Der Gefahrübergang ist ein zentraler Begriff im deutschen Schuldrecht und insbesondere im Kaufrecht. Er betrifft die Frage, wann das Risiko einer Verschlechterung, des Untergangs oder der Unmöglichkeit einer Leistung auf den Käufer übergeht. In diesem umfangreichen Blogbeitrag werden wir diesen wichtigen Begriff in seinen verschiedenen Facetten beleuchten. Dabei sprechen wir auch die gesetzlichen Regelungen an, gehen auf Beispiele ein und versuchen, häufig auftretende Fragen zu beantworten.

Als erfahrene Anwaltskanzlei in Schuldrecht und Kaufrecht verfügen wir über ein umfassendes Wissen über den Gefahrübergang und seine Auswirkungen. Wir möchten dieses Wissen mit Ihnen teilen und Ihnen so helfen, ein besseres Verständnis für diese Aspekte zu entwickeln, die sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen von Relevanz sind.

§ 446 BGB: Gefahrübergang beim Versendungskauf

Der Gefahrübergang ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den § 446 bis § 449 geregelt. Beginnend mit § 446 BGB, der den Versendungskauf betrifft, also den Kauf, bei dem der Verkäufer die Ware auf Verlangen des Käufers auf den Weg bringen soll. Hier gilt gemäß § 446 Satz 1 BGB folgende Regelung:

„Ist der Käufer ein Verbraucher, so geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der verkauften Sache auch beim Versendungskauf erst mit der Übergabe der Sache auf den Käufer über.“

Das bedeutet, dass der Gefahrübergang erst dann stattfindet, wenn der Verbraucher die Ware tatsächlich in Besitz nimmt. Der Verkäufer haftet also für alle Schäden, die während des Transports entstehen können.

§ 447 BGB: Gefahrübergang bei Übergabe an Transportperson

Anders gestaltet sich der Gefahrübergang bei einem Kaufvertrag zwischen zwei Unternehmern oder bei einem Vertrag, bei dem der Käufer kein Verbraucher ist. In diesem Fall gilt § 447 BGB, der folgendermaßen lautet:

„Ist der Käufer kein Verbraucher, so geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der verkauften Sache mit der Übergabe an den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt auf den Käufer über.“

Somit liegt der Gefahrübergang hier schon bei der Übergabe der Ware an die Transportperson. Der Verkäufer hat ab diesem Zeitpunkt keine Haftung mehr für Schäden, die während des Transports entstehen können.

§ 448 BGB: Gefahrübergang bei Abholung der Ware

Ein weiterer Fall, in dem das Gesetz den Gefahrübergang regelt, ist der § 448 BGB. Dieser betrifft die Abholung einer Ware oder den sogenannten „Holkauf“. Hier gilt im Wesentlichen Folgendes:

„Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der verkauften Sache geht auf den Käufer über, sobald dieser die Sache in Besitz genommen hat.“

Im Falle eines Holkaufs findet der Gefahrübergang also mit der Übergabe der Ware an den Käufer statt. Sobald der Käufer die Ware in Besitz genommen hat, geht das Risiko auf ihn über.

Beispiel 1: Holkauf mit Gefahrübergang

Herr Müller kauft von Herrn Schmidt ein hochwertiges Fahrrad. Beide sind Unternehmer. Herr Müller holt das Fahrrad bei Herrn Schmidt ab und nimmt es in Besitz. Auf dem Rückweg hat Herr Müller einen Unfall, bei dem das Fahrrad beschädigt wird. Hier liegt der Gefahrübergang bereits bei der Abholung der Ware durch Herrn Müller, sodass Herr Schmidt nicht mehr für den Schaden haftet.

§ 449 BGB: Gefahrübergang bei Kauf von Grundstücken und Grundstücksrechten

Im Falle eines Kaufvertrages über Grundstücke oder Grundstücksrechte findet der Gefahrübergang gemäß § 449 Abs. 1 BGB erst mit der Übergabe des verkauften Grundstückes oder des Grundstücksrechts statt. Hierbei ist die Besitz-Übergabe maßgeblich. Im Fall einer Verzögerung, die vom Käufer verursacht wird, geht die Gefahr ebenfalls auf den Käufer über (§ 449 Abs. 2 BGB).

Woran erkennt man den Zeitpunkt des Gefahrübergangs?

Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist entscheidend für die Frage, wer für Schäden, die nach dem Abschluss des Kaufvertrages, aber vor der Übergabe der Ware entstehen, haftet. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum. Der Gefahrübergang betrifft den Besitz einer Ware und nicht den Eigentumswechsel.

Um den genauen Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu bestimmen, muss man also den Zeitpunkt der Besitz-Übergabe ermitteln. Dies kann im Einzelfall schwierig sein, weshalb es ratsam sein kann, die Hilfe eines Anwalts in Anspruch zu nehmen, der sich in diesen Fragen auskennt.

Häufig gestellte Fragen

Im Folgenden möchten wir einige häufig auftretende Fragen zum Thema beantworten, um Ihnen ein noch besseres Verständnis für dieses komplexe Thema zu ermöglichen.

Wann geht die Gefahr über, wenn der Verkäufer die Ware nicht versendet?

Wenn der Verkäufer die Ware aus irgendeinem Grund nicht versendet, zum Beispiel weil er die bestellte Ware nicht mehr liefern kann oder weil er Insolvenz anmelden muss, geht die Gefahr gemäß § 326 BGB nicht auf den Käufer über. In einem solchen Fall bleibt also das Risiko beim Verkäufer.

Welche Rolle spielt der Gefahrübergang bei Transportschäden?

Im Falle von Transportschäden spielt der Gefahrübergang eine entscheidende Rolle. Ist der Gefahrübergang bereits beim Verkäufer erfolgt, haftet dieser für etwaige Schäden, die während des Transports entstehen. Ist hingegen der Gefahrübergang auf den Käufer übergegangen, haftet dieser für die Schäden.

Kann der Gefahrübergang vertraglich ausgeschlossen werden?

Durch individuelle vertragliche Vereinbarungen können die gesetzlichen Regelungen zum Gefahrübergang abgeändert oder eingeschränkt werden. Allerdings müssen solche Vereinbarungen dem deutschen Schuldrecht entsprechen und dürfen keine Benachteiligung von Verbrauchern darstellen.

Abschließende Worte

Der Gefahrübergang ist ein wichtiger und komplexer Bestandteil des deutschen Schuld- und Kaufrechts. Es ist für Käufer und Verkäufer gleichermaßen wichtig, sich über die gesetzlichen Regelungen und ihre Auswirkungen im Klaren zu sein, um in bestimmten Situationen die richtigen Entscheidungen treffen zu können. In Einzelfällen kann es jedoch ratsam sein, die Hilfe eines erfahrenen Anwalts in Anspruch zu nehmen, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und den genauen Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu ermitteln.

Unsere Anwaltskanzlei steht Ihnen in allen Fragen rund um den Gefahrübergang und weitere schuldrechtliche Angelegenheiten gerne zur Verfügung. Wir beraten Sie kompetent und individuell, um Ihnen eine passende Lösung für Ihr rechtliches Anliegen zu bieten. Zögern Sie nicht, uns bei Fragen zu kontaktieren, und profitieren Sie von unserer Expertise im Bereich des deutschen Schuld- und Kaufrechts.

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