel unwirksam ist oder die Forderung erfüllt ist, und untersagt dem Gläubiger die Vollstreckung.
- Der Gläubiger kann dann gegen das Urteil nicht mehr vollstrecken, solange das Urteil rechtskräftig ist.
- Der Schuldner kann bei einer erfolgreichen Vollstreckungsabwehrklage gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche gegen den Gläubiger geltend machen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Vollstreckungsabwehrklage Erfolg hat?
Für eine erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Klage muss zulässig sein, das heißt, sie muss frist- und formgerecht sowie bei dem zuständigen Gericht erhoben worden sein.
- Die Klage muss begründet sein, das bedeutet, der Schuldner muss nachweisen können, dass der Vollstreckungstitel unwirksam ist oder die titulierte Forderung bereits erfüllt wurde.
- Es dürfen keine anderen Gründe oder Einwendungen vorliegen, die der Geltendmachung der Vollstreckungsabwehrklage entgegenstehen (z. B. Verwirkung, Verjährung).
Beispiele: Wann ist eine Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich?
- Beispiel 1: Ein Gläubiger erhält ein rechtskräftiges Urteil gegen einen Schuldner und vollstreckt daraus. Der Schuldner hatte jedoch die Forderung bereits vor Erlangung des Titels beglichen und weist dies durch entsprechende Kontoauszüge nach. Das Gericht stellt fest, dass die Forderung erfüllt ist und untersagt die Vollstreckung.
- Beispiel 2: Ein Gläubiger vollstreckt aufgrund eines Vollstreckungsbescheids gegen den Schuldner. Der Schuldner erhebt Vollstreckungsabwehrklage und weist nach, dass der Vollstreckungsbescheid aufgrund eines Formfehlers unwirksam ist. Das Gericht erklärt den Vollstreckungsbescheid für unwirksam und untersagt die Vollstreckung.
- Beispiel 3: Ein Gläubiger möchte aus einer notariellen Urkunde vollstrecken, allerdings handelt es sich um eine Fälschung. Der Schuldner kann dies in einer Vollstreckungsabwehrklage nachweisen. Das Gericht stellt die Unwirksamkeit der notariellen Urkunde fest und untersagt die Vollstreckung.
Was kostet eine Vollstreckungsabwehrklage?
Die Kosten einer Vollstreckungsabwehrklage setzen sich aus Gerichts- und Anwaltskosten zusammen:
- Gerichtskosten: Hierbei handelt es sich um die Gebühren, die das Gericht für die Durchführung des Verfahrens erhebt. Diese richten sich nach dem Streitwert der Forderung, die Gegenstand der Vollstreckung ist. Die Gerichtskosten können im Vorhinein durch das Gericht festgesetzt und vom Schuldner eingezahlt werden.
- Anwaltskosten: Für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt entstehen dem Schuldner ebenfalls Kosten. Diese richten sich ebenfalls nach dem Streitwert der Forderung, sind jedoch abhängig von der individuellen Vereinbarung zwischen Schuldner und Anwalt. Üblicherweise orientieren sich die Anwaltskosten an der gesetzlichen Gebührenordnung (RVG).
Im Fall einer erfolgreichen Vollstreckungsabwehrklage muss der Gläubiger in der Regel die entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten des Schuldners tragen. Scheitert die Klage hingegen, bleibt der Schuldner auf seinen Kosten sitzen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Vollstreckungsabwehrklage
Kann ich als Schuldner ohne Anwalt eine Vollstreckungsabwehrklage erheben?
Grundsätzlich können auch juristische Laien eine Vollstreckungsabwehrklage erheben. Allerdings ist dringend empfehlenswert, einen erfahrenen Rechtsanwalt beizuziehen, um die Erfolgsaussichten der Klage zu erhöhen und mögliche Formalienfehler zu vermeiden.
Wie lange dauert ein Verfahren zur Vollstreckungsabwehrklage?
Die Dauer eines Verfahrens zur Vollstreckungsabwehrklage ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie etwa der Arbeitsbelastung des Gerichts, der Komplexität des Falles oder dem Umfang der Beweisaufnahme. Im Durchschnitt dauert ein solches Verfahren einige Monate, in komplexen Fällen kann es jedoch auch über ein Jahr dauern.
Stoppt die Einreichung einer Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckung sofort?
Die bloße Einreichung einer Vollstreckungsabwehrklage bewirkt zunächst keine automatische Aussetzung der Vollstreckung. Um die Vollstreckung vorläufig zu stoppen, kann der Schuldner parallel zur Klage einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen. Die Entscheidung hierüber obliegt dem Gericht.
Was passiert, wenn die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen wird?
Wenn das Gericht die Vollstreckungsabwehrklage als unbegründet erachtet und abweist, bleibt der Vollstreckungstitel bestehen und der Gläubiger kann weiterhin vollstrecken. Zudem hat der Schuldner in diesem Fall die Kosten des Verfahrens, einschließlich der eigenen Anwaltskosten und der Anwaltskosten des Gläubigers, zu tragen.
Kann ich gegen das Urteil in der Vollstreckungsabwehrklage Berufung einlegen?
Ja, gegen das Urteil in der Vollstreckungsabwehrklage kann grundsätzlich Berufung eingelegt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn das Gericht die Berufung zugelassen hat oder der Streitwert des Berufungsverfahrens mindestens 600 Euro beträgt. Die Berufung muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden.
Gibt es Alternativen zur Vollstreckungsabwehrklage?
Alternativ zur Vollstreckungsabwehrklage kann der Schuldner versuchen, außergerichtlich mit dem Gläubiger eine Einigung zu erzielen. Hierbei kann zum Beispiel eine Ratenzahlungsvereinbarung ausgehandelt oder die Forderung nach Überprüfung der Tatsachen vom Gläubiger zurückgenommen werden. Eine solche Einigung ist allerdings vom guten Willen des Gläubigers abhängig und sollte trotzdem von einem erfahrenen Rechtsanwalt begleitet werden.
Zusammenfassung und Fazit
Die Vollstreckungsabwehrklage ist ein effektives Instrument, das Schuldner erfolgreich gegen unberechtigte oder unbegründete Vollstreckungsmaßnahmen einsetzen können. Durch die Klage wird das zuständige Gericht aufgefordert, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels oder die Erfüllung der titulierten Forderung festzustellen und dem Gläubiger die Vollstreckung zu untersagen. Die Erfolgsaussichten einer Vollstreckungsabwehrklage hängen in erster Linie von einer gut vorbereiteten Klageschrift, der Darlegung der erforderlichen Argumente und Beweismittel sowie der Vertretung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt ab. Um die bestmöglichen Erfolgsaussichten zu gewährleisten, sollte unbedingt frühzeitig rechtlicher Beistand hinzugezogen werden.
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