Eines der grundlegenden Prinzipien des deutschen Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die Differenzierung zwischen steuerpflichtigen Einkünften und solchen, die steuerfrei oder zumindest steuermindernd geltend gemacht werden können. Werbungskosten spielen dabei eine entscheidende Rolle, um die Steuerlast zu reduzieren. In diesem umfassenden Beitrag erfahren Sie, was Werbungskosten sind, welche gesetzlichen Regelungen zu beachten sind und welche aktuellen Gerichtsurteile die Absetzbarkeit von Werbungskosten betreffen. Wir beantworten auch häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.

Werbungskosten – Was sind sie genau?

Werbungskosten sind Ausgaben, die grundlegend mit der Erzielung, Sicherung oder Erhaltung von Einkünften in Zusammenhang stehen. Sie werden bei der Berechnung der steuerpflichtigen Einkünfte vom Einkommensbetrag abgezogen, um das zu versteuernde Einkommen zu reduzieren. Dieses Prinzip ist im § 9 EStG festgehalten.

Gesetzliche Regelungen zu Werbungskosten

Die Regelungen zu Werbungskosten finden sich überwiegend in den §§ 9 bis 12 EStG. Die Kernvorschrift ist § 9 EStG, der sowohl allgemeine Regelungen als auch spezielle Regelungen zur Erfassung bestimmter Werbungskosten enthält. Die dort aufgeführten Werbungskosten werden durch weitere Regelungen in den Folgeparagrafen ergänzt. Dazu gehören insbesondere:

  • § 9a EStG (Übersichtliche Zusammenstellung von Pauschbeträgen)
  • § 9b EStG (Besteuerung von Arbeitslohn in Aktien oder Aktienoptionen)
  • § 9c EStG (Wertermittlung von Sachbezügen und Zuschlägen)
  • § 10 EStG (Sonderausgaben)
  • § 10a EStG (Riester-Rente)
  • § 10b EStG (Spenden und Zuwendungen)
  • § 11 EStG (Periodisierung von Einnahmen und Ausgaben: Abfluss- und Zuflussprinzip)
  • § 12 EStG (Nichtabziehbare Aufwendungen: Einkünfte, die nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können)

Ausführungen zu § 9 EStG

Der § 9 EStG ist die grundlegende Regelung, in der die wesentlichen Bestimmungen zu Werbungskosten zusammengefasst sind. In § 9 Abs. 1 EStG wird der Begriff der Werbungskosten allgemein definiert, dieser umfasst alle Aufwendungen, die zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einkünften getragen werden. Im Einzelnen gibt es eine ganze Reihe von „Tatbestandsmerkmalen“, die erfüllt sein müssen, damit Ausgaben als Werbungskosten abzugsfähig sind:

  • Es muss ein objektiver Zusammenhang zu einer Einkunftsart (z. B. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) bestehen
  • Die Ausgaben müssen der Erzielung, Sicherung oder Erhaltung von Einkünften dienen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG)
  • Die Ausgaben müssen subjektiv veranlasst sein, das heißt, sie sind im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen getätigt worden (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG)

Ausführungen zu § 9a EStG

Der § 9a EStG enthält eine Aufstellung von Pauschbeträgen, die als Werbungskosten angesetzt werden können. Bei Pauschbeträgen handelt es sich um gesetzlich vorgesehene Beträge, die ohne Nachweis von tatsächlichen Ausgaben steuermindernd geltend gemacht werden können. Nur durch die Beachtung von Pauschbeträgen können Steuerpflichtige unter Umständen Aufwand und komplizierte Nachweise vermeiden. In § 9a EStG sind folgende Pauschbeträge enthalten:

  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: 1.000 Euro pro Jahr für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
  • Entfernungspauschale: 30 Cent für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
  • Verpflegungspauschale: unterschiedliche Beträge je nach Dauer der beruflichen Abwesenheit
  • Umzugspauschale: unterschiedliche Beträge für Ledige, Verheiratete und jedes Kind, abhängig vom Umzugstermin
  • Behinderten-Pauschbetrag: unterschiedliche Beträge je nach Grad der Behinderung

Ausführungen zu § 10 EStG

Obwohl die Regelungen in § 10 EStG im Zusammenhang mit Sonderausgaben stehen, haben sie auch für die Thematik der Kosten für Werbung Relevanz. In diesem Paragrafen werden vor allem Aufwendungen für bestimmte persönliche Lebensbereiche geregelt, die als Sonderausgaben abzugsfähig sind, sofern sie nicht bereits als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Dazu zählen unter anderem:

  • Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten
  • Beiträge zu privaten Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungen
  • Beiträge zu Altersvorsorgeverträgen
  • Aufwendungen für die Berufsausbildung der eigenen Kinder
  • Kirchensteuer

Absetzbarkeit von Werbungskosten

Die Absetzbarkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa ob es sich um allgemeine oder spezielle Werbungskosten handelt oder ob Pauschbeträge in Anspruch genommen werden können.

Allgemeine Werbungskosten

Grundsätzlich sind alle Ausgaben, die den oben genannten Tatbestandsmerkmalen des § 9 Abs. 1 EStG entsprechen, als allgemeine Werbungskosten abzugsfähig. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um betriebliche oder berufliche Aufwendungen handelt. Die Absetzbarkeit hängt jedoch von der Nachweisbarkeit der Ausgaben ab. Steuerpflichtige müssen daher in der Regel Belege, Rechnungen und ähnliche Dokumente vorlegen können, um allgemeine Werbungskosten geltend zu machen.

Spezielle Werbungskosten

Einige Werbungskosten sind im Einkommensteuergesetz gesondert geregelt und folgen spezifischen Anforderungen. Hierzu zählen beispielsweise Fortbildungskosten, Reisekosten oder Aufwendungen für beruflich genutzte Arbeitsmittel. Die Absetzbarkeit dieser Kosten ist meist an besondere Voraussetzungen geknüpft, die in den jeweiligen Regelungen festgehalten sind.

Pauschalbeträge und Absetzbarkeit

Wie oben ausgeführt, sind die in § 9a EStG enthaltenen Pauschalbeträge ohne jeglichen Nachweis abzugsfähig. Steuerpflichtige können diese Beträge geltend machen, ohne zuvor Ausgaben tatsächlich getätigt zu haben. Verwenden Sie Pauschbeträge, um Ihre Steuerlast zu reduzieren – allerdings können Sie diese nur einmal pro Jahr geltend machen.

Werbungskosten in Zusammenhang mit Arbeitslohn

Die Absetzbarkeit im Zusammenhang mit Arbeitslohn ist besonders wichtig für Arbeitnehmer. Die Ansetzbarkeit dieser Werbungskosten richtet sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Nach dieser Regelung ist unter anderem der Arbeitnehmer-Pauschbetrag abzugsfähig, sofern keine höheren Kosten für Werbung nachgewiesen werden können. Aufwendungen, die steuerpflichtige Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tätigen, sind ebenfalls abzugsfähig. Dazu zählen neben Fahrtkosten (gemäß der Entfernungspauschale) auch eventuelle Parkgebühren oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung

Werbungskosten bei der Vermietung und Verpachtung von Immobilien sind im § 9 Abs. 1 Nr. 2 EStG geregelt. Zu den abzugsfähigen Werbungskosten zählen hier unter anderem Schuldzinsen, Instandhaltungskosten, Verwaltungskosten, Abschreibungen und die Kosten für den Erwerb der Immobilie, soweit sie auf den vermieteten Teil entfallen. Die genannten Werbungskosten sind unabhängig davon abzugsfähig, ob die Immobilie ganzjährig vermietet ist oder nur zeitweise, etwa bei Ferienwohnungen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu Werbungskosten

In der Rechtsprechung gibt es immer wieder Entscheidungen, die die Absetzbarkeit beeinflussen und für die Praxis relevant sind. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die sich mit verschiedenen Aspekten der Kosten für Werbung beschäftigen.

Bundesfinanzhof (BFH) zu doppelten Haushaltsführungen

Ein Beispiel für ein aktuelles Urteil des BFH ist das vom 12. Juni 2018 (Aktenzeichen VI R 14/16). Der BFH entschied in diesem Verfahren, dass ein Arbeitnehmer auch dann die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten absetzen kann, wenn er am Beschäftigungsort eine Wohnung zusammen mit einem Partner bewohnt, der ebenfalls aus beruflichen Gründen dort lebt. Mit diesem Urteil unterscheidet der BFH zwischen reinen „Lebensgemeinschaften“ und solchen mit „beruflichem Hintergrund“. Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für die Praxis, da sie die Absetzbarkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführungen in derartigen Konstellationen erleichtert.

Finanzgericht (FG) Düsseldorf zu Fortbildungskosten

Dass auch die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit immer wieder Anlass zur Klärung von Streitigkeiten im Bereich der Werbungskosten geben, zeigt ein Urteil des FG Düsseldorf vom 15. November 2019 (Aktenzeichen 9 K 1767/19 E). Das FG Düsseldorf hatte darüber zu entscheiden, ob Fortbildungskosten, die zur Erlangung einer „GmbH-Geschäftsführerlizenz“ entstanden sind, im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abzugsfähig sind. Das FG Düsseldorf entschied, dass die Fortbildungskosten aufgrund des objektiven Zusammenhangs zwischen der Fortbildung und der Sicherung der Einkünfte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung absetzbar sind.

BFH zu Schulgeldzahlungen

Ein weiteres bemerkenswertes Urteil stammt vom BFH vom 16. Mai 2019 (Aktenzeichen III R 16/17). Im Streitfall ging es um die Abzugsfähigkeit von Schulgeldzahlungen an eine englische Privatschule. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG können Schulgeldzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben abgesetzt werden, wenn die Schule Mitglied des Europarates ist bzw. eine deutsche Schule ersetzt. Der BFH entschied, dass die Zahlungen im konkreten Fall nicht abzugsfähig sind, da die Schule keine solche deutschen Schule ersetzt.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Werbungskosten

Nachfolgend die häufigsten Fragen für Sie auf einen Blick.

Welche Kosten gelten grundsätzlich als Werbungskosten?

Grundsätzlich gelten alle Ausgaben als Werbungskosten, die zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einkünften in Zusammenhang stehen und den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 EStG entsprechen. Einkünfte können aus verschiedenen Einkunftsarten stammen, wie etwa aus nichtselbstständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten?

Ja, es gibt einen Unterschied zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten. Sonderausgaben sind gemäß § 10 EStG vor allem Aufwendungen für persönliche Lebensbereiche, wie z. B. Unterhaltszahlungen, Kirchensteuer oder Beiträge zu privaten Krankenversicherungen. Kosten für Werbung sind hingegen Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen. Beide Arten von Ausgaben können steuerlich geltend gemacht werden, um das zu versteuernde Einkommen zu mindern.

Kann ich Werbungskosten auch ohne Belege absetzen?

Für einige Werbungskosten können Pauschalbeträge in Anspruch genommen werden, die unabhängig von Belegen und tatsächlichen Ausgaben steuerlich abgesetzt werden können. Das betrifft zum Beispiel den Arbeitnehmer-Pauschbetrag oder die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. In allen anderen Fällen ist das Vorlegen von Belegen, Rechnungen und ähnlichen Dokumenten grundsätzlich erforderlich, um Kosten für Werbung absetzen zu können.

Wie beeinflussen aktuelle Gerichtsurteile die Absetzbarkeit von Werbungskosten?

Aktuelle Gerichtsurteile können die Absetzbarkeit beeinflussen, indem sie die gesetzlichen Regelungen konkretisieren oder auslegen. Sie können daher sowohl eine erweiternde als auch eine einschränkende Wirkung auf die Absetzbarkeit von Kosten für Werbung haben. Die hier vorgestellten Urteile betreffen beispielsweise die Absetzbarkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführungen, Fortbildungskosten oder Schulgeldzahlungen.

Wie gebe ich in meiner Steuererklärung Werbungskosten an?

Kosten für Werbung können in der Anlage N (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit), Anlage V (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) oder Anlage KAP (Einkünfte aus Kapitalvermögen) der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Es gibt unterschiedliche Zeilen, in denen die verschiedenen Werbungskosten eingetragen werden müssen. Pauschalbeträge können dort ebenfalls eingetragen werden. Die Steuererklärung kann entweder in Papierform oder elektronisch (über ELSTER) eingereicht werden.

Fazit

Werbungskosten sind ein wichtiger Bestandteil des Einkommensteuerrechts und bieten Steuerpflichtigen die Möglichkeit, ihre Steuerlast zu reduzieren, indem sie Ausgaben, die in Zusammenhang mit Einkünften stehen, geltend machen. Die gesetzlichen Regelungen in den §§ 9 bis 12 EStG sowie aktuelle Gerichtsurteile sind maßgeblich für die Absetzbarkeit. Es ist daher ratsam, sich mit den Regelungen vertraut zu machen und möglicherweise die Hilfe eines kompetenten Rechtsanwalts oder Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.

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