Die Entscheidung, eine Bürgschaft zu übernehmen, ist oftmals mit großen finanziellen Verpflichtungen und einer hohen Verantwortung verbunden. Umso wichtiger ist es, die Verfahren und Möglichkeiten zur Ablösung einer Bürgschaft genau zu kennen. Im Folgenden erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die wesentlichen rechtlichen Bestimmungen und Abläufe zur Auswechslung eines Bürgen im deutschen Rechtssystem.

Die Bürgschaft ist ein Vertrag, bei dem der Bürge sich verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines Dritten, des Hauptschuldners, gegenüber dem Gläubiger einzustehen. Die Gründe für den Wunsch, einen Bürgen auszutauschen, sind vielfältig und reichen von persönlichen Veränderungen bis hin zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des ursprünglichen Bürgen.

Rechtliche Grundlagen der Bürgschaftsübernahme

Die rechtlichen Grundlagen der Bürgschaft finden sich im BGB, dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Hier ist insbesondere § 765 BGB von Bedeutung, der die wesentlichen Merkmale der Bürgschaft regelt. Ein Bürgschaftsvertrag ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, der keine Gegenleistung des Gläubigers erfordert. Neben den allgemeinen Bestimmungen zur Bürgschaft sind auch die Vorschriften über die Haftung des Bürgen (§§ 766 ff. BGB) und über die Sonderformen der Bürgschaft, wie die selbstschuldnerische Bürgschaft (§ 773 BGB) und die Bürgschaft auf erste Anforderung (§ 773 Abs. 2 BGB), von Bedeutung.

Voraussetzungen für die Bürgschaftsübernahme

Eine Bürgschaft kann grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Beteiligten, also des Gläubigers, des Bürgen und des Hauptschuldners, übertragen werden. Zu berücksichtigen sind dabei folgende wesentlichen Punkte:

  • Einverständnis des Gläubigers: Ohne die Zustimmung des Gläubigers kann ein Bürge nicht einfach ausgetauscht werden.
  • Neuer Bürgschaftsvertrag: Es muss ein neuer Bürgschaftsvertrag zwischen dem Gläubiger und dem neuen Bürgen abgeschlossen werden.
  • Beendigung der alten Bürgschaft: Die bestehende Bürgschaft muss formell beendet werden, was meist durch eine schriftliche Vereinbarung erfolgt.

Der Prozess der Bürgschaftsübernahme

Der Austausch eines Bürgen ist ein formaler Prozess, der mehrere Schritte umfasst. In der Regel geht es darum, einen neuen Bürgschaftsvertrag abzuschließen und den bestehenden zu beenden. Die folgenden Abschnitte erläutern den genauen Ablauf.

Anfrage beim Gläubiger

Der erste Schritt besteht darin, den Gläubiger über das Anliegen zu informieren und dessen Zustimmung einzuholen. Der Gläubiger wird in der Regel prüfen, ob der neue Bürge finanziell genauso leistungsfähig ist wie der bisherige Bürge. Oftmals sind Finanzunterlagen und eine Selbstauskunft des neuen Bürgen erforderlich.

Verträge und formelle Einwilligungen

Sobald der Gläubiger zugestimmt hat, müssen formell gültige Verträge aufgesetzt werden. Das bedeutet, dass ein neuer Bürgschaftsvertrag zwischen dem Gläubiger und dem neuen Bürgen abgeschlossen werden muss. Zudem wird meist eine Aufhebungsvereinbarung für die alte Bürgschaft notwendig sein.

Ablösung der alten Bürgschaft

Die alte Bürgschaft wird durch eine formelle Erklärung des Gläubigers gegenüber dem bisherigen Bürgen aufgehoben. Diese Erklärung sollte schriftlich abgefasst sein, um spätere Missverständnisse zu vermeiden. Der alte Bürge ist erst dann von seinen Verpflichtungen entbunden, wenn der neue Bürge den Bürgschaftsvertrag wirksam übernommen hat.

Praktische Beispiele und Fallstudien

Um die theoretischen Ausführungen zu verdeutlichen, sollen im Folgenden einige Praxisbeispiele und Fallstudien aus der anwaltlichen Praxis dargestellt werden. Diese Beispiele zeigen, auf welche Fallstricke besonders geachtet werden muss und wie man diese vermeiden kann.

Praxisbeispiel: Bürgschaft bei Privatkrediten

Herr Müller, ein langjähriger Freund von Herrn Schmidt, hat für dessen privaten Kredit gebürgt. Wegen neuer persönlicher und finanzieller Verpflichtungen möchte Herr Müller als Bürge ausscheiden. Herr Schmidt sucht daher nach einem neuen Bürgen und findet Frau Meier, die bereit ist, die Bürgschaft zu übernehmen. Nachdem der Gläubiger, hier die Bank, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Frau Meier geprüft und akzeptiert hat, wird ein neuer Bürgschaftsvertrag aufgesetzt. Herr Müller wird sodann durch eine schriftliche Erklärung der Bank von seinen Verpflichtungen entbunden.

Praxisbeispiel: Bürgschaft im geschäftlichen Kontext

Die „Schmidt GmbH“ hat einen Kredit aufgenommen, für den der Geschäftsführer persönlich gebürgt hat. Aufgrund der Expansion des Unternehmens und seiner damit gestiegenen finanziellen Verpflichtungen möchte der Geschäftsführer diese Bürgschaft auf einen Geschäftspartner übertragen. Nach Zustimmung des Finanzinstituts und Abschluss der erforderlichen Verträge tritt der Geschäftspartner in die Bürgschaft ein, und die Haftung des Geschäftsführers wird formell beendet.

Checkliste für die Bürgschaftsübernahme

Für eine geordnete und rechtssichere Übernahme der Bürgschaft ist es ratsam, eine Checkliste zu verwenden:

  • Prüfen der finanziellen Leistungsfähigkeit des neuen Bürgen
  • Zustimmung des Gläubigers einholen
  • Abschluss eines neuen Bürgschaftsvertrags
  • Notwendige Unterlagen und Erklärungen bereitstellen
  • Formelle Aufhebung der alten Bürgschaft dokumentieren

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Kann jeder eine Bürgschaft übernehmen?

Grundsätzlich kann jeder, der voll geschäftsfähig ist und über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, eine Bürgschaft übernehmen. In der Praxis wird der Gläubiger jedoch die Bonität des neuen Bürgen prüfen, um sicherzustellen, dass dieser im Falle eines Zahlungsausfalls des Hauptschuldners in der Lage ist, die Bürgschaftsverpflichtungen zu erfüllen.

Muss eine Bürgschaft immer schriftlich erfolgen?

Ja, gemäß § 766 BGB muss ein Bürgschaftsvertrag schriftlich abgeschlossen werden. Die schriftliche Form ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung und dient der Rechtssicherheit.

Können mehrere Personen für denselben Kredit bürgen?

Ja, es ist möglich, dass mehrere Personen gemeinsam für denselben Kredit bürgen. In diesem Fall spricht man von einer Mitbürgschaft oder einer gemeinsamen Bürgschaft. Dabei haften die Bürgen entweder gesamtschuldnerisch oder anteilig entsprechend der vertraglichen Vereinbarung.

Kann ein Bürge seine Verpflichtungen widerrufen?

Ein Bürge kann nach Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages seine Verpflichtungen grundsätzlich nicht einseitig widerrufen oder auflösen, es sei denn, es liegt eine gesetzliche Widerrufsmöglichkeit vor oder alle Vertragsparteien einigen sich auf eine Aufhebung der Bürgschaft.

Fazit

Die Ablösung eines Bürgen ist ein formeller Prozess, der eine gründliche Vorbereitung und Abstimmung zwischen allen Beteiligten erfordert. Entscheidend sind die Zustimmung des Gläubigers und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des neuen Bürgen. Wir empfehlen, stets die rechtlichen Rahmenbedingungen und Bestimmungen des BGB zu beachten und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen, um Rechtspositionen abzusichern und mögliche Fallstricke zu umgehen.

Falls Sie Fragen zur Bürgschaft und deren Übernahme haben oder Unterstützung bei der Durchführung benötigen, steht Ihnen unsere Kanzlei gern zur Verfügung.

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Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

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