Als Rechtsanwalt ist es unsere Pflicht, unsere Mandanten bestmöglich zu vertreten und zu beraten. Dabei spielt die anwaltliche Schweigepflicht eine entscheidende Rolle. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir die Bedeutung und Grenzen der anwaltlichen Schweigepflicht im Rechtssystem beleuchten, aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechungen erörtern und häufig gestellte Fragen beantworten.

Der Beitrag gliedert sich in folgende Abschnitte:

  • Grundlagen der anwaltlichen Schweigepflicht
  • Rechtliche Grundlagen und Gesetze
  • Ausnahmen und Grenzen der Schweigepflicht
  • FAQs zur anwaltlichen Schweigepflicht

Grundlagen der anwaltlichen Schweigepflicht

Die anwaltliche Schweigepflicht ist ein wesentlicher Bestandteil der anwaltlichen Berufsausübung. Sie dient dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant und gewährleistet, dass der Mandant offen und ehrlich über seine rechtlichen Probleme sprechen kann, ohne befürchten zu müssen, dass der Anwalt diese Informationen gegen ihn verwendet oder an Dritte weitergibt. Dies stellt sicher, dass der Anwalt die Interessen seines Mandanten bestmöglich vertreten kann.

Rechtliche Grundlagen und Gesetze

Die anwaltliche Schweigepflicht ist gesetzlich in verschiedenen Rechtsvorschriften verankert:

  • Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO): § 43a Abs. 2 BRAO enthält die grundlegende Verpflichtung des Anwalts zur Verschwiegenheit. Hiernach ist der Anwalt verpflichtet, über alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist, zu schweigen. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob der Anwalt tatsächlich einen Auftrag erhalten hat oder nicht.
  • Verbot der Zeugenaussage: Gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 53 Abs. 1 Nr. 3 Strafprozessordnung (StPO) ist der Rechtsanwalt von der Pflicht zur Zeugenaussage über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt anvertraut worden oder bekannt geworden ist, befreit.
  • Strafrechtlicher Schutz: Eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht kann nach § 203 Strafgesetzbuch (StGB) strafrechtlich verfolgt werden. Dieser Paragraph stellt die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen, die einem Anwalt in seiner beruflichen Eigenschaft anvertraut wurden, unter Strafe.

Ausnahmen und Grenzen der Schweigepflicht

Obwohl die anwaltliche Schweigepflicht grundsätzlich umfassend ist, gibt es dennoch Ausnahmen und Grenzen, die eine Offenlegung von Informationen unter bestimmten Umständen erlauben oder sogar erfordern:

  • Einwilligung des Mandanten: Wenn der Mandant ausdrücklich oder konkludent seine Einwilligung zur Offenlegung bestimmter Informationen gibt, ist der Anwalt von der Schweigepflicht befreit. Es ist jedoch wichtig, dass der Anwalt sicherstellt, dass die Einwilligung des Mandanten tatsächlich vorliegt und dass der Mandant die Tragweite seiner Entscheidung verstanden hat.
  • Notwehr und Notstand: In Fällen von Notwehr oder Notstand kann der Anwalt von der Schweigepflicht befreit sein, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit erforderlich ist. Eine solche Situation muss jedoch sehr genau geprüft werden, da eine Offenlegung von Informationen in solchen Fällen nur als letztes Mittel in Betracht kommt.
  • Rechtliche Verpflichtungen: In einigen Fällen kann der Anwalt gesetzlich verpflichtet sein, Informationen preiszugeben, beispielsweise bei der Erfüllung von steuerrechtlichen Pflichten oder bei der Bekämpfung von Geldwäsche.

FAQs zur anwaltlichen Schweigepflicht

Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zur anwaltlichen Schweigepflicht:

Gilt die anwaltliche Schweigepflicht auch für Rechtsanwaltsfachangestellte und andere Mitarbeiter der Kanzlei?

Ja, die anwaltliche Schweigepflicht erstreckt sich auch auf Rechtsanwaltsfachangestellte und andere Mitarbeiter der Kanzlei, die aufgrund ihrer Tätigkeit Kenntnis von vertraulichen Informationen erhalten. Sie sind gemäß § 43a Abs. 2 BRAO i.V.m. § 203 StGB ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Wie lange gilt die anwaltliche Schweigepflicht?

Die anwaltliche Schweigepflicht gilt grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, d.h. auch nach Beendigung des Mandats und selbst nach dem Tod des Mandanten. In bestimmten Fällen kann die Schweigepflicht jedoch durch gesetzliche Regelungen oder gerichtliche Anordnungen eingeschränkt oder aufgehoben werden.

Wie verhält es sich mit der Schweigepflicht bei gemeinschaftlichen Mandaten, z.B. bei Ehepartnern?

Bei gemeinschaftlichen Mandaten, bei denen ein Anwalt mehrere Personen gleichzeitig vertritt, gilt die anwaltliche Schweigepflicht grundsätzlich auch. Allerdings ist der Anwalt in solchen Fällen berechtigt, Informationen, die ihm von einem Mandanten anvertraut wurden, auch dem anderen Mandanten mitzuteilen, sofern dies zur sachgerechten Wahrnehmung der Interessen beider Mandanten erforderlich ist. Eine solche Offenlegung sollte jedoch stets im Einzelfall geprüft und mit den Mandanten abgesprochen werden.

Was passiert, wenn ein Anwalt seine Schweigepflicht verletzt?

Eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht kann sowohl berufsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wie bereits oben erläutert, kann der Anwalt seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verlieren (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2018, Az. AnwZ (Brfg) 67.17) und nach § 203 StGB strafrechtlich belangt werden. Zudem kann der betroffene Mandant Schadensersatzansprüche gegen den Anwalt geltend machen, wenn ihm durch die Verletzung der Schweigepflicht ein Schaden entstanden ist.

Wie kann ich sicherstellen, dass mein Anwalt die Schweigepflicht einhält?

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass ein seriöser und professioneller Anwalt die Schweigepflicht einhalten wird, da er sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst ist. Um zusätzliche Sicherheit zu gewährleisten, kann es jedoch sinnvoll sein, vor der Mandatserteilung eine schriftliche Verschwiegenheitserklärung vom Anwalt einzuholen. Zudem sollten Sie darauf achten, sensible Informationen nur direkt mit dem Anwalt und nicht mit anderen Kanzleimitarbeitern zu teilen, es sei denn, dies ist ausdrücklich vereinbart.

Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht habe, dass mein Anwalt seine Schweigepflicht verletzt hat?

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Anwalt seine Schweigepflicht verletzt hat, sollten Sie zunächst das Gespräch mit dem Anwalt suchen und ihn mit Ihrem Verdacht konfrontieren. Gegebenenfalls kann auch eine Beschwerde bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer erfolgen. Bei konkreten Anhaltspunkten für eine Verletzung der Schweigepflicht können Sie auch einen anderen Anwalt hinzuziehen, der Ihre Interessen wahrnimmt und prüft, ob Schadensersatzansprüche oder strafrechtliche Schritte gegen den ursprünglichen Anwalt in Betracht kommen.

Fazit

Die anwaltliche Schweigepflicht ist ein grundlegendes Element des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant und trägt maßgeblich dazu bei, dass der Anwalt die Interessen seines Mandanten bestmöglich vertreten kann. Trotz ihrer grundsätzlichen Reichweite gibt es jedoch auch Ausnahmen und Grenzen, die eine Offenlegung von Informationen unter bestimmten Umständen erlauben oder sogar erfordern. Aktuelle Gerichtsurteile verdeutlichen die Bedeutung der anwaltlichen Schweigepflicht und unterstreichen die Notwendigkeit, diese im Interesse der Mandanten zu wahren.

Als erfahrener Rechtsanwalt sind wir uns unserer Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung der Schweigepflicht stets bewusst und setzen uns dafür ein, das Vertrauen unserer Mandanten zu schützen und ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Sollten Sie Fragen zur anwaltlichen Schweigepflicht haben oder rechtlichen Beistand benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

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