In diesem Blogbeitrag werden wir uns mit einem bedeutenden Aspekt im Planungsrecht auseinandersetzen: dem Vorhaben- und Erschließungsplan. Dieser oft missverstandene Begriff ist für Bauherren, Planer, Architekten und Rechtsanwälte gleichermaßen wichtig, da er eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung von Bauvorhaben spielt. Wir werden die rechtlichen Grundlagen, die Erstellung und die Inhalte solcher Pläne sowie deren praxisrelevante Aspekte beleuchten. Zudem bieten wir Ihnen einen umfassenden FAQ-Bereich, der weit verbreitete Fragen und Antworten zum Thema Vorhaben- und Erschließungsplan enthält.
Was ist ein Vorhaben- und Erschließungsplan?
Ein Vorhaben- und Erschließungsplan (kurz: VEP) dient der Konkretisierung von baulichen Entwicklungsvorhaben und der Klärung der technischen und rechtlichen Voraussetzungen. Ziel ist es, eine zügige und reibungslose Realisierung des Bauvorhabens zu gewährleisten und mögliche Konflikte und Probleme im Vorfeld zu erkennen. Im Wesentlichen besteht ein VEP aus zwei Komponenten:
- dem Vorhabenplan: Hier wird das konkrete Bauvorhaben, z. B. ein Wohngebiet, ein Gewerbegebiet oder eine Infrastrukturanlage, detailliert vorgestellt. Der Vorhabenplan enthält dabei wesentliche Informationen wie Bauweise, Anzahl der Geschosse, Grundstücksgrößen, Verkehrs- und Grünflächen und weitere Details.
- dem Erschließungsplan: Dieser Teil beinhaltet die Darstellung der notwendigen Infrastruktur zur Erschließung des Bauvorhabens. Dazu zählen unter anderem die Verkehrserschließung, Versorgungseinrichtungen wie Wasser- und Energieversorgung, Entsorgungsanlagen, aber auch kommunikative Infrastrukturen wie Glasfasernetze oder Antennenanlagen.
Die Erstellung eines VEP ist gesetzlich vorgeschrieben und stellt somit eine zentrale Grundvoraussetzung für eine Baugenehmigung sowie die Umsetzung eines Bauvorhabens dar.
Rechtliche Grundlagen
Grundlage für die Erstellung von Vorhaben- und Erschließungsplänen ist das deutsche Baugesetzbuch (BauGB) und die jeweiligen Landesbauordnungen (LBO). Demnach ist ein VEP sowohl für Bauvorhaben innerhalb als auch außerhalb von Bebauungsplänen erforderlich.
Die zentralen Vorgaben des BauGB sind dabei:
- § 30 BauGB: Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb eines Bebauungsplans, Anforderungen an die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und den Bauantrag
- § 34 BauGB: Zulässigkeit von Vorhaben außerhalb eines Bebauungsplans, insbesondere die Einhaltung der Umgebungsbindung und nachbarschützender Belange
- § 35 BauGB: Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich, insbesondere bei privilegierten und sonstigen zulässigen Vorhaben, die einem öffentlichen Interesse dienen
Darüber hinaus sind weitere baurechtliche Vorschriften und technische Regelwerke zu beachten, wie z. B. die jeweiligen Landesbauordnungen, technische Normen (DIN) und fachspezifische Anforderungen, z. B. aus dem Umweltrecht (Umweltverträglichkeitsprüfung, Artenschutz, Lärm- und Immissionsschutz) oder aus dem Bereich der Verkehrsplanung.
Insgesamt zeigt sich, dass die Erstellung eines VEP ein komplexer Prozess ist, der sowohl aufgrund der rechtlichen Anforderungen als auch aufgrund der technischen und fachlichen Details ein hohes Maß an Fachkenntnis erfordert – idealerweise unter Einbeziehung verschiedener Experten, wie z. B. Rechtsanwälten, Planern und Ingenieuren.
Erstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans: Ablauf, Beteiligte und Kosten
Die Erstellung eines VEP erfolgt in mehreren Schritten, die im Folgenden kurz skizziert werden:
- Voruntersuchung und Grundlagenermittlung: Am Beginn des Planungsprozesses steht die Erfassung und Analyse der Grundlagen, wie z. B. bereits vorhandene Planungen, rechtliche Vorgaben, örtliche Gegebenheiten und Umweltbedingungen. Im Rahmen einer Voruntersuchung werden zudem die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geklärt, um mögliche Hürden und Probleme im Vorfeld zu erkennen.
- Planung und Entwurf: In dieser Phase erfolgt die eigentliche Planung und der Entwurf des VEP unter Berücksichtigung der ermittelten Rahmenbedingungen und Anforderungen. Dabei werden nach Möglichkeit bereits öffentliche Belange und nachbarschützende Belange berücksichtigt.
- Beteiligung von Behörden, Anwohnern und Trägern öffentlicher Belange: Damit ein Vorhaben- und Erschließungsplan Rechtskraft erlangt, müssen die betroffenen Behörden, Anwohner und Träger öffentlicher Belange beteiligt werden. Sie haben die Möglichkeit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Einwendungen oder Anregungen vorzubringen. Je nach Umfang des Bauvorhabens und der Art der Beteiligten kann dies ein zeitintensiver Prozess sein.
- Genehmigung und Rechtskraft: Nach Auswertung und Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen, Anregungen und Einwendungen sowie der Prüfung durch die zuständige Behörde kann der VEP genehmigt werden. Ab diesem Zeitpunkt hat der Plan Rechtskraft und bildet die Grundlage für weiterführende Planungen und die Umsetzung des Bauvorhabens.
An der Erstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans können zahlreiche Beteiligte, wie z. B. Planer, Architekten, Ingenieure, Umweltgutachter, Verkehrsplaner oder Fachanwälte mitwirken. Die Kosten dafür sind von verschiedenen Faktoren abhängig und variieren entsprechend in ihrer Höhe. In der Regel werden die Kosten für die Erstellung eines VEP vom Bauherrn getragen. In manchen Fällen kann es jedoch auch zu einer Kostenteilung zwischen verschiedenen Beteiligten kommen.
Inhalt und Darstellung
Ein Vorhaben- und Erschließungsplan besteht aus verschiedenen Elementen, die sowohl zeichnerisch als auch textlich dargestellt werden. Folgende Inhalte und Darstellungen sind dabei üblich:
- Zeichnerische Darstellung: Um den geplanten Umfang und die Struktur des Bauvorhabens anschaulich zu verdeutlichen, ist eine zeichnerische Darstellung erforderlich. Hier werden Informationen wie die Bauweise, Anordnung der Gebäude und Freiflächen, Verkehrsflächen und andere baulichen Anlagen visualisiert. Je nach Maßstab und Detaillierungsgrad können auch Informationen zur Topografie, Geländebeschaffenheit oder Bestandsgebäude eingezeichnet werden.
- Textliche Festsetzungen: Ergänzend zur zeichnerischen Darstellung werden textliche Festsetzungen getroffen, die detaillierte Informationen und Vorgaben zum Bauvorhaben enthalten. Dabei können beispielsweise Regelungen zu Bauweise, Geschosszahl, Nutzungsarten, Abstandsflächen oder zur Gestaltung von Fassaden oder Dachformen getroffen werden.
- Begründung: Im Rahmen der Begründung werden die zentralen Anforderungen, Ziele und Maßgaben des VEP erläutert und begründet. Diese dient sowohl der Orientierung für die Beteiligten als auch als Entscheidungsgrundlage für die Genehmigungsbehörde.
- Umweltbericht: Sofern ein VEP im Rahmen einer Umweltprüfung aufgestellt wird, ist ein Umweltbericht gemäß § 2a BauGB zu erstellen. In diesem Umweltbericht werden die voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen untersucht und bewertet. Darüber hinaus sollen geeignete Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung und zum Ausgleich von Umweltauswirkungen aufgezeigt werden.
- Technische Gutachten und Nachweise: Je nach Art und Umfang des Bauvorhabens und der Erschließung können weitere technische Gutachten und Nachweise erforderlich sein. Dazu zählen unter anderem Verkehrsgutachten, Schall- und Lärmschutzgutachten, Immissionsschutzgutachten, statische Nachweise oder auch energetische Nachweise und Planungen.
Die Qualität der Darstellung und die Klarheit der Festsetzungen sind von zentraler Bedeutung für die Rechtssicherheit und Planbarkeit des Bauvorhabens. Hierbei sollte daher auf eine professionelle Planung und kompetente Beratung Wert gelegt werden.
Der Vorhaben- und Erschließungsplan in der Praxis: Anwendungsbeispiele und Fallstricke
Im Folgenden möchten wir anhand von Beispielen zeigen, wie sich ein Vorhaben- und Erschließungsplan in der Praxis auswirken kann und welche Fallstricke dabei zu beachten sind:
Beispiel 1: Wohngebiet in einer Kleinstadt
Ein Vorhabenträger plant die Errichtung eines neuen Wohngebietes am Rand einer Kleinstadt. Im Rahmen des VEP wird festgestellt, dass das geplante Wohngebiet in einem Bereich liegt, der nicht von einem Bebauungsplan erfasst ist. Dennoch handelt es sich um ein sogenanntes Innenbereichsvorhaben gemäß § 34 BauGB, da sich das Vorhaben in die vorhandene Bebauung einfügt. Im VEP werden neben der Darstellung der Wohnbebauung auch die Erschließungsmaßnahmen dargestellt, wie z. B. die Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur. Durch die Beteiligung der Anwohner und Träger öffentlicher Belange werden mögliche Probleme und Bedenken, z. B. bezüglich der Verkehrssituation oder des Lärmschutzes, frühzeitig erkannt und können im Vorhaben- und Erschließungsplan berücksichtigt werden.
Beispiel 2: Errichtung eines Windparks im Außenbereich
Ein Energieversorger plant die Errichtung eines Windparks auf einer freien Fläche im Außenbereich. Da es sich um ein privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB handelt, besteht grundsätzlich eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit. Im Vorhaben- und Erschließungsplan wird neben der Darstellung der Windkraftanlagen auch die Zuwegung, Fundamentierung und elektrische Anbindung dargestellt. Im Rahmen des Verfahrens wird zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, um mögliche Auswirkungen auf Natur und Umwelt zu untersuchen. Bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und Anwohner können Einwände gegen das Vorhaben vorgebracht werden, die im weiteren Verlauf abgewogen und berücksichtigt werden müssen.
Fallstricke
In der Praxis zeigt sich, dass die Erstellung und Umsetzung eines Vorhaben- und Erschließungsplans zahlreiche Fallstricke bergen kann. Dazu zählen insbesondere:
- fehlende oder unzureichende Klärung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
- unvollständige oder fehlerhafte Darstellung von Plänen und Festsetzungen
- missachtete oder übersehene Belange Dritter, wie z. B. Umwelt, Nachbarn oder Verkehr
- unterschätzte oder ignorierte technische, rechtliche oder planerische Anforderungen
- fehlende oder mangelhafte Beteiligung von Behörden, Anwohnern und Trägern öffentlicher Belange
Um solche Probleme und Risiken im Vorfeld zu erkennen und möglichst zu vermeiden, sollte die Erstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplans immer auf Basis einer soliden und umfassenden Grundlagenermittlung erfolgen und von erfahrenen Experten begleitet werden.
FAQ zum Thema
Abschließend möchten wir Ihnen noch einige häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema Vorhaben- und Erschließungsplan liefern:
Ist ein Vorhaben- und Erschließungsplan für jedes Bauvorhaben erforderlich?
Grundsätzlich ist ein VEP für jedes Bauvorhaben vorgeschrieben, das aufgrund seiner Größe, Art oder Lage eine konkrete Planung und Erschließung erfordert. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Vorhaben innerhalb oder außerhalb eines Bebauungsplans liegt.
Wer erstellt einen Vorhaben- und Erschließungsplan und wer trägt die Kosten?
Die Erstellung eines VEP obliegt in der Regel dem Bauherrn bzw. Vorhabenträger, der auch für die Kosten aufkommt. Für die praktische Umsetzung können verschiedene Experten, wie z. B. Rechtsanwälte, Planer oder Ingenieure, herangezogen werden.
Was passiert, wenn ein Vorhaben- und Erschließungsplan nicht erstellt oder fehlerhaft ist?
Fehlt ein VEP oder ist er fehlerhaft, kann dies zu erheblichen Problemen und Verzögerungen bei der Umsetzung des Bauvorhabens führen. In vielen Fällen kann dies auch dazu führen, dass eine Baugenehmigung nicht erteilt wird oder rechtliche Auseinandersetzungen entstehen. Daher sollte der Planungs- und Genehmigungsprozess sorgfältig durchgeführt und professionell begleitet werden.
Können Anwohner oder Träger öffentlicher Belange einen Vorhaben- und Erschließungsplan beeinflussen?
Im Rahmen der Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange und Anwohnern haben diese die Möglichkeit, Stellungnahmen zum VEP abzugeben und Einwendungen oder Anregungen vorzubringen. Dabei können zwar keine direkten Änderungen am VEP vorgenommen werden, jedoch müssen die Anregungen und Einwendungen im weiteren Verfahren berücksichtigt und abgewogen werden.
Gibt es eine Verpflichtung zur Umsetzung eines genehmigten Vorhaben- und Erschließungsplans?
Ein genehmigter VEP hat Rechtskraft und bildet die Grundlage für die Umsetzung des Bauvorhabens. Allerdings besteht keine Verpflichtung zur Umsetzung. Das bedeutet, dass ein Vorhabenträger auch nach Genehmigung des VEP entscheiden kann, das Bauvorhaben nicht umzusetzen oder zu verändern. In diesem Fall müssen jedoch die erforderlichen planungsrechtlichen Schritte erneut durchlaufen werden.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Beitrag einen umfassenden und hilfreichen Überblick über das Thema Vorhaben- und Erschließungsplan im Planungsrecht geben konnten. Sollten Sie weitere Fragen haben oder rechtliche Unterstützung bei der Erstellung und Umsetzung eines VEP benötigen, stehen wir Ihnen als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei gerne zur Verfügung.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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