In diesem umfassenden Beitrag erfahren Sie alles, was Sie über Wohnungsbegehungen durch Vermieter wissen müssen – von den gesetzlichen Grundlagen und aktuellen Gerichtsurteilen bis hin zu häufig gestellten Fragen und Beispielen. Als erfahrener Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf Mietrecht behandle ich die Thematik umfassend, strukturiert und gut recherchiert.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzliche Grundlagen

Zunächst sollten die gesetzlichen Vorgaben zum Thema Wohnungsbegehung durch Vermieter betrachtet werden. Der wichtigste Rechtsrahmen ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern regelt. Für die Wohnungsbegehung finden sich Regelungen insbesondere in den §§ 535 – 580 BGB.

Die entscheidenden gesetzlichen Grundlagen im Überblick:

  • § 535 BGB: Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter hat die vereinbarte Miete zu zahlen und die Mietsache pfleglich zu behandeln.
  • § 536 BGB: Der Mieter darf das Mietverhältnis bei Mängeln, die den Gebrauch der Mietsache erheblich beeinträchtigen, vorübergehend einstellen oder die Miete mindern.
  • § 546 BGB: Der Vermieter hat das Recht, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzufordern.
  • § 549 BGB: Der Mieter hat dem Vermieter oder einem Beauftragten Zutritt zur Mietsache zu gewähren, wenn dies zur Prüfung der Mietsache oder zur Durchführung notwendiger Arbeiten erforderlich ist.
  • § 560 BGB: Der Vermieter hat das Recht, durch vorherige Ankündigung eine mieterseitige Benutzungsänderung zu überprüfen und gegebenenfalls zu untersagen.

Anlässe für Begehungen

Es können verschiedene Gründe geben, die den Vermieter dazu veranlassen, eine Wohnungsbegehung durchzuführen. Die wichtigsten Anlässe sind:

  • Wartungs- und Reparaturarbeiten: Wenn der Vermieter Wartungsarbeiten oder Reparaturen an der Mietsache durchführen muss oder prüfen möchte, ob solche Arbeiten erforderlich sind, kann er einen Besichtigungstermin vereinbaren.
  • Prüfung des Zustands der Wohnung: Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse daran, den Zustand der Wohnung und die Einhaltung mietvertraglicher Pflichten durch den Mieter zu überprüfen. Hierzu kann er ebenfalls eine Begehung durchführen. Eine solche Kontrolle darf jedoch nicht willkürlich erfolgen, sondern muss in angemessenen Zeitabständen stattfinden.
  • Interessentenbesichtigungen: Der Vermieter darf die Mietsache potenziellen Nachmietern oder Käufern zeigen. Dies sollte jedoch in Absprache mit dem Mieter geschehen und gegebenenfalls in den Mietvertrag aufgenommen werden.
  • Gefahrenabwehr: Bei Gefahr im Verzug, beispielsweise bei einem Wasserschaden oder Feuer, hat der Vermieter das Recht, unverzüglich Zutritt zur Wohnung zu erhalten. Eine vorherige Ankündigung ist in solchen Fällen nicht erforderlich.

Recht auf Wohnungsbegehung

Das Recht eines Vermieters, eine Wohnungsbegehung durchzuführen, steht unter dem Vorbehalt des berechtigten Interesses. Das bedeutet, dass der Vermieter ein konkretes und nachvollziehbares Interesse an der Begehung haben muss, welches die Interessen des Mieters am ungestörten Gebrauch der Mietsache überwiegt.

Folgende Punkte sind für das Vorliegen eines berechtigten Interesses relevant:

  • Art und Umfang der Wohnungsbegehung:
    • Der Vermieter darf nur solche Räume betreten, für deren Kontrolle ein berechtigtes Interesse besteht. Er darf nicht unberechtigt Schränke oder sonstige persönliche Gegenstände des Mieters durchsuchen.
    • Eine Begehung sollte in Anwesenheit des Mieters oder eines Vertreters stattfinden. Der Vermieter darf nicht ohne Zustimmung des Mieters Arbeitskräfte wie Handwerker oder Sachverständige hinzuziehen.
  • Ankündigung und Terminierung:
    • Der Vermieter muss die Begehung rechtzeitig ankündigen und mit dem Mieter einen Termin vereinbaren. Eine angemessene Frist zur Ankündigung liegt in der Regel bei mindestens 14 Tagen.
    • Die Begehung sollte zu einer angemessenen Tageszeit, beispielsweise tagsüber während der üblichen Geschäftszeiten, stattfinden. Eine unangemessene Tageszeit kann zur Unzulässigkeit der Begehung führen.
    • Die Häufigkeit der Begehungen sollte in einem angemessenen Rahmen bleiben. Zu häufige oder kurzfristig auf einanderfolgende Begehungen können als Schikane oder Belästigung des Mieters gewertet werden und sind daher unzulässig.
  • Grundrechtliche Aspekte:
    • Das Recht auf Wohnungsbegehung kann auch durch grundrechtliche Belange eingeschränkt werden, etwa durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) oder das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz).
    • Eine Begehung muss stets den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Belange des Mieters genügen.
    • Der Vermieter darf keine Video- oder Tonaufnahmen ohne Zustimmung des Mieters anfertigen. Dies würde gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und ggf. gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) verstoßen.

Ankündigung und Durchführung der Wohnungsbegehung

Die ordnungsgemäße Ankündigung und Durchführung einer Wohnungsbegehung sind essenziell, um eine rechtmäßige Kontrolle der Mietsache sicherzustellen. Hierbei sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Schriftliche Ankündigung: Die Wohnungsbegehung sollte schriftlich (z. B. per Brief oder E-Mail) angekündigt werden. Hierbei sollte der Grund für die Begehung angegeben und ein oder mehrere konkrete Terminvorschläge unterbreitet werden.
  • Terminvereinbarung: Der Vermieter und Mieter sollten sich auf einen Termin einigen, der beiden Parteien angemessen erscheint. Kann keine Einigung erzielt werden, kann ggf. auch ein gerichtlicher Beschluss zur Durchführung einer Wohnungsbegehung herangezogen werden.
  • Protokollführung: Während der Wohnungsbegehung sollte ein Protokoll angefertigt werden, in das alle relevanten Beobachtungen und Feststellungen eingetragen werden. Dieses Protokoll ist von beiden Parteien zu unterzeichnen und dient im Streitfall als Beweismittel.
  • Fotodokumentation: Fotos können zur Dokumentation von Mängeln oder Schäden angefertigt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass keine Persönlichkeitsrechte des Mieters verletzt werden und der Mieter der Anfertigung von Fotos zustimmt.
  • Zutrittsrecht Dritter: Wenn der Vermieter Dritte (z. B. Handwerker, Sachverständige) hinzuziehen möchte, muss dies vorab mit dem Mieter abgesprochen werden und dessen Zustimmung erfolgen.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Wohnungsbegehung

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die das Thema Wohnungsbegehung durch Vermieter betreffen und relevante Aspekte verdeutlichen:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.02.2015, Az. VIII ZR 154/14: Ein Vermieter darf ohne berechtigtes Interesse keine Wohnungsbegehung durchführen. Ein bloßes Kontrollinteresse des Vermieters ist nicht ausreichend und genügt den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit und des Mieterschutzes nicht.
  • Amtsgericht Münster, Urteil vom 15.07.2014, Az. 38 C 658/14: Eine zu häufige Wohnungsbegehung kann als Schikane gewertet werden und für den Mieter unzumutbar sein. In diesem Fall kann der Mieter die Begehung verweigern. Im entschiedenen Fall hatte der Vermieter innerhalb von zwei Jahren 20 Begehungen durchgeführt.
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 23.02.2016, Az. 63 S 236/15: Ein Vermieter hat aufgrund der Gefahr im Verzug das Recht, sofortigen Zutritt zur Wohnung zu erhalten, ohne die Begehung vorab ankündigen zu müssen. Im vorliegenden Fall war es zu einem Wasserschaden gekommen, der eine sofortige Maßnahme erforderte.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Wohnungsbegehung

Nun sollen einige häufig gestellte Fragen zum Thema Wohnungsbegehung durch Vermieter beantwortet werden:

  • Kann der Mieter die Durchführung einer Wohnungsbegehung verweigern? Ja, wenn der Vermieter kein berechtigtes Interesse an der Begehung hat oder diese unangemessen durchführen möchte. In solchen Fällen kann der Mieter die Begehung verweigern und sich auf den Schutz seiner verfassungsrechtlichen Rechte berufen.
  • Wie oft darf ein Vermieter die Wohnung kontrollieren? Es gibt keine gesetzliche Regelung, die eine konkrete Häufigkeit von Wohnungsbegehungen vorschreibt. Allerdings sollte die Anzahl der Begehungen im Einklang mit dem berechtigten Interesse des Vermieters stehen und den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Rücksichtnahme genügen.
  • Kann der Vermieter eine Zwangsvollstreckung durchführen, um Zutritt zur Wohnung zu erlangen? In Ausnahmefällen kann der Vermieter einen gerichtlichen Titel erwirken und eine Zwangsvollstreckung durchführen, um Zutritt zur Wohnung zu erlangen. Hierfür muss der Vermieter jedoch ein berechtigtes Interesse an der Begehung nachweisen und alle Anforderungen des Gerichts erfüllen.
  • Was ist der Unterschied zwischen einer einfachen und einer berechtigten Wohnungsbegehung? Eine einfache Wohnungsbegehung bezeichnet eine Begehung, die der Vermieter ohne berechtigtes Interesse durchführen möchte, etwa zur Kontrolle des Zustands der Wohnung. Eine berechtigte Wohnungsbegehung liegt vor, wenn der Vermieter ein konkretes und nachvollziehbares Interesse an der Begehung hat, das die Interessen des Mieters am ungestörten Gebrauch der Mietsache überwiegt, zum Beispiel bei notwendigen Reparaturarbeiten.
  • Wie sollten Mieter und Vermieter im Falle von Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Wohnungsbegehung vorgehen? Im Falle von Meinungsverschiedenheiten sollten Mieter und Vermieter versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Gelingt dies nicht, können beide Parteien in Erwägung ziehen, eine Schlichtungsstelle oder einen Mediator einzuschalten, um einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorzubeugen. Spricht allerdings vieles dafür, dass der jeweils andere rechtswidrig handelt (etwa weil der Mieter unberechtigt die Begehung verweigert oder der Vermieter trotz berechtigtem Interesse keine Begehung durchführt), bleibt letztlich auch der Rechtsweg offen. Eine rechtliche Beratung kann in einem solchen Fall sinnvoll sein.

Fazit

Die Wohnungsbegehung durch Vermieter ist ein wichtiges Instrument, um die Rechte und Pflichten im Mietverhältnis auszuüben und zu kontrollieren. Dabei müssen sowohl Vermieter als auch Mieter darauf achten, ihre jeweiligen Rechte und Pflichten zu wahren und auf die Interessen der jeweils anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Eine klare Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, aktuellen Gerichtsurteile und häufig gestellten Fragen ist hierbei unerlässlich.

Mit diesem umfassenden und gut recherchierten Beitrag sollte nun ein solides Verständnis der Rechtsmaterie im Bereich Wohnungsbegehung durch Vermieter vorhanden sein. Darüber hinaus haben Vermieter und Mieter durch die dargelegten Punkte, Beispiele und FAQs eine klare Orientierungshilfe, um ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Wohnungsbegehung sachgerecht wahrzunehmen und durchzusetzen.

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