Die notarielle General- oder Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Instrument zur Absicherung von persönlichen und finanziellen Angelegenheiten im Falle von Krankheit oder Unfall. Doch was passiert, wenn sich die persönlichen Verhältnisse ändern und die Vollmacht widerrufen werden soll? In diesem umfassenden Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte rund um das Widerrufen einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht, inklusive rechtlicher Grundlagen, Gerichtsurteile, Beispiele und FAQs.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen für den Widerruf einer Vollmacht

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in den §§ 166 bis 173 die Grundlagen für die Erteilung und den Widerruf von Vollmachten. Demnach kann der Vollmachtgeber die ihm erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen, solange er nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder einer gesetzlichen Regelung zur Fortgeltung der Vollmacht verpflichtet ist (§ 168 BGB).

Die Vollmacht kann grundsätzlich formlos widerrufen werden. Allerdings ist bei einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht zu beachten, dass der Widerruf ebenfalls notariell beurkundet werden sollte. Dies dient der Beweiskraft und erleichtert die Durchsetzung des Widerrufs gegenüber Dritten, insbesondere Banken und Behörden.

Ein Widerruf der Vollmacht führt dazu, dass der Bevollmächtigte ab dem Zeitpunkt des Widerrufs nicht mehr berechtigt ist, für den Vollmachtgeber zu handeln. Bei notariellen Vollmachten ist es ratsam, den Widerruf auch im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eintragen zu lassen, um Dritten den Widerruf der Vollmacht kenntlich zu machen.

Mögliche Gründe für den Widerruf einer Vollmacht

Es gibt verschiedene Gründe, die einen Widerruf einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht begründen können. Hier sind einige Beispiele:

  • Vertrauensbruch: Der Bevollmächtigte missbraucht seine Befugnisse, handelt gegen den Willen des Vollmachtgebers oder vernachlässigt seine Pflichten.
  • Änderung der persönlichen Verhältnisse: Der Vollmachtgeber möchte die Vollmacht aufgrund einer Scheidung, Trennung oder einer neuen Partnerschaft widerrufen.
  • Änderung der rechtlichen oder finanziellen Situation: Der Vollmachtgeber möchte die Vollmacht aufgrund einer Erbschaft, eines Umzugs ins Ausland oder einer Änderung seiner Vermögensverhältnisse widerrufen.
  • Unzufriedenheit mit dem Bevollmächtigten: Der Vollmachtgeber ist mit der Art und Weise, wie der Bevollmächtigte seine Aufgaben wahrnimmt, nicht zufrieden und möchte die Vollmacht widerrufen.

Das Widerrufsverfahren einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht

Um eine notarielle General- oder Vorsorgevollmacht wirksam zu widerrufen, sollte der Vollmachtgeber folgende Schritte unternehmen:

  1. Kontakt zum Notar aufnehmen: Der Vollmachtgeber sollte sich zunächst mit dem Notar in Verbindung setzen, der die Vollmacht ursprünglich beurkundet hat. Der Notar kann den Vollmachtgeber über das Widerrufsverfahren informieren und einen Termin zur Beurkundung des Widerrufs vereinbaren.
  2. Notarielle Beurkundung des Widerrufs: Bei dem vereinbarten Termin wird der Widerruf der Vollmacht notariell beurkundet. Hierbei erklärt der Vollmachtgeber gegenüber dem Notar, dass er die Vollmacht widerrufen möchte. Der Notar fertigt eine Urkunde über den Widerruf an.
  3. Eintragung im zentralen Vorsorgeregister: Der Vollmachtgeber sollte den Notar bitten, den Widerruf der Vollmacht auch im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer einzutragen. Dies dient der Information Dritter, insbesondere Banken und Behörden, über den Widerruf der Vollmacht.
  4. Benachrichtigung des Bevollmächtigten: Der Vollmachtgeber sollte den Bevollmächtigten schriftlich über den Widerruf der Vollmacht informieren und die Rückgabe der Vollmachtsurkunde verlangen.
  5. Benachrichtigung von Banken und Behörden: Um sicherzustellen, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Namen des Vollmachtgebers handeln kann, sollte der Vollmachtgeber auch Banken und Behörden, bei denen die Vollmacht hinterlegt ist, über den Widerruf informieren.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Widerruf von Vollmachten

In der jüngeren Vergangenheit gab es einige Gerichtsurteile, die sich mit dem Widerruf von Vollmachten befasst haben. Hier sind einige wichtige Entscheidungen:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Januar 2019, Az. XI ZR 475/17: In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass Banken bei Vorlage einer notariellen Vollmacht verpflichtet sind, den aktuellen Stand des zentralen Vorsorgeregisters zu überprüfen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Bank weiß, ob die Vollmacht wirksam widerrufen wurde und kein Missbrauch stattfindet.
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2014, Az. I-3 Wx 158/13: In diesem Fall hat das OLG Düsseldorf festgestellt, dass der Widerruf einer Vorsorgevollmacht auch dann wirksam ist, wenn der Vollmachtgeber seinen freien Willen nur eingeschränkt bilden kann. Das Gericht hat betont, dass es für die Wirksamkeit des Widerrufs ausreicht, wenn der Vollmachtgeber die Tragweite seiner Entscheidung in groben Zügen erfassen kann.
  • Oberlandesgericht Schleswig, Beschluss vom 27. Februar 2013, Az. 2 W 15/13: In diesem Beschluss hat das OLG Schleswig entschieden, dass der Widerruf einer notariellen Vollmacht auch formlos erfolgen kann, etwa durch eine schriftliche Erklärung des Vollmachtgebers. Allerdings sollte der Widerruf in solchen Fällen auch Dritten gegenüber nachgewiesen werden können, um Missverständnissen und Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen.

Beispiele für den Widerruf einer Vollmacht

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für Situationen, in denen der Widerruf einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht angezeigt sein kann:

  1. Beispiel 1: Herr Müller hat seiner Ehefrau eine notarielle Generalvollmacht erteilt. Nach einer Scheidung möchte er diese Vollmacht widerrufen, um sicherzustellen, dass seine Ex-Frau nicht mehr in seinem Namen handeln kann. Herr Müller nimmt Kontakt zu dem Notar auf, der die Vollmacht ursprünglich beurkundet hat, und lässt den Widerruf notariell beurkunden. Anschließend informiert er seine Ex-Frau, Banken und Behörden über den Widerruf der Vollmacht.
  2. Beispiel 2: Frau Schmidt hat ihrem Sohn eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt, um im Falle ihrer Geschäftsunfähigkeit ihre Angelegenheiten regeln zu können. Nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass der Sohn die Vollmacht missbraucht und Gelder von Frau Schmidts Konto abgehoben hat. Frau Schmidt entschließt sich, die Vollmacht zu widerrufen und eine neue Vollmacht für ihre Tochter auszustellen. Sie wendet sich an den Notar, lässt den Widerruf beurkunden und informiert alle beteiligten Parteien über den Widerruf der Vollmacht.

FAQs zum Widerruf einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht

Kann ich eine notarielle Vollmacht jederzeit widerrufen?

Grundsätzlich ja, allerdings können vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen dazu führen, dass der Widerruf eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. Im Zweifel sollten Sie sich an einen Anwalt oder Notar wenden, um Ihre individuelle Situation zu klären.

Muss der Widerruf einer notariellen Vollmacht notariell beurkundet werden?

Ein Widerruf kann grundsätzlich formlos erfolgen. Allerdings empfiehlt es sich, den Widerruf einer notariellen Vollmacht ebenfalls notariell beurkunden zu lassen, um die Beweiskraft des Widerrufs gegenüber Dritten zu erhöhen.

Was passiert, wenn ich meine Vollmacht widerrufe, ohne dies notariell beurkunden zu lassen?

Ein formloser Widerruf kann grundsätzlich wirksam sein, allerdings kann es zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Widerrufs gegenüber Dritten kommen. Daher ist es ratsam, den Widerruf notariell beurkunden zu lassen und im zentralen Vorsorgeregister eintragen zu lassen.

Wie kann ich sicherstellen, dass der Widerruf meiner Vollmacht von Banken und Behörden anerkannt wird?

Um sicherzustellen, dass der Widerruf Ihrer Vollmacht von Banken und Behörden anerkannt wird, sollten Sie den Widerruf notariell beurkunden lassen und im zentralen Vorsorgeregister eintragen lassen. Außerdem sollten Sie alle beteiligten Parteien schriftlich über den Widerruf der Vollmacht informieren.

Kann ich meine Vollmacht widerrufen, wenn ich bereits geschäftsunfähig bin?

Wenn Sie bereits geschäftsunfähig sind, können Sie Ihre Vollmacht grundsätzlich nicht mehr wirksam widerrufen. In solchen Fällen können jedoch gesetzliche Vertreter, wie zum Beispiel ein Betreuer, die Vollmacht widerrufen, wenn dies im Interesse des Vollmachtgebers liegt.

Zusammenfassend ist der Widerruf einer notariellen General- oder Vorsorgevollmacht ein wichtiger Schritt, um die eigene rechtliche und finanzielle Selbstbestimmung zu wahren. Durch die Beachtung der hier beschriebenen rechtlichen Grundlagen, Verfahrensschritte und aktuellen Gerichtsurteile kann der Widerruf einer Vollmacht erfolgreich und reibungslos durchgeführt werden.

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