In diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit dem Thema Notwehrexzess, einer besonderen Form der Notwehr, bei der die Notwehrhandlung die erforderliche Verteidigung überschreitet. Wir erläutern die gesetzlichen Grundlagen, betrachten die rechtlichen Bewertungen und beleuchten die Folgen im Strafrecht. Darüber hinaus geben wir Ihnen Tipps, wie Sie sich in einer Situation, in der Notwehrexzess eine Rolle spielt, verhalten sollten.

Inhaltsverzeichnis

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Definition von Notwehrexzess
  • Rechtliche Bewertung
  • Folgen im Strafrecht
  • Verhalten in einer Notwehrexzess-Situation
  • FAQs zum Notwehrexzess

Gesetzliche Grundlagen

Im deutschen Strafrecht ist die Notwehr in § 32 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Die Vorschrift lautet:

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Notwehr ist somit eine Rechtfertigung für eine Handlung, die eigentlich strafbar wäre, aber aufgrund der Notwehrlage als gerechtfertigt angesehen wird. Der Notwehrexzess ergibt sich aus § 33 StGB:

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nur dann bestraft, wenn er dabei vorsätzlich oder fahrlässig handelt.

Der Notwehrexzess ist somit eine Form der Notwehr, bei der die Notwehrhandlung die erforderliche Verteidigung überschreitet, aber dennoch strafrechtlich privilegiert wird, wenn die Überschreitung aufgrund von Verwirrung, Furcht oder Schrecken erfolgt ist.

Definition von Notwehrexzess

Notwehrexzess liegt vor, wenn in einer Notwehrsituation die erforderliche Verteidigung überschritten wird. Dies kann sowohl in Bezug auf die Art der Verteidigungshandlung als auch auf deren Intensität der Fall sein. Beispiele für einen Notwehrexzess sind:

  • Der Angegriffene schießt auf den Angreifer, obwohl ein Schlag mit der Faust ausgereicht hätte, um den Angriff abzuwehren.
  • Der Angegriffene sticht mehrfach auf den Angreifer ein, obwohl ein einziger Stich bereits ausgereicht hätte, um den Angriff abzuwehren.
  • Der Angegriffene schlägt den Angreifer bewusstlos und tritt dann noch mehrfach auf ihn ein.

Entscheidend ist, dass die Überschreitung der erforderlichen Verteidigung aufgrund von Verwirrung, Furcht oder Schrecken erfolgt. Hierbei handelt es sich um sogenannte affektive Erregungszustände, die die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der handelnden Person beeinträchtigen können.

Rechtliche Bewertung

Grundsätzlich ist ein Notwehrexzess strafrechtlich privilegiert im Vergleich zur „normalen“ Notwehrüberschreitung, bei der keine affektiven Erregungszustände vorliegen. Das bedeutet, dass derjenige, der in einem Notwehrexzess handelt, unter Umständen straffrei bleibt oder zumindest eine mildere Strafe erhält als jemand, der die Notwehr ohne affektive Erregungszustände überschreitet.

Die Strafbarkeit eines Notwehrexzesses hängt davon ab, ob der Täter dabei vorsätzlich oder fahrlässig handelt:

  • Vorsatz: Handelt der Täter bei der Notwehrüberschreitung vorsätzlich, ist er strafbar. Das bedeutet, dass er sich der Überschreitung der erforderlichen Verteidigung bewusst ist und dennoch handelt.
  • Fahrlässigkeit: Handelt der Täter bei der Notwehrüberschreitung fahrlässig, ist er ebenfalls strafbar. Das bedeutet, dass er die Überschreitung der erforderlichen Verteidigung nicht vorsätzlich herbeiführt, aber die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

Für die rechtliche Bewertung des Notwehrexzesses ist es entscheidend, dass die affektiven Erregungszustände von Verwirrung, Furcht oder Schrecken vorliegen. Liegen diese nicht vor, handelt es sich nicht um einen Notwehrexzess, sondern um eine reguläre Notwehrüberschreitung, die grundsätzlich strafbar ist.

Folgen im Strafrecht

Die strafrechtlichen Folgen eines Notwehrexzesses sind im Vergleich zur regulären Notwehrüberschreitung in der Regel milder. Dies zeigt sich insbesondere bei der Strafzumessung:

  • Bei einem Notwehrexzess kann das Gericht gemäß § 49 Abs. 1 StGB die Strafe mildern, wenn die Schuld des Täters als gering angesehen wird. Das bedeutet, dass die Strafe unterhalb der sonst üblichen Strafe für die begangene Tat liegen kann.
  • Im Falle eines Notwehrexzesses besteht zudem die Möglichkeit, dass das Gericht gemäß § 60 StGB von Strafe absieht, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und kein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass derjenige, der in einem Notwehrexzess handelt, straffrei bleibt oder zumindest eine mildere Strafe erhält als jemand, der die Notwehr ohne affektive Erregungszustände überschreitet.

Verhalten in einer Notwehrexzess-Situation

Wenn Sie in einer Situation sind, in der ein Notwehrexzess eine Rolle spielt, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Bleiben Sie ruhig: Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren und Ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. Affektive Erregungszustände können dazu führen, dass Sie die erforderliche Verteidigung überschreiten und damit einen Notwehrexzess begehen.
  • Wählen Sie die angemessene Verteidigung: Wählen Sie eine Verteidigungshandlung, die geeignet ist, um den Angriff abzuwehren, ohne die erforderliche Verteidigung zu überschreiten. Beachten Sie dabei das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
  • Holen Sie Hilfe: Rufen Sie die Polizei oder bitten Sie andere Personen um Hilfe, um die Situation zu deeskalieren und weitere Schäden zu vermeiden.
  • Notieren Sie sich die Umstände: Versuchen Sie, sich die Umstände der Situation so genau wie möglich zu merken oder notieren Sie sie. Dies kann für die spätere rechtliche Bewertung und eventuelle Strafverfahren von Bedeutung sein.
  • Suchen Sie einen Rechtsanwalt auf: Wenn Sie in eine Notwehrexzess-Situation verwickelt sind, sollten Sie unbedingt einen erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht konsultieren, der Sie über Ihre Rechte und mögliche strafrechtliche Folgen informieren kann.

FAQs zum Notwehrexzess

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Notwehrexzess:

Welche Rolle spielt die Verhältnismäßigkeit beim Notwehrexzess?

Die Verhältnismäßigkeit spielt eine zentrale Rolle beim Notwehrexzess. Eine Verteidigungshandlung ist nur dann als Notwehr gerechtfertigt, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Angriffs steht. Überschreitet die Verteidigungshandlung die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, liegt ein Notwehrexzess vor, sofern die Überschreitung aufgrund von Verwirrung, Furcht oder Schrecken erfolgte.

Was passiert, wenn ich mich während eines Notwehrexzesses falsch verhalte?

Ein falsches Verhalten während eines Notwehrexzesses kann strafrechtliche Folgen haben. Handeln Sie vorsätzlich oder fahrlässig bei der Überschreitung der erforderlichen Verteidigung, können Sie strafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Es ist daher wichtig, in einer solchen Situation Ruhe zu bewahren und sich der Verhältnismäßigkeit Ihrer Verteidigungshandlung bewusst zu sein.

Kann ich für die Folgen eines Notwehrexzesses haftbar gemacht werden?

Ja, grundsätzlich können Sie für die Folgen eines Notwehrexzesses haftbar gemacht werden, insbesondere wenn Sie vorsätzlich oder fahrlässig handeln. Allerdings sind die strafrechtlichen Folgen eines Notwehrexzesses in der Regel milder als die einer regulären Notwehrüberschreitung. In manchen Fällen kann das Gericht sogar von Strafe absehen oder die Strafe mildern.

Was sollte ich tun, wenn ich Zeuge eines Notwehrexzesses werde?

Wenn Sie Zeuge eines Notwehrexzesses werden, sollten Sie zunächst Ruhe bewahren und die Polizei verständigen. Versuchen Sie, die Situation so genau wie möglich zu beobachten und sich Details zu merken, die für die spätere rechtliche Bewertung relevant sein könnten. Bieten Sie Ihre Hilfe als Zeuge an und suchen Sie gegebenenfalls den Kontakt zu den beteiligten Personen, um ihnen bei der Aufklärung der Situation zu helfen.

Wo finde ich rechtliche Unterstützung bei einem Notwehrexzess?

Wenn Sie in einen Notwehrexzess verwickelt sind oder Fragen zu diesem Thema haben, ist es ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht zu konsultieren. Ein solcher Anwalt kann Sie über Ihre Rechte und Pflichten aufklären, Ihnen bei der Verteidigung gegen mögliche strafrechtliche Vorwürfe helfen und Sie im Falle eines Strafverfahrens unterstützen.

Abschließende Gedanken

Der Notwehrexzess ist ein komplexes Thema im Strafrecht, das besondere Kenntnisse und Erfahrungen erfordert. Die gesetzlichen Regelungen sind nicht immer leicht verständlich und die strafrechtlichen Folgen können von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Sollten Sie in eine Notwehrexzess-Situation geraten oder Fragen zu diesem Thema haben, ist es daher empfehlenswert, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen.

Die in diesem Blogbeitrag dargelegten Informationen dienen lediglich der allgemeinen Information und ersetzen in keinem Fall eine individuelle Rechtsberatung durch einen Anwalt. Bei konkreten rechtlichen Fragen oder Problemen sollten Sie stets einen Anwalt aufsuchen, der Ihren Fall individuell prüft und Sie entsprechend berät.

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