Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass ein Arbeitsvertrag immer in schriftlicher Form vorliegen muss. Tatsächlich stellt sich in der Praxis oft die Frage: Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich geschlossen werden? Die Antwort auf diese Frage ist maßgeblich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, da sie die Rechte und Pflichten beider Parteien betrifft und erhebliche rechtliche Implikationen haben kann.

In Deutschland regelt das Nachweisgesetz (NachwG) die Verpflichtung des Arbeitgebers, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich zu fixieren und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass die Schriftform nicht zwingend für die Wirksamkeit eines Arbeitsvertrages erforderlich ist. Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten zustande kommen und dennoch rechtlich bindend sein.

Rechtliche Grundlagen des Arbeitsvertrages in Deutschland

Ein Arbeitsvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, der die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses regelt. Die rechtlichen Grundlagen für Arbeitsverträge finden sich primär im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Nachweisgesetz (NachwG).

Grundsätzlich gilt gemäß § 611a BGB, dass der Arbeitsvertrag sowohl mündlich, schriftlich als auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande kommen kann. Das BGB definiert den Arbeitsvertrag als einen Dienstvertrag, bei dem der Arbeitnehmer sich verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft gegen Zahlung eines Arbeitsentgelts zur Verfügung zu stellen.

Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber allerdings, dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und zu übergeben. Dies umfasst insbesondere:

  • den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien
  • den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • die Dauer des Arbeitsverhältnisses, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt
  • den Arbeitsort oder, wenn der Arbeitnehmer nicht an einem festen Arbeitsort beschäftigt werden soll, einen Hinweis darauf
  • eine kurze Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich aller Zuschläge, Prämien, Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit
  • die vereinbarte Arbeitszeit
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses
  • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

Beispiele und Fallstudien

Es ist in diesem Zusammenhang hilfreich, einige praktische Beispiele und hypothetische Situationen durchzugehen, um das Thema besser zu verstehen.

Fall 1: Der mündliche Arbeitsvertrag

Max und sein zukünftiger Arbeitgeber, ein kleiner Handwerksbetrieb, verständigen sich mündlich auf alle wesentlichen Punkte ihres Arbeitsverhältnisses. Max beginnt seine Arbeit und erhält nach drei Wochen sein erstes Gehalt. In diesem Fall liegt ein gültiger Arbeitsvertrag vor, auch wenn dieser nicht schriftlich niedergelegt wurde. Der Arbeitgeber ist jedoch nach dem NachwG verpflichtet, die wesentlichen Punkte spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen und Max auszuhändigen.

Fall 2: Schlüssiges Verhalten

Lisa wird von einem Unternehmen für zwei Wochen auf Probe eingestellt, um die Eignung für eine Stelle zu prüfen. Sie erhält für diese Zeit eine Vergütung und wird in den Arbeitsprozess integriert. Auch wenn keiner der beiden Parteien explizit einen schriftlichen Vertrag unterzeichnet hat, ist ein Arbeitsverhältnis durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Das Unternehmen muss auch hier die Vertragsdokumente gemäß NachwG rechtzeitig schriftlich fixieren.

Rechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Die Nichteinhaltung der Nachweispflicht kann zwar die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages nicht beeinträchtigen, hat aber dennoch rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber.

Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz kann

  • zu Bußgeldern führen, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur schriftlichen Niederlegung der wesentlichen Vertragsbedingungen nicht nachkommt,
  • Unklarheiten und Streitigkeiten verursachen, die im schlimmsten Fall vor Gericht geklärt werden müssen,
  • die Gerichte im Zweifel dazu bringen, zugunsten des Arbeitnehmers zu entscheiden, wenn keine ausreichenden Beweise für die Vertragsbedingungen vorliegen.

Praxisbeispiele und Empfehlungen

Checkliste für Arbeitgeber

Um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden und um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Arbeitgeber folgende Punkte berücksichtigen:

  • Fertigen Sie Arbeitsverträge nach Möglichkeit schriftlich an.
  • Stellen Sie sicher, dass alle wesentlichen Vertragsbedingungen klar und verständlich formuliert sind.
  • Überreichen Sie den schriftlichen Vertrag spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.
  • Bewahren Sie Kopien des Vertrages und aller relevanten Dokumente sorgfältig auf.
  • Informieren Sie sich regelmäßig über Änderungen im Arbeitsrecht und passen Sie die Vertragsbedingungen entsprechend an.

Checkliste für Arbeitnehmer

Auch Arbeitnehmer sollten bestimmte Vorsichtsmaßnahmen treffen, um ihre Rechte zu wahren:

  • Verlangen Sie eine schriftliche Ausfertigung Ihres Arbeitsvertrages.
  • Lesen Sie den Vertrag sorgfältig durch und stellen Sie sicher, dass alle mündlich vereinbarten Bedingungen enthalten sind.
  • Zögern Sie nicht, Unklarheiten oder Unstimmigkeiten im Vertrag anzusprechen und auf Korrekturen zu bestehen.
  • Bewahren Sie Ihren Arbeitsvertrag sowie alle damit zusammenhängenden Dokumente sicher auf.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Hier sind einige häufig gestellte Fragen rund um das Thema Arbeitsvertragspflicht und deren schriftliche Form:

  • Ist ein Arbeitsvertrag ohne Schriftform gültig? Ja, ein Arbeitsvertrag ist auch ohne Schriftform gültig. Die wesentlichen Bedingungen müssen jedoch laut Nachweisgesetz schriftlich festgehalten werden.
  • Muss der Arbeitgeber alle Änderungen im Arbeitsvertrag schriftlich festhalten? Ja, wesentliche Änderungen der Vertragsbedingungen müssen ebenfalls schriftlich festgehalten und dem Arbeitnehmer mitgeteilt werden.
  • Welche Folgen hat es, wenn der Arbeitsvertrag nicht schriftlich vorliegt? Der Arbeitsvertrag bleibt gültig, jedoch drohen Bußgelder und rechtliche Unsicherheiten für den Arbeitgeber.
  • Kann ein Arbeitnehmer auf die schriftliche Niederlegung verzichten? Nein, der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, diese schriftlich zu fixieren.

Abschließende Gedanken und Empfehlungen

Einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu haben, ist sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von entscheidender Bedeutung. Auch wenn ein Arbeitsplatz durch mündliche Absprachen oder schlüssiges Verhalten rechtlich bindend sein kann, sorgt die schriftliche Niederlegung für Klarheit und Rechtssicherheit. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gemäß dem Nachweisgesetz schützt beide Parteien vor Missverständnissen und rechtlichen Auseinandersetzungen.

Arbeitgeber sollten sich daher nicht nur auf die Mindestanforderungen des Gesetzes beschränken, sondern bestrebt sein, ausführliche und klare Arbeitsverträge zu erstellen. Arbeitnehmer wiederum sollten auf die Einhaltung dieser Vorschrift bestehen und ihren Arbeitsvertrag stets auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfen.

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