Das Arbeitsrecht in Deutschland legt großen Wert auf die Mitbestimmung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und bietet hierzu umfangreiche Regelungen. Eine der Kernaufgaben des Betriebsrats ist es, die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten, auch bei beabsichtigten Kündigungen. In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie alles rund um das Thema Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung, welche Rechte und Pflichten für Betriebsräte bestehen und welche Folgen eine fehlerhafte oder unterlassene Anhörung haben kann.

Inhalt

Gesetzliche Grundlagen

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bildet die gesetzliche Grundlage für die Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung. Gemäß § 102 BetrVG ist der Betriebsrat von einer beabsichtigten Kündigung durch den Arbeitgeber in Kenntnis zu setzen. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung die Stellungnahme des Betriebsrats anfordern und abwarten.

Das bedeutet, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Betriebsrat zu informieren, bevor er einem Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin kündigt. Die Anhörung beim Betriebsrat findet also immer vor der Kündigung statt. Hierbei ist zu beachten, dass es sowohl bei ordentlichen als auch bei außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen eine Anhörungspflicht gibt.

Ablauf der Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung

Der Ablauf der Anhörung ist in der Regel wie folgt:

  1. Anhörungsantrag des Arbeitgebers an den Betriebsrat: Eine Kündigung kann nur erfolgen, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich über seine Absichten unterrichtet hat und die Stellungnahme des Betriebsrats abgewartet wurde.
  2. Reaktion des Betriebsrats: Der Betriebsrat hat in der Regel eine Woche Zeit, um Stellung zu nehmen. Bei außerordentlichen Kündigungen beträgt die Frist jedoch nur drei Tage. Wird die Frist überschritten, gilt die Zustimmung als erteilt.
  3. Entscheidung des Arbeitgebers: Erhält der Arbeitgeber innerhalb der Frist keine Stellungnahme oder stimmt der Betriebsrat der Kündigung zu, kann er die Kündigung aussprechen. Lehnt der Betriebsrat die Kündigung ab, sollte der Arbeitgeber die Gründe für die Ablehnung prüfen und abwägen, ob trotzdem gekündigt wird oder nicht.

Rechte des Betriebsrats bei der Anhörung

Der Betriebsrat hat bei einer Anhörung aufgrund von Kündigungen folgende Rechte:

  • Stellungnahme: Der Betriebsrat kann der beabsichtigten Kündigung zustimmen, sie ablehnen oder keine Stellungnahme abgeben.
  • Verlangen von Informationen: Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat alle Gründe für eine Kündigung und Informationen über den betroffenen Arbeitnehmer bzw. die betroffene Arbeitnehmerin zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat hat das Recht, bei Bedarf weitere Informationen zu verlangen.
  • Verfahren: Die Anhörung des Betriebsrats muss nach einem bestimmten Verfahren ablaufen. Der Betriebsrat hat das Recht, auf die Einhaltung dieses Verfahrens zu bestehen.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Betriebsrat kein Vetorecht hat. Das heißt, der Arbeitgeber kann auch trotz einer ablehnenden Stellungnahme des Betriebsrats eine Kündigung aussprechen. Allerdings kann eine fehlerhafte Anhörung oder das Ignorieren einer ablehnenden Stellungnahme zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Folgen einer fehlerhaften Anhörung

Wird die Anhörung des Betriebsrats nicht oder nur unzureichend durchgeführt, hat das erhebliche Folgen:

  • Unwirksamkeit der Kündigung: Wurde der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört, ist die Kündigung unwirksam und der betroffene Arbeitnehmer bzw. die betroffene Arbeitnehmerin bleibt im Arbeitsverhältnis.
  • Arbeitsgerichtliches Verfahren: Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin kann gegen eine Kündigung, bei der der Betriebsrat nicht richtig angehört wurde, eine Kündigungsschutzklage einreichen. In der Regel führt dies zu einem arbeitsgerichtlichen Verfahren.
  • Kosten: Bei einem erfolgreichen arbeitsgerichtlichen Verfahren können dem Arbeitgeber hohe Kosten entstehen, beispielsweise durch Anwalts- und Gerichtskosten oder durch Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin für die Zeit der rechtswidrigen Kündigung.

FAQs zur Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung

1. Muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bei jeder Kündigung anhören?

Ja, das ist der Fall. Sowohl bei ordentlichen als auch bei außerordentlichen Kündigungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat anzuhören.

2. Wie lange hat der Betriebsrat Zeit, um Stellung zu nehmen?

Bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat eine Woche Zeit. Bei einer außerordentlichen Kündigung beträgt die Frist drei Tage. Wird die Frist überschritten, gilt die Zustimmung als erteilt.

3. Hat der Betriebsrat ein Vetorecht bei Kündigungen?

Nein, der Betriebsrat hat kein Vetorecht. Er kann allerdings seine Zustimmung verweigern oder Bedenken äußern. Der Arbeitgeber hat dann die Möglichkeit, trotzdem zu kündigen, sollte aber die rechtlichen Konsequenzen der Entscheidung berücksichtigen.

4. Welche Folgen hat eine fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats?

Eine fehlerhafte Anhörung kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der betroffene Arbeitnehmer bzw. die betroffene Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage einreicht, was ein arbeitsgerichtliches Verfahren und hohe Kosten für den Arbeitgeber nach sich ziehen kann.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung ein wichtiges Verfahren im deutschen Arbeitsrecht ist, das sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen betrifft. Fehlerhafte oder unterbliebene Anhörungen können zu Unwirksamkeit der Kündigung und somit zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Konsequenzen führen. Es ist daher für alle Beteiligten von entscheidender Bedeutung, das korrekte Verfahren einzuhalten und die Rechte und Pflichten des Betriebsrats und des Arbeitgebers zu kennen. Bei Fragen oder Unsicherheiten ist es ratsam, juristischen Rat – beispielsweise durch eine erfahrene Anwaltskanzlei – einzuholen, um potenzielle rechtliche Probleme zu vermeiden.

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