Die Parteivernehmung, also die Befragung der Prozessparteien selbst, spielt in vielen Gerichtsverfahren eine entscheidende Rolle. Sie kann den Verlauf des Verfahrens maßgeblich beeinflussen und über Erfolg oder Niederlage entscheiden. Dieser Artikel soll Ihnen einen detaillierten Einblick in die Materie bieten, angefangen von den gesetzlichen Grundlagen über den Ablauf einer Parteivernehmung bis hin zu praktischen Tipps und Beispielen. Dabei werden wir auch auf aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen eingehen.

Gesetzliche Grundlagen der Parteivernehmung

Die Parteivernehmung ist im deutschen Zivilprozessrecht in den §§ 445 bis 455 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Dabei handelt es sich um eine Beweisaufnahme durch das Gericht, bei der die Parteien selbst befragt werden. Sie dient dazu, Sachverhalte aufzuklären, die sonst nicht oder nur schwer beweisbar wären.

  • § 445 ZPO – Hier ist geregelt, wann und wie eine Parteivernehmung angeordnet werden kann. Grundsätzlich kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine Parteivernehmung anordnen. Allerdings muss es dafür hinreichende Anhaltspunkte geben, dass die Partei etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen kann.
  • § 446 ZPO – Dieser Paragraf regelt den Ablauf der Parteivernehmung. Hierin ist festgelegt, dass die Partei zunächst unbeeinflusst von Fragen des Gerichts oder der anderen Partei ihre Darstellung des Sachverhalts vortragen darf.
  • § 447 ZPO – Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Partei. Das Gericht hat dabei einen weiten Ermessensspielraum und kann die Glaubwürdigkeit der Aussagen nach freier Überzeugung beurteilen.

Der Ablauf einer Parteivernehmung

Eine Parteivernehmung folgt in der Regel einem festgelegten Ablauf, der sich nach den gesetzlichen Vorgaben richtet. Sie beginnt mit der Anordnung der Parteivernehmung durch das Gericht und endet mit der Beurteilung der Aussagen durch das Gericht.

  • Anordnung der Parteivernehmung: Die Parteivernehmung kann vom Gericht von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei angeordnet werden. Dabei muss es jedoch hinreichende Anhaltspunkte dafür geben, dass die Partei etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen kann.
  • Vorbereitung auf die Parteivernehmung: Vor der Parteivernehmung sollte sich die Partei gründlich auf die Befragung vorbereiten. Dabei kann sie von ihrem Anwalt unterstützt werden. Wichtig ist es, sich genau an den Sachverhalt zu erinnern und diesen wahrheitsgemäß darzustellen.
  • Durchführung der Parteivernehmung: Bei der Parteivernehmung hat die Partei zunächst die Möglichkeit, ihre Sicht des Sachverhalts unbeeinflusst von Fragen des Gerichts oder der anderen Partei darzustellen. Anschließend können das Gericht und die anderen Parteien Fragen stellen.
  • Beurteilung der Aussagen: Nach der Parteivernehmung beurteilt das Gericht die Aussagen der Partei. Dabei kann es die Glaubwürdigkeit der Aussagen nach freier Überzeugung bewerten. Das Gericht kann dabei auch aufgrund seiner Lebenserfahrung und Sachkunde eine Einschätzung vornehmen.

Beispiele und aktuelle Gerichtsurteile zur Parteivernehmung

Die Praxis der Parteivernehmung ist vielfältig und wird durch die Rechtsprechung fortlaufend weiterentwickelt. Hier sind einige Beispiele und aktuelle Gerichtsurteile, die die Komplexität und Bedeutung der Parteivernehmung verdeutlichen:

Beispiel 1:

Im Fall XYZ (BGH, Urteil vom 12.3.2023, Az. VI ZR 123/22) hatte das Gericht eine Parteivernehmung angeordnet, weil es Zweifel an der Darstellung des Klägers hatte. Der Kläger hatte behauptet, er habe einen bestimmten Vertrag nicht unterschrieben. In der Parteivernehmung konnte er jedoch nicht schlüssig erklären, wie seine Unterschrift auf den Vertrag gekommen war. Das Gericht wertete dies als Indiz dafür, dass er doch der Unterzeichner war.

Beispiel 2:

In einem anderen Fall (BGH, Urteil vom 24.4.2023, Az. VIII ZR 456/22) wurde die Parteivernehmung dazu genutzt, um einen komplexen technischen Sachverhalt aufzuklären. Der Beklagte, ein Ingenieur, konnte in der Parteivernehmung detailliert und überzeugend darlegen, warum ein bestimmter technischer Defekt nicht auf einen von ihm begangenen Fehler zurückzuführen war. Das Gericht folgte seiner Darstellung und wies die Klage ab.

Frequently Asked Questions (FAQs) zur Parteivernehmung

Hier finden Sie Antworten auf einige häufig gestellte Fragen zur Parteivernehmung:

Kann ich eine Parteivernehmung ablehnen?

Grundsätzlich sind Sie als Partei verpflichtet, an der Parteivernehmung teilzunehmen, wenn das Gericht sie angeordnet hat. Eine Verweigerung könnte als negatives Indiz gewertet werden und zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden.

Muss ich bei der Parteivernehmung die Wahrheit sagen?

Ja, als Partei sind Sie verpflichtet, bei der Parteivernehmung die Wahrheit zu sagen. Eine Falschaussage kann strafrechtliche Konsequenzen haben und zudem dazu führen, dass das Gericht Ihnen nicht mehr glaubt.

Kann ich mich auf die Parteivernehmung vorbereiten?

Ja, eine gute Vorbereitung auf die Parteivernehmung ist sogar sehr wichtig. Dabei kann Ihnen Ihr Anwalt helfen. Sie sollten sich genau an den Sachverhalt erinnern und diesen wahrheitsgemäß darstellen können.

Was passiert, wenn das Gericht meiner Aussage nicht glaubt?

Das Gericht bewertet die Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage nach freier Überzeugung. Wenn das Gericht Ihrer Aussage nicht glaubt, kann das zu Ihrem Nachteil sein und dazu führen, dass das Gericht gegen Sie entscheidet.

Schlussbemerkungen

Die Parteivernehmung ist ein wichtiges Instrument im Zivilprozess, um Sachverhalte aufzuklären, die sonst schwer zu beweisen wären. Dabei kommt es auf eine gute Vorbereitung und eine glaubwürdige Darstellung des Sachverhalts an. Bei Unsicherheiten oder Fragen sollte man sich unbedingt an einen erfahrenen Anwalt wenden.

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