Der Eigenhandel ist ein wichtiger und zugleich heikler Bereich im Finanzsektor, da er die Beteiligten in rechtliche Grauzonen führen kann. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag werden wir die gesetzlichen Grundlagen, die für den Eigenhandel gelten, erörtern und wichtige Tipps geben, um erfolgreich und rechtskonform im Eigenhandel zu agieren.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gesetzliche Grundlagen des Eigenhandels
  2. Verantwortlichkeiten und Haftung im Eigenhandel
  3. Compliance und Eigenhandelskontrolle
  4. Wichtige Tipps zum erfolgreichen Eigenhandel
  5. Häufig gestellte Fragen zum Eigenhandel
  6. Eigenhandel – Herausforderungen kennen und richtig handeln

Gesetzliche Grundlagen des Eigenhandels

Der Eigenhandel ist eine Form der Wertpapier- und Finanzinstrumentenhandelsaktivitäten, bei denen Finanzinstitute und deren Angestellte mit eigenen Kapitalmitteln handeln. Der Hauptzweck des Eigenhandels ist die Erzielung von Gewinnen für das Institut. Der Begriff „Eigenhandel“ ist im deutschen Recht nicht ausdrücklich definiert. Wir betrachten in diesem Abschnitt einige wesentliche Rechtsvorschriften, die den Eigenhandel betreffen:

Wertpapierhandelsgesetz (WpHG): Das WpHG ist das zentrale deutsche Gesetz, das den Wertpapierhandel regelt. Es definiert die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Handel mit Finanzinstrumenten und den Umgang mit Kundenorders, um Marktmanipulation und Insiderhandel zu verhindern.

Marktmissbrauchsverordnung (MAR): Die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch ist eine weiterführende EU-Verordnung und verpflichtet die Mitgliedstaaten, Regeln im Hinblick auf Marktmanipulation, Insiderhandel und die Offenlegung von Insiderinformationen aufzustellen. Sie enthält spezifische Anforderungen hinsichtlich der Marktbeobachtung, der Ad-hoc-Publizität und der Handelstransparenz.

Markets in Financial Instruments Directive (MiFID II) und Regulation (MiFIR): Diese EU-Richtlinie 2014/65/EU und Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zielen darauf ab, den Wertpapierhandel innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zu harmonisieren und Märkte wie den Eigenhandel transparenter und effizienter zu gestalten. MiFID II setzt insbesondere Anforderungen an das Risikomanagement, die organisatorischen Rahmenbedingungen, die Offenlegung von Transaktionskosten und den Schutz von Kundeninteressen.

Banking Act (KWG): Das Kreditwesengesetz ist das zentrale deutsche Gesetz, das Banken und Finanzdienstleistungsinstitute reguliert und unter anderem die Voraussetzungen für den Eigenhandel als Bankgeschäft festlegt. Demnach darf Eigenhandel nur von Instituten betrieben werden, die eine entsprechende Erlaubnis zur Durchführung von Bankgeschäften nach § 32 KWG erhalten haben.

Die genannten Rechtsvorschriften dienen dazu, Marktintegrität und Anlegerschutz zu gewährleisten, Risiken angemessen zu steuern und Transparenz in den Handelspraktiken sicherzustellen.

Verantwortlichkeiten und Haftung im Eigenhandel

Im Eigenhandel übernehmen sowohl das Finanzinstitut als auch der für die Handelsentscheidungen verantwortliche Händler rechtliche Verantwortung und Haftung. Die folgenden Punkte verdeutlichen die wichtigsten rechtlichen Verantwortungsbereiche im Eigenhandel:

  1. Verantwortung für die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften: Finanzinstitute und Händler haben die Pflicht, geltende Gesetze und Vorschriften einzuhalten, insbesondere im Hinblick auf die oben erwähnten Rechtsvorschriften sowie auf institutsinterne Richtlinien.
  2. Haftung bei Marktmanipulation und Insiderhandel: Der Händler haftet gegenüber dem Finanzinstitut, wenn er Marktmanipulation betreibt oder Insiderinformationen verwendet. Auch das Finanzinstitut kann bei nachlässiger Überwachung und Kontrolle ebenso haftbar gemacht werden.
  3. Haftung für Verluste durch Fehlentscheidungen: Händler und Finanzinstitute haften für Verluste, die aufgrund von Fehlentscheidungen, Missmanagement oder unzureichender Risikosteuerung im Eigenhandel entstehen. Die Haftung kann jedoch begrenzt werden, wenn die Entscheidungen unter Beachtung der geltenden internen Richtlinien und des aktuellen Branchenstandards getroffen wurden.

Es ist somit für Finanzinstitute und Händler unerlässlich, ihre Verantwortlichkeiten in Bezug auf den Eigenhandel genau zu kennen und sich konsequent an die geltenden Gesetze, Vorschriften und institutsinternen Regeln zu halten.

Compliance und Eigenhandelskontrolle

Um eine rechtskonforme Eigenhandelspraxis zu gewährleisten, müssen Finanzinstitute effektive Compliance- und Kontrollsysteme implementieren. Solche Systeme sollten die folgenden Hauptelemente beinhalten:

  1. Interne Richtlinien und Verfahren: Finanzinstitute sollten klare interne Richtlinien und Verfahrensweisen für Eigenhandelsaktivitäten aufstellen. Diese sollten die relevanten gesetzlichen Bestimmungen sowie Risikosteuerungsmaßnahmen und Transparenzanforderungen berücksichtigen.
  2. Schulung und Unterweisung der Händler: Die Händler müssen regelmäßig geschult und unterwiesen werden, um ihre Kenntnisse über die gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen zu aktualisieren. Dies sollte auch auf Aspekte wie Verhaltensregeln, Graumarktpraktiken und Risikomanagement eingehen.
  3. Überwachung und Dokumentation: Finanzinstitute sollten die Eigenhandelsaktivitäten kontinuierlich überwachen, um Manipulationen, Insiderhandel und Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften rechtzeitig zu erkennen. Alle Entscheidungen, Maßnahmen und Transaktionen sollten sorgfältig dokumentiert werden, um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen nachweisen zu können.
  4. Whistleblowing-Systeme: Finanzinstitute sollten Whistleblowing-Systeme implementieren, die den Mitarbeitern ermöglichen, Verdachtsfälle von Marktmanipulation, Insiderhandel oder sonstigen Verstößen zu melden. Diese Systeme sollten anonym und vertraulich sein, um potenzielle Vergeltungsmaßnahmen gegen den Whistleblower zu verhindern.
  5. Audit und Prüfung: Regelmäßige interne und externe Prüfungen sollten durchgeführt werden, um das Instituts eigene Compliance-Systeme im Hinblick auf den Eigenhandel zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern.

Durch die Implementierung solcher Compliance- und Kontrollsysteme können Finanzinstitute sicherstellen, dass ihre Eigenhandelsaktivitäten rechtskonform sind und angemessene Risikosteuerung und Transparenz gewährleistet sind.

Wichtige Tipps zum erfolgreichen Eigenhandel

Neben der Einhaltung gesetzlicher Grundlagen und der Implementierung wirksamer Compliance- und Kontrollsysteme gibt es eine Reihe von Faktoren, die zum erfolgreichen Eigenhandel beitragen können. Im Folgenden zeigen wir einige wichtige Tipps auf:

Umfassendes Marktverständnis: Händler sollten stets über die aktuellen Entwicklungen in den relevanten Märkten informiert sein, um fundierte Handelsentscheidungen treffen zu können. Dies schließt wichtige politische, wirtschaftliche und soziale Ereignisse und deren Auswirkungen auf den Finanzmarkt ein.

Risikomanagement: Angemessene Risikobewertungen bilden die Grundlage für erfolgreiche Handelsentscheidungen. Händler sollten sich stets der Risiken bewusst sein, denen sie im Eigenhandel ausgesetzt sind, und geeignete Strategien entwickeln, um diese Risiken zu steuern und zu minimieren.

Disziplin und Geduld: Erfolgreiche Händler im Eigenhandel zeichnen sich durch Disziplin und Geduld aus. Durch das Anwenden einer konsistenten Handelsstrategie, die auf soliden Marktanalysen und Risikobewertungen basiert, können bessere und nachhaltigere Ergebnisse erzielt werden.

Funktionalität und Anpassungsfähigkeit: Finanzmärkte unterliegen ständigen Veränderungen, und Händler müssen in der Lage sein, ihre Handelsstrategien und -ansätze kontinuierlich anzupassen. Flexibilität und die Fähigkeit, auf neue Herausforderungen und Chancen schnell zu reagieren, sind entscheidend für den Erfolg im Eigenhandel.

Vernetzung und Beziehungen: Händler im Eigenhandel sollten sich aktiv bemühen, ihr Netzwerk innerhalb der Branche auszubauen. Beziehungen zu anderen Händlern, Marktanalysten, Regulierungsbehörden und Branchenverbänden können wertvolle Informationen und Ressourcen bereitstellen, die den Erfolg im Eigenhandel fördern können.

Die Beachtung dieser Tipps kann dazu beitragen, die Erfolgschancen im Eigenhandel zu erhöhen und zugleich eine rechtskonforme und verantwortungsvolle Handelspraxis sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen zum Eigenhandel

Im Folgenden finden Sie eine Reihe von häufig gestellten Fragen (FAQs), die in Bezug auf den Eigenhandel relevant sind.

Was ist der Unterschied zwischen Eigenhandel und Auftragsausführung für Kunden?

Eigenhandel bezieht sich auf Handelsaktivitäten, bei denen ein Finanzinstitut oder dessen Angestellte mit eigenen Kapitalmitteln handeln, um Gewinne für das Institut zu erzielen. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Auftragsausführung für Kunden auf das Ausführen von Handelsaufträgen im Namen von Kunden – in diesem Fall agiert das Finanzinstitut lediglich als Vermittler und trägt nicht das mit dem Handel verbundene Risiko.

Dürfen Händler im Eigenhandel mit Insiderinformationen handeln?

Nein. Der Handel mit Insiderinformationen ist sowohl im Eigenhandel als auch für Kunden streng verboten und stellt einen Verstoß gegen die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) dar. Händler müssen alle Maßnahmen ergreifen, um etwaigen Insiderhandel zu vermeiden und entsprechende Vorfälle sofort zu melden.

Welche Schritte sollte ein Finanzinstitut unternehmen, um den Eigenhandel rechtskonform durchzuführen?

Finanzinstitute sollten sicherstellen, dass sie über eine wirksame Compliance- und Kontrollstruktur verfügen, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, angemessene Risikosteuerung gewährleistet und Marktmanipulation sowie Insiderhandel verhindert.

Hierzu gehört die Etablierung interner Richtlinien und Verfahrensweisen, regelmäßige Schulungen und Unterweisungen für Händler, effektive Überwachung und Dokumentation, die Implementierung von Whistleblowing-Systemen sowie regelmäßige Prüfungen der eigenen Compliance-Systeme.

Muss ein für Wertpapierhandel zuständiger Händler im Eigenhandel auch die Regeln der MiFID II beachten?

Ja, die MiFID II-Richtlinie und MiFIR gelten auch für Finanzinstitute und Händler, die im Eigenhandel tätig sind. Die Richtlinie setzt Anforderungen an das Risikomanagement, die organisatorischen Rahmenbedingungen, die Offenlegung von Transaktionskosten und den Schutz von Kundeninteressen. Demnach ist die Beachtung der MiFID II-Regeln unerlässlich für einen rechtskonformen Eigenhandel innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums.

Eigenhandel – Herausforderungen kennen und richtig handeln

Eigenhandel ist ein wichtiger Bereich im Finanzsektor, der jedoch erhebliche rechtliche Herausforderungen und Risiken mit sich bringen kann. Dieser Artikel hat die gesetzlichen Grundlagen beleuchtet und wichtige Tipps für einen erfolgreichen und rechtskonformen Eigenhandel gegeben.

Die Einhaltung der relevanten Gesetze und Vorschriften, die Implementierung von effektiven Compliance- und Kontrollsystemen sowie die Beachtung der aufgeführten Tipps können dazu beitragen, erfolgreich im Eigenhandel zu agieren und gleichzeitig rechtliche Stolpersteine zu vermeiden. Sollten sich jedoch weiterhin rechtliche Fragen oder Unsicherheiten ergeben, empfehlen wir dringend, professionelle Rechtsberatung einzuholen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Aspekte des Eigenhandels angemessen berücksichtigt werden.

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