Der Prozess der Beurteilung der Kreditwürdigkeit (auch Bonitätsprüfung genannt) stellt ein wesentliches Kriterium für die Entscheidung zur Kreditvergabe dar. Dabei überprüft der Kreditgeber die finanziellen Hintergrundinformationen des Antragstellers, um dessen Fähigkeit zu beurteilen, den Kredit fristgerecht und vollständig zurückzuzahlen. Aber welche Informationen dürfen im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung tatsächlich von Kreditinstituten oder anderen Finanzdienstleistern eingeholt werden?
Die Gesetzeslage in Deutschland sieht klare und strikte Regelungen vor, die sowohl die Rechte der Kreditnehmer als auch die Pflichten der Kreditgeber betreffen. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen gewährleisten, dass die Informationsbeschaffung im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung sowohl transparent als auch fair durchgeführt wird.
Grundlagen der Kreditwürdigkeitsprüfung in Deutschland
Für die Kreditwürdigkeitsprüfung spielen verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen eine Rolle, die festlegen, welche Daten und Informationen zulässig erhoben und verarbeitet werden dürfen. Zu den zentralen gesetzlichen Regelungen zählen:
- Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Es stellt sicher, dass der Datenschutz bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gewährleistet wird.
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Es schützt vor Diskriminierung bei der Kreditvergabe.
- Kreditwesengesetz (KWG): Es regelt den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb der Kreditinstitute.
Diese Gesetze bieten einen rechtlichen Rahmen, der Datenschutz und den Schutz vor Diskriminierung sicherstellt.
Welche Informationen dürfen erhoben werden?
Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung dürfen nur solche Informationen erhoben und verarbeitet werden, die notwendig und relevant für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit sind. Die notwendigen Daten umfassen in der Regel:
Persönliche Daten
- Name, Adresse, Geburtsdatum
- Familienstand und Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder
Diese Daten dienen dazu, die Identität und den Lebensumstand des Antragstellers zu überprüfen.
Finanzielle Situation
- Einkommensnachweise (Gehaltsbescheinigungen, Rentenbescheide, etc.)
- Vermögenswerte (Immobilien, Sparguthaben, etc.)
- Verbindlichkeiten (laufende Kredite, Leasingverträge, etc.)
Diese Daten sind unerlässlich, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers einschätzen zu können.
Auskunft bei Wirtschaftsauskunfteien
Kreditinstitute holen regelmäßig Informationen bei Wirtschaftsauskunfteien wie der SCHUFA ein. Diese Auskunft umfasst:
- Zahlungsverhalten (z.B. pünktliche Kreditrückzahlungen)
- Negative Einträge (z.B. Zahlungsausfälle, Insolvenzverfahren)
Die Auskünfte der Wirtschaftsauskunfteien spielen eine entscheidende Rolle, da sie aufzeigen, wie der Antragsteller in der Vergangenheit mit finanziellen Verpflichtungen umgegangen ist.
Grenzen der Datenerhebung
Wenngleich die Kreditwürdigkeitsprüfung viele Informationen erfordert, so gibt es doch klare Grenzen hinsichtlich der Datenerhebung:
- Kritische persönliche Informationen: Daten wie religiöse Überzeugungen, ethnische Herkunft oder politische Ansichten dürfen nicht erhoben werden.
- Gesundheitsdaten: Auch gesundheitsbezogene Informationen sind geschützt und dürfen ohne ausdrückliche Einwilligung des Antragstellers nicht erhoben werden.
Diese Einschränkungen dienen dem Schutz der Privatsphäre des Antragstellers.
Praxisbeispiel: Kreditwürdigeitsprüfung in der Praxis
Anonymisierte Mandantengeschichten
Um die theoretischen Aspekte der Kreditwürdigkeitsprüfung verständlicher zu machen, werfen wir einen Blick auf einige anonymisierte Mandantengeschichten:
Fall 1: Herr Müller, der Selbstständige
- Herr Müller betreibt ein kleines Handwerksunternehmen und möchte einen Firmenkredit beantragen, um in neue Maschinen zu investieren.
- Datenanforderung: Name, Adresse, Nachweise über das Geschäft (z.B. Handelsregisterauszug), Einkommensnachweise der letzten zwei Jahre, Auflistung von Verbindlichkeiten, SCHUFA-Auskunft.
- Ergebnis: Aufgrund eines starken Geschäftsumfelds und solider Einnahmen über die letzten Jahre erhält Herr Müller den gewünschten Kredit.
Fall 2: Frau Schmidt, die Angestellte
- Frau Schmidt arbeitet als Bürokauffrau und benötigt einen Privatkredit für eine umfangreiche Autoreparatur.
- Datenanforderung: Name, Adresse, Gehaltsabrechnung der letzten drei Monate, Nachweis über Wohnkosten, SCHUFA-Auskunft.
- Ergebnis: Die Bonität von Frau Schmidt wird positiv bewertet, und der Kredit wird genehmigt.
Rechte der Kreditnehmer
Kreditnehmer haben bestimmte Rechte, die sicherstellen, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung fair und rechtmäßig verläuft:
Hinweis- und Auskunftsrecht: Der Kreditnehmer hat das Recht, darüber informiert zu werden, welche Daten erhoben und verarbeitet werden. Außerdem kann er jederzeit Auskunft über seine gespeicherten Daten verlangen.
Berichtigungs- und Löschungsanspruch: Sollten fehlerhafte oder unvollständige Daten festgestellt werden, hat der Kreditnehmer das Recht, eine Berichtigung oder Löschung dieser Daten zu verlangen.
Widerspruchsrecht: Der Kreditnehmer kann der Verarbeitung seiner Daten jederzeit widersprechen, sofern keine zwingenden gesetzlichen Gründe dagegen sprechen.
Checkliste: Welche Daten werden regelmäßig bei der Kreditwürdigkeitsprüfung erhoben?
Die folgende Checkliste bietet einen Überblick über die regelmäßig erhobenen Daten im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung:
- Persönliche Daten: Name, Anschrift, Geburtsdatum, Familienstand
- Finanzielle Situation: Einkommensnachweise, Vermögenswerte, Verbindlichkeiten
- Schufa-Auskunft: Zahlungsverhalten, Negative Einträge
Fazit: Transparente und faire Kreditwürdigkeitsprüfung
Die Kreditwürdigkeitsprüfung ist ein essenzieller Bestandteil des Kreditvergabeverfahrens. Während Kreditgeber umfangreiche Informationen einholen dürfen, um die Bonität eines Antragstellers zu beurteilen, gibt es klare gesetzliche Grenzen und Schutzvorkehrungen. Kreditnehmer sollten stets über ihre Rechte informiert sein und im Zweifel rechtlichen Rat einholen, um sicherzustellen, dass ihre personenbezogenen Daten angemessen geschützt werden.
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