Die Zustellung von Schriftstücken, wie beispielsweise Klageschriften, Mahnungen oder Urteilen, ist ein zentraler Bestandteil des rechtlichen Verkehrs und gewährleistet, dass alle Beteiligten über wichtige Informationen und Fristen informiert werden. Dieser Beitrag bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Zustellungsarten, gesetzliche Regelungen und aktuelle Gerichtsurteile. Zudem beantworten wir häufig gestellte Fragen rund um das Thema Zustellung in rechtlichen Angelegenheiten.

Die Bedeutung der Zustellung im rechtlichen Verkehr

Die Zustellung ist die formale Übergabe von Schriftstücken an eine bestimmte Person oder Stelle. Sie hat folgende Hauptfunktionen:

  • Sicherstellung der Kenntnisnahme von Schriftstücken und Informationen
  • Beginn von Fristen (z.B. für die Erhebung von Rechtsmitteln)
  • Nachweis der ordnungsgemäßen Übergabe an den Empfänger

Die Zustellung gewährleistet somit, dass alle im rechtlichen Verfahren Beteiligten über ihre Rechte und Pflichten informiert sind und ihnen die Möglichkeit gegeben wird, auf die jeweiligen Schriftstücke zu reagieren. Ohne eine ordnungsgemäße Zustellung können Rechtsakte unwirksam sein und das Verfahren beeinträchtigen.

Gesetzliche Regelungen zur Zustellung

Die Zustellung von Schriftstücken ist in verschiedenen Gesetzen geregelt, insbesondere im Zustellungsgesetz (ZPO) und in der Zivilprozessordnung (ZPO). Weitere Regelungen finden sich in der Strafprozessordnung (StPO), dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und in zahlreichen weiteren Gesetzen. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Regelungen zur Zustellung:

  • § 166 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Zustellungsfiktion bei unbekanntem Aufenthalt
  • §§ 166 ff. ZPO (Zivilprozessordnung) – Allgemeine Vorschriften über die Zustellung
  • §§ 173 ff. ZPO – Zustellung im Inland
  • §§ 183 ff. ZPO – Zustellung im Ausland
  • §§ 4 ff. ZustG (Zustellungsgesetz) – Zustellung durch die Post
  • §§ 9 ff. ZustG – Zustellung durch Gerichtsvollzieher
  • §§ 37 ff. StPO (Strafprozessordnung) – Zustellung im Strafverfahren
  • §§ 41 ff. VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) – Zustellung im Verwaltungsverfahren

Zustellungsarten

Im deutschen Recht gibt es verschiedene Zustellungsarten, die sich hinsichtlich des Verfahrens und der involvierten Personen unterscheiden. Im Folgenden werden die wichtigsten Zustellungsarten vorgestellt:

Zustellung durch die Post

Die Zustellung durch die Post ist die am häufigsten verwendete Zustellungsart und erfolgt durch den Postdienstleister, meist die Deutsche Post AG. Dabei wird das Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag an den Empfänger übergeben. Die Zustellung kann als einfache Briefzustellung oder als förmliche Zustellung per Einschreiben erfolgen, je nachdem welche Anforderungen an die Zustellung gestellt werden.

Zustellung durch Gerichtsvollzieher

Die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher ist eine förmliche Zustellung, bei der das Schriftstück durch einen Gerichtsvollzieher persönlich an den Empfänger oder einen Vertreter übergeben wird. Diese Zustellungsart kommt vor allem in Fällen zum Einsatz, in denen eine förmliche Zustellung erforderlich ist, etwa bei der Zustellung von Klageschriften, Mahnbescheiden oder Vollstreckungstiteln.

Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung

In bestimmten Fällen, insbesondere wenn der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist oder eine Zustellung durch Gerichtsvollzieher oder Post nicht möglich ist, kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Dabei wird das Schriftstück durch Anschlag am Gericht oder durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder in anderen öffentlichen Bekanntmachungsblättern zugestellt.

Elektronische Zustellung

Die elektronische Zustellung ist eine Zustellungsart, bei der das Schriftstück in elektronischer Form, beispielsweise per E-Mail oder über ein elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach, zugestellt wird. Die elektronische Zustellung ist in bestimmten Verfahren und für bestimmte Schriftstücke zulässig und setzt die Einwilligung des Empfängers voraus.

Zustellungsbevollmächtigte

In vielen Fällen, insbesondere im Zivilprozess, müssen oder können Parteien einen Zustellungsbevollmächtigten benennen. Der Zustellungsbevollmächtigte ist eine Person, die dazu ermächtigt ist, Schriftstücke für die Partei entgegenzunehmen. Die Zustellung an den Bevollmächtigten hat die gleiche Wirkung wie die Zustellung an die Partei selbst. Zustellungsbevollmächtigte können insbesondere sein:

Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten kann in verschiedenen Situationen erforderlich oder sinnvoll sein, etwa um sicherzustellen, dass Schriftstücke rechtzeitig und an einer zentralen Stelle entgegengenommen werden oder um die Zustellung im Ausland zu erleichtern.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Zustellung

Die Zustellung von Schriftstücken ist ein häufiges Streitthema in der Rechtsprechung. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die wichtige Aspekte der Zustellung betreffen:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.07.2018 – IX ZB 25/18

In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Zustellung eines Schriftstücks an einen Prozessbevollmächtigten auch dann wirksam ist, wenn der Bevollmächtigte das Schriftstück nicht mehr in der Hand hat, weil er es irrtümlich an eine andere Stelle weitergeleitet hat. Eine solche Zustellung führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Partei, da der Fehler nicht im Zustellungsverfahren selbst liegt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.09.2019 – XII ZB 345/19

Der Bundesgerichtshof hatte in diesem Verfahren zu entscheiden, ob die Zustellung eines Schriftstücks per Telefax im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zulässig ist. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass eine solche Zustellung grundsätzlich zulässig ist, wenn der Empfänger zuvor ausdrücklich in die Zustellung per Telefax eingewilligt hat und die Zustellung unmittelbar nach dem Telefaxversand nachweisbar ist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2020 – XII ZB 427/19

In diesem Beschluss hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Zustellung eines Schriftstücks an einen Rechtsanwalt, der als Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, auch dann wirksam ist, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiräume an einen anderen Ort verlegt hat, ohne dies dem Gericht mitzuteilen. Eine solche Zustellung führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Zustellung

Was gilt als Zustellungsnachweis?

Ein Zustellungsnachweis ist ein Beleg dafür, dass ein Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt wurde. Je nach Zustellungsart kann der Zustellungsnachweis unterschiedlich aussehen:

  • Bei der Zustellung per Post: Einwurf-Einschreiben, Übergabe-Einschreiben oder Rückschein
  • Bei der Zustellung durch Gerichtsvollzieher: Zustellungsurkunde
  • Bei der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung: Anschlag am Gericht oder Veröffentlichung im Bundesanzeiger
  • Bei der elektronischen Zustellung: elektronischer Zustellnachweis (bspw. Lesebestätigung)

Was ist der Unterschied zwischen einer einfachen und einer förmlichen Zustellung?

Die einfache Zustellung ist die Übergabe eines Schriftstücks ohne besondere Förmlichkeiten, beispielsweise durch Übergabe in einem Briefumschlag. Die förmliche Zustellung ist hingegen mit besonderen Förmlichkeiten verbunden, wie etwa der persönlichen Übergabe durch einen Gerichtsvollzieher oder der Zustellung per Einschreiben. Bei der förmlichen Zustellung muss ein Zustellungsnachweis erbracht werden, der belegt, dass das Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Was ist eine Ersatzzustellung?

Eine Ersatzzustellung ist eine Zustellung, die erfolgt, wenn die eigentliche Zustellung an den Empfänger nicht möglich ist. Die Ersatzzustellung kann beispielsweise an einen Vertreter des Empfängers, an einen Angehörigen des Empfängers oder durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten des Empfängers erfolgen. Voraussetzung für eine Ersatzzustellung ist, dass der Zusteller den Empfänger nicht angetroffen hat und die Zustellung auf andere Weise nicht möglich ist.

Wann ist eine Zustellung unwirksam?

Eine Zustellung ist unwirksam, wenn sie nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht oder wenn sie an eine falsche Person oder an eine falsche Adresse erfolgt ist. Eine unwirksame Zustellung hat zur Folge, dass die Rechtswirkungen der Zustellung, insbesondere der Beginn von Fristen, nicht eintreten. In bestimmten Fällen kann die Unwirksamkeit der Zustellung jedoch geheilt werden, beispielsweise wenn der Empfänger trotz fehlerhafter Zustellung von dem Schriftstück Kenntnis erlangt.

Wie lange dauert eine Zustellung?

Die Dauer der Zustellung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Zustellungsart, dem Zustellungsland und dem Postdienstleister. Im Inland dauert die Zustellung von Schriftstücken in der Regel ein bis zwei Werktage. Bei einer Zustellung ins Ausland oder bei besonderen Zustellungsarten, wie zum Beispiel der Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher, kann die Zustellung jedoch auch länger dauern.

Abschluss

Die Zustellung von Schriftstücken ist ein wichtiger Bestandteil des rechtlichen Verkehrs und gewährleistet die ordnungsgemäße Information aller Beteiligten. Um eine wirksame Zustellung zu gewährleisten, sollten die gesetzlichen Regelungen und die verschiedenen Zustellungsarten beachtet werden. Im Zweifelsfall sollten Sie sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt wenden, der Sie bei der Zustellung von Schriftstücken und der Wahrung von Fristen unterstützen kann.

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