Die Einflussnahme der Aktionäre auf die Vergütungspolitik eines Unternehmens wird zunehmend diskutiert. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Corporate Governance, insbesondere nach der Einführung des ARUG II am 1. Januar 2020.
Das Votum zum Vergütungssystem eröffnet Aktionären die Möglichkeit, mittels „Say-on-Pay“ ihre Meinung einzubringen. Doch, stellt sich die Frage, inwieweit diese Partizipation tatsächlich nachhaltig ist und wie sie zur Förderung von Transparenz und Fairness in der Unternehmensführung beiträgt.
Die EU-Richtlinie 2017/828, umgesetzt durch das ARUG II in Deutschland, zielt darauf ab, Aktionärseinfluss zu stärken. Sie fördert eine erhöhte Vergütungstransparenz.
Hierdurch sollen Vergütungen von Vorständen und Aufsichtsräten transparenter und nachvollziehbarer präsentiert werden. Die Frage, die sich jedoch stellt, ist, was diese Veränderungen konkret für Aktionäre und das Management bedeuten.
Wesentliche Erkenntnisse
- Das ARUG II stärkt die Mitbestimmungsrechte der Aktionäre seit Januar 2020.
- Aktionäre haben alle vier Jahre ein unverbindliches Mitspracherecht bei der Vergütungspolitik.
- Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen sollen transparent offengelegt werden.
- Die Aufsichtsratsvergütung wird durch den Aufsichtsrat gemäß § 87 (1) Aktiengesetz bestimmt.
- Die Transparenzvorschriften des ARUG II fördern eine nachhaltige Unternehmensführung.
Hintergrund und Ziele der ARUG II Richtlinie
Am 1. Januar 2020 markierte das Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) einen bedeutenden Wendepunkt. Dieses Gesetz verfolgt das Ziel, die Mitspracherechte der Aktionäre in börsennotierten Unternehmen wie der Aktiengesellschaft (AG), der Societas Europaea (SE) und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) zu verstärken. Mit ARUG II erweitern sich die Einflussmöglichkeiten der Anteilseigner erheblich, speziell in Bezug auf Vergütungspolitiken und andere entscheidende Bereiche.
Umsetzung der EU-Aktionärsrichtlinie
Um die Rechte der Aktionäre innerhalb der EU zu verstärken und die Transparenz zu fördern, wurde die EU-Aktionärsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2017/828) ins Leben gerufen. Das Hauptanliegen besteht darin, die Partizipation der Aktionäre zu optimieren und die Kommunikation zwischen Unternehmen, Anteilseignern und Vermittlern zu verbessern. Folglich müssen börsennotierte Unternehmen nun jährlich einen detaillierten und leicht verständlichen Vergütungsbericht veröffentlichen. Dieser muss zudem einer formellen Prüfung durch den Abschlussprüfer unterzogen werden.
Verstärkte Mitsprache der Aktionäre
Ein Kernelement des ARUG II ist die Einführung der Say-on-Pay Regelung. Sie gewährt den Aktionären ein beratendes Votum hinsichtlich des Vergütungssystems des Vorstands. Obwohl dieses Votum keine unmittelbar verbindliche Wirkung hat, spielt es doch eine wichtige beratende Rolle. Im Turnus von vier Jahren hat die Hauptversammlung über die Akzeptanz des Vergütungssystems für den Vorstand zu befinden. Ziel ist es, die Rechte der Aktionäre zu stärken und für mehr Transparenz zu sorgen. Des Weiteren besitzt die Hauptversammlung die Befugnis, die vom Aufsichtsrat festgelegte Höchstvergütung verbindlich zu reduzieren.
Transparenz bei Geschäften mit nahestehenden Personen
Die Erhöhung der Transparenz bei Geschäften mit nahestehenden Personen, auch bekannt als „Related-Party-Transactions“, stellt einen weiteren signifikanten Aspekt des ARUG II dar. In bestimmten Fällen ist für solche Transaktionen eine vorab erteilte Genehmigung des Aufsichtsrats oder eines seiner Ausschüsse erforderlich. Das soll Interessenkonflikte vermeiden helfen und die Integrität der Unternehmensführung sicherstellen.
Wichtige Änderungen im Aktiengesetz
Die jüngsten Modifikationen des Aktiengesetzes zielen darauf ab, die Transparenz und den Austausch zwischen Aktionären und Unternehmen wesentlich zu verbessern. Sie fokussieren sich insbesondere auf die Einführung neuer Informationsverpflichtungen. Diese definieren die Beziehung zwischen Unternehmen, ihren Aktionären und den Verwaltern der Aktien neu und präzise.
Neue Informationspflichten
Unternehmen stehen durch die Reformen des Aktiengesetzes vor der Herausforderung, relevante Unternehmensinformationen zeitnah und umfassend bereitzustellen. Ein Beispiel hierfür ist die elektronische Übermittlung von Einladungen zu Hauptversammlungen und detaillierten Erläuterungen zu den Aktionärsrechten. Ziel ist eine Effizienzsteigerung in der Kommunikation.
Transparenz bei Vorstand und Aufsichtsrat
Die neuen Regelungen umfassen auch spezifische Transparenzvorgaben für Vorstand und Aufsichtsrat. Vor allem die Einführung eines obligatorischen Vergütungssystems, das nachhaltigen Kriterien entspricht und im § 87a Abs. 1 AktG verankert ist, hebt die Offenlegungspflichten. Aktionäre erhalten somit tiefere Einblicke in die Vergütungsstruktur und Performance Kriterien der oberen Führungsebene.
Bessere Kommunikation
Die Verbesserung der Aktionärskommunikation erfolgte durch die Ausweitung der Kommunikationspflichten. Verbesserungen zwingen Unternehmen dazu, wichtige Nachrichten und Entscheidungen umgehend und transparent zu teilen. Das Ziel dieser Änderungen ist es, das Vertrauen der Aktionäre in das Management zu stärken und den Austausch zwischen ihnen und der Unternehmensleitung zu intensivieren.
Zum Abschluss zielen die Anpassungen im Aktiengesetz darauf, eine engere Bindung der Aktionäre an das Unternehmen und transparentere Führungspraktiken herzustellen. Durch diese Schritte bewegt sich die Unternehmensführung in Richtung eines moderneren und nachhaltigen Administrationsmodells.
Das Votum zum Vergütungssystem
Das Votum zum Vergütungssystem, bekannt als Say-on-Pay, ermöglicht es Aktionären, über die Vergütungsstrategien von Unternehmen abzustimmen. Dies geschieht mindestens alle vier Jahre. Ein solcher Mechanismus stärkt die Vergütungstransparenz erheblich. Er verleiht Aktionären mehr Einfluss auf die Entlohnungspolitik auf Führungsebene.
Say-on-Pay: Bedeutung und Auswirkungen
Das Prinzip des Say-on-Pay verschafft den Aktionären eine Plattform, um ihre Ansichten zu Vergütungsplänen auszudrücken. Ihre Stimme führt zwar zu keinen rechtlich bindenden Folgen. Doch der Aufsichtsrat ist gehalten, das Votum in Betracht zu ziehen. Untersuchungen belegen, dass bestimmte Vergütungsmodelle, wie Sonderboni, oft zu verminderter Zustimmung führen. Im Gegensatz dazu können klare Share Ownership Guidelines die Akzeptanzrate steigern.
Unverbindlichkeit des Aktionärsvotums
„Die Entscheidung des Aktionärsvotums etabliert weder Rechte noch Pflichten und ist gemäß §243 nicht anfechtbar.“
Die rechtliche Unverbindlichkeit des Votums mag zuweilen dazu führen, dass Aktionärsmeinungen übergangen werden. Sollte das Vergütungssystem abgelehnt werden, ist eine Überarbeitung erforderlich. Diese muss bei der nächsten Hauptversammlung vorgelegt werden.
Veröffentlichung der Vergütungspolitik
Um die Transparenz zu verbessern, müssen Unternehmen ihre Vergütungspolitik veröffentlichen. Diese Informationen sind dann zehn Jahre lang online verfügbar. Institutionelle Investoren fordern oft eine Zustimmung von 75% bis 80%. Diese Anforderung fördert die Offenheit und ermöglicht es Aktionären, ihre Ansichten effektiv zu teilen.
Einfluss der Aktionäre auf die Vergütungspolitik
Die Implementierung des ARUG II bewirkte eine signifikante Stärkung des Aktionäreinflusses auf die Vergütungspolitik. Die ausgeformten Vergütungskonzepte zielen primär darauf, die Nachhaltigkeit innerhalb der Unternehmen zu forcieren, wodurch ein Beitrag zur langfristigen Entwicklung geleistet wird. Durch diese legislativen Anpassungen sind Aufsichtsräte nun angehalten, präzise Informationen über die Entlohnungsmodalitäten ihrer Vorstände den Aktionären zu präsentieren, wie in §120a AktG n.F. festgelegt. Der Vergütungsbericht symbolisiert ein zentrales Element in diesem überarbeiteten Prozess.
Nachhaltige Vergütungskonzepte
Nachhaltigkeit erlangt eine zentrale Bedeutung in den reformierten Vergütungskonzepten. Insbesondere die „Clawback“-Klauseln, die in der deutschen Praxis bisher selten anzutreffen waren, werden durch neue Gesetzgebungen nun verstärkt implementiert. Diese Klauseln befähigen Unternehmen, variable Vergütungsbestandteile im Falle einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung oder nachgewiesenem Fehlverhalten des Vorstands zurückzufordern. Ein bekanntes Szenario dafür ist der „Diesel-Skandal“, bei dem eine Rückforderung variabler Gehaltsanteile erfolgte.
Gehaltsstrukturen und Bonuszahlungen
Unter den neuesten Regelungen müssen Gehaltsstrukturen und Bonuszahlungen durchsichtig und nachvollziehbar dargestellt werden. Laut §87a Abs. 1 AktG n.F. ist eine detaillierte Aufschlüsselung der Vergütungssysteme, inklusive „Clawback“-Klauseln, erforderlich. Diese Transparenzerhöhung verstärkt nicht nur die Rechenschaftspflicht der Vorstände, sondern fördert ebenfalls das Vertrauen der Aktionäre in die Unternehmensleitung. Die Hauptversammlung von börsennotierten Gesellschaften wird zukünftig mindestens alle vier Jahre resp. bei signifikanten Änderungen über die Vergütung entscheiden, was die Aktionärspartizipation intensiviert.
Vergütungsbericht: Anforderungen und Inhalte
Der Vergütungsbericht steht im Mittelpunkt, um Gehaltsstrukturen sowie Bonuszahlungen zu veranschaulichen. Er soll regelmäßig erstellt und durch unabhängige Auditoren geprüft werden. Nach §120a AktG n.F. ist die Darstellung präziser Einkommensdaten obligatorisch; der Bericht muss zudem zehn Jahre lang auf der Unternehmenswebseite zugänglich sein. Diese Vorgabe sichert Transparenz und gestattet die langfristige Überprüfbarkeit vergütungsbezogener Entscheidungen.
Zusammenfassend bewirken die novellierten Regulationen eine Verschiebung des Aktionäreinflusses in Richtung einer transparenteren und nachhaltigeren Vergütungspolitik. Die eingeführten Vergütungskonzepte, zusammen mit der detaillierten Dokumentation im Vergütungsbericht, spielen eine entscheidende Rolle dabei, das Vertrauen der Aktionäre zu konsolidieren. Sie obligieren gleichzeitig die Unternehmensleitung zu einer gesteigerten Verantwortlichkeit.
Fazit
Das Votum zum Vergütungssystem verstärkt gewiss die Beteiligung der Aktionäre. Es fördert zudem die Verantwortung im Rahmen des ARUG II und der EU-Aktionärsrichtlinie. Die alle vier Jahre stattfindende Abstimmung erhöht die Transparenz erheblich. Sie verleiht den Aktionären eine zentrale Position im Entscheidungsfindungsprozess.
Erstaunlicherweise erreichten weniger als 50% der Unternehmen im DAX, MDAX und SDAX eine Mehrheitszustimmung. Bei acht Firmen, inklusive Aareal Bank und HelloFresh, lehnten die Aktionäre das Vergütungssystem gänzlich ab. Diese Zahlen offenbaren erheblichen Verbesserungsbedarf. Sie betonen die Notwendigkeit einer nachhaltigen, transparenten Vergütungspolitik.
Interessanterweise haben Sonderboni negative Auswirkungen auf die Zustimmung. Sie verschlechtern das Ergebnis um durchschnittlich 9%. Im Gegensatz dazu wirken sich Share Ownership Guidelines und Malus-Regelungen positiv aus. Unternehmen sollten diese Erkenntnisse nutzen, um Aktionärsvertrauen zu stärken. Zudem fördern sie eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Trotzdem konnten viele Unternehmen aus dem MDAX und SDAX die erhoffte Zustimmungsrate von 75% bis 80% nicht erreichen. Die Einführung der genannten Maßnahmen deutet jedoch auf eine positive Entwicklung hin. Sie zielt auf eine verbesserte Unternehmensführung und größere Transparenz ab.
FAQ
Was ist das Votum zum Vergütungssystem?
Was sind die Hauptziele der ARUG II Richtlinie?
Welchen Einfluss hat die EU-Aktionärsrichtlinie?
Was bedeutet „Say-on-Pay“?
Welche Änderungen wurden im Aktiengesetz eingeführt?
Welche Bedeutung hat die Transparenz bei Geschäften mit nahestehenden Personen?
Wie oft muss der Vergütungsbericht erstellt und veröffentlicht werden?
Was sind die Anforderungen an nachhaltige Vergütungskonzepte?
Welche Rolle spielen Gehaltsstrukturen und Bonuszahlungen im Vergütungssystem?
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