Es gibt viele Gründe, warum ein Arbeitsverhältnis enden kann, und Kündigungen sind für alle Beteiligten eine unangenehme Angelegenheit. Arbeitnehmer, die von einer Kündigung betroffen sind, stellen sich häufig die Frage, wie es für sie weitergeht. In bestimmten Fällen hat der Arbeitnehmer einen sogenannten Weiterbeschäftigungsanspruch, also das Recht auf Weiterbeschäftigung beim Arbeitgeber. In diesem umfassenden Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zum Thema Weiterbeschäftigungsanspruch.

Wir betrachten die verschiedenen Aspekte des Weiterbeschäftigungsanspruchs unter Berücksichtigung der geltenden Gesetze und der aktuellen Rechtsprechung. Dabei gehen wir auf die Voraussetzungen, Durchsetzungsmöglichkeiten und Konsequenzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein. Zudem präsentieren wir Ihnen eine umfassende Sammlung von häufig gestellten Fragen (FAQs) zum Weiterbeschäftigungsanspruch und stellen anhand von Beispielen und Gerichtsurteilen verschiedene Sachverhalte dar.

Grundlagen des Weiterbeschäftigungsanspruchs

Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist ein Begriff aus dem deutschen Arbeitsrecht. Er beschreibt das Recht eines Arbeitnehmers, nach einer unwirksamen Kündigung weiter bei seinem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt zu werden. In den meisten Fällen ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie gegen geltendes Gesetz verstoßen hat oder von einem Gericht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens für unwirksam erklärt wurde. Die folgenden Abschnitte erläutern kurz die einzelnen Aspekte des Weiterbeschäftigungsanspruchs.

Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruchs

Im deutschen Arbeitsrecht gibt es drei grundlegende Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitnehmer einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen kann:

  • Unwirksamkeit der Kündigung
  • Betriebsbedürfnisse und Zumutbarkeit
  • Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens

Nachfolgend erläutern wir diese Voraussetzungen im Detail:

Unwirksamkeit der Kündigung

Der erste Schritt besteht meist darin, die Unwirksamkeit der Kündigung festzustellen und ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Dazu ist es häufig erforderlich, dass der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreicht. Im Kündigungsschutzverfahren prüft das Gericht unter anderem, ob:

  • die Kündigung sozial gerechtfertigt ist (§ 1 KSchG);
  • alle gesetzlichen Formalia eingehalten wurden (§ 623 BGB);
  • die Kündigung durch einen berechtigten Interessenvertreter ausgesprochen wurde (§ 174 BGB);
  • betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften, wie z.B. die Anhörung des Betriebsrats, beachtet wurden (§ 102 BetrVG);
  • besondere Kündigungsschutzregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen (z.B. Schwangere, Schwerbehinderte) eingehalten wurden (§§ 9, 17 MuSchG, § 85 SGB IX).

Erklärt das Gericht die Kündigung für unwirksam, besteht grundsätzlich ein Weiterbeschäftigungsanspruch.

Betriebsbedürfnisse und Zumutbarkeit

Weiterhin setzt der Weiterbeschäftigungsanspruch voraus, dass betriebliche Gründe nicht entgegenstehen und die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber zumutbar ist. Dabei ist im Einzelfall eine Interessenabwägung erforderlich, bei der die Interessen des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung gegenüber den Interessen des Arbeitgebers an einer veränderten Personaleinsatzplanung abgewogen werden.

In diesem Zusammenhang spielt auch die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eine Rolle. Die Weiterbeschäftigung muss für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zumutbar sein. Hierbei müssen persönliche, wirtschaftliche und betriebsbedingte Aspekte berücksichtigt werden.

Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens

Der Weiterbeschäftigungsanspruch setzt schließlich voraus, dass das Kündigungsschutzverfahren beendet ist, also das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt hat. In einigen Fällen kann allerdings im Rahmen einer einstweiligen Verfügung auch schon während des laufenden Verfahrens ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch bestehen.

Weiterbeschäftigungsanspruch in der Praxis: Beispiele und Gerichtsurteile

Im folgenden Abschnitt stellen wir Ihnen anhand von Beispielen und Gerichtsurteilen verschiedene Sachverhalte vor, bei denen der Weiterbeschäftigungsanspruch eine Rolle spielt.

Beispiel 1: Kündigung aufgrund unrichtiger Angaben des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer verschweigt bei seiner Einstellung seine Vorstrafen. Der Arbeitgeber erfährt davon und kündigt ihm fristlos. Das Arbeitsgericht erklärt die Kündigung jedoch für unwirksam, da die Vorstrafen für die konkrete Tätigkeit des Arbeitnehmers keine Bedeutung hätten und ihm deshalb nicht zum Nachteil ausgelegt werden könnten (BAG, 6 AZR 845/13).

Beispiel 2: Kündigung aus betriebsbedingten Gründen

Ein Unternehmen kündigt einer Reihe von Arbeitnehmern aus betriebsbedingten Gründen. Ein betroffener Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage und führt an, dass die sozialen Auswahlgründe nicht korrekt angewandt wurden. Das Arbeitsgericht gibt der Klage statt und erklärt die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall einen Weiterbeschäftigungsanspruch (BAG, 2 AZR 474/04).

Beispiel 3: Fristlose Kündigung wegen vermuteten Diebstahls

Ein Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber verdächtigt, einen Diebstahl begangen zu haben. Der Arbeitgeber spricht daraufhin eine fristlose Kündigung aus. Der Arbeitnehmer bestreitet den Vorwurf und erhebt Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht erklärt die Kündigung für unwirksam, da der Arbeitgeber den Diebstahl nicht nachweisen kann. Der Arbeitnehmer hat somit einen Weiterbeschäftigungsanspruch (BAG, 6 AZR 1125/12).

FAQ zum Weiterbeschäftigungsanspruch

In diesem Abschnitt haben wir häufig gestellte Fragen und Antworten zum Weiterbeschäftigungsanspruch für Sie zusammengestellt.

Was bedeutet der Weiterbeschäftigungsanspruch für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber?

Der Weiterbeschäftigungsanspruch bedeutet für den Arbeitnehmer, dass er nach einer unwirksamen Kündigung und unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen das Recht hat, weiterhin bei seinem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt zu werden. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er den Arbeitnehmer wieder beschäftigen und entlohnen muss. Dies kann u. U. auch rückwirkend zur Kündigung erfolgen, falls das Gericht dies anordnet.

Wie setze ich als Arbeitnehmer meinen Weiterbeschäftigungsanspruch durch?

Um den Weiterbeschäftigungsanspruch durchzusetzen, sollten betroffene Arbeitnehmer zunächst rechtlichen Rat einholen und ggf. eine Kündigungsschutzklage einreichen. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens kann die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt werden, was den Weiterbeschäftigungsanspruch begründet. Sollte der Arbeitgeber sich daraufhin weigern, den Arbeitnehmer wieder einzustellen, können Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Ist der Weiterbeschäftigungsanspruch befristet?

Grundsätzlich gilt der Weiterbeschäftigungsanspruch solange, bis das Arbeitsverhältnis auf eine rechtmäßige Weise endet. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie z.B. die Befristung des Weiterbeschäftigungsanspruchs im Rahmen einer einstweiligen Verfügung. In solchen Fällen ist es ratsam, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Gibt es Situationen, in denen der Weiterbeschäftigungsanspruch trotz unwirksamer Kündigung nicht besteht?

Ja, es gibt Situationen, in denen trotz unwirksamer Kündigung kein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn betriebliche Gründe oder Unzumutbarkeiten der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Hier ist immer eine individuelle Prüfung und Interessenabwägung erforderlich.

Muss ich als Arbeitnehmer während meiner Kündigungsschutzklage weiterarbeiten oder darf ich das Arbeitsverhältnis ruhen lassen?

Während der Dauer einer Kündigungsschutzklage kann das Arbeitsverhältnis ruhen, sofern dies im Einverständnis mit dem Arbeitgeber geschieht. Andernfalls besteht weiterhin die Pflicht zur Arbeitsleistung und der Arbeitnehmer muss weiterarbeiten. Eine Ausnahme stellt die sog. „Zwangs-Wiedereinstellung“ (§ 102 Abs. 5 BetrVG) dar, bei der der Arbeitnehmer auf Wunsch des Betriebsrats gegen den Willen des Arbeitgebers weiterbeschäftigt wird.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat im Rahmen des Weiterbeschäftigungsanspruchs?

Der Betriebsrat hat im Zusammenhang mit dem Weiterbeschäftigungsanspruch eine wichtige Rolle. Er sorgt für die Durchsetzung der Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb, kann bei unwirksamer Kündigung ein Veto gegen die Kündigung einlegen und im Einzelfall die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Rahmen einer einstweiligen Verfügung erwirken (§ 102 Abs. 5 BetrVG).

Fazit

Der Weiterbeschäftigungsanspruch als Reaktion auf eine unwirksame Kündigung bietet Arbeitnehmern eine bedeutende Job-Sicherheit und ermöglicht es ihnen, auch nach einer Kündigung weiterhin bei ihrem bisherigen Arbeitgeber tätig zu sein, sofern der Kündigungsgrund für unwirksam erklärt wird. Dabei sind jedoch stets die betrieblichen Bedürfnisse und die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu berücksichtigen.

Arbeitnehmer, die von einer Kündigung betroffen sind, sollten umgehend rechtlichen Rat einholen und ggf. Kündigungsschutzklage einreichen, um ihre Rechte zu wahren. Arbeitgeber sollten alle gesetzlichen Vorgaben und Formalia bei Kündigungen einhalten und sich auf die Abwehr unberechtigter Ansprüche vorbereiten.

Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch ein ständig änderndes Rechtsgebiet ist, auf dem laufend neue Entscheidungen getroffen werden. Daher ist es wichtig, sich regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und Gerichtsurteile zu informieren und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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