Arbeiten trotz Krankheit – Rechte, Pflichten und Grenzen.In einer Zeit, in der überlastete Gesundheitssysteme und allgegenwärtige soziale Medien dazu führen, dass viele Menschen regelmäßig Arbeiten trotz Krankheit vornehmen, ist es wichtiger denn je, sich über die damit verbundenen Rechte, Pflichten und Grenzen im Klaren zu sein.

Dieser Blog-Beitrag wird Ihnen, als Arbeitnehmer und Arbeitgeber, einen umfassenden Überblick über dieses Thema geben, damit Sie informierte Entscheidungen treffen und potenzielle Konflikte vermeiden können.

Inhaltsverzeichnis:

  • Grundlagen: Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern
  • Die Auswirkungen von Präsentismus
  • Verfügbarkeit und Grenzen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  • Was Arbeitnehmer beachten sollten, wenn sie trotz Krankheit arbeiten
  • Verantwortung des Arbeitgebers in Bezug auf krank arbeitende Mitarbeiter
  • Fallstudien: Anonymisierte Mandantengeschichten und Praxisbeispiele
  • Checkliste für das Verhalten im Falle von Arbeiten trotz Krankheit
  • Häufig gestellte Fragen (FAQs)
  • Schlussbetrachtung: Ein gesundes Gleichgewicht finden

Grundlagen: Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern

In Bezug auf Arbeitsrecht gibt es bestimmte Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Umgang mit Krankheiten und Fehlzeiten. Für Arbeitnehmer besteht grundsätzlich das Recht auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Arbeitgeber haben die Pflicht, die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen zu schützen. Zu den grundlegenden Pflichten zählen:

  • Arbeitnehmern bei Krankheit angemessene Erholungszeit zu gewähren
  • Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern, um eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu gewährleisten
  • Behandlung von Beschäftigten mit psychischen Erkrankungen angemessen berücksichtigen

Die Auswirkungen von Präsentismus

Präsentismus bezeichnet das Phänomen, trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen und nicht die notwendige Ruhe und Erholung in Anspruch zu nehmen. Präsentismus kann sowohl kurzfristig als auch langfristig negative Auswirkungen auf den Arbeitnehmer und das gesamte Unternehmen haben, darunter:

  • Verschlechterung des Gesundheitszustands des Arbeitnehmers
  • Erhöhtes Risiko für einen Arbeitsunfall oder Fehler
  • Ansteckungsgefahr für Kolleginnen und Kollegen
  • Geringere Produktivität und Motivation

Arbeitgeber sollten daher ein offenes Arbeitsklima fördern, in dem Mitarbeitende sich bei Krankheit ohne Angst vor Nachteilen auskurieren können.

Verfügbarkeit und Grenzen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), auch bekannt als „gelber Schein“, ist ein gebräuchliches Instrument zur Bestätigung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Normalerweise ist eine AU ab dem vierten Krankheitstag erforderlich. Dabei gibt es jedoch auch einige Grenzen:

  • Manche Ärztinnen und Ärzte stellen die AU eventuell nur zögerlich aus, da sie den Patienten für arbeitsfähig halten
  • Die AU kann in manchen Fällen missbräuchlich verwendet werden
  • Nicht immer sind die prognostizierten Ausfallzeiten in der AU zutreffend

Arbeitgeber sollten ihre Arbeitnehmer aktiv bei der Einhaltung der Melde- und Nachweispflichten unterstützen und diese auch kontrollieren.

Was Arbeitnehmer beachten sollten, wenn sie trotz Krankheit arbeiten

Arbeitnehmer sollten sich im Falle einer Krankheit vorrangig auf ihre Gesundheit konzentrieren. Sollte dennoch die Entscheidung zur Arbeitsaufnahme trotz Krankheit getroffen werden, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Selbsteinschätzung: Ist es wirklich notwendig, trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen? Bedenken Sie die Risiken und Auswirkungen.
  • Kommunikation: Informieren Sie Ihre Vorgesetzten und Kollegen über Ihren Gesundheitszustand und mögliche Einschränkungen.
  • Gesundes Maß: Überlasten Sie Ihren Körper nicht weiter, achten Sie auf Pausen und schonende Arbeitsbedingungen.

Verantwortung des Arbeitgebers in Bezug auf krank arbeitende Mitarbeiter

Arbeitgeber haben sowohl das Interesse als auch die Pflicht, von Krankheit betroffenen Mitarbeitern die notwendige Ruhe zur Genesung zu gewähren. Dazu gehören:

  • Sensibilisierung: Schaffen Sie ein Arbeitsklima, in dem Offenheit und Fürsorge im Umgang mit krankheitsbedingten Fehlzeiten herrscht.
  • Intervention: Greifen Sie ein, wenn Sie feststellen, dass ein Mitarbeiter erkrankt ist und trotzdem arbeitet, und schicken Sie ihn gegebenenfalls nach Hause.
  • Unterstützung: Fördern Sie gesundheitsfördernde Maßnahmen und Angebote zur Prävention von Krankheiten am Arbeitsplatz.

Fallstudien: Anonymisierte Mandantengeschichten und Praxisbeispiele

Im Folgenden finden Sie anonymisierte Mandantengeschichten und Praxisbeispiele, die das Thema Arbeiten trotz Krankheit und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte veranschaulichen:

Fallbeispiel 1: Laborantin mit Migräne

Eine Laborantin leidet regelmäßig unter Migräneanfällen, die ihre Arbeitsfähigkeit einschränken. Sie entscheidet sich jedoch oft, trotz der Migräne zur Arbeit zu erscheinen, um ihre Verantwortung gegenüber ihrem Arbeitgeber und ihren Kollegen nicht zu vernachlässigen.

In einer Situation arbeitet sie während eines Migräneanfalls mit sensiblen Laborgeräten und begeht dabei ausgerechnet einen bedeutenden Fehler, der die Ergebnisse einer Studie negativ beeinflusst. Der Arbeitgeber wird auf diesen Vorfall aufmerksam und setzt sich zukünftig für ein offeneres Klima im Umgang mit Krankheit ein.

Fallbeispiel 2: Lehrer mit ansteckender Grippe

Ein Lehrer kehrt nach einer kurzen Fehlzeit aufgrund einer Grippeinfektion zu früh in den Arbeitsalltag zurück. Obwohl er noch nicht vollständig genesen ist, fühlt er sich verpflichtet, seine Schüler in der Prüfungsphase zu unterstützen.

Innerhalb weniger Tage stecken sich mehrere Schüler und Kollegen an, was zu einer Welle von Krankmeldungen führt und den Unterrichtsbetrieb erheblich beeinträchtigt. Der Schulleiter reagiert, indem er klare Richtlinien erlässt und betont, dass die Gesundheit und Sicherheit aller Beteiligten Vorrang haben sollten.

Fallbeispiel 3: Übereifriger Vertriebsmitarbeiter

Ein Vertriebsmitarbeiter hat sich das Ziel gesetzt, in diesem Quartal besonders viele Verträge abzuschließen. In seinem Ehrgeiz, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen, ignoriert er die Symptome einer schweren Erkältung und arbeitet trotz Krankheit weiter.

Zunächst ist er stolz auf seine Leistung und bringt den Vertrieb voran. Allerdings bemerkt er, dass er nicht mehr die gleiche Leistungsfähigkeit aufbringt wie zuvor und dass seine Erkältung sich verschlimmert. Schließlich wird er aufgrund seines Zustands doch arbeitsunfähig und muss für eine längere Zeit aussetzen. In der Zwischenzeit hat sich die Arbeitsbelastung für seine Kollegen erhöht, da nun ein Mitarbeiter für einen längeren Zeitraum ausfällt.

Fallbeispiel 4: Geschäftsführerin mit Burnout

Die Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens hat chronischen Stress und steht unter immensem Druck, das Wachstum ihres Unternehmens voranzutreiben. Sie ignoriert die Warnsignale ihres Körpers und arbeitet selbst dann, wenn sie sich mental und körperlich erschöpft fühlt.

Später kollabiert sie während eines wichtigen Meetings und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Die Diagnose: Burnout. In der Folge muss das Unternehmen große Verluste verkraften, weil wichtige Entscheidungen und Projekte nicht mehr wie geplant durchgeführt werden können. Dieses Beispiel zeigt, dass das Ignorieren von gesundheitlichen Beschwerden im Arbeitsumfeld negative Folgen für Einzelpersonen und Unternehmen haben kann.

Checkliste für das Verhalten im Falle von Arbeiten trotz Krankheit

Um sicherzustellen, dass Sie im Falle von Arbeiten trotz Krankheit angemessen handeln, beziehen Sie die folgende Checkliste in Ihre Vorgehensweise ein:

Für Arbeitnehmer

  • Ruhe und Erholung: Gönnen Sie sich bei Krankheit die notwendige Ruhe und Erholung und zwingen Sie sich nicht zur Arbeitsaufnahme.
  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Holen Sie bei Erkrankungen, die länger als drei Tage andauern, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Ihrem Arzt ein und legen Sie diese Ihrem Arbeitgeber rechtzeitig vor.
  • Kommunikation: Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über Ihre Erkrankung und den voraussichtlichen Zeitraum Ihrer Abwesenheit. Halten Sie die Kommunikation offen und ehrlich.
  • Arbeitsplatz: Sollten Sie trotz Krankheit arbeiten wollen, sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber über mögliche Änderungen Ihrer Arbeitsbedingungen, z. B. Telearbeit oder eine vorübergehende Anpassung Ihrer Aufgaben.

Für Arbeitgeber

  • Gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld: Schaffen Sie ein offenes und unterstützendes Arbeitsklima, das die Gesundheit und das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter fördert.
  • Intervention: Wenn Sie feststellen, dass ein Mitarbeiter trotz Krankheit zur Arbeit kommt, sprechen Sie mit ihm über die Notwendigkeit der Genesung und schicken Sie ihn gegebenenfalls nach Hause.
  • Unterstützung: Ermutigen Sie Ihre Angestellten, bei Krankheit verantwortungsbewusst zu handeln und ausreichend Zeit zur Genesung in Anspruch zu nehmen.
  • Arbeitsplatzgestaltung: Berücksichtigen Sie Maßnahmen zur Arbeitsplatzgestaltung, um eine gesunde, sichere und einladende Arbeitsumgebung für alle Mitarbeiter zu schaffen.

Allgemeine Ratschläge

  • Rechtliche Grundlagen: Machen Sie sich mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Krankheit, Entgeltfortzahlung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vertraut.
  • Präventionsmaßnahmen: Überlegen Sie, welche präventiven Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung in Ihrem Arbeitsumfeld sinnvoll sein könnten.
  • Versicherungsschutz: Stellen Sie sicher, dass sowohl Sie als Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber über ausreichenden Versicherungsschutz für Krankheitsfälle verfügen.
  • Arbeitsrechtlicher Rat: Bei Unsicherheiten oder Streitfällen suchen Sie rechtlichen Rat von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht, um Ihre Rechte und Pflichten zu klären.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Arbeiten trotz Krankheit:

  • Frage: Darf mein Arbeitgeber mich nach Hause schicken, wenn ich trotz Erkrankung zur Arbeit erscheine?
  • Antwort: Ja, ein Arbeitgeber ist sogar verpflichtet, die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu schützen und kann daher kranke Arbeitnehmer nach Hause schicken.
  • Frage: Wie lange kann ich bei Krankheit meine Entgeltfortzahlung erhalten?
  • Antwort: Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt bis zu sechs Wochen. Danach haben Arbeitnehmer, wenn die Arbeitsunfähigkeit weiterhin besteht, Anspruch auf Krankengeld von ihrer Krankenkasse.
  • Frage: Muss ich bei kurzfristigen Erkrankungen, wie beispielsweise einer Erkältung, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen?
  • Antwort: Ab dem vierten Krankheitstag benötigen Sie in der Regel eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, sofern Ihr Arbeitgeber keine anderen Vorschriften diesbezüglich hat.
  • Frage: Sind Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zur Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz anzubieten?
  • Antwort: Arbeitgeber sind nicht gesetzlich verpflichtet, Gesundheitspräventionsmaßnahmen anzubieten. Doch viele Arbeitgeber tun dies, um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu unterstützen und um Ausfallzeiten zu reduzieren.

Schlussbetrachtung: Ein gesundes Gleichgewicht finden

Arbeiten trotz Krankheit sollte keine Selbstverständlichkeit sein, sondern vielmehr ein Ausnahmezustand, der mit Bedacht und Umsichtigkeit für alle Beteiligten behandelt werden sollte. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben sowohl Rechte als auch Pflichten im Umgang mit krankheitsbedingten Fehlzeiten, und gute Kommunikation sowie gegenseitiges Verständnis sind entscheidend für eine erfolgreiche Handhabung dieses Themas.

Wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie bei Arbeiten trotz Krankheit vorgehen sollen, ist es ratsam, kundige Unterstützung von einem arbeitsrechtlich erfahrenen Anwalt einzuholen, um sicherzustellen, dass Sie Ihre rechtlichen Verpflichtungen und Möglichkeiten kennen.

Letztendlich ist das Wichtigste bei Arbeiten trotz Krankheit, die eigene Gesundheit zu schützen, ein gesundes Arbeitsumfeld für alle Beteiligten zu gewährleisten und sich der rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst zu sein. Nur so kann in langfristiger Sicht eine positive und produktive Arbeitskultur erreicht werden.

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