Baulücke: Damit bezeichnen Fachleute im Baurecht Grundstücke, die innerhalb einer zusammenhängenden Bebauung noch unbebaut sind. Daraus ergibt sich oft eine attraktive Möglichkeit für Bauherren, mitten in der Stadt zu bauen – ganz ohne die Problematik, ein altes Gebäude abreißen zu müssen. Doch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Baulücken sind komplex und differenziert. Welche rechtlichen Anforderungen müssen Bauvorhaben bei Baulücken erfüllen und welche Probleme können dabei auftauchen? Das sind zentrale Fragen dieses Beitrags.

Interessant ist hierbei, dass Baulücken nicht nur einen städtischen Mehrwert bieten, sondern auch rechtliche Herausforderungen mit sich bringen. Der gesetzliche Rahmen für Baulücken ist detailliert geregelt im Baugesetzbuch (BauGB) und in den Landesbauordnungen (LBO). Die maßgeblichen Vorschriften hängen dabei stark von den Gegebenheiten vor Ort ab.

Baurechtliche Grundlagen für Baulücken

Bauanträge für Baulücken richten sich primär nach den §§ 34 und 35 BauGB. Diese Vorschriften definieren, ob und in welchem Umfang ein Bauvorhaben zulässig ist. Ein wesentliches Kriterium dabei ist, ob ein Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang stehenden bebauten Ortsteils liegt.

Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil ist gegeben, wenn eine gewisse Anzahl von Gebäuden eine Siedlungsstruktur bildet. Liegt ein Baugrundstück innerhalb dieses Gebiets, gilt § 34 BauGB, der festlegt, dass sich das neue Vorhaben nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss.

Prüfkriterien gemäß BauGB

Baulücke und Bebauungspläne

Falls für das Gebiet ein Bebauungsplan existiert, ist dieser prägend für die Zulässigkeit des Vorhabens. Im Bebauungsplan sind konkrete Festsetzungen zur Art und dem Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und zur überbaubaren Grundstücksfläche enthalten. Eine Prüfung gemäß § 30 BauGB ist dann ausschlaggebend. Innerhalb dieser Planungsvorgaben ist das Bauvorhaben dann grundsätzlich zulässig.

Wenn das Grundstück jedoch im Außenbereich liegt (§ 35 BauGB), gelten strengere Kriterien. Bauvorhaben sind in solchen Fällen nur in eng gefassten Ausnahmefällen zulässig, etwa für landwirtschaftliche Betriebe oder andere privilegierte Vorhaben.

Nachbarschaftsrechtliche Aspekte

In vielen Fällen sind nachbarschaftsrechtliche Aspekte bei Baulücken von großer Relevanz. Hier greifen die Regelungen aus den Landesbauordnungen, insbesondere die Abstandsflächenregelungen. Diese sind gesetzliche Mindestabstände, die ein Neubau zu den Grundstücksgrenzen einhalten muss.

Ein klassisches Beispiel: In den meisten Bundesländern beträgt die Abstandsfläche mindestens 50% der Gebäudehöhe, mindestens jedoch 3 Meter. Je nach baulicher Situation und Bebauungsplan können diese Maße variiert sein. Stimmt ein Vorhaben nicht mit den Abstandsflächenregelungen überein, kann dies zu nachbarschaftlichen Einwendungen und rechtlichen Streitigkeiten führen.

Beispiele für Abweichungen

  • Bauliche Anlagen, die gemäß Bebauungsplan eine größere Ausnutzung des Grundstücks ermöglichen.

  • Baulücken in Gebieten, wo eine geringere Abstandsfläche üblich und zulässig ist, wie z. B. dichter Stadtraum.

  • Teilweise Abweichungen durch Befreiungen und Ausnahmen, um das Bauvorhaben zu ermöglichen.

Rechtliche Konflikte und deren Lösung

Kommt es zu Konflikten, kann oft die Mediation zwischen den beteiligten Parteien eine sinnvolle Lösung bieten. Gerade in dicht besiedelten Gebieten ist die Konfliktlösung per Mediation ein wertvolles Instrument. Darüber hinaus können baurechtliche Einsprüche und Rechtsmittel notwendig werden, um zu einer einvernehmlichen Lösung oder einer gerichtlichen Entscheidung zu gelangen.

Anonymisierte Mandantengeschichten

Zur Verdeutlichung der rechtlichen Rahmenbedingungen und typischen Herausforderungen bei Baulücken zeigen anonymisierte Praxisbeispiele, wie unterschiedlich die Ausgangslage und die rechtlichen Fragestellungen sein können.

Fallbeispiel 1: Ein Grundstückseigentümer möchte auf einer ehemals als Gartenfläche genutzten Baulücke ein Mehrfamilienhaus errichten. Die Fläche liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und ist in einem Bebauungsplan als Wohngebiet ausgewiesen. Trotz Einhaltung der Baulinie und Bauweise gem. Bebauungsplan gibt es Einwendungen von Nachbarn, die befürchten, dass das neue Bauvorhaben ihre Belichtungs- und Belüftungsrechte einschränkt. Nach eingehender Prüfung und Mediation erreicht man einen Kompromiss: Der Bauherr passt die geplante Bebauung an und reduziert die Bauhöhe und Gebäudetiefe, was zur Zufriedenheit aller Parteien führt.

Fallbeispiel 2: Ein Landwirt möchte auf einer Baulücke im Außenbereich einen kleinen Verkaufsraum für regionale Produkte errichten. Obwohl eine Privilegierung nach § 35 BauGB nicht greift, weil die bauliche Nutzung nicht für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich ist, könnte der Landwirt durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 BauGB Erfolg haben. Die örtliche Gemeinde begrüßt das Vorhaben, und nach rechtsverbindlicher Aufstellung des Bebauungsplans wird das Bauvorhaben genehmigt.

Checkliste für den Bauherren

Welcher Bauherr an einem Projekt in einer Baulücke interessiert ist, sollte folgende Schritte und Punkte beachten:

  • Grundstücksanalyse: Prüfung, ob das Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt.

  • Rechtsgrundlagen: Prüfungen nach § 34 BauGB für Innenbereichsgrundstücke bzw. § 35 BauGB für Außenbereichsgrundstücke.

  • Bebauungsplan: Prüfung, ob ein Bebauungsplan existiert und ob das Vorhaben hiernach zulässig ist.

  • Abstandsflächen: Einhaltung der Abstandsflächenregelungen gemäß Landesbauordnung (LBO) sicherstellen.

  • Nachbarn einbinden: Rechtzeitige Gespräche mit angrenzenden Nachbarn führen, um Einwendungen zu minimieren.

  • Behördengespräche: Vorabgespräche mit der Bauaufsichtsbehörde und Planungssicherheit einholen.

Zusammenfassung der wichtigsten Gesetze und Regelungen

Für ein umfassendes Verständnis sind die wichtigsten gesetzlichen Regelungen, die bei Baulücken zu beachten sind, zusammengefasst:

  • Baugesetzbuch (BauGB): §§ 30 (Bebauungsplan) und 34 (Innenbereich) sowie 35 (Außenbereich).

  • Landesbauordnungen (LBO): Abstandsflächenregelungen und örtliche Besonderheiten der jeweiligen Länder.

  • Nebengesetze und Verordnungen: wie Energieeinsparverordnung (EnEV) und Anforderungen an Barrierefreiheit und Brandschutz.

Nach allen juristischen Prüfungen und eventuellen Anpassungen folgt normalerweise ein querbetrachtender Abgleich mit den städtebaulichen Verträglichkeiten und einer abschließenden rechtssicheren Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Entwicklung und Bebauung von Baulücken eine Vielzahl an rechtlichen und praktischen Herausforderungen mit sich bringt. Mit einem systematischen und strukturierten Vorgehen und der Beachtung aller relevanten gesetzlichen Bestimmungen sowie durch einvernehmliche Lösungen mit betroffenen Nachbarn lässt sich die Realisierung solcher Bauvorhaben erfolgreich gestalten.

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