Der Ertragswert ist ein zentrales Konzept in der Finanz- und Bewertungslehre. Er dient der Bestimmung des Wertes eines Vermögensgegenstands oder Unternehmens auf der Basis der erwarteten zukünftigen Erträge.

In diesem Artikel werden die Berechnung, Bedeutung und praktischen Anwendungen des Ertragswerts umfassend erläutert, um Ihnen ein solides Verständnis dieses wichtigen Bewertungsinstruments zu vermitteln.

Die Bedeutung des Ertragswerts

Der Ertragswert ist ein Bewertungsverfahren, das auf den zukünftigen Erträgen eines Objekts basiert. Er wird vor allem in der Unternehmensbewertung, Immobilienbewertung und bei der Bewertung von Investitionen genutzt, um deren finanziellen Nutzen oder Wert zu bestimmen.

Was ist der Ertragswert?

Der Ertragswert gibt den Barwert der zukünftigen finanziellen Überschüsse an, die von einem Vermögensgegenstand oder Unternehmen erwartet werden. Dabei werden die zukünftigen Erträge auf den Bewertungszeitpunkt diskontiert, um deren heutige Wert zu ermitteln.

Die Ertragswertberechnung berücksichtigt dabei folgende Aspekte:

  • Ertragspotenzial: Die Höhe der zukünftigen Einnahmen, die aus dem Vermögensgegenstand oder Unternehmen erzielt werden können.
  • Abzinsungsfaktor: Der Zinssatz, der zur Diskontierung der zukünftigen Erträge auf den jetzigen Zeitpunkt verwendet wird. Dieser Zinssatz spiegelt das Risiko und die Zeitpräferenz wider.

Warum ist der Ertragswert wichtig?

Der Ertragswert ist ein wesentliches Bewertungsinstrument aus mehreren Gründen:

  • Objektivität: Er bietet eine objektive Grundlage zur Bewertung von Vermögensgegenständen oder Unternehmen, basierend auf deren Fähigkeit, zukünftige Erträge zu generieren.
  • Entscheidungsgrundlage: Er dient als wichtige Entscheidungsgrundlage für Investoren und Beteiligte bei Kauf-, Verkaufs- oder Investitionsentscheidungen.
  • Vergleichbarkeit: Der Ertragswert ermöglicht den Vergleich verschiedener Investitions- oder Bewertungsobjekte hinsichtlich ihrer Rentabilität.

Berechnung des Ertragswerts

Die Berechnung des Ertragswerts erfolgt durch Diskontierung der zukünftigen Erträge auf den heutigen Zeitpunkt. Verschiedene Methoden können dabei angewendet werden, um den Ertragswert zu ermitteln.

Grundformel zur Berechnung des Ertragswerts

Die grundlegende Formel zur Berechnung des Ertragswerts lautet:

Ertragswert = (Ertrag1 / (1 + r)^1) + (Ertrag2 / (1 + r)^2) + … + (ErtragN / (1 + r)^N)

Hierbei stehen:

  • ErtragN: Der zukünftige Ertrag im N-ten Jahr
  • r: Der Abzinsungsfaktor (Diskontierungszinssatz)
  • N: Die Anzahl der Betrachtungsperioden (Jahre)

Diese Formel diskontiert die jeweils erwarteten künftigen Erträge auf den Bewertungszeitpunkt, um deren Barwert zu ermitteln.

Kapitalisierungszinssatz

Der Kapitalisierungszinssatz, auch Diskontierungszinssatz genannt, ist von zentraler Bedeutung bei der Ertragswertberechnung. Er reflektiert das Risiko und die Zeitpräferenz des Investors:

  • Risikoprämie: Der Zinssatz umfasst eine Risikoprämie, die das Risiko der zukünftigen Erträge widerspiegelt.
  • Inflationsrate: Die erwartete Inflationsrate wird ebenfalls berücksichtigt, um reale von nominalen Erträgen zu unterscheiden.
  • Basiszinssatz: Der risikolose Basiszinssatz, wie z.B. der Zinssatz für Staatsanleihen, bildet die Grundlage.

Die Wahl eines realistischen Kapitalisierungszinssatzes ist entscheidend für die Genauigkeit der Ertragswertberechnung.

Typische Berechnungsansätze

Je nach Bewertungsobjekt und Zielsetzung können unterschiedliche Berechnungsansätze verwendet werden:

  • Einperioden-Ansatz: Berechnung des Ertragswerts basierend auf einem einzelnen zukünftigen Ertrag und einer spezifischen Zeitraumfestlegung.
  • Mehrperioden-Ansatz: Berücksichtigung mehrerer zukünftiger Erträge und deren kumulierte Diskontierung auf den Bewertungszeitpunkt.
  • Terminal Value: Bestimmung des Endwerts (Residualwerts) für Erträge, die über den Betrachtungszeitraum hinausgehen. Dieser wird ebenfalls auf den Gegenwartswert diskontiert.
  • Discounted Cash Flow (DCF) Methode: Eine weit verbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmenswerts, die zukünftige freie Cashflows auf den Barwert diskontiert.

Praktische Anwendungen des Ertragswerts

Der Ertragswert findet in verschiedenen Bereichen der Finanz- und Bewertungslehre Anwendung und dient als wichtiges Instrument für verschiedene Bewertungs- und Entscheidungsszenarien.

Unternehmensbewertung

Der Ertragswert ist ein zentrales Verfahren zur Bewertung von Unternehmen im Rahmen von Mergers & Acquisitions, Finanzierungsentscheidungen sowie IPOs:

  • M&A-Transaktionen: Berechnung des Unternehmenswertes zur Unterstützung von Verhandlungen und Kaufentscheidungen.
  • Finanzierung: Bewertung von Unternehmen zur Ermittlung des notwendigen Kapitaleinsatzes und der Eigenkapitalbewertung.
  • Börsengänge: Unterstützung der Preisfindung und Bewertung bei der Notierung von Unternehmen an der Börse.

Immobilienbewertung

In der Immobilienbewertung dient der Ertragswert zur Bestimmung des Verkehrswerts von Einkommensobjekten, wie z.B. Mietobjekten oder Gewerbeimmobilien:

  • Mietwohnhäuser: Berechnung des Ertragswerts basierend auf den erwarteten Mieteinnahmen.
  • Gewerbeimmobilien: Bestimmung des Werts durch Diskontierung der zukünftigen Pacht- oder Mieteinnahmen.

Investmententscheidungen

Investoren nutzen den Ertragswert, um die Attraktivität und den Wert von Investitionsmöglichkeiten zu beurteilen:

  • Aktienbewertung: Ermittlung des fairen Aktienwerts basierend auf den erwarteten Dividenden oder Cashflows.
  • Projektbewertung: Bewertung von Investitionsprojekten durch Diskontierung der zukünftig erwarteten Cashflows.
  • Portfolio-Management: Unterstützung der Anlageentscheidungen und der Portfolioallokation durch Bewertung der Ertragsmöglichkeiten.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Ertragswert

Frage: Was ist der Unterschied zwischen Ertragswert und Substanzwert?
Antwort: Der Ertragswert basiert auf den zukünftigen Erträgen eines Bewertungsobjekts, während der Substanzwert den aktuellen Wert der materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände eines Unternehmens widerspiegelt. Beide Ansätze können zur Bestimmung von Unternehmenswerten herangezogen werden.

Frage: Wie wähle ich den passenden Kapitalisierungszinssatz aus?
Antwort: Der Kapitalisierungszinssatz sollte das Risiko und die Zeitpräferenz des Investors sowie die spezifischen Risiken und Chancen des Bewertungsobjekts widerspiegeln. Eine gängige Methode ist die Verwendung des Weighted Average Cost of Capital (WACC), der das durchschnittliche gewichtete Kapitalkosten des Unternehmens erfasst.

Frage: Kann der Ertragswert auch für nicht-profitorientierte Organisationen angewendet werden?
Antwort: Ja, der Ertragswert kann auch für nicht-profitorientierte Organisationen angewendet werden, indem die zukünftigen Erträge oder Nutzen, die diese Organisationen generieren, diskontiert werden. Die Bewertung konzentriert sich dabei auf den wirtschaftlichen Nutzen und die Effizienz.

Frage: Wie kann der Ertragswert bei Schwankungen und Unsicherheiten ermittelt werden?
Antwort: Bei starken Schwankungen und Unsicherheiten können Szenarioanalysen oder Sensitivitätsanalysen verwendet werden, um unterschiedliche Zukunftsszenarien zu berücksichtigen. Diese Ansätze helfen, die Auswirkungen von Unsicherheiten auf den Ertragswert besser zu verstehen und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Der Ertragswert ist ein leistungsstarkes Bewertungsverfahren, das auf den zukünftigen Erträgen eines Vermögensgegenstands oder Unternehmens basiert.

Durch die sorgfältige Berücksichtigung von Ertragsprognosen und Diskontierungsfaktoren liefert der Ertragswert eine objektive und fundierte Grundlage für Investitions- und Bewertungsentscheidungen in verschiedenen Bereichen der Finanz- und Bewertungslehre.

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