Trennung und Scheidung sind für die meisten Menschen eine emotional belastende Zeit. Neben den emotionalen Aspekten gibt es auch zahlreiche rechtliche Fragen, die geklärt werden müssen. Eine der wichtigsten rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung ist der Ehegattenunterhalt. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir uns mit den Regelungen und Ansprüchen rund um den Ehegattenunterhalt auseinandersetzen, einschließlich Berechnung, Dauer und aktueller Gerichtsurteile. Wir werden auch einige häufig gestellte Fragen beantworten, um Ihnen ein besseres Verständnis der Thematik zu ermöglichen.

Gliederung

  • Grundlagen: Was ist Ehegattenunterhalt?
  • Arten von Ehegattenunterhalt: Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt
  • Voraussetzungen für den Anspruch auf Ehegattenunterhalt
  • Berechnung des Ehegattenunterhalts: Einkommen, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit
  • Dauer des Ehegattenunterhalts: Befristung und Herabsetzung
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Ehegattenunterhalt
  • FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Ehegattenunterhalt

Grundlagen: Was ist Ehegattenunterhalt?

Ehegattenunterhalt ist ein rechtlicher Anspruch, der einem Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten zusteht, um seinen Lebensunterhalt während oder nach einer Trennung oder Scheidung zu sichern. Der Ehegattenunterhalt basiert auf dem Grundsatz der Solidarität in der Ehe und soll dazu beitragen, dass beide Ehegatten nach einer Trennung oder Scheidung finanziell abgesichert sind.

Die rechtliche Grundlage für den Ehegattenunterhalt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, insbesondere in den §§ 1360 bis 1585b BGB. Die Regelungen zum Ehegattenunterhalt werden durch die Rechtsprechung der Familiengerichte konkretisiert und weiterentwickelt.

Arten von Ehegattenunterhalt: Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von Ehegattenunterhalt unterschieden:

  1. Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB): Dieser Anspruch entsteht bereits während der Trennungsphase, also ab dem Zeitpunkt, ab dem die Ehegatten getrennt leben. Der Trennungsunterhalt soll dazu dienen, die finanzielle Situation beider Ehegatten während der Trennungsphase abzusichern, bis die Ehe geschieden wird. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt endet mit der Rechtskraft der Scheidung.
  2. Nachehelicher Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB): Dieser Anspruch entsteht nach der Scheidung und kann von dem bedürftigen Ehegatten geltend gemacht werden. Der nacheheliche Unterhalt kann aufgrund verschiedener Unterhaltstatbestände entstehen, die im Folgenden näher erläutert werden.

Voraussetzungen für den Anspruch auf Ehegattenunterhalt

Nicht in jedem Fall besteht ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Damit ein solcher Anspruch entsteht, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Nachfolgend werden die wesentlichen Voraussetzungen erläutert:

  1. Trennung der Ehegatten: Für den Anspruch auf Trennungsunterhalt ist es erforderlich, dass die Ehegatten getrennt leben (§ 1361 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, dass sie keine häusliche Gemeinschaft mehr miteinander führen und einer der Ehegatten dies gegenüber dem anderen Ehegatten ausdrücklich erklärt hat.
  2. Bedürftigkeit des anspruchstellenden Ehegatten: Sowohl beim Trennungsunterhalt als auch beim nachehelichen Unterhalt muss der anspruchstellende Ehegatte bedürftig sein, d.h. er muss außerstande sein, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten (§ 1361 Abs. 2 BGB bzw. § 1577 Abs. 1 BGB).
  3. Leistungsfähigkeit des anspruchspflichtigen Ehegatten: Der anspruchspflichtige Ehegatte muss auch in der Lage sein, den Unterhalt zu leisten, ohne dass seine eigene Existenz gefährdet wird (§ 1603 BGB).
  4. Bestehen eines Unterhaltstatbestandes: Bei nachehelichem Unterhalt muss darüber hinaus ein Unterhaltstatbestand vorliegen. Hierzu zählen insbesondere:
    • Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes (§ 1570 BGB)
    • Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB)
    • Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB)
    • Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB)
    • Unterhalt wegen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (§ 1575 BGB)
    • Unterhalt aus Billigkeitsgründen (§ 1576 BGB)

Berechnung des Ehegattenunterhalts: Einkommen, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit

Die Höhe des Ehegattenunterhalts wird anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten ermittelt. Dabei spielen insbesondere die Bedürftigkeit des anspruchstellenden Ehegatten und die Leistungsfähigkeit des anspruchspflichtigen Ehegatten eine Rolle.

Zur Berechnung des Ehegattenunterhalts wird das bereinigte Nettoeinkommen beider Ehegatten herangezogen. Hierbei werden zunächst die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und sonstigen Einkünften ermittelt. Anschließend werden davon bestimmte Abzüge vorgenommen, wie zum Beispiel Steuern, Sozialabgaben oder berufsbedingte Aufwendungen.

Der Unterhaltsanspruch bemisst sich nach der sogenannten Differenzmethode, bei der der Unterschied zwischen dem bereinigten Nettoeinkommen beider Ehegatten ermittelt wird. Der anspruchstellende Ehegatte hat grundsätzlich Anspruch auf die Hälfte dieser Differenz. Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts wird jedoch noch ein Trennungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt, der zu einer Erhöhung des Unterhaltsanspruchs führen kann.

Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts ist außerdem der sogenannte eheliche Lebensstandard zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch soll dabei so bemessen sein, dass der anspruchstellende Ehegatte weiterhin seinen bisherigen Lebensstandard halten kann. Hierbei können auch ehebedingte Nachteile, wie zum Beispiel der Verzicht auf eine Karriere zugunsten der Familie, eine Rolle spielen.

Dauer des Ehegattenunterhalts: Befristung und Herabsetzung

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Scheidung. Der nacheheliche Unterhalt ist hingegen in vielen Fällen zeitlich begrenzt oder kann im Laufe der Zeit herabgesetzt werden. Die Dauer des nachehelichen Unterhalts hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Dauer der Ehe, dem Alter der Ehegatten oder den ehebedingten Nachteilen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist der nacheheliche Unterhalt grundsätzlich zeitlich zu begrenzen oder zu befristen, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war und keine ehebedingten Nachteile entstanden sind. Eine Ausnahme von dieser Regel kann zum Beispiel vorliegen, wenn der anspruchstellende Ehegatte während der Ehe ein gemeinsames Kind betreut hat und dadurch ehebedingte Nachteile entstanden sind.

Der nacheheliche Unterhalt kann auch herabgesetzt oder sogar ganz entfallen, wenn sich die Verhältnisse der Ehegatten wesentlich ändern. Eine solche Änderung kann zum Beispiel eintreten, wenn der anspruchstellende Ehegatte eine neue Erwerbstätigkeit aufnimmt, die sein Einkommen erhöht, oder wenn der anspruchspflichtige Ehegatte erhebliche Einkommenseinbußen erleidet.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Ehegattenunterhalt

Die Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt ist ständig in Bewegung und wird durch die Entscheidungen der Familiengerichte und des BGH fortentwickelt. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die für das Verständnis des Ehegattenunterhalts von Bedeutung sind:

  • BGH, Urteil vom 18.03.2020 – XII ZB 358/19: Der BGH hat entschieden, dass der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten, der während der Ehe ein gemeinsames Kind betreut hat, nicht automatisch zeitlich befristet ist, auch wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war. Eine Befristung kann jedoch im Einzelfall angezeigt sein, wenn der betreuende Elternteil keine ehebedingten Nachteile erlitten hat.
  • BGH, Urteil vom 11.09.2019 – XII ZB 364/18: Der BGH hat klargestellt, dass der anspruchspflichtige Ehegatte nicht verpflichtet ist, seine Arbeitszeit zu erhöhen, um den Unterhaltsanspruch des anspruchstellenden Ehegatten zu erfüllen. Eine solche Verpflichtung besteht nur, wenn der anspruchspflichtige Ehegatte seine Arbeitszeit während der Ehe reduziert hat und diese Reduzierung nicht mehr gerechtfertigt ist.
  • BGH, Urteil vom 06.02.2019 – XII ZB 364/17: Der BGH hat entschieden, dass der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nicht automatisch entfällt, wenn er in einer neuen eheähnlichen Gemeinschaft lebt. Eine solche Gemeinschaft kann jedoch im Rahmen der Unterhaltsberechnung als einkommenserhöhend berücksichtigt werden.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Ehegattenunterhalt

Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zum Ehegattenunterhalt beantwortet:

  1. Wie lange muss Ehegattenunterhalt gezahlt werden?Die Dauer des Ehegattenunterhalts hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Dauer der Ehe, dem Alter der Ehegatten oder den ehebedingten Nachteilen. In vielen Fällen ist der nacheheliche Unterhalt zeitlich begrenzt oder kann im Laufe der Zeit herabgesetzt werden.
  2. Wie wird der Ehegattenunterhalt berechnet?Die Höhe des Ehegattenunterhalts wird anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten ermittelt. Dabei spielen insbesondere die Bedürftigkeit des anspruchstellenden Ehegatten und die Leistungsfähigkeit des anspruchspflichtigen Ehegatten eine Rolle. Zur Berechnung des Unterhalts wird das bereinigte Nettoeinkommen beider Ehegatten herangezogen.
  3. Wann entfällt der Anspruch auf Ehegattenunterhalt?Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt kann entfallen, wenn sich die Verhältnisse der Ehegatten wesentlich ändern, zum Beispiel wenn der anspruchstellende Ehegatte eine neue Erwerbstätigkeit aufnimmt, die sein Einkommen erhöht, oder wenn der anspruchspflichtige Ehegatte erhebliche Einkommenseinbußen erleidet. Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt kann auch entfallen, wenn der anspruchstellende Ehegatte wieder heiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt.
  4. Wie wirken sich ehevertragliche Regelungen auf den Ehegattenunterhalt aus?Ehevertragliche Regelungen können den Ehegattenunterhalt sowohl erhöhen als auch einschränken. Allerdings sind solche Regelungen nur wirksam, wenn sie nicht gegen die guten Sitten verstoßen oder den berechtigten Interessen einer Partei in unzulässiger Weise zuwiderlaufen. Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen.

Fazit: Der Ehegattenunterhalt ist ein komplexes Rechtsgebiet, das von zahlreichen Regelungen und aktuellen Gerichtsurteilen geprägt ist. Sowohl für den anspruchstellenden als auch für den anspruchspflichtigen Ehegatten ist es wichtig, sich gut über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Ansprüche zu informieren, um bestmöglich auf eine Trennung oder Scheidung vorbereitet zu sein. Eine umfassende rechtliche Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht kann in vielen Fällen unerlässlich sein, um die eigenen Interessen bestmöglich zu wahren.

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