Bail-out in der Finanzwelt: Rettungsanker rechtlich erklärt

Bail-out – schon einmal davon gehört? Nein, wir sprechen hier nicht von einem romantischen Sprung aus einem Flugzeug, sondern von einem wichtigen Konzept in der Welt der Finanzen. Aber keine Sorge, wir lassen Sie nicht im Stich und führen Sie Schritt für Schritt durch diesen vermeintlich komplizierten Begriff.

Bereit für eine aufschlussreiche Reise in die Finanz- und Rechtswelt? Dann lassen Sie uns direkt eintauchen in das Thema Bail-out und seine rechtlichen Rahmenbedingungen.

Bail-out: Die Rettung in der Not

Bevor wir uns gänzlich den rechtlichen Aspekten widmen, ist es wichtig zunächst das Grundkonzept des Bail-outs zu verstehen. Bail-out bezeichnet die Rettung eines Unternehmens, einer Bank oder eines Staates durch finanzielle Unterstützung, meistens durch den Staat oder eine staatliche Institution, um dessen Insolvenz abzuwenden.

Es handelt sich hierbei um ein zweischneidiges Schwert: Einerseits soll eine Abwärtsspirale vermieden werden, die weitere Unternehmen und die gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft zieht; andererseits besteht die Gefahr eines sogenannten „moralischen Risikos“ (Moral Hazard), bei dem Unternehmen sich auf künftige Bail-outs verlassen und somit weniger vorsichtig bei ihren Geschäftspraktiken agieren.

Bail-in: Die weniger bekannte Schwester

Neben dem Bail-out, gibt es auch noch den sogenannten Bail-in. Hierbei handelt es sich ebenfalls um ein Rettungsmechanismus für Banken, aber im Gegensatz zum Bail-out sind es nicht die Steuerzahler, die zur Kasse gebeten werden, sondern die Gläubiger und Anteilseigner der betroffenen Bank.

Im Rahmen eines Bail-ins werden Verbindlichkeiten der Bank in Eigenkapital umgewandelt oder sogar teilweise oder ganz abgeschrieben, um die finanzielle Stabilität der Bank wiederherzustellen.

Rechtliche Grundlagen für beide Rettungsmechanismen

Wie Sie sehen, geht es bei der Anwendung eines Bail-outs oder Bail-ins um viel Geld, bedeutende Unternehmen und womöglich sogar ganze Volkswirtschaften. Deshalb unterliegen beide Mechanismen auch einer strengen rechtlichen Regulierung. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen, die für Bail-outs und Bail-ins gelten.

Die gesetzlichen Grundlagen für Bail-outs

Die Regeln für staatliche Rettungsmaßnahmen – also Bail-outs – sind auf verschiedenen Ebenen verankert. So gibt es nationale Regelungen, aber auch europäische Vorgaben, die die Durchführung eines Bail-outs begrenzen und vorschreiben.

Die „No-bail-out“-Klausel in der Europäischen Union

Besonders interessant ist hier die sogenannte „No-bail-out“-Klausel (Art. 125 AEUV), die besagt, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union grundsätzlich nicht für die Schulden eines anderen Mitgliedstaates haften. Diese Regelung dient vor allem der Stabilität des Euro-Währungsgebietes und soll verhindern, dass ein Staat durch unverantwortliche Haushaltspolitik die anderen Mitgliedstaaten in eine Krise reißt.

Das europäische Beihilferecht

Außerdem spielt das EU-Beihilferecht, geregelt in Art. 107 AEUV, eine zentrale Rolle bei Bail-outs. Hier wird festgelegt, dass staatliche Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, als unvereinbar mit dem Binnenmarkt gelten. Es werden jedoch auch Ausnahmen aufgeführt, unter denen staatliche Beihilfen genehmigt werden können, beispielsweise wenn sie der Förderung des wirtschaftlichen Zusammenhalts dienen.

Nationale Regelungen

Auf nationaler Ebene existieren ebenfalls Regelungen, die eine staatliche Unterstützung von Unternehmen begrenzen oder verbieten, wie zum Beispiel das Gläubigerbeteiligungsgesetz oder die Schuldenbremse im Grundgesetz für die Haushaltsdisziplin. Diese Regelungen sollen neben einer Stabilisierung der nationalen Wirtschaft auch als Abschreckung für Unternehmen dienen, die auf eine staatliche Rettung spekulieren könnten.

Die juristischen Vorgaben für Bail-ins

Auch Bail-ins unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Beispielhaft möchten wir Ihnen hier einige der wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen vorstellen.

BRRD: Die EU-Richtlinie zur Bankenabwicklung

Die Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) ist eine europäische Richtlinie, die im Jahr 2014 verabschiedet wurde und die den Rahmen für die Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken vorgibt. Der zentrale Gedanke dabei ist, dass nun nicht mehr der Steuerzahler, sondern die Anteilseigner und Gläubiger der Bank für deren finanzielle Stabilität verantwortlich sind. Im Falle einer drohenden Bankeninsolvenz sieht die BRRD den Einsatz von Bail-ins als die primäre Abwicklungsmethode vor.

Das nationale Bankenabwicklungsgesetz

In Deutschland ist die Umsetzung der BRRD in nationales Recht durch das Bankenabwicklungsgesetz (SanInsFoG) erfolgt. Dieses Gesetz legt unter anderem die Voraussetzungen für die Durchführung eines Bail-ins und die Verantwortlichkeiten der beteiligten Institutionen fest.

Die Rolle der Single Resolution Board

Auf europäischer Ebene ist zudem das Single Resolution Board (SRB) zuständig, das im Rahmen der Bankenunion die Abwicklung von grenzüberschreitend tätigen Banken koordiniert und überwacht. Auch hier steht das Instrument des Bail-ins im Mittelpunkt der Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken.

Fragen & Antworten rund um das Thema Bail-out und Bail-in

Untenstehend finden Sie eine Übersicht über die am meisten gestellten Fragen und deren Antworten.

Wann wird ein Bail-out eingesetzt?

Ein Bail-out wird eingesetzt, wenn ein Unternehmen, eine Bank oder ein Staat vor einer drohenden Insolvenz steht und staatliche Unterstützung benötigt, um die finanzielle Stabilität wiederherzustellen. Allerdings müssen hierfür bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein und die damit verbundenen Risiken müssen sorgfältig abgewägt werden.

Können auch Privatpersonen von einem Bail-out profitieren?

Grundsätzlich ist ein Bail-out ein Instrument, das vor allem für Unternehmen, Banken und Staaten gedacht ist. Direkte staatliche Unterstützung für Privatpersonen ist eher selten, auch wenn es hier Ausnahmen gibt, wie zum Beispiel in Form von staatlichen Garantien für bestimmte Kredite oder ähnlichen Programmen.

Welche Risiken sind mit einem Bail-out verbunden?

Ein Bail-out birgt verschiedene Risiken, insbesondere für den Staat, der die finanzielle Unterstützung leistet. Dazu zählen insbesondere die Belastung der Staatskasse, das Risiko, dass das unterstützte Unternehmen weiterhin in Schieflage gerät und möglicherweise weitere Finanzhilfen benötigt, sowie die Gefahr eines sogenannten „Moral Hazard“, bei dem Unternehmer und Bankmanager sich in falscher Sicherheit wiegen und leichtsinnig agieren.

Was ist der Unterschied zwischen einem Bail-out und einem Bail-in?

Der Hauptunterschied zwischen einem Bail-out und einem Bail-in besteht darin, dass bei einem Bail-out der Staat oder eine staatliche Institution finanzielle Unterstützung leistet, während bei einem Bail-in die Anteilseigner und Gläubiger der betroffenen Bank zur Kasse gebeten werden.

Beispiele für Bail-outs und Bail-ins in der Praxis

Um Ihnen das komplexe Thema noch näher zu bringen, möchten wir Ihnen einige praxisnahe Beispiele für die Anwendung von Bail-outs und Bail-ins vorstellen.

Beispiel 1: Die Finanzkrise und die Bankenrettung

Ein bekanntes Beispiel für den Einsatz von Bail-outs ist die Finanzkrise im Jahr 2008. In dieser Zeit waren zahlreiche Banken und Finanzinstitute von der Pleite bedroht und erhielten letztendlich staatliche Unterstützung, um wieder auf die Beine zu kommen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Commerzbank, die in Deutschland mehr als 18 Milliarden Euro staatliche Hilfe erhielt.

Beispiel 2: Die Eurokrise und die Rettung von Griechenland

Auch im Zuge der Eurokrise kamen Bail-outs zum Einsatz, um Staaten wie Griechenland vor der Insolvenz zu bewahren. Durch umfangreiche finanzielle Hilfspakete und strenge Sparauflagen konnte Griechenland letztendlich gerettet werden, auch wenn dies zu enormen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen führte.

Beispiel 3: Die italienische Bankenkrise und der Bail-in

Ein Beispiel für die Anwendung eines Bail-ins ist die italienische Bankenkrise der Jahre 2016/2017. Hierbei gerieten mehrere italienische Banken in Schwierigkeiten, woraufhin die italienische Regierung einen Bail-in für einige dieser Banken umsetzte und damit eine erhebliche Beteiligung der Gläubiger und Anteilseigner erzwang.

Fazit: Bail-out und Bail-in als wichtige Instrumente in der Finanzwelt

Wie Sie sehen, sind Bail-out und Bail-in mehr als nur trockene wirtschaftliche Begriffe – sie sind wichtige Instrumente, um Unternehmen und Staaten in schweren finanziellen Zeiten zu helfen und wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Allerdings bedürfen beide Methoden sorgfältiger regulatorischer Rahmenbedingungen, um ihre Risiken zu minimieren und zu verhindern, dass sie missbraucht werden.

Und auch wenn wir uns in diesem Blogbeitrag bemüht haben, Ihnen das Thema so anschaulich und verständlich wie möglich darzustellen, wissen wir natürlich, dass das Thema noch wesentlich komplexer ist und viele weitere Facetten aufweist.

Wenn Sie also noch offene Fragen haben, in Ihrer konkreten Situation rechtlichen Rat suchen oder einfach weiter ins Thema eintauchen möchten, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite und sind sicher, Ihnen bei Ihren Herausforderungen rund um das Thema Bail-out und Bail-in weiterhelfen zu können.

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