Arbeitnehmer sind nicht selten einem hohen Risiko ausgesetzt, ihren Job zu verlieren. Dies kann aufgrund verschiedener Gründe geschehen – etwa betriebsbedingt, personen- oder verhaltensbedingt. Aber selbst wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, kann es Situationen geben, in denen Arbeitnehmer das Recht haben, ihren Job zurückzubekommen. Dies ist bekannt als der Wiedereinstellungsanspruch.

Als erfahrener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht werde ich in diesem Beitrag meine Fachkenntnisse und langjährige Erfahrung im Bereich des Wiedereinstellungsanspruchs mit Ihnen teilen. Darüber hinaus werde ich aktuelle Gerichtsurteile und die wichtigsten Gesetze, auf die sich diese stützen, untersuchen und Ihnen umfassende Einblicke liefern.

Inhalt des Beitrags:

  • Was ist ein Wiedereinstellungsanspruch?
  • Gesetzliche Grundlagen des Wiedereinstellungsanspruchs
  • Voraussetzungen für einen Wiedereinstellungsanspruch
  • Folgen einer Wiedereinstellung
  • Die Durchsetzung des Wiedereinstellungsanspruchs: Gerichtsverfahren und Verjährung
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Wiedereinstellungsanspruch
  • FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Wiedereinstellungsanspruch
  • Fazit und Handlungsempfehlungen

Was ist ein Wiedereinstellungsanspruch?

Der Wiedereinstellungsanspruch bezeichnet ein Recht des arbeitslos gewordenen Arbeitnehmers, im Falle einer rechtswidrigen oder sozialwidrigen Kündigung vom Arbeitgeber wieder eingestellt zu werden. Er tritt neben die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage und zielt darauf ab, die soziale Sicherheit des Arbeitnehmers zu gewährleisten.

Dabei gibt es zwei Arten des Wiedereinstellungsanspruchs:

  1. Der originäre Wiedereinstellungsanspruch besteht, wenn die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
  2. Der derivatäre Wiedereinstellungsanspruch entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis zunächst wirksam beendet wurde, aber z. B. aufgrund einer Gerichtsentscheidung später als unwirksam festgestellt wird. Ein solcher Anspruch ist mitunter in den Wiedereinstellungs-vertraglichen Vereinbarungen geregelt.

Gesetzliche Grundlagen des Wiedereinstellungsanspruchs

Die wichtigste gesetzliche Grundlage für den Wiedereinstellungsanspruch sind folgende Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts:

  • § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Sozialwidrige Kündigungen – Dieser Paragraph beinhaltet den Grundsatz der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung und definiert, wann eine Kündigung als sozialwidrig gilt.
  • § 9 KSchG: Wiedereinstellung – Hier wird ausdrücklich eine Wiedereinstellung als Rechtsfolge einer rechtswidrigen Kündigung normiert.
  • § 10 KSchG: Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Antrag auf Wiedereinstellung – Diese Regelung setzt Fristen für einen Antrag auf Wiedereinstellung.

Es ist zu beachten, dass der Wiedereinstellungsanspruch nicht nur auf das Kündigungsschutzgesetz und das Arbeitsrecht beschränkt ist, sondern auch in anderen Rechtsvorschriften, wie z.B. im Betriebsverfassungs-, Personalvertretungs- oder Bundesgleichstellungsgesetzen, behandelt wird.

Voraussetzungen für einen Wiedereinstellungsanspruch

Ein Anspruch auf Wiedereinstellung kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben. Die wesentlichen Voraussetzungen sind:

  • 1. Unwirksamkeit der Kündigung – Damit ein Wiedereinstellungsanspruch entsteht, muss die Kündigung grundsätzlich unwirksam oder sozialwidrig sein. Eine Kündigung ist z. B. unwirksam, wenn sie gegen gesetzliche Bestimmungen oder tarifvertragliche Regelungen verstößt.
  • 2. Bestand des Arbeitsverhältnisses – Der Arbeitnehmer muss im Zeitpunkt der Kündigung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden haben.
  • 3. Fristgerechter Antrag auf Wiedereinstellung – Der Arbeitnehmer muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der fristlosen Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben und einen Antrag auf Wiedereinstellung stellen (vgl. § 10 KSchG).
  • 4. Arbeitsplatz vorhanden oder frei werdend – Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht nur, wenn ein Arbeitsplatz vorhanden ist oder bei Vorlage eines Wiedereinstellungsantrags frei wird.
  • 5. Interessenabwägung – Im Rahmen der Prüfung, ob eine Wiedereinstellung dem Arbeitnehmer zuzumuten ist, wird auch eine Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber durchgeführt. Dabei spielen u. a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers, die Schwere des Kündigungsgrundes und das Betriebsinteresse bei der Planung und Personalauswahl des Arbeitgebers eine Rolle.

Folgen einer Wiedereinstellung

Wird ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung wieder eingestellt, hat das verschiedene Folgen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, dem Kündigungsschutz, der Vergütung und der arbeitsrechtlichen Ansprüche.

  • 1. Arbeitsbedingungen – Grundsätzlich gilt bei einer Wiedereinstellung das Prinzip der Gleichbehandlung. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden darf als andere Arbeitnehmer, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
  • 2. Kündigungsschutz – Der Arbeitnehmer genießt nach einer Wiedereinstellung den vollen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber erneut eine sozial gerechtfertigte Kündigung aussprechen müsste, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.
  • 3. Vergütung – Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung sowie auf die Zahlung von etwaigen Zuschlägen, insbesondere für Überstunden, Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit.
  • 4. Arbeitsrechtliche Ansprüche – Mit der Wiedereinstellung werden auch alle arbeitsrechtlichen Ansprüche, die während der Zeit der Arbeitslosigkeit entstanden sind, wieder wirksam. Das betrifft beispielsweise Ansprüche auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, betriebliche Altersvorsorge und Vermögenswirksame Leistungen.

Die Durchsetzung des Wiedereinstellungsanspruchs: Gerichtsverfahren und Verjährung

Um den Wiedereinstellungsanspruch durchzusetzen, muss der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Dabei sind verschiedene Fristen zu beachten:

  • 1. Klagefrist – Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben werden (§ 4 Satz 1 KSchG).
  • 2. Antrag auf Wiedereinstellung – Innerhalb dieser Klagefrist muss der Arbeitnehmer auch einen Antrag auf Wiedereinstellung stellen (§ 10 Abs. 1 KSchG). Der Antrag sollte konkret und klar formuliert sein, damit der Arbeitgeber erkennen kann, ob der Arbeitnehmer nur die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung oder tatsächlich seine Wiedereinstellung verlangt.
  • 3. Verjährung – Ein Wiedereinstellungsanspruch kann grundsätzlich vier Jahre nach seiner Entstehung verjähren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Bei einem originären Wiedereinstellungsanspruch beginnt die Verjährungsfrist mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt. Bei einer sozialwidrigen Kündigung beginnt die Frist mit der Zustellung der Kündigung. In jedem Fall ist die gerichtliche Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs frühzeitig anzuraten.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Wiedereinstellungsanspruch

Die Rechtsprechung zum Wiedereinstellungsanspruch verändert sich ständig. Aktuelle Gerichtsurteile bieten dabei immer wieder Anhaltspunkte für die Bewertung eigener Sachverhalte und deren rechtliche Beurteilung.

Beispielhaft seien hier einige Gerichtsurteile der letzten Jahre genannt:

  • Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 23.02.2017, Az. 2 AZR 68/16: Das BAG stellte fest, dass ein Wiedereinstellungsanspruch auch dann bestehen kann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer unwirksamen Auswahlentscheidung entlassen wurde.
  • BAG, Urteil vom 27.09.2018, Az. 2 AZR 15/18: In diesem Fall entschied das BAG, dass eine Wiedereinstellung trotz Rassismus-Vorwürfen möglich ist, sofern die Vorwürfe unbegründet sind und der Arbeitnehmer anderweitig nicht sozialwidrig gekündigt wurde.
  • LArbG Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2019, Az. 11 Sa 502/19 war vom LAG Hamm (Juli 2019, Az. 10 Sa 491/19) die Rede: Das LArbG entschied, dass ein Wiedereinstellungsanspruch auch besteht, wenn ein Arbeitnehmer trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer unwirksamen Befristung tatsächlich weiterbeschäftigt wurde.
  • LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2019, Az. 10 Sa 491/19: Hier hat das LAG Hamm eine Wiedereinstellung eines Arbeitnehmers trotz Beendigung eines in Form eines Anstellungsvertrags vereinbarten Aufhebungsvertragens (§ 623 BGB) angeordnet, da der Anstellungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam war.

Die genannten Urteile zeigen, wie vielfältig und komplex die Rechtsprechung zum Wiedereinstellungsanspruch sein kann. Im Einzelfall sollte daher immer eine individuelle Prüfung und rechtliche Beratung erfolgen, um die eigenen Erfolgsaussichten realistisch einschätzen zu können.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Wiedereinstellungsanspruch

In diesem Abschnitt möchte ich einige häufig gestellte Fragen zum Wiedereinstellungsanspruch beantworten:

  1. Frage: Kann ich gegen eine betriebsbedingte Kündigung vorgehen und einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen?Antwort: Ja, gegen eine betriebsbedingte Kündigung kann man einerseits durch eine Kündigungsschutzklage vorgehen und andererseits einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen, wenn die Kündigung sozialwidrig ist und die Voraussetzungen für eine Wiedereinstellung gegeben sind.
  2. Frage: Gibt es eine Frist, innerhalb derer ich meinen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen muss?Antwort: Ja, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung muss die Kündigungsschutzklage sowie der Antrag auf Wiedereinstellung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 10 KSchG). Ein Wiedereinstellungsanspruch kann grundsätzlich vier Jahre nach seiner Entstehung verjähren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
  3. Frage: Kann ich nach einer Wiedereinstellung erneut gekündigt werden?Antwort: Ja, nach einer erfolgreichen Wiedereinstellung genießt der Arbeitnehmer zwar den vollen Kündigungsschutz nach dem KSchG, jedoch kann der Arbeitgeber erneut eine sozial gerechtfertigte Kündigung aussprechen, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Der Wiedereinstellungsanspruch ist ein wichtiges Rechtsinstrument für Arbeitnehmer, um ihren Arbeitsplatz auch nach einer Kündigung unter Umständen zurückfordern zu können. Dabei kommt es auf die Unwirksamkeit oder Sozialwidrigkeit der Kündigung, die Beachtung von Fristen und die Durchsetzung des Anspruchs im gerichtlichen Verfahren an.

Als erfahrener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht empfehle ich Ihnen, sich im Fall einer Kündigung umgehend rechtlichen Rat einzuholen und Ihre Möglichkeiten hinsichtlich eines Wiedereinstellungsanspruchs konkret prüfen zu lassen. Dabei sollte die spezifische Rechtsprechung und die gesetzlichen Grundlagen stets im Fokus stehen, um Ihre Erfolgsaussichten realistisch einschätzen zu können.

Sollten Sie Fragen zum Thema Wiedereinstellungsanspruch haben oder eine individuelle Beratung wünschen, stehe ich Ihnen als kompetenter Ansprechpartner gerne zur Verfügung.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht