Die Frage, ob ein Anwalt Vorkasse verlangen darf, ist eine häufig gestellte und gleichzeitig komplexe Angelegenheit. Die kurze Antwort lautet ja, aber da es immer auf den individuellen Fall ankommt, sind die Umstände, unter denen dies geschehen kann, entscheidend. Insbesondere für Mandanten, die sich in einer schwierigen rechtlichen Situation befinden, kann dieses Thema von erheblicher Bedeutung sein. Um dieses Thema umfassend zu behandeln, werden wir die relevanten rechtlichen Bestimmungen betrachten, einschlägige Urteile hinzuziehen und praktische Beispiele für verschiedene Szenarien darlegen.

Eine kurze Einführung ins Anwaltsrecht

Zunächst ist es wichtig, zu verstehen, wie die Beziehung zwischen Anwalt und Mandant gestaltet ist. Die Zusammenarbeit zwischen einem Anwalt und seinem Mandanten wird durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sowie den für die jeweilige juristische Dienstleistung geltenden Vergütungsvereinbarungen geregelt.

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist das gesetzliche Regelwerk, welches die anfallenden Anwaltskosten bei einer rechtlichen Beratungs- oder Vertretungstätigkeit festlegt. Im Durchschnitt beläuft sich die Gebühr nach RVG, je nach Schwierigkeit und Umfang des Falls, auf etwa 1,3 bis 2,5-fache des jeweiligen Gegenstandswertes. Es sei jedoch angemerkt, dass Gebühren nach dem RVG als Mindestvergütung gelten und Anwälte sind nicht gehindert, darüber hinausgehende Honorare zu vereinbaren, sobald es der Umfang und Schwierigkeitsgrad des Mandats erfordert.

Die Vergütungsvereinbarung

Eine weitere Möglichkeit zur Festsetzung der Anwaltshonorare ist die Vergütungsvereinbarung. Diese Vereinbarung ermöglicht es Anwalt und Mandant, sich auf ein Honorar zu einigen, das von dem im RVG festgelegten Gebührensatz abweicht. Eine solche Vereinbarung kann sowohl schriftlich als auch mündlich getroffen werden. Dennoch empfehlen wir stets eine schriftliche Vereinbarung, da sie im Falle von Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten als Nachweis dienen kann.

Anwalt Vorkasse: Gesetzliche Grundlage

Die Frage, ob ein Anwalt Vorkasse verlangen darf, wird durch § 9 RVG ausdrücklich geregelt. Laut diesem Gesetz darf ein Anwalt einen angemessenen Vorschuss auf sein Honorar fordern. Dies ist im Wesentlichen das Recht des Anwaltes, um sicherzustellen, dass er für seine erbrachten Leistungen bezahlt wird.

Was ist ein angemessener Vorschuss?

Was genau unter einem „angemessenen Vorschuss“ zu verstehen ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, da dies von den spezifischen Umständen des Falls abhängt. Im Allgemeinen kann man jedoch sagen, dass der Vorschuss nicht höher sein sollte als die voraussichtlich anfallenden Gebühren für die erwarteten Leistungen des Anwaltes.

Anwalt Vorkasse: Beispiele aus der Praxis

Hier einige Beispiele, die das Thema genauer betrachten.

Beispiel 1: Ein komplexer Scheidungsfall

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem komplexen Scheidungsfall verwickelt und benötigen einen Anwalt, um Ihre Interessen vor Gericht zu vertreten. Ihr Anwalt, der sich auf Scheidungsrecht spezialisiert hat, schätzt, dass er etwa 20 Stunden Arbeit in Ihren Fall investieren muss. Da sein Honorar 200 Euro pro Stunde beträgt, würde seine Gebühr 4.000 Euro betragen. In diesem Fall könnte Ihr Anwalt durchaus einen Vorschuss in Höhe von 2.000 Euro oder sogar den gesamten Betrag verlangen, um die anfallenden Gebühren zu decken.

Beispiel 2: Ein einfacher Verkehrsunfall

Angenommen, Sie waren in einen einfachen Verkehrsunfall verwickelt und möchten Schadensersatz von der gegnerischen Versicherungsgesellschaft einfordern. Ihr Anwalt schätzt, dass er etwa 5 Stunden benötigt, um Ihren Fall zu bearbeiten. Unter der Annahme, dass sein Stundensatz bei 200 Euro liegt, würde er eine Gebühr von insgesamt 1.000 Euro verlangen. Hier könnte Ihr Anwalt einen Vorschuss in Höhe von 500 Euro verlangen.

Anwalt Vorkasse: Häufig gestellte Fragen

Die gängigsten Fragen und Antworten haben wir im Folgenden für Sie aufgeführt.

Was passiert, wenn ich den Vorschuss nicht bezahlen kann?

Sollten Sie in einer Situation sein, in der Sie den geforderten Vorschuss nicht bezahlen können, sollten Sie dies unbedingt mit Ihrem Anwalt besprechen. Es ist möglich, dass eine Vereinbarung getroffen werden kann, etwa eine Ratenzahlungsvereinbarung oder der Verzicht auf einen Vorschuss bei einem möglichen Prozesskostenhilfeanspruch.

Was passiert, wenn der Anwalt weniger arbeitet als geschätzt?

Wenn der Anwalt weniger Zeit für die Bearbeitung Ihres Falles aufgewendet hat als ursprünglich geschätzt, müssen Sie natürlich nicht die ursprünglich vereinbarte Gebühr bezahlen. In diesem Fall wird der Anwalt Ihnen den zu viel gezahlten Betrag zurückgeben oder mit späteren Kosten verrechnen.

Kann ich den Vorschuss zurückverlangen, wenn ich den Anwalt wechseln möchte?

Wenn Sie sich entschließen, den Anwalt zu wechseln, bevor er seine Arbeit abgeschlossen hat, müssen Sie die Gebühren für die bis dahin erbrachten Leistungen bezahlen. Der Rest des Vorschusses muss Ihnen zurückerstattet werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den bereits gezahlten Vorschuss vom neuen Anwalt verrechnen zu lassen.

Fazit zu Vorkasse Anwalt

Eine Vorauszahlung des Anwaltshonorars ist laut deutschem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz durchaus zulässig und in vielen Fällen auch üblich. Die Höhe der Vorkasse hängt dabei im Wesentlichen von der voraussichtlichen Arbeitszeit und dem Honorar des Anwalts ab. Sollten Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer geforderten Vorauszahlung haben oder diese nicht leisten können, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Anwalt suchen oder eine zweite Meinung einholen. In allen Fällen ist es ratsam, eine schriftliche Vereinbarung über die Vorauszahlung zu treffen, um späteren Unklarheiten und Disputen vorzubeugen.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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