Mietverträge enthalten oftmals Klauseln und Bestimmungen, die den Vertragsparteien eine gewisse Sicherheit und Klarheit über ihre Rechte und Pflichten verschaffen sollen. Eine dieser Klauseln ist die sogenannte Verwertungsklausel, die besonders bei Mietverhältnissen von großer Bedeutung sein kann. Doch was genau verbirgt sich hinter einer Verwertungsklausel, und wie sieht die aktuelle Rechtslage dazu aus?

Eine Verwertungsklausel ist eine Bestimmung im Mietvertrag, die dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen das Recht einräumt, den Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Diese Klausel greift insbesondere dann, wenn der Vermieter das Mietobjekt einer anderen, wirtschaftlich sinnvolleren Nutzung zuführen möchte. Doch wann ist eine solche Klausel tatsächlich wirksam, und welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sie Bestand hat? In diesem Beitrag beleuchten wir die zentralen Punkte rund um die Verwertungsklausel im Mietrecht.

Was ist eine Verwertungsklausel?

Eine Verwertungsklausel erlaubt dem Vermieter, den Mietvertrag zu kündigen, wenn er das Mietobjekt aus wirtschaftlichen Gründen anders nutzen möchte. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Gebäude abgerissen werden soll, um Platz für eine neue, ertragreichere Bebauung zu schaffen, oder wenn eine umfassende Sanierung geplant ist, die ohne Beendigung des Mietverhältnisses nicht möglich wäre.

Die gesetzliche Grundlage für eine solche Kündigung ergibt sich aus § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Hier heißt es, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, wenn durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks wesentlich erschwert würde und der Eigentümer dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.

Wann ist eine Verwertungsklausel wirksam?

Damit eine Verwertungsklausel wirksam ist, müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Klarheit und Verständlichkeit: Die Klausel muss klar und verständlich formuliert sein. Unklare und missverständliche Klauseln sind in der Regel unwirksam.
  • Keine Umgehung gesetzlicher Kündigungsschutzvorschriften: Die Verwertungsklausel darf nicht als Instrument zur Umgehung der gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen dienen. Ein Missbrauch zu diesem Zweck würde die Klausel unwirksam machen.
  • Berücksichtigung der Interessen des Mieters: Die Interessen des Mieters müssen bei der Anwendung der Verwertungsklausel angemessen berücksichtigt werden. Der Vermieter darf sich also nicht allein auf wirtschaftliche Interessen berufen, ohne die Interessen des Mieters zu würdigen.

Rechtliche Grundlagen und Gerichtsurteile zur Verwertungsklausel

Die rechtliche Grundlage der Verwertungsklausel findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), genauer gesagt in § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Diese gesetzliche Bestimmung besagt, dass ein Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses haben kann, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks wesentlich erschweren würde und der Eigentümer dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.

In der Rechtsprechung wurden Verwertungsklauseln mehrfach geprüft. Einige zentrale Urteile verdeutlichen die Anforderungen und Grenzen solcher Klauseln:

  • BGH-Urteil vom 28.01.2009 (Az. VIII ZR 7/08): In diesem Fall entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass eine Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung nur gerechtfertigt ist, wenn dem Vermieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen. Ein bloß geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil reicht nicht aus.
  • BGH-Urteil vom 18.09.2013 (Az. VIII ZR 297/12): Hier stellte der BGH klar, dass eine Verwertungsklausel unwirksam ist, wenn sie den Vermieter faktisch in die Lage versetzt, jederzeit das Mietverhältnis zu beenden. Eine solche Klausel würde den gesetzlichen Kündigungsschutz des Mieters aushöhlen.

Praktische Beispiele und Mandantengeschichten

Um die Anwendbarkeit und die Auswirkungen von Verwertungsklauseln in der Praxis zu verdeutlichen, betrachten wir zwei anonymisierte Mandantengeschichten:

Beispiel 1: Frau Schmidt hat seit über 15 Jahren eine Mietwohnung in einem Altbau. Der neue Eigentümer möchte das Gebäude abreißen lassen, um ein modernes Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Er beruft sich auf eine Verwertungsklausel im Mietvertrag. Nach rechtlicher Prüfung stellt sich heraus, dass die Klausel zwar klar und verständlich formuliert ist, jedoch die Interessen von Frau Schmidt unangemessen vernachlässigt werden. Das Gericht gibt Frau Schmidt recht und erklärt die Kündigung für unwirksam.

Beispiel 2: Herr Müller mietet ein Ladenlokal in einem zentral gelegenen Geschäftsgebäude. Der Vermieter plant eine umfassende Sanierung und Modernisierung des Gebäudes, was ohne eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht möglich ist. Die Verwertungsklausel im Mietvertrag ist klar und verständlich formuliert und berücksichtigt auch die rechtlichen Interessen von Herrn Müller. Das Gericht bestätigt die Rechtmäßigkeit der Kündigung, da dem Vermieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen würden.

Checkliste zur Prüfung einer Verwertungsklausel

Um eine Verwertungsklausel rechtlich sicher zu prüfen, sollte folgende Checkliste berücksichtigt werden:

  • Ist die Klausel klar und verständlich formuliert?
  • Berücksichtigt die Klausel die Interessen des Mieters angemessen?
  • Drohen dem Vermieter bei Fortsetzung des Mietverhältnisses erhebliche wirtschaftliche Nachteile?
  • Liegt ein Missbrauch der Klausel zur Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes vor?
  • Stützt sich die Kündigung auf einen berechtigten wirtschaftlichen Verwertungsgrund?
  • Entspricht die Kündigung den Anforderungen der gesetzlichen Kündigungsfristen?

Widerspruch gegen eine Kündigung aufgrund einer Verwertungsklausel

Mieter haben das Recht, gegen eine Kündigung, die auf eine Verwertungsklausel gestützt ist, Widerspruch einzulegen. Dieser Widerspruch sollte die folgenden Punkte umfassen:

  • Begründung, warum die Klausel aus Sicht des Mieters unwirksam ist.
  • Darlegung, wie die Fortsetzung des Mietverhältnisses die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks nicht wesentlich erschwert.
  • Anführung von Härtegründen, die gegen eine Beendigung des Mietverhältnisses sprechen.

Dabei ist es ratsam, sich rechtlichen Beistand einzuholen, um den Widerspruch substantiiert und wirksam zu formulieren.

Fazit und rechtliche Beratung

Die Verwertungsklausel in Mietverträgen stellt ein komplexes rechtliches Instrument dar, das unter bestimmten Voraussetzungen wirksam sein kann. Es ist jedoch von größter Bedeutung, dass alle gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben eingehalten werden und die Interessen beider Vertragsparteien berücksichtigt werden. Eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt kann dabei helfen, die Wirksamkeit einer Verwertungsklausel zu prüfen und gegebenenfalls gegen eine unrechtmäßige Kündigung vorzugehen.

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