Das Wettbewerbsverbot für Gesellschafter ist ein wichtiger Aspekt im Wirtschaftsrecht, der dazu dient, die Interessen von Unternehmen und deren Gesellschaftern zu schützen. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir die verschiedenen Regelungen und Grenzen von Wettbewerbsverboten für Gesellschafter untersuchen. Dabei werden wir sowohl gesetzliche Bestimmungen als auch aktuelle Gerichtsurteile betrachten und häufig gestellte Fragen beantworten, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieser Materie zu vermitteln.
Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsrecht: Hintergrund und Bedeutung
Ein Wettbewerbsverbot ist eine Klausel in einem Gesellschaftsvertrag oder einer Satzung, die es Gesellschaftern verbietet, während ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft und/oder für eine bestimmte Zeit nach ihrem Ausscheiden, in direkter oder indirekter Konkurrenz zu der Gesellschaft tätig zu werden. Ziel eines solchen Verbots ist es, den Schutz der Gesellschaft vor möglichen Schäden durch den Wettbewerb der eigenen Gesellschafter sicherzustellen und zugleich eine loyale und uneingeschränkte Zusammenarbeit der Gesellschafter im Interesse der Gesellschaft zu gewährleisten.
Gesetzliche Regelungen zum Wettbewerbsverbot für Gesellschafter
Im deutschen Gesellschaftsrecht gibt es verschiedene Regelungen, die ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter betreffen. Diese Regelungen unterscheiden sich je nach Gesellschaftsform und können somit unterschiedliche Auswirkungen auf die jeweiligen Gesellschafter haben.
Wettbewerbsverbot in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist das Wettbewerbsverbot in § 737 BGB geregelt. Danach sind die Gesellschafter einer GbR verpflichtet, „jede auf einen Geschäftszweig der Gesellschaft bezogene Tätigkeit, die geeignet ist, den Gesellschaftszweck zu gefährden, zu unterlassen“. Dieses Wettbewerbsverbot ist zwingend und kann nicht durch eine vertragliche Vereinbarung der Gesellschafter aufgehoben werden.
Wettbewerbsverbot in der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG)
§ 112 HGB regelt das Wettbewerbsverbot für persönlich haftende Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und einer Kommanditgesellschaft (KG). Danach ist es diesen Gesellschaftern untersagt, „ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter ein Handelsgeschäft im gleichen Geschäftszweig des Unternehmens oder derjenigen Zweigniederlassung, an der sie beteiligt sind, zu betreiben oder sich an einem solchen Geschäft als persönlich haftender Gesellschafter zu beteiligen“. Das Verbot kann jedoch durch eine vertragliche Vereinbarung der Gesellschafter aufgehoben oder eingeschränkt werden.
Wettbewerbsverbot in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gibt es keine spezielle gesetzliche Regelung zum Wettbewerbsverbot. In der Praxis wird jedoch häufig eine entsprechende Klausel in den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung aufgenommen, um ein Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter festzulegen. Solche Regelungen sind grundsätzlich zulässig und können sowohl für die Dauer der Gesellschaftsmitgliedschaft als auch für einen bestimmten Zeitraum nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft gelten.
Wettbewerbsverbot in der Aktiengesellschaft (AG)
In der Aktiengesellschaft (AG) besteht kein gesetzlich festgelegtes Wettbewerbsverbot für Aktionäre. Allerdings können Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats einem Wettbewerbsverbot unterliegen (§§ 88, 100 AktG). In der Praxis ist es jedoch möglich, dass ein Aktionär, der gleichzeitig auch Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats ist, einem Wettbewerbsverbot unterliegt.
Grenzen und Voraussetzungen eines wirksamen Wettbewerbsverbots
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter ist nicht ohne Weiteres zulässig und wirksam. Vielmehr müssen bestimmte Grenzen und Voraussetzungen beachtet werden, um ein wirksames Wettbewerbsverbot zu vereinbaren und durchzusetzen.
Verhältnismäßigkeit des Wettbewerbsverbots
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter muss verhältnismäßig sein, d.h. es darf nicht über das hinausgehen, was zur Wahrung der berechtigten Interessen der Gesellschaft erforderlich ist. Dies bedeutet insbesondere, dass das Verbot in Bezug auf seinen räumlichen, sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich angemessen sein muss.
- Räumlicher Geltungsbereich: In der Regel sollte das Wettbewerbsverbot auf das Gebiet beschränkt sein, in dem die Gesellschaft tatsächlich geschäftlich tätig ist.
- Sachlicher Geltungsbereich: Das Verbot sollte sich nur auf solche Tätigkeiten erstrecken, die in direktem Wettbewerb zur Gesellschaft stehen.
- Zeitlicher Geltungsbereich: Ein Wettbewerbsverbot, das über die Dauer der Gesellschaftsmitgliedschaft hinausgeht, darf in der Regel nicht länger als zwei Jahre dauern. In bestimmten Fällen kann jedoch eine längere Dauer gerechtfertigt sein, etwa wenn der Gesellschafter über besondere Kenntnisse oder Kontakte verfügt, die der Gesellschaft einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Schriftliche Vereinbarung des Wettbewerbsverbots
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter sollte grundsätzlich schriftlich vereinbart werden, um Klarheit über den Inhalt und den Umfang des Verbots zu schaffen und etwaige Streitigkeiten zu vermeiden. In der Regel wird das Wettbewerbsverbot in den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung aufgenommen. Abhängig von der Gesellschaftsform kann jedoch auch eine gesonderte schriftliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern erforderlich sein.
Gegenleistung für das Wettbewerbsverbot
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter kann auch eine angemessene Gegenleistung vorsehen, um den betroffenen Gesellschafter für die durch das Verbot entstehenden Einschränkungen zu entschädigen. Dies kann beispielsweise in Form einer höheren Gewinnbeteiligung oder einer Entschädigungszahlung erfolgen. Eine solche Gegenleistung ist jedoch nicht zwingend erforderlich, um ein wirksames Wettbewerbsverbot zu vereinbaren.
Folgen der Verletzung eines Wettbewerbsverbots
Die Verletzung eines wirksamen Wettbewerbsverbots kann für den betroffenen Gesellschafter erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Zu den möglichen Folgen gehören:
- Schadenersatzansprüche: Die Gesellschaft kann vom verletzenden Gesellschafter Schadenersatz für den durch die Wettbewerbsverletzung entstandenen Schaden verlangen. Dabei kommt es auf den konkreten Schaden an, den die Gesellschaft durch die wettbewerbswidrige Tätigkeit des Gesellschafters erlitten hat.
- Unterlassungsansprüche: Die Gesellschaft kann verlangen, dass der Gesellschafter die wettbewerbswidrige Tätigkeit unverzüglich unterlässt und zukünftig keine weiteren Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot begeht.
- Ausschluss aus der Gesellschaft: Abhängig von der Schwere der Wettbewerbsverletzung und der Gesellschaftsform kann der verletzende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. In diesem Fall verliert der Gesellschafter seine Mitgliedschaftsrechte und kann gegebenenfalls zur Rückzahlung seiner Kapitaleinlage verpflichtet sein.
- Verwirkung von Vergütungsansprüchen: Bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann der Gesellschafter unter Umständen seine Vergütungsansprüche verlieren, insbesondere wenn das Wettbewerbsverbot mit einer Gegenleistung verbunden war.
Aktuelle Gerichtsurteile zum Wettbewerbsverbot für Gesellschafter
Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die wichtige Aspekte des Wettbewerbsverbots für Gesellschafter betreffen und Aufschluss über die Rechtsprechung in diesem Bereich geben.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2018, Az. II ZR 62/16
In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Wettbewerbsverbot für einen GmbH-Gesellschafter auch dann wirksam sein kann, wenn es für die Dauer von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft gilt. Voraussetzung ist jedoch, dass das Verbot verhältnismäßig ist und die Gesellschaft ein berechtigtes Interesse am Schutz vor Wettbewerb durch den ausgeschiedenen Gesellschafter hat.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Juni 2017, Az. I-6 U 212/16
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in diesem Fall entschieden, dass ein Wettbewerbsverbot für einen GmbH-Gesellschafter auch dann wirksam sein kann, wenn es für die Dauer von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft gilt. Dabei hat das Gericht auch betont, dass das Wettbewerbsverbot räumlich auf das Gebiet beschränkt sein sollte, in dem die Gesellschaft tatsächlich geschäftlich tätig ist.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12. September 2016, Az. 5 U 40/15
In diesem Fall hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass ein Wettbewerbsverbot für einen OHG-Gesellschafter unwirksam ist, wenn es für die Dauer von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft gilt und keine angemessene Gegenleistung vorsieht. Das Gericht hat dabei betont, dass ein solches Verbot unverhältnismäßig ist und den betroffenen Gesellschafter unzulässig in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit einschränkt.
FAQs zum Wettbewerbsverbot für Gesellschafter
Ist ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter zwingend vorgeschrieben?
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter ist nicht zwingend vorgeschrieben, sondern hängt von der jeweiligen Gesellschaftsform und den Vereinbarungen der Gesellschafter ab. In einigen Gesellschaftsformen, wie der GbR, ist ein Wettbewerbsverbot gesetzlich vorgesehen, während es in anderen Gesellschaftsformen, wie der GmbH, durch eine vertragliche Regelung vereinbart werden kann.
Gilt ein Wettbewerbsverbot für alle Gesellschafter einer Gesellschaft?
Ob ein Wettbewerbsverbot für alle Gesellschafter einer Gesellschaft gilt, hängt von der jeweiligen Regelung im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung ab. Grundsätzlich kann ein Wettbewerbsverbot für alle Gesellschafter oder nur für bestimmte Gesellschaftergruppen vereinbart werden.
Kann ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter nachträglich vereinbart werden?
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter kann grundsätzlich auch nachträglich vereinbart werden, etwa durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung. Voraussetzung ist jedoch, dass alle betroffenen Gesellschafter der Regelung zustimmen.
Wie kann ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter durchgesetzt werden?
Die Durchsetzung eines Wettbewerbsverbots für Gesellschafter erfolgt in der Regel durch zivilrechtliche Ansprüche, wie Schadenersatz- oder Unterlassungsansprüche. In bestimmten Fällen kann auch der Ausschluss des verletzenden Gesellschafters aus der Gesellschaft in Betracht kommen.
Was passiert, wenn ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter unwirksam ist?
Wenn ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter unwirksam ist, etwa weil es unverhältnismäßig ist oder nicht schriftlich vereinbart wurde, hat dies zur Folge, dass der betroffene Gesellschafter nicht an das Verbot gebunden ist und somit in direkter oder indirekter Konkurrenz zur Gesellschaft tätig werden kann. Die Gesellschaft kann in diesem Fall keine rechtlichen Ansprüche gegen den Gesellschafter geltend machen.
Wettbewerbsverbot für Gesellschafter: Was ist zu beachten?
Das Wettbewerbsverbot für Gesellschafter ist ein wichtiger Aspekt im Gesellschaftsrecht, der dazu dient, die Interessen von Unternehmen und deren Gesellschaftern zu schützen. Je nach Gesellschaftsform gibt es unterschiedliche gesetzliche Regelungen zum Wettbewerbsverbot. Um ein wirksames Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, müssen bestimmte Grenzen und Voraussetzungen beachtet werden, wie etwa die Verhältnismäßigkeit und die schriftliche Vereinbarung des Verbots.
Bei Verletzung eines wirksamen Wettbewerbsverbots können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen für den betroffenen Gesellschafter entstehen, wie etwa Schadenersatzansprüche oder der Ausschluss aus der Gesellschaft.
Da diese Materie recht komplex ist und von vielen Faktoren abhängt, ist es ratsam, sich bei Fragen zum Wettbewerbsverbot für Gesellschafter an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden. Dieser kann Ihnen bei der Gestaltung eines wirksamen Wettbewerbsverbots helfen und Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte unterstützen.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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