Winterdienst – Kaum fällt der erste Schnee oder Eis bedeckt Bürgersteige und Straßen, schon stellt sich schnell die Frage: Wer ist für den Winterdienst verantwortlich, und welche Pflichten bestehen?
Falls Sie sich auch schon mal diese Fragen gestellt haben, sind Sie hier genau richtig, denn dieser Beitrag klärt Sie rundum das Thema Winterdienst auf, inklusive praktischer Tipps und Beispiele.
Von Räumpflichten bis Verkehrsicherung: Was bedeutet Winterdienst genau?
Der Begriff Winterdienst umfasst verschiedene Pflichten, die darauf abzielen, die Sicherheit und Ordnung während der kalten Jahreszeit aufrechtzuerhalten. Im Wesentlichen geht es dabei um folgende Aspekte:
- Räumpflicht: Die Verantwortung, Schnee von öffentlichen Gehwegen zu räumen und diese somit begeh- bzw. befahrbar zu halten.
- Streupflicht: Die Pflicht, bei Glatteis und Schneeglätte für ausreichend Streugut (z.B. Sand, Splitt oder Salz) zu sorgen, um die Rutschgefahr zu minimieren.
- Verkehrssicherungspflicht: Die generelle Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass Verkehrsteilnehmer bei der Nutzung von Straßen und Gehwegen nicht zu Schaden kommen.
Wer ist für den Winterdienst zuständig?
Grundsätzlich sind zunächst die Kommunen für den Winterdienst auf öffentlichen Straßen und Gehwegen zuständig. Diese sorgen in der Regel für die Räumung von Schnee und Streuung bei Glätte auf Hauptverkehrsstraßen und wichtigen Verkehrswegen. Kommunen können ihre Winterdienstpflichten jedoch auf Anlieger (Grundstückseigentümer) übertragen.
In vielen Städten und Gemeinden ist dies der Fall: Grundstückseigentümer (also Haus- bzw. Immobilieneigentümer) sind verpflichtet, für den Winterdienst entlang der angrenzenden Fußwege Sorge zu tragen. Hierbei kann es von Ort zu Ort unterschiedliche Regelungen geben, z.B. wie breit geräumt werden muss oder zu welchen Uhrzeiten die Räum- und Streupflicht gilt.
Sind Sie Mieter? Dann ist es wahrscheinlich, dass auch Sie mit dem Winterdienst in Berührung kommen, denn der Eigentümer kann die Räum- und Streupflicht auf seine Mieter übertragen. In der Regel geschieht dies über einen Passus im Mietvertrag oder eine Vereinbarung zur Hausordnung.
- Zuständigkeit für Winterdienst: Eigentümer oder Vermieter sind in der Regel für den Winterdienst verantwortlich. Diese Pflicht kann auf den Mieter übertragen werden, jedoch nur, wenn dies explizit im Mietvertrag vereinbart ist. Eine Regelung in der Hausordnung allein reicht nicht aus.
- Zeitrahmen für Räum- und Streupflicht: Die Räum- und Streupflicht besteht werktags in der Regel zwischen 7:00 und 20:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 8:00 oder 9:00 Uhr. In Ausnahmefällen kann eine Räumung auch außerhalb dieser Zeiten erforderlich sein.
- Breite der geräumten Wege: Öffentliche Bürgersteige sollten mindestens einen Meter breit, idealerweise 1,20 bis 1,50 Meter, geräumt sein, damit zwei Personen aneinander vorbeigehen können. Bei Privatwegen reichen etwa 50 Zentimeter.
- Streumittel: Sand oder Splitt sollten zum Streuen verwendet werden, um Flächen abzustumpfen. Die Verwendung von Streusalz ist in vielen Orten verboten oder nur bei extremer Glätte erlaubt.
- Haftung bei Unfällen: Wenn jemand aufgrund mangelhafter Räum- oder Streupflicht zu Schaden kommt, kann der Verantwortliche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Die Haftung hängt von der Art der Versicherung ab, die der Verantwortliche hat (Privathaftpflicht für Mieter, Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht für Eigentümer von Mietshäusern oder -wohnungen).
- Bußgelder: Bei Verstoß gegen die Räum- und Streupflicht können Bußgelder verhängt werden, deren Höhe je nach Bundesland variieren kann.
- Delegation der Pflichten: Wenn der Eigentümer oder Mieter verhindert ist, kann die Winterdienstpflicht auf Dritte übertragen werden, zum Beispiel auf Nachbarn oder einen professionellen Winterdienst.
- Übertragung der Pflichten im Mietvertrag: Die Übertragung der Winterdienstpflichten auf Mieter muss im Mietvertrag explizit vereinbart sein. Eine generelle Regelung in der Hausordnung reicht nicht aus.
Rechtliche Konsequenzen: Was passiert, wenn ich meine Pflichten nicht erfülle?
Wer seine Winterdienstpflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt, riskiert Ärger mit der Kommune: Ein Verstoß gegen die Räum- und Streupflicht kann als Ordnungswidrigkeit behandelt werden und ein Bußgeld zur Folge haben. Die Höhe des Bußgelds variiert je nach örtlicher Regelung und Schwere des Verstoßes.
Haftung bei Unfällen: Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld
Noch gravierender als Bußgelder können die finanziellen Folgen sein, wenn Personen aufgrund mangelhafter Räum- oder Streupflicht zu Schaden kommen: Im Falle eines Unfalls können Sie als Verantwortlicher oder Verantwortliche (Eigentümerin, Mieter etc.) auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden.
Es ist also nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch in Ihrem eigenen Interesse, den Winterdienst gewissenhaft zu erledigen.
Tipps und Beispiele für einen erfolgreichen Winterdienst
Damit Sie wissen, wie Sie die Pflichten des Winterdienstes korrekt erfüllen, kommen hier einige Tipps und Beispiele:
- Informieren Sie sich über lokale Regelungen: Jede Stadt oder Gemeinde hat eigene Vorgaben zum Winterdienst. Informieren Sie sich, welche für Sie gelten und halten Sie sich an diese.
- Zeitliche Begrenzungen beachten: In der Regel gilt die Räum- und Streupflicht nur während bestimmter Zeiten, z.B. von 7 Uhr bis 20 Uhr.
- Räumbreiten einhalten: Achten Sie darauf, den Gehweg in ausreichender Breite zu räumen. Üblicherweise müssen mindestens 1 bis 1,5 Meter Breite vom Schnee befreit werden, sodass zwei Personen aneinander vorbeigehen können.
- Streugut richtig einsetzen: Bei Glatteis oder Schneeglätte sollten Sie für ausreichend Streugut wie Sand oder Splitt sorgen. Achten Sie darauf, das Streugut gleichmäßig auf der gesamten begehbaren Fläche auszubringen, um möglichst effektiv Rutschgefahr zu vermindern.
- Umweltfreundliches Streuen: Verzichten Sie, wenn möglich, auf das Streuen von Salz, da dieses schädlich für die Umwelt ist und Pflanzen angreift. In vielen Gemeinden ist das Verwenden von Salz sogar verboten und Verstöße hiergegen können ebenfalls Bußgelder nach sich ziehen.
- Richtiges Räumgerät verwenden: Nutzen Sie ein geeignetes Schneeschiebegerät, wie z.B. einen Schneeschieber mit einer Kunststoffkante, um Bürgersteige und Straßenbeläge vor Beschädigungen zu schützen.
Fallstudien: Rechtliche Beispiele zum Winterdienst
Wer hätte gedacht, dass der Winterdienst so viele rechtliche Aspekte mit sich bringt? Im Folgenden stellen wir Ihnen zwei praxisnahe Beispiele vor, die verdeutlichen, wie schnell unklare Situationen entstehen können und wie Urteile dazu ausfallen können.
Fallbeispiel 1: Der rutschige Sturz auf dem unbeleuchteten Gehweg
Ein Mann stürzt abends auf einem unbeleuchteten Gehweg, weil diese nicht ausreichend gestreut war. Er verletzt sich und verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Grundstückseigentümer. Dieser beruft sich jedoch auf den Umstand, dass der Verunglückte den Gehweg auf eigene Gefahr betreten habe, da dieser nicht beleuchtet war und es zum Zeitpunkt des Sturzes schon dunkel war.
Entscheidung: In diesem Fall entschied das Gericht zugunsten des Verletzten. Begründung: Die Streupflicht (Winterdienst) ist unabhängig von der Beleuchtungssituation zu erfüllen. Eine fehlende Beleuchtung entbindet den Verantwortlichen also nicht von der Verpflichtung, den Gehweg bei Schnee und Eis sicher begehbar zu halten.
Fallbeispiel 2: Die glatte Hauszufahrt und die Mithaftung
Eine Frau stürzt auf der vereisten Zufahrt eines Mehrfamilienhauses und verlangt Schadensersatz vom Eigentümer. Der Eigentümer stellt jedoch fest, dass die Frau zum Zeitpunkt des Sturzes hohe Absatzschuhe trug und argumentiert, dass sie durch ihr eigenes Verhalten eine Mitschuld am Unfall trägt.
Entscheidung: In diesem Fall entschied das Gericht, dass die Frau eine Mithaftung von 50 Prozent zu tragen hat, denn sie hätte ihre Schuhe an die Witterungsverhältnisse anpassen müssen. Der Eigentümer musste daher nur die Hälfte des geforderten Schadensersatzes und Schmerzensgelds zahlen.
Häufig gestellte Fragen zum Winterdienst
Hier finden Sie die meistgestellten Fragen auf einen Blick zusammengefasst.
Frage 1: Bin ich auch zum Winterdienst verpflichtet, wenn ich im Urlaub bin?
Ja, die Räum- und Streupflicht gilt auch während Ihrer Abwesenheit. Sie sollten daher z.B. Nachbarn oder Freunde bitten, den Winterdienst für Sie zu übernehmen oder einen professionellen Winterdienst beauftragen, um Bußgelder und Haftungsansprüche zu vermeiden.
Frage 2: Wie oft und in welchem Abstand muss ich räumen und streuen?
In der Regel sollten Sie räumen und streuen, sobald Schnee gefallen ist oder die Glätte entstanden ist und die Pflichtzeit (meistens ab 7 Uhr morgens) beginnt. Da Schneefall und Glättebildung jedoch oft während des Tages weitergehen, kann es erforderlich sein, wiederholt zu räumen und zu streuen. Den genauen zeitlichen Abstand sollten Sie den örtlichen Gegebenheiten anpassen.
Frage 3: Müssen Mieter, die in einer Wohnung ohne Zugang zum Erdgeschoss wohnen, auch den Winterdienst übernehmen?
Wenn im Mietvertrag oder der Hausordnung festgelegt ist, dass alle Mieter, unabhängig von ihrer Wohnlage im Haus, den Winterdienst übernehmen müssen, gilt dies auch für Mieter_innen ohne Zugang zum Erdgeschoss. Dabei kann es hilfreich sein, unter den Mietern eine gerechte Aufteilung des Winterdienstes zu organisieren (z.B. durch einen wöchentlichen Wechsel).
Fazit: Sicher durch den Winter mit Verantwortung und gutem Gewissen
Abschließend lässt sich sagen, dass der Winterdienst für viele eine lästige, aber notwendige Pflicht in der kalten Jahreszeit ist. Ob Kommune, Grundstückseigentümer oder Mieter – jeder hat in der Regel einen Teil zur Sicherheit und Ordnung auf unseren Straßen und Gehwegen beizutragen.
Indem Sie sich an die lokalen Regelungen, Zeitvorgaben und Räumbreiten halten sowie das richtige Streugut und Räumgerät verwenden, erfüllen Sie nicht nur Ihre rechtlichen Verpflichtungen, sondern tragen auch aktiv zur Sicherheit Ihrer Mitmenschen bei. Bei Beachtung der Pflichten können Bußgelder und Haftungsansprüche vermieden werden, sodass Sie sorgenfrei durch den Winter kommen.
Und denken Sie daran: Bei Fragen oder rechtlichen Problemen rund um den Winterdienst stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Scheuen Sie sich nicht, uns zu kontaktieren – wir helfen Ihnen kompetent und unkompliziert weiter. Leben Sie sicher und genießen Sie die winterliche Zeit – der nächste Frühling kommt bestimmt!
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
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