In vielen Fällen sind Eigentümer von Grundstücken, die an eine öffentliche Straße angrenzen, verpflichtet, sich an den Kosten für Straßenarbeiten zu beteiligen, die in ihrer Nähe durchgeführt werden. Dazu gehören beispielsweise Straßenausbau, Sanierung von Gehwegen, Straßenbeleuchtung oder auch die Erneuerung von Entwässerungssystemen. Betroffene Grundstückseigentümer müssen dann sogenannte „Anliegerbeiträge“ zahlen, die sich im Allgemeinen nach der Größe des Grundstücks und der Art der Straßenarbeiten richten. In diesem Blog-Beitrag geben wir Ihnen als kompetente und erfahrene Anwaltskanzlei einen umfassenden Überblick über Ihre Rechte und Pflichten als Grundstückseigentümer, greifen gesetzliche Regelungen auf und geben Ihnen praxisnahe Beispiele und FAQ, damit Sie sich bestmöglich auf zukünftige Anliegerbeiträge vorbereiten können.

Was sind Anliegerbeiträge und wann sind sie zu zahlen?

Anliegerbeiträge sind Zahlungen, die von Grundstückseigentümern geleistet werden müssen, wenn ihr Grundstück direkt an eine öffentliche Straße angrenzt und in der Nähe dieser Straße Bau- oder Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden. Die Beitragspflicht kann sich sowohl auf das erschließende Grundstück als auch auf das bereits erschlossene Grundstück beziehen. Grundlage hierfür sind die jeweils geltenden kommunalen Satzungen und Landesgesetze, die die Erhebung von Anliegerbeiträgen regeln. In der Regel sind die Grundstückseigentümer bereits im Vorfeld über die geplanten Straßenarbeiten und die voraussichtliche Höhe der Anliegerbeiträge informiert worden.

  • Ausbau von Fahrbahnen und Gehwegen
  • Sanierung von Straßenunterführungen oder Brücken
  • Neuverlegung oder Sanierung von Wasserleitungen und Entwässerungssystemen
  • Einrichtung oder Modernisierung von Straßenbeleuchtungen
  • Aufwendungen für Verkehrsberuhigungsmaßnahmen

Gesetzliche Grundlagen für Anliegerbeiträge

Grundlage für die Berechnung und Erhebung von Anliegerbeiträgen sind die Regelungen in den jeweiligen Kommunalabgabengesetzen der Länder. Diese sehen vor, dass die Kommunen per Satzung Beiträge von den Eigentümern angrenzender Grundstücke erheben können. In der Regel sind diese Regelungen ausreichend detailliert und konkret, sodass eigene örtliche Satzungen nicht notwendig sind. Es gibt jedoch auch Kommunen, die ergänzend oder abweichend von den landesrechtlichen Vorschriften eigene Satzungen erlassen haben.

Die Landesregelungen variieren bezüglich der Einzelheiten der Beitragserhebung, beinhalten jedoch grundsätzlich folgende Elemente:

  • Ermächtigung der Gemeinde zur Erhebung von Beiträgen durch Satzung
  • Voraussetzungen für die Beitragsfähigkeit von Herstellungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen
  • Regelung des Umfangs der beitragspflichtigen Grundstücke
  • Berechnung der Beitragshöhe
  • Verfahrensregelungen für die Beitragserhebung

Beispiel: Kommunalabgabengesetz (KAG) Nordrhein-Westfalen

Das KAG NRW regelt die Erhebung von Anliegerbeiträgen wie folgt:

  • § 8 KAG NRW gibt den Gemeinden die Ermächtigung, Beiträge zur Deckung der Kosten für öffentliche Einrichtungen und Anlagen zu erheben.
  • § 9 KAG NRW legt fest, dass Herstellungs-, Anschaffungs- und Erweiterungsmaßnahmen beitragsfähig sind.
  • § 10 KAG NRW bestimmt die beitragspflichtigen Grundstücke.
  • Die §§ 11 und 12 KAG NRW regeln die Berechnung der Beiträge.
  • Das Verfahren wird über § 33 KAG NRW geregelt, der auf §§ 122 ff. der Gemeindeordnung NRW verweist.

Berechnung der Anliegerbeiträge

Die Berechnung der Anliegerbeiträge erfolgt nach Maßgabe der in der jeweiligen Landesregelung oder kommunalen Satzung vorgegebenen Kriterien. In der Regel sind zwei Faktoren maßgeblich für die Berechnung der Anliegerbeiträge:

  • Die Kosten der durchzuführenden Straßenbaumaßnahme
  • Die Größe der an der Straße angrenzenden Grundstücke, zumeist berechnet auf Basis der Grundstücksfront

Darüber hinaus gibt es in vielen Fällen auch Kriterien für unterschiedliche Beitragssätze je nach Art der betroffenen Straße (beispielsweise Anliegerstraße, Hauptverkehrsstraße oder Wohnstraße) oder nach der tatsächlichen Nutzung der Grundstücke (Wohngebäude, gewerbliche oder landwirtschaftliche Grundstücke).

Die tatsächliche Höhe der Anliegerbeiträge hängt somit von einer Vielzahl von Faktoren ab und kann daher nur individuell für die jeweilige Situation ermittelt werden. Das Vorhandensein einer einheitlichen, bundesweit gültigen Berechnungsformel oder eines pauschalen Beitrags liegt gerade in der responsiven Anpassung der Vorschriften auf kommunaler Ebene und ist daher nicht gegeben.

Beispiel

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Eine Kommune plant die Sanierung einer kleinen Wohnstraße, an der insgesamt zehn Grundstücke angrenzen. Die geplanten Kosten der Sanierung betragen 100.000 Euro. Die Frontlängen der betreffenden Grundstücke betragen insgesamt 200 Meter.

Die Kommune hat in ihrer Satzung festgelegt, dass 60 % der Kosten der Sanierung auf die Anlieger umgelegt werden sollen. Die restlichen 40 % trägt die Kommune selbst. Die anrechenbaren Kosten belaufen sich somit auf 60.000 Euro.

Die Anliegerbeiträge werden auf Basis der Frontlängen der betreffenden Grundstücke ermittelt. Die Kosten pro Meter Frontlänge betragen also (60.000 Euro / 200 Meter) 300 Euro. Hat z.B. ein Grundstück eine Frontlänge von 20 Metern, so beträgt der Anliegerbeitrag für dieses Grundstück 6.000 Euro.

Rechte und Möglichkeiten der Betroffenen

Wenn Sie als Grundstückseigentümer von einer Anliegerbeitragspflicht betroffen sind, sollten Sie sich über Ihre Rechte und Handlungsoptionen im Klaren sein. Nur auf diese Weise können Sie gegebenenfalls angemessen auf die Beitragsforderungen der Kommune reagieren und möglicherweise eine Reduzierung oder sogar Befreiung von den Beiträgen erreichen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige grundlegende Rechtspositionen und Handlungsoptionen vor:

  • Recht auf Akteneinsicht: Betroffene Grundstückseigentümer haben das Recht, die relevanten Unterlagen (z. B. Planungsunterlagen, Kostenschätzungen oder Kalkulationen der Anliegerbeiträge) einzusehen, um die Berechnung der Beiträge nachvollziehen zu können.
  • Einwendungen gegen die Beitragserhebung:Betroffene Grundstückseigentümer können fristgerecht Einwendungen gegen die Erhebung der Anliegerbeiträge erheben, wenn sie der Ansicht sind, dass die Berechnung der Beiträge fehlerhaft ist oder unbillige Härten entstehen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die tatsächliche Frontlänge des Grundstücks nicht korrekt erfasst wurde oder wenn die Baumaßnahme aus Sicht des Grundstückseigentümers keine wesentliche Verbesserung darstellt.
  • Stundung der Anliegerbeiträge: In begründeten Fällen, beispielsweise bei nachweislich unbilliger Härte, können die Anliegerbeiträge gestundet oder in einzelnen Fällen auch erlassen werden. Hierzu bedarf es in der Regel eines Antrags beim zuständigen Verwaltung.
  • Rechtliche Unterstützung: Sollten Sie als Grundstückseigentümer der Ansicht sein, dass die Erhebung der Anliegerbeiträge in Ihrem Fall nicht rechtmäßig ist oder unbillige Härten entstehen, können Sie sich anwaltliche Unterstützung suchen. Versierte Anwälte kennen die geltenden Gesetze und können so Ihre Situation bewerten und Ihnen gegebenenfalls bei der Durchsetzung Ihrer Rechte helfen.

FAQs zu Anliegerbeiträgen

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen zu Anliegerbeiträgen und unseren Antworten darauf:

Muss ich als Grundstückseigentümer immer Anliegerbeiträge zahlen, wenn in meiner Nähe Straßenarbeiten durchgeführt werden?

Nicht in jedem Fall sind Anliegerbeiträge zu zahlen. Ob und in welcher Höhe Anliegerbeiträge erhoben werden, hängt von den jeweils geltenden landes- und kommunalrechtlichen Regelungen ab. Grundsätzlich ist die Zahlungspflicht nur dann gegeben, wenn die jeweilige Maßnahme beitragsfähig ist und die betreffenden Grundstücke von der Maßnahme profitieren.

Wie kann ich mich gegen die Erhebung von Anliegerbeiträgen wehren, wenn ich der Ansicht bin, dass diese nicht rechtmäßig sind?

Wenn Sie der Auffassung sind, dass die Erhebung von Anliegerbeiträgen in Ihrem Fall unrechtmäßig ist oder zu unbilligen Härten führt, haben Sie die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen gegen die Beitragserhebung zu erheben. Zudem empfiehlt sich in solchen Fällen die Hinzuziehung eines Anwalts, der auf das Kommunalabgabenrecht spezialisiert ist und Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte zur Seite stehen kann.

Wie hoch sind die Anliegerbeiträge in meiner Kommune?

Die Höhe der Anliegerbeiträge hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa den tatsächlichen Kosten der Baumaßnahme, der Größe der betroffenen Grundstücke und den kommunalen bzw. landesrechtlichen Vorgaben. Um genaue Informationen zur Höhe der zu erwartenden Anliegerbeiträge in Ihrer Kommune zu erhalten, empfiehlt es sich, sich direkt an die zuständige Verwaltungsbehörde zu wenden.

Besteht die Möglichkeit, Anliegerbeiträge in Raten zu zahlen oder zu stunden?

Ja, in vielen Fällen ist es möglich, eine Ratenzahlung der Anliegerbeiträge zu vereinbaren oder gar eine Stundung zu beantragen. Hierzu müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie etwa eine unbillige Härte für den betroffenen Grundstückseigentümer. Entsprechende Anträge sind in der Regel direkt bei der zuständigen Verwaltungsbehörde zu stellen.

Was passiert, wenn ich die Anliegerbeiträge nicht zahlen kann oder will?

Sollten Sie die Anliegerbeiträge nicht zahlen können oder wollen, drohen verschiedene Konsequenzen. Zunächst wird die Kommune eine Mahnung oder eine Zahlungsaufforderung an Sie versenden. Bei fortgesetzter Nichtzahlung kann die Kommune zusätzlich Säumniszuschläge oder gar Vollstreckungsmaßnahmen veranlassen, um die offenen Forderungen einzutreiben. Um dies zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig eine Ratenzahlungsvereinbarung oder Stundung beantragen und/oder rechtlichen Beistand suchen.

Fazit

Anliegerbeiträge sind für viele Grundstückseigentümer eine unerwartete finanzielle Belastung, die aufgrund von Straßenbaumaßnahmen in der näheren Umgebung entstehen kann. Da die Regelungen hierzu von Bundesland zu Bundesland und von Kommune zu Kommune variieren, ist es ratsam, sich frühzeitig über die jeweils geltenden Bestimmungen und die zu erwartenden Kosten zu informieren. Sollten Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung haben oder von unbilligen Härten betroffen sein, zögern Sie nicht, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um Ihre Rechte effektiv durchzusetzen.

Als kompetente und erfahrene Anwaltskanzlei unterstützen wir Sie gerne bei allen Fragen rund um das Thema Anliegerbeiträge und vertreten Ihre Interessen gegenüber den zuständigen Behörden. Sprechen Sie uns einfach an – wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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