Das deutsche Rechtssystem, so wie andere Rechtssysteme weltweit, ist ein komplexes Netzwerk von Regeln und Vorschriften, das einen großen Einfluss auf das tägliche Leben hat. Eines der Konzepte, das oft missverstanden wird und zu rechtlichen Kontroversen führen kann, ist die Begünstigung. Diese komplexe und nuancierte Straftat hat sowohl für Einzelpersonen als auch für die Gesellschaft insgesamt weitreichende Auswirkungen. In diesem Artikel werden wir die gesetzlichen Aspekte und Auswirkungen der Begünstigung im deutschen Rechtssystem detailliert erläutern. Wir werden dabei auf relevante Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und konkrete Beispiele eingehen und auch einige der häufigsten Fragen zum Thema Begünstigung beantworten.

Definition und Erklärung der Begünstigung

Bevor wir uns in die Einzelheiten vertiefen, ist es wichtig, ein grundlegendes Verständnis für das Konzept der Begünstigung zu entwickeln. Im Kontext des deutschen Strafrechts bezeichnet die Begünstigung Handlungen, die darauf abzielen, einen Täter nach der Begehung einer Straftat vor Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen. Dies kann durch verschiedene Methoden erreicht werden, darunter die Verbergung des Täters, die Vernichtung oder Fälschung von Beweisen oder die Unterstützung des Täters bei der Flucht vor den Behörden.

Die Begünstigung ist in §257 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Dieser Paragraf legt sowohl die spezifischen Handlungen fest, die als Begünstigung angesehen werden können, als auch die potenziellen Strafen für eine solche Handlung. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich bei der Begünstigung um eine Vorsatzstraftat handelt, was bedeutet, dass der Täter wissentlich und willentlich gehandelt haben muss, um den Täter zu schützen.

Der juristische Rahmen der Begünstigung: Gesetzliche Bestimmungen und Rechtsprechung

Die gesetzliche Regelung der Begünstigung

Wie bereits erwähnt, ist die Begünstigung im deutschen Strafgesetzbuch in §257 festgelegt. Dieser Paragraf ist ein entscheidendes Instrument für die Strafverfolgungsbehörden, um Personen zu belangen, die versuchen, Täter vor dem Gesetz zu schützen. Um eine Verurteilung wegen Begünstigung zu erreichen, muss die Strafverfolgungsbehörde nachweisen, dass der Angeklagte:

  • Vorsätzlich gehandelt hat,
  • Wusste, dass die unterstützte Person eine Straftat begangen hat, und
  • Handlungen unternommen hat, um die Strafverfolgung dieser Person zu vereiteln.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede Handlung, die einen Täter nach der Tat unterstützt, als Begünstigung angesehen wird. Es müssen spezifische, gesetzlich festgelegte Handlungen durchgeführt worden sein, um eine Verurteilung wegen Begünstigung zu rechtfertigen.

Die Rolle der Rechtsprechung in der Auslegung und Anwendung der Begünstigung

Während das Gesetz den Rahmen für die Strafbarkeit der Begünstigung festlegt, spielt die Rechtsprechung eine entscheidende Rolle bei der Interpretation und Anwendung dieser Gesetze in der Praxis. Es gibt zahlreiche Gerichtsentscheidungen in Deutschland, die sich mit verschiedenen Aspekten der Begünstigung befassen und wichtige Leitlinien für deren Anwendung in zukünftigen Fällen bieten.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. November 2020 (Az. 2 StR 152/20). In diesem Fall stellte der BGH klar, dass das bloße Unterlassen von Handlungen, die zur Aufdeckung einer Straftat führen könnten, nicht als Begünstigung angesehen wird. Stattdessen ist eine aktive Handlung erforderlich – das bedeutet, dass der Täter eine bestimmte Aktion durchführen muss, die darauf abzielt, den Täter vor Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen.

Ein weiteres relevantes Urteil wurde vom BGH im Jahr 2019 erlassen (BGH, Urteil vom 26. September 2019 – 3 StR 224/19). In diesem Fall wurde festgestellt, dass die Begünstigung eines nahen Familienmitglieds unter Umständen einen strafmildernden Umstand darstellen kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine solche Handlung generell zur Straffreiheit führt. Vielmehr kann das Gericht diesen Umstand bei der Festsetzung der Strafe berücksichtigen.

Die oben genannten Fälle sind nur zwei Beispiele aus einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Begünstigung befassen. Sie illustrieren die Bedeutung der Rechtsprechung bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzes in der Praxis.

Die Auswirkungen der Begünstigung: Konsequenzen für Einzelpersonen und die Gesellschaft

Die Begünstigung hat bedeutende Auswirkungen sowohl auf Einzelpersonen als auch auf die Gesellschaft insgesamt. Auf individueller Ebene kann eine Verurteilung wegen Begünstigung zu ernsthaften rechtlichen Konsequenzen führen, darunter Geldstrafen und Freiheitsstrafen. Darüber hinaus kann eine solche Verurteilung auch erhebliche soziale und berufliche Auswirkungen haben, einschließlich der Möglichkeit eines beschädigten Rufes und der Schwierigkeiten bei der Jobsuche.

Auf gesellschaftlicher Ebene trägt die Begünstigung zur Untergrabung des Rechtsstaats bei. Sie erschwert die Durchführung von Strafverfolgungsmaßnahmen und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirksamkeit des Justizsystems. Darüber hinaus kann sie auch zur weiteren Verbreitung von Kriminalität beitragen, indem sie Tätern ermöglicht, Strafverfolgungsmaßnahmen zu entgehen.

Frequently Asked Questions (FAQ) zur Begünstigung

Welche Strafe droht bei einer Verurteilung wegen Begünstigung?

Die Strafen für die Begünstigung sind in §257 StGB festgelegt. Dort heißt es, dass die Begünstigung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. Die tatsächliche Strafe, die bei einer Verurteilung verhängt wird, hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören die Art und Schwere der ursprünglichen Straftat, die Art und das Ausmaß der Begünstigungshandlung, der Grad des Vorsatzes und andere relevante Umstände. In einigen Fällen kann das Gericht auch strafmildernde Umstände berücksichtigen, wie zum Beispiel den Grad der Beziehung zwischen dem Täter und dem Begünstigenden.

Kann man auch unbewusst begünstigen?

Nein. Die Begünstigung ist eine Vorsatzstraftat, was bedeutet, dass der Täter wissentlich und willentlich handeln muss, um einen Täter vor der Strafverfolgung zu schützen. Es reicht nicht aus, dass der Täter unwissentlich Handlungen durchführt, die einem Täter helfen könnten. Stattdessen muss der Täter spezifische Handlungen mit der Absicht durchführen, den Täter zu schützen. Daher kann man nicht unbewusst begünstigen.

Kann man jemanden begünstigen, ohne die Tat zu kennen?

Nein. Ein notwendiges Element für die Strafbarkeit der Begünstigung ist das Wissen um die ursprüngliche Straftat. Ohne dieses Wissen kann keine Begünstigung vorliegen. Dies bedeutet, dass der Täter zum Zeitpunkt der Begünstigungshandlung wissen muss, dass die Person, die er schützt, eine Straftat begangen hat. Wenn der Täter dieses Wissen nicht hat, kann er nicht wegen Begünstigung verurteilt werden.

Kann man ein Familienmitglied begünstigen?

Ja, es ist möglich, ein Familienmitglied zu begünstigen. Die gesetzliche Definition der Begünstigung in §257 StGB macht keine Ausnahme für Familienmitglieder. Dies bedeutet, dass man auch dann wegen Begünstigung verurteilt werden kann, wenn man ein Familienmitglied schützt. Allerdings kann das Gericht bei der Festsetzung der Strafe die familiäre Beziehung zwischen dem Täter und dem Begünstigenden als strafmildernden Umstand berücksichtigen.

Welche Handlungen können als Begünstigung angesehen werden?

Es gibt eine Vielzahl von Handlungen, die als Begünstigung angesehen werden können. In §257 StGB wird die Begünstigung allgemein als jede Handlung definiert, die dazu dient, einen Täter vor Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen. Dies kann beinhalten, aber nicht beschränkt sein auf: die Verbergung des Täters, die Vernichtung oder Fälschung von Beweisen, die Unterstützung des Täters bei der Flucht vor den Behörden oder die Bereitstellung von falschen Informationen an die Strafverfolgungsbehörden.

Ist es strafbar, einen Freund zu begünstigen?

Ja, es ist strafbar, einen Freund zu begünstigen. Wie bei Familienmitgliedern, macht §257 StGB keine Ausnahme für Freunde oder andere nahestehende Personen. Wenn man also wissentlich und willentlich Handlungen durchführt, um einen Freund vor Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen, kann man wegen Begünstigung verurteilt werden.

Ist die Strafe für die Begünstigung abhängig von der Schwere der ursprünglichen Straftat?

Die Schwere der ursprünglichen Straftat kann einen Einfluss auf die Strafe für die Begünstigung haben. Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die tatsächliche Strafe hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art und Schwere der ursprünglichen Straftat. Das bedeutet, dass die Begünstigung einer schwereren Straftat in der Regel zu einer schwereren Strafe führen kann als die Begünstigung einer weniger schweren Straftat.

Wird die Begünstigung immer strafrechtlich verfolgt?

Ob eine Begünstigung strafrechtlich verfolgt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter dem Ausmaß der Begünstigungshandlung, dem Grad des Vorsatzes und anderen relevanten Umständen. In der Praxis wird die Staatsanwaltschaft in der Regel Fälle verfolgen, in denen sie überzeugt ist, dass sie einen Schuldspruch erreichen kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Handlung, die als Begünstigung angesehen werden könnte, zwangsläufig zu einer Strafverfolgung führen wird.

Schlussfolgerung: Die Bedeutung des Verständnisses der Begünstigung im deutschen Rechtssystem

Die Begünstigung ist ein komplexer und nuancierter Bereich des Strafrechts, der sowohl für Rechtsanwälte als auch für die breite Öffentlichkeit von Interesse ist. Sie hat weitreichende Auswirkungen sowohl auf Einzelpersonen als auch auf die Gesellschaft insgesamt und kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Daher ist es wichtig, ein klares Verständnis dieses Konzepts und seiner Anwendung in der Praxis zu haben.

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