Wenn eine Person stirbt und ein Erbe hinterlässt, kann dies zu Konflikten unter den Erben führen. Streitigkeiten über die Verteilung des Erbes, die Auslegung des Testaments oder die Rechte der Erben können emotional und finanziell belastend sein. Eine Möglichkeit, solche Konflikte zu lösen, ohne vor Gericht zu gehen, ist die Erbmediation. In diesem Blog-Beitrag werden wir die Vorteile der Erbmediation, die rechtlichen Grundlagen, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen erörtern.

Was ist Erbmediation?

Erbmediation ist eine Form der außergerichtlichen Streitbeilegung, bei der ein neutraler Mediator – in der Regel ein erfahrener Rechtsanwalt oder Notar – die beteiligten Parteien dabei unterstützt, eine einvernehmliche Lösung für ihre Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Erbe zu finden. Die Mediation kann freiwillig oder auf Anordnung des Gerichts erfolgen. Sie bietet den Parteien die Möglichkeit, ihre Differenzen in einer vertraulichen, kostengünstigen und zeitnahen Weise zu lösen.

Warum ist Erbmediation sinnvoll?

Es gibt mehrere Vorteile, die Erbmediation gegenüber einem Gerichtsverfahren als Mittel zur Konfliktlösung attraktiv machen:

  • Vertraulichkeit: Im Gegensatz zu Gerichtsverfahren, bei denen die Parteien und ihre Streitpunkte öffentlich bekannt werden, ist die Mediation ein privater Prozess, der die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten der Beteiligten schützt.
  • Kosteneffizienz: Gerichtsverfahren können teuer sein, insbesondere wenn Anwälte eingeschaltet sind. Die Mediation ist in der Regel kostengünstiger, da sie weniger formell und zeitaufwendig ist.
  • Zeiteffizienz: Während Gerichtsverfahren oft monatelang oder sogar jahrelang dauern können, kann eine Mediation in wenigen Tagen oder Wochen abgeschlossen sein.
  • Flexibilität: Die Parteien haben die Möglichkeit, ihre eigenen Lösungen zu entwickeln und auf ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen einzugehen, anstatt sich an die starren Regeln und Verfahren des Gerichts halten zu müssen.
  • Erhaltung von Beziehungen: Da die Mediation auf Zusammenarbeit und Kommunikation abzielt, kann sie dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den Erben zu erhalten oder sogar zu verbessern, anstatt sie durch einen langwierigen und konfrontativen Gerichtsprozess weiter zu belasten.

Rechtliche Grundlagen der Erbmediation

In Deutschland ist die Mediation gesetzlich im Mediationsgesetz (MediationsG) geregelt. Das Mediationsgesetz definiert die Mediation als „ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben“ (§ 1 Abs. 1 MediationsG).

Die Rolle des Mediators besteht darin, die Kommunikation zwischen den Parteien zu fördern, sie bei der Identifizierung ihrer Interessen und Bedürfnisse zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der Mediator trifft keine Entscheidungen für die Parteien und hat keine Entscheidungsbefugnis. Die Parteien sind frei, die Mediation jederzeit abzubrechen und ihre Ansprüche vor Gericht geltend zu machen (§ 8 Abs. 1 MediationsG).

Wenn die Parteien eine Einigung erzielen, kann diese in eine schriftliche Vereinbarung aufgenommen werden, die rechtsverbindlich ist. In Erbsachen kann es erforderlich sein, dass die Vereinbarung notariell beurkundet wird, um rechtliche Wirkung zu entfalten (§ 23 Abs. 1 S.1 BNotO).

Aktuelle Gerichtsurteile zur Erbmediation

Im Folgenden sind einige aktuelle Gerichtsurteile aufgelistet, die die Bedeutung und Anwendung der Erbmediation in Deutschland verdeutlichen:

  1. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 (IV ZR 202/16): Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Mediationsklausel in einem Testament, die vorschreibt, dass die Erben vor der Anrufung des Gerichts eine Mediation durchführen müssen, grundsätzlich zulässig ist. Die Klausel kann als Bedingung für die Auszahlung des Erbes gelten, solange sie nicht gegen die guten Sitten verstößt oder die Erben unangemessen benachteiligt.
  2. OLG München, Urteil vom 22. Januar 2014 (7 U 2169/13): Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass ein Gericht die Parteien zu einer Mediation verweisen kann, wenn dies im Interesse der Parteien ist und die Erfolgsaussichten einer Mediation gegeben sind. In diesem Fall wurde die Mediation als geeignetes Instrument zur Lösung eines Erbstreits angesehen, da sie den Parteien ermöglicht, ihre persönlichen und emotionalen Konflikte zu lösen und eine einvernehmliche Regelung zu finden.
  3. OLG Köln, Beschluss vom 16. Februar 2011 (2 Wx 148/10): Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass ein Mediationsverfahren nicht dazu führen darf, dass die Erben ihre Erbschaftsrechte verlieren. In diesem Fall hatte ein Erbe die Ausschlagung der Erbschaft in Betracht gezogen, um den Druck auf die anderen Erben zu erhöhen, an einer Mediation teilzunehmen. Das Gericht stellte klar, dass eine solche Vorgehensweise unzulässig ist und die Erben ihre Rechte nicht durch die Teilnahme an einer Mediation verlieren dürfen.

Häufig gestellte Fragen zur Erbmediation

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen zur Erbmediation und die entsprechenden Antworten:

Wann ist Erbmediation sinnvoll?

Erbmediation kann in einer Vielzahl von Situationen sinnvoll sein, zum Beispiel:

  • Streitigkeiten über die Auslegung eines Testaments oder Erbvertrags
  • Konflikte zwischen Miterben über die Verteilung des Erbes
  • Auseinandersetzungen zwischen Erben und Testamentsvollstreckern
  • Streitigkeiten über Pflichtteilsansprüche oder Vermächtnisse
  • Konflikte zwischen Erben und Dritten, wie Gläubigern oder Vermietern

Generell ist die Mediation besonders geeignet, wenn die Parteien eine Beziehung zueinander haben, die sie erhalten oder verbessern möchten, wie zum Beispiel Familienmitglieder oder Geschäftspartner.

Wie läuft eine Erbmediation ab?

Eine Erbmediation beginnt in der Regel mit einem gemeinsamen Vorgespräch, bei dem der Mediator die Parteien über den Ablauf der Mediation informiert und ihre Fragen beantwortet. Anschließend finden mehrere Mediationssitzungen statt, bei denen die Parteien ihre Konflikte erörtern und nach einer einvernehmlichen Lösung suchen. Der Mediator unterstützt die Parteien dabei, ihre Interessen und Bedürfnisse zu identifizieren und mögliche Lösungen zu entwickeln. Die Mediation kann in gemeinsamen Sitzungen oder in getrennten Gesprächen (sog. „Caucus“) stattfinden, je nach Bedarf und Wunsch der Parteien.

Wenn die Parteien eine Einigung erzielen, wird diese in einer schriftlichen Vereinbarung dokumentiert, die rechtlich bindend ist. In Erbsachen kann eine notarielle Beurkundung der Vereinbarung erforderlich sein, um ihre rechtliche Wirksamkeit sicherzustellen.

Wie lange dauert eine Erbmediation?

Die Dauer einer Erbmediation hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Komplexität des Erbfalls, der Anzahl der beteiligten Parteien und der Bereitschaft der Parteien zur Zusammenarbeit. Eine Mediation kann in wenigen Tagen oder Wochen abgeschlossen sein, während ein Gerichtsverfahren oft mehrere Monate oder sogar Jahre dauern kann.

Wie teuer ist eine Erbmediation?

Die Kosten für eine Erbmediation variieren je nach Umfang und Komplexität des Falles sowie nach den Honoraren des Mediators. In der Regel sind die Kosten für eine Mediation jedoch deutlich geringer als die Kosten für ein Gerichtsverfahren, insbesondere wenn Anwälte eingeschaltet sind. Die Parteien teilen sich normalerweise die Kosten für den Mediator und tragen ihre eigenen Anwaltskosten, falls sie sich entscheiden, einen Anwalt zur Mediation hinzuzuziehen.

Kann eine Erbmediation auch online durchgeführt werden?

Ja, eine Erbmediation kann auch online durchgeführt werden, zum Beispiel über Videokonferenzen oder andere Kommunikationsplattformen. Online-Mediation kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die Parteien räumlich voneinander entfernt sind oder aufgrund von gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht persönlich an einer Mediation teilnehmen können. Eine Online-Mediation bietet die gleichen Vorteile wie eine persönliche Mediation, wie Vertraulichkeit, Kosteneffizienz und Flexibilität.

Erbmediation – Alle Fakten auf einen Blick

Erbmediation bietet eine effektive, kostengünstige und vertrauliche Möglichkeit, Konflikte im Erbfall außergerichtlich zu lösen. Durch die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Mediator können die Parteien ihre Streitigkeiten beilegen und eine einvernehmliche Lösung finden, die ihren individuellen Bedürfnissen und Interessen gerecht wird. Darüber hinaus kann die Mediation dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den Erben zu erhalten oder sogar zu verbessern, indem sie auf Zusammenarbeit und Kommunikation statt auf Konfrontation abzielt. Wenn Sie in einen Erbstreit verwickelt sind, sollten Sie die Möglichkeit einer Erbmediation in Betracht ziehen, bevor Sie den Weg vor Gericht beschreiten.

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